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Fuerteventura mit dem Magni Gyro M24 Plus entdecken

Die UL-Fliegerei steckt in Spanien noch in den Kinderschuhen. Mit Unterstützung lokaler Piloten steht einem Flugabenteuer im Kanarenurlaub aber nichts im Wege.

Von Toni Ganzmann
Tragschrauber
Startklar zur Inselrunde: Autor Toni Ganzmann im UL-Tragschrauber Magni Gyro M24 Plus der Fundación Aeronáutica. Bild: Toni Ganzmann Foto: Toni Ganzmann

Die Kanarischen Inseln sind besonders in der kalten Jahreszeit ein beliebtes Reiseziel und das nicht nur wegen der Schönwettergarantie. Denn das Freizeitangebot hält für fast jeden das Passende bereit – von Baden über Sport und Wandern bis zum entspannten Relaxen. Nur für Piloten sieht es bislang eher düster aus.

Zwar akzeptieren die Verkehrsflughäfen auf den sieben Inseln mit Airport durchreisende Privatpiloten, Chartermöglichkeiten sind aber rar gesät. Es gibt zwei Flugschulen am Aeropuerto de Tenerife Norte-Ciudad de La Laguna (GCXO) und am Aeródromo de El Berriel (GCLB) auf Gran Canaria. Doch Luftsportgeräte sind auf den Kanaren Exoten und eigene UL-Plätze praktisch nicht vorhanden.

Nichts geht über gute Kontakte

Im vergangenen Jahr erhielt ich vom italienischen Tragschrauberhersteller Magni Gyro die Nachricht, dass sich auf den Kanaren „UL-technisch etwas tut“. So kam ich mit Felix Duran in Kontakt, dem Präsidenten der Fundación Aeronáutica. Die gemeinnützige Stiftung fördert die Gründung kleiner Flugplätze und versucht, die etwas schwerfällige Verwaltung von den Vorteilen der Allgemeinen Luftfahrt zu überzeugen. Gegründet wurde die Organisation vom Dänen Niels Axel. Den ehemaligen Airline-Piloten hat seine Pensionierung auf die Kanaren verschlagen. Er finanzierte die Gründung der Fundación Aeronáutica mit eigenem Kapital. Weil es auf Fuerteventura bereits einen ersten aktiven Stützpunkt gibt, empfahl mir Duran, doch einfach mal vorbeizukommen. Gesagt, getan!

Plötzlich erinnere ich mich an eine Urlaubsplanung vor rund 15 Jahren. Damals erfuhr ich von einem kleinen Flugplatz auf Fuerteventura. Google Maps war noch unbekannt. So gelang es mir erst vor Ort, die genaue Position des Platzes in Erfahrung zu bringen. Mit einem Mietwagen ging es über fiese Feldwege mitten ins Nirgendwo, bis eine kleine Holztafel mit der Aufschrift „Aerodromo del Jarde“ auftauchte. Kurze Zeit später entdeckte ich tatsächlich einen Windsack neben einem Hangar. Heftige Sandstürme und Kommunikationsprobleme führten dazu, dