Leserreise Schottland: Zum Whisky-Tasting auf die Insel Skye
Schottland gilt als das grüne Herz der britischen Insel – stimmt das? Auf unserer Leserreise entdecken 13 Crews einzigartige Landschaften, kleine Inseln mit Tradition und noch ganz viel mehr.
Grau, grauer, Islay! Der Blick von der Hotel-Lobby über die karge schottische Insel bestätigt, was wir bereits am Vorabend während des gemütlichen Drei-Gänge-Dinners vermutet haben: Nach ungewöhnlich sonnigen Tagen hat uns jetzt das typische Schottland-Wetter eingeholt. Ein Sturmtief ist in der Nacht über uns hinweggezogen. Nun hängen die Wolken tief, die Sicht ist mäßig, und es fallen auch schon die ersten Regentropfen. Obendrein pustet es mit bis zu 35 Knoten und 50 Grad quer zur Bahn. Wir denken darüber nach, ob wir die südlichste Insel der Hebriden überhaupt verlassen können. Und eine weitere, elementare Frage tut sich auf: Stehen noch alle Flugzeuge dort im feuchten Gras, wo wir sie geparkt haben?
Die meisten der Fragen können wir in großer Runde schnell klären. Bis zu unserem nächsten Ziel Edinburgh ist es nicht sehr weit, zwischendrin ist nur an einer Stelle mit aufliegender Bewölkung zu rechnen. Das soll sich am Nachmittag bessern. Also fahren die zehn IFR-Crews wie geplant zum Flugplatz Islay (EGPI). Sie können die Tatsache nutzen, dass es in Großbritannien völlig normal und legal ist, im Luftraum G ohne Flugplan und ohne Freigabe in Wolken zu fliegen.
Die drei VFR-Teams warten auf besseres Wetter. Und eine Änderung gibt es doch: Wir fliegen nicht nach Fife (EGPJ) bei Edinburgh, wo der Wind genau quer zur Bahn steht, sondern ins etwas weiter entfernte Perth (EGPT), wo unsere Reise ihren Anfang nahm. Die Busfahrt von dort ist mit einer Stunde noch vertretbar. Und das ist wichtig, denn wir haben am Abend einen „wichtigen Termin“. Dazu aber später mehr …
Leserreise Schottland: Rund um den Londoner Luftraum unter 2500 Fuß bleiben!
Fünf Tage zuvor hat Mitte August alles begonnen. Da der Weg von Deutschland bis nach Schottland sehr weit ist, haben sich am Abend fast alle Teilnehmer an der französischen Kanalküste in Le Touquet (LFAT) zum Meeresfrüchte-Dinner und einem Übernachtungsstopp getroffen.
Von da aus ging es dann am nächsten Tag an weißen Stränden und den Kreidefelsen von Dover vorbei zunächst nach Nottingham (EGBN) zum offiziellen Beginn der Reise beim Mittagessen im Flugplatzimbiss. Einen der schwierigsten Teile der Reise haben wir erfolgreich hinter uns: Den Flug durch den komplexen Londoner Luftraum, der auch nach VFR nur mit GPS-Hilfe ohne die Gefahr von Luftraumverletzungen zu machen ist. Wichtigste Regel: unterhalb 2500 Fuß bleiben! Jetzt geht es weiter nach Perth (EGPT).
Avgas ist in Schottland eine Seltenheit
An vielen schottischen Flugplätzen ist Avgas eher eine Seltenheit. Deswegen nutzen wir direkt nach der Ankunft in Perth die Möglichkeit zum Volltanken. Dann gibt das schottische Wetter schon mal alles: mit einem heftigen, aber zum Glück kurzen Schauer. Wir finden im Gebäude des Scottish Aero Club Unterschlupf. Wenige Minuten später steht unser Bus parat, der uns zum zehn Minuten entfernten Hotel Murrayshall Country Estate fährt.
Das Design ist eine Mischung aus schottischem Baronialstil und kleinem Schloss, die Inneneinrichtung vom Schottenmuster geprägt und eher rustikal. Abends stoßen wir typisch schottisch mit Whisky aus der Region auf unsere Leserreise an. Die Mutigen probieren später eine Portion Haggis. Das ist das schottische Nationalgericht – ein Gemisch aus Innereien vom Schaf und Hafermehl.
Die Landschaft taktisch nutzen!
Am Morgen hängen die Wolken tief, sodass wir die Landschaft taktisch nutzen müssen. Unser Ziel ist der Durchflug des Tals namens Great Glen, eine tektonische Verwerfung, die Schottland durchschneidet. Dort reichen die Wolkenuntergrenzen bequem für VFR, ebenso entlang der Küsten. Doch in den Highlands liegen sie auf.
Es gibt drei Möglichkeiten: Mit IFR-Berechtigung geht es, wie schon beschrieben, in die Wolken über die Highlands. Wobei sich die Gruppe vorher und im Flug sorgfältig abspricht: Schließlich müssen wir selbst für unsere Staffelung sorgen. Kurz vor Inverness im Nordosten des Great Glen wird das Gelände flach, dort können wir sicher unter die Wolken sinken. Die VFR-Piloten haben zwei Optionen: Sie können der Ostküste nach Norden bis Inverness folgen und dann in den Great Glen drehen. Oder sie umfliegen die Highlands nach Westen und folgen dann der Küste nach Norden. Erstere Option sieht zur Startzeit schlechter aus, weil im Osten ein Schauer steht.
Blühende Heide färbt die Hügel lila
Schon in Inverness reicht die Sicht durchs Great Glen, um die Westseite Schottlands zu erkennen. Der Blick auf die Grampian Mountains links und die Northwest Highlands rechts lohnt sich! Überall sind unterschiedliche Grüntöne, violett schimmernde Heidefelder, kleine Wälder und lange Wanderwege zu entdecken.
Ein mystischer Dunst sorgt für das gewisse Etwas in diesem Augenblick, ebenso das Licht. Zwischen den Wolken hindurch beleuchtet die Sonne zaghaft die raue Gegend. Wir fliegen mittendurch, genießen, schweigen, freuen uns. Und dann heißt es in der WhatsApp-Gruppe: „Na, hat einer Nessie gesehen?“ Der Talgrund ist von drei Seen bedeckt, Loch Ness ist gleich der erste.
Glenforsa liegt traumhaft am Wasser
Unser Mittagsstopp ist ein Anflug auf den am Wasser liegenden Grasplatz Glenforsa auf der Insel Mull. Hier ist Konzentration gefragt, denn der Wind weht aus Osten und ein Hügel stört den geraden Anflug auf die „07“. Im Briefing hatten wir deswegen den Tipp gegeben, eine langgezogene Kurve bis an die Grasbahn zu fliegen. Brendan und seine Frau Allison betreiben am Platz ein Restaurant und ein Hotel im Norwegenstil. Im Holzhaus lassen wir den schönen Flug noch einmal Revue passieren und genießen das Mittagessen mit Blick auf das Wasser und unsere Flugzeuge. Gestärkt machen wir uns auf nach Broadford (EGEI) auf der Insel Skye. Die Strecke ist mit Sightseeing etwa 100 Nautische Meilen lang und muss sich landschaftlich nicht verstecken: Wir erblicken raue Felsformationen, saftig grüne Wiesen und Sandstrände mit türkisem Wasser, das fast karibisch wirkt. Nur aus der Luft sehen wir uns am Festland noch das kleine Fischerdorf Plockton an, neben dem eine Landebahn liegt. Nächstes Mal …
Auf der Insel Skye landen wir auf der 771 Meter langen Asphaltbahn. Gleich ein paar Dutzend Anwohner und Mitglieder des Fliegerclubs haben sich versammelt, um unsere vielen Maschinen zu bewundern. Die Busfahrt zum Skeabost House Hotel dauert eine Stunde – gut, dass wir zwei Nächte bleiben. Das elegante, weiß getünchte Herrenhaus bietet einen atemberaubenden Blick über den Meeresarm Loch Snizort.
Wanderung mit Picknick und Aussicht
Am nächsten Morgen scheint die Sonne und es gibt kaum Wolken am Himmel. Wir fragen uns, ob wir tatsächlich in Schottland sind? Heute steht ein flugfreier Tag an, den alle Teilnehmer sehr begrüßen, denn so können wir die Gegend auch mal vom Boden aus kennenlernen. Tour Guide Gordan steigt im Schottenrock aus dem Mini-Bus, mit dem er uns die Insel zeigt. Einen ersten Stopp legen wir beim Fairy Glen ein. Um die wirklich märchenhafte Hügellandschaft ranken sich Legenden von Feen. Dann folgt eine Wanderung zum Old Man of Storr, einer 48 Meter hohen Felsnadel. Den typisch britischen Afternoon Tea mit Gurken-Sandwich und Scones im Hotel haben wir uns mehr als verdient.
