REISEN

Leserreise Donau: Wunderschön, aber nicht blau

Mit zwölf Flugzeugen machten sich die 22 Teilnehmer der fliegermagazin-Leserreise
auf den Weg, der Donau bis zu ihrer Mündung ins Schwarze Meer zu folgen. Sie erkundeten aus der Luft und bei drei Bootsfahrten ganz unterschiedliche Gesichter des Flusses.

Von Thomas Borchert
Das Eiserne Tor: Als Grenzfluss zwischen Rumänien und Serbien durchbricht die Donau hier die Berge der Karpaten. Bis zum Bau eines Kraftwerks-Staudamms 1972 war dies die für die Schiffahrt gefährlichste Stelle der Donau.
Das Eiserne Tor: Als Grenzfluss zwischen Rumänien und Serbien durchbricht die Donau hier die Berge der Karpaten. Bis zum Bau eines Kraftwerks-Staudamms 1972 war dies die für die Schiffahrt gefährlichste Stelle der Donau. Bild: Sina Schunk

Johann Strauß hat nur zum Teil recht: »An der schönen blauen Donau« heißt sein berühmter Walzer. Keine Frage: Der Fluss ist wunderschön – aber blau erleben wir ihn nicht ein einziges Mal, stattdessen braun, grau und grün. Es mag an der Jahreszeit liegen. 

Mit zwölf Flugzeugen und 22 Reisenden starten wir Mitte September zu unserer fliegermagazin-Leserreise entlang der Donau. Zugegeben, wir lassen den Anfang des zweitlängsten Flusses in Europa weg und beginnen an einem Nebenfluss. Mühldorf am Inn (EDMY) ist unser Treffpunkt zum ersten Briefing bei einem leckeren Brunch im Flugplatzrestaurant. Veronika und Wolfgang haben uns aber ein Foto vom gleichen Morgen mit dem Blick aus ihrem Garten in Beuron mitgebracht: Nebelschwaden hängen über, naja, einem Bach. Das ist die Donau dort, wo sie wirklich noch ganz klein ist. 

Manch einer kämpft mit dem Luftraum um Linz

Wir stoßen in Passau an den Fluss und machen am ersten Nachmittag nur einen kleinen Hüpfer bis in die österreichische Region Wachau, noch nicht mal bis Wien. Den Süddeutschen in der Gruppe ist unser Tagesziel Krems (LOAG) bekannt. Für Norddeutsche dagegen ist das aufregendes Neuland. Mancher in der Gruppe kämpft ein wenig mit dem Luftraum um Linz.

Wir lernen: Wenn FIS freundlich fragt, ob man wohl von einem Luftraum D freibleibe, dann ist keineswegs nette Neugier – vielmehr verbirgt sich dahinter der dringende Ratschlag, sofort Kurs oder Höhe zu ändern, um eine unmittelbar bevorstehende Luftraumverletzung zu verhindern. Die Aufforderung ist eben nur so formuliert, dass FIS keine Anweisung erteilt – denn das darf der Dienst bekanntlich nicht.  

Zauberhafte Donauschleife: Dürnstein in der österreichischen Wachau ist mit seinem Schlosshotel einen Besuch wert – und per Taxi vom Flugplatz Krems gut zu erreichen. Foto: Sina Schunk

Wir besteigen die traditionellen Holzboote

Vom Flugplatz Krems aus fahren wir gut 20 Minuten nach Dürnstein. Gerade haben wir den malerischen Ort an einer Donauschleife noch überflogen, jetzt sitzen wir auf der Terrasse des Hotels Schloss Dürnstein direkt am Wasser. Diese unmittelbare Kombination aus Flug über und Erleben am und auf dem Fluss ist das Thema unserer Reise. 

Folgerichtig geht es noch vor dem Abendessen aufs Wasser: Wir besteigen die traditionellen Holzboote namens Zille, fahren mit Motorkraft schnell ein Stück den Fluss hinauf und lassen uns dann eine Stunde flussabwärts treiben. Nicht einfach so: An Bord verkosten wir Weine der Region mit Qualitätsbezeichnungen wie Federspiel und Smaragd, die auf den Hängen am Ufer gedeihen. 

Die Wachau ist das, was man einen Taldurchbruch nennt: Der Fluss hat sich durch einen Gebirgszug gearbeitet und tief eingeschnitten. So entsteht wunderschöne Landschaft. Wir machen am nächsten Tag einen Riesensprung und fliegen zum nächsten Taldurchbruch: dem Eisernen Tor in Rumänien. 

Direkt am Fluss: Das Kloster Mraconia hat seine Ursprünge 1523, musste aber wegen des Staudamms verlegt werden.

Von der Donau bis zum Balaton

Zuerst passieren wir Wien und seinen komplexen Luftraum, wieder begleitet von »freundlichen Fragen« des Fluginformationsdienstes. Kaum in Ungarn angekommen, verlassen wir die Donau für eine Weile und fliegen zum Balaton. Den großen See wollen wir aus der Luft sehen. Inzwischen betreut uns Budapest Information, ausgesprochen nett und in perfektem Englisch. Ein einziges der vielen in der Karte verzeichneten Sperrgebietet ist tatsächlich aktiv. 

Gleich hinter der Grenze liegt unser Tankstopp Arad  (LRAR). Hier erledigen wir auch die Grenzkontrolle – in Krems war die Polizei nach Voranmeldung eigens dafür zum Flugplatz gekommen. Der Platz ist perfekt auf uns vorbereitet: Einweiser leiten die Gruppe zur Tankstelle, wo der Grenzbeamte gleich die Ausweise einsammelt. Wer das Tanken erledigt hat, rollt weiter auf die große Parkfläche und geht ins Büro. Dort allerdings ergibt sich ein personeller Engpass: Zwar gibt es jemanden, der die Landegebühr kassiert, aber Sprit kann man nur beim Tankwart bezahlen – und der ist ja noch mit den anderen Maschinen beschäftigt. Irgendwann kommt der vielbegehrte Mann doch ins Büro. Günstig ist der Sprit hier auch noch. 

Bloß nicht nach Serbien! 

Wir wollen zügig wieder in die Luft, denn bis zu unserem Tagesziel Drobeta Turnu Severin ist es noch ein gutes Stück. Dort, wo wir jetzt fliegen, bildet die Donau die Grenze zu Serbien. Und darauf weist die FIS-Lotsin auch sehr bestimmt und mehrfach hin: »Vermeiden Sie in jedem Fall den Einflug in serbischen Lufraum!«

Hier erheben sich die Karpaten, die von der Donau am sogenannten Eisernen Tor durchbrochen werden. Aus der Luft ist das enge Tal ein toller Anblick. Zu gern würde man für die Fotos mitten über dem Fluss kreisen – aber der ist die Grenze zu Serbien! Also bleiben wir seitlich versetzt. Was unter uns liegt, ist geschichtsträchtig: Schon die Römer hinterließen hier ihre Spuren. Die an dieser Stelle nur 200 Meter breite Passage der Donau durch das Eiserne Tor galt Jahrhunderte lang als die gefährlichste Stelle für die Schiffahrt. Dann wurde 1972 etwas abwärts in Drobeta Turnu Severin ein Staudamm mit Kraftwerk errichtet, was den Fluss beruhigte. All das ist aus der Luft beindruckend – nun wollen wir es vom Boden aus sehen. 

Endre Molnar ist nicht in jeder Navigationsapp zu finden

Den Funkkontakt zu FIS haben wir geländebedingt schon verloren. Unser Ziel ist die private Piste von Endre Molnar, die nicht in jeder Navigations-App zu finden ist. Die Stadt Drobeta haben wir passiert, da vorne muss er sein. Aber wir haben einen echten Anfängerfehler gemacht, wie sich zeigen wird – und auch noch an alle in der Gruppe gebrieft. 

Im Internet ist die Platzhöhe mit 358 angegeben. Also suche ich verzweifelt im Donautal – ist ja nicht hoch. Doch der von mir in Garmin Pilot eingerichtete User Waypoint für den Platz liegt links von uns, oben auf der Hochebene, wo auch ein paar ordentliche Funkmasten stehen. Das passt alles nicht zusammen! 

Urlaub am  Schwarzen Meer: Die Strände bei Konstanza sehen einladend aus. Sie sind touristisch voll erschlossen. Das Donaudelta nördlich der Stadt bietet dagegen auch Einsamkeit.

AIS will wissen, ob alle wohlbehalten angekommen sind

Endre hatte gesagt, er würde extra sein Flugzeug nach draußen an die Bahn stellen, damit die besser zu erkennen ist. Plötzlich sehe ich die Maschine und ein paar von unseren gleich dazu. Und es dämmert mir: Meter, nicht Fuß! Der Platz liegt auf 358 Meter, also 1174 Fuß! Das passt zur Hochebene. Jetzt noch die Bahn finden. Die ist auf ihrem ersten Drittel mit Strohballen belegt, aber es bleiben immer noch 1000 Meter sehr guter Grasbahn.  

Endre und seine Familie bereiten uns einen herzlichen Empfang. Es gibt Landedrinks und Häppchen. Obwohl Endre alle Flugpläne geschlossen hatte, klingelt mittendrin mein Handy. AIS will nochmal sicher gehen, dass alle wohlbehalten angekommen sind. Netter und besser könnte der Service nicht sein. 

Endre kennt hier jeden, er kann bei allen Problemen helfen. Sprit hat er normalerweise auch, allerdings nicht für eine Gruppe dieser Größe – deshalb hatten wir in Arad getankt. Jedes Jahr veranstaltet er einen Flugtag, bei dem, so sagt Endre mehrfach, alle fliegermagazin-Leser herzlich willkommen sind. Termin folgt, sobald bekannt. Der Flugplatzbetreiber kann uns endlich auch die vielen kreisrunden, kleinen Sperrgebiete auf der rumänischen Luftfahrtkarte erklären, die nie aktiv zu sein scheinen: Bei Gewitter werden dort Raketen mit Silberiodid in die Wolken geschossen, um Hagelschlag in der Landwirtschaft zu vermeiden. 

Einsam gelegen: Am Donaudelta liegt der Flugplatz von Tulcea in einer weiten Ebene. Ins Naturschutzgebiet kommt man per Auto- und Bootsfahrt.

Spektakuläre Landschaft am Eisernen Tor

Wir bleiben zwei Nächte. Eine verbringen wir in Drobeta, wo ein interessanter Mix aus historischen Bauten der alten KuK-Monarchie, Sozialismus-Plattenbau und moderner Architektur zu sehen ist. Dann geht es mit dem Boot zu Sehenswürdigkeiten und spektakulärer Landschaft am Eisernen Tor. Nachmittags bringt uns der Bus hinauf in die Berge: Herkulesbad heißt ein vergessen wirkender Ort, der für seine Thermalquellen berühmt war. Heute ist die prachtvolle barocke Bäderarchitektur weitgehend verfallen, wird aber hier und da restauriert. Selbst die sozialistischen Hotelmonster nebendran zerbröseln bereits. Und dennoch ist der Ort voller Touristen – und sein morbider Charme sehr faszinierend. Unser sehr gutes Hotel Versay zählt zu den frisch renovierten Bauten. 

Die Avgas-Versorgung bestimmt den nächsten Tag. Unser Ziel ist Tulcea (LRTC) im Donau-Delta, aber dort gibt es nur Jet Fuel. Wir teilen uns auf: Die langsameren Flugzeuge nehmen den direkteren Weg über Banaesa bei Bukarest (LRBS), die schnellen den über Tuzla (LRTZ) und dann entlang der Schwarzmeerküste. An beiden Orten funktioniert das Tanken problemlos, aber die Grasbahn in Tuzla ist eine der holprigsten, die wir je erlebt haben.

Hotel nur wenige Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt

Zum ersten Mal spüren wir bei Konstanza den Krieg. Unser Hotel im Delta ist nur wenige Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt, doch dort bemerken wir nichts vom Leid im Nachbarland. Auch die zahlreichen Sperrgebiete entlang der Grenze sind zu hoch, um uns zu beeinträchtigen – sie sind wohl für Aufklärungsflüge reserviert. Aber bei Konstanza Approach hören wir »Rebel 41« mit markigem US-Akzent: ein F16-Kampfjet des 31st Fighter Wing, der wegen des Kriegs in die nahe Militärbasis verlegt hat. 