Am vierten Tag unserer Reise wollen wir zur Insel Islay (EGEI) fliegen, die vermutlich jeder Whisky-Fan kennt: Schließlich gibt es dort acht Brennereien. Die Sicht ist fürs VFR-Fliegen gut, allerdings ist es mit teilweise 20 Knoten aus Ost windig. Das macht Fliegen in dieser Landschaft mit ihren vielen Hügeln und schroffen Bergen schon sehr ungemütlich. Im gemeinsamen Briefing passen wir die zuvor geplante Route etwas an, sodass wir auf der Luv-Seite der Insel Jura bleiben. Nur für die Harry-Potter-Brücke Glenfinnan Viaduct fliegen wir in die Berge und lassen uns ordentlich durchschütteln.
Whisky Verkostung zur Belohnung
Zur Belohnung gibt es am Nachmittag gleich mehrere Whiskys, die wir bei der Besichtigung der Ardberg Distillery probieren dürfen, die traumhaft am Meer liegt. Die Whiskys der Insel sind bekannt für ihre starke Torfnote, die einen rauchigen, ledrigen Geschmack ergibt. Danach steht das Abendessen im Golf-Hotel The Machrie an – und das Sturmtief naht. Am nächsten Morgen schieben wir alle gemeinsam im strömenden Regen die Flugzeuge von der Grasparkfläche aufs Vorfeld. So nass saß vermutlich noch keiner von uns in seiner Maschine. Aber bis nach Perth sind alle wieder trocken. Und tatsächlich fliegen wir nur etwa 15 Minuten durch Wolken.
Am Abend treffen wir im historischen und schicken Hotel The George mitten im Stadtzentrum auch die VFR-Crews wieder – mit ausreichend Zeit für unseren „Termin“ – Höhepunkt und Abschluss unserer Leserreise. Wir besuchen das Royal Military Tattoo und nehmen hierzu auf einer Tribüne direkt vor dem Edingburgh Castle Platz. Dann erklingen die ersten Töne eines Dudelsacks. Eine Militärkapelle nach der anderen betritt die Fläche. Sie kommen aus aller Herren Länder und bieten eine einzigartige, unvergesslichen Feier mit Musik, Tanz und militärischem Prunk. Es reißt uns förmlich mit, wir klatschen, staunen und geben Standing Ovations.
Wir sind glücklich und beeindruckt, was für eine abwechslungsreiche Reise! Da ist es doch passend, den letzten gemeinsamen Abend – wie soll es auch anders sein – in einem Pub in der Altstadt bei einem Glas Whisky ausklingen zu lassen.
Videos und weitere Fotos von der Schottland-Leserreise
Sie möchten die Leserreise „hautnah“ miterleben? Dann schauen Sie gern auf unserem Youtube-Kanal (@fliegermagazintv) die Anflugvideos an. Eine andere Möglichkeit: Klicken Sie sich durch die Instagram-Stories der Reise, die als Highlight auf unserem Konto hinterlegt sind.
fliegermagazin-Leserreisen 2024
Sie wollen auch an einer fliegermagazin-Leserreise teilnehmen? Ende des Jahres geben wir die neuen Ziele und die Zeiträume bekannt. Außerdem sagen wir Ihnen, wie sie sich dafür anmelden können.
Fotos: Isabella Sauer, Thomas Borchert
Isabella Sauer ist Jahrgang 1991, studierte in Bamberg Kommunikationswissenschaft und absolvierte anschließend ein Volontariat bei Auto Bild. Seit ihrer Jugend ist sie journalistisch tätig und arbeitete für große Verlagshäuser, darunter Axel Springer und die Funke Mediengruppe. Print, Digital, Social Media - für Isabella hat jeder Inhalt das Potenzial, vielfältig aufbereitet zu werden. Und wie kam sie zum fliegermagazin? Das Thema Mobilität interessierte sie immer schon sehr. Ob Auto, Bahn, Camper, Airliner oder Fahrrad: Die Welt lässt sich aus vielen Perspektiven entdecken. Nun geht es für Isabella Sauer in die Luft. Seit März 2023 ist sie PPL-Flugschülerin und freut sich schon darauf, sich in ein neues Fachgebiet einzuarbeiten.
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