Tatsächlich hatte sich die Frage durchaus gestellt: Darf man in diesen Zeiten eine Reise dicht an die ukrainische Grenze machen? Zwei Crews hatten aus diesem Grund schon im Vorfeld abgesagt. Wir sind, auch nach der Reise, anderer Meinung: Beeinträchtigungen gab es nicht; und wir hätten es als unfair empfunden, die rumänische Tourismusbranche dafür zu »bestrafen«, dass im Nachbarland Krieg herrscht. Aber solche Fragen muss jeder für sich selbst entscheiden.

Gut verzurrt: In Tulcea wird die Flotte gegen den Sturm gesichert.

Empfang am Flugplatz Tulcea ist sehr herzlich

Der Flugplatz Tulcea (LRTC) ist nicht ganz billig, aber mit 50 Euro längst nicht so teuer wie er es früher war. Der Empfang ist sehr herzlich. Wir müssen aber das Dreifache zahlen, weil wir am Samstag wieder weg wollen. Da ist eigentlich geschlossen, aber gegen die immer noch akzeptable Gebühr wird  geöffnet. 

Nur mit dem Boot ist unser Hotel erreichbar, in dem wir wieder zwei Nächte verbringen und die sehenswerte Natur des Deltas per Boot erkunden. 

Dann geht es wieder zurück – nach Budapest in Ungarn. Das Wetterglück hat uns allerdings verlassen. Gerade so eben und bei viel Gegenwind teils mit Tankstopp in Arad kommen die VFR-Flieger über die Karpaten. Für die IFR-Piloten gibt es Eis, Turbulenz und jede Menge Wolken. Aus dem eigentlich geplanten Blick auf die zwei Dracula-Burgen wird nichts. 

Polizeikontrolle am Grasplatz Budaörs (LHBS)

Der Grasplatz Budaörs (LHBS) empfängt uns mit Nieselregen und der zuvor bestellten Polizeikontrolle. Auch der Stadtrundgang durch das pulsierende Budapest fällt feuchter aus als geplant. Aber beim Abschiedsdinner sind sich alle einig: Das war eine aufregende Reise in den unbekannten Osten Europas, bei der die Fliegerei wesentlich einfacher war als anfangs gedacht. 

Ein letzter Blick: Bis auf 200 Meter verengt sich die Donau am Eisernen Tor, einem der beeindruckendsten Taldurchbrüche  Europas.

Rumänien-Tipps für Piloten

Auch wenn der Kontakt mit Hotels und Dienstleistern vorab schwierig sein kann, lohnt sich die Reise nach Rumänien unbedingt. 

Uns gefiel vor allem der Stopp am privaten Grasplatz des überaus freundlichen und hilfsbereiten Endre Molnar in Drobeta Turnu Severin. Seine Facebook-Seite findet sich unter www.facebook.com/aerodromuldrobeta, seine E-Mail lautet endre.lucian.molnar@gmail.com. Die Piste ist lang und gut anzufliegen, aber nicht in allen Navigations-Apps verzeichnet. Endre hilft gerne bei der Organisation von Mietwagen oder Bootsausflügen. In Drobeta gefiel uns das Hotel Nest. Eine gute Autostunde entfernt liegt Herkulesbad mit dem schönen Hotel Versay.

Der Flugplatz Tulcea (LRTC) hat kein Avgas, liegt aber direkt am Delta. Er hat seine Gebühren gerade auf 50 Euro halbiert. Wir waren sehr zufrieden mit unserem Hotel Lebada Luxury Resort & Spa mitten im Delta, das nur per Boot zu erreichen ist. Es organisiert auf Anfrage den Transfer vom Flugplatz mit Auto und Boot. 

Fotos: Sina Schunk

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Über den Autor
Thomas Borchert

Thomas Borchert begann 1983 in Uetersen mit dem Segelfliegen. Es folgte eine Motorsegler-Lizenz und schließlich die PPL in den USA, die dann in Deutschland umgeschrieben wurde. 2006 kam die Instrumentenflugberechtigung hinzu. Der 1962 geborene Diplom-Physiker kam Anfang 2009 vom stern zum fliegermagazin. Er fliegt derzeit vor allem Chartermaschinen vom Typ Cirrus SR22T, am liebsten auf längeren Reisen und gerne auch in den USA.

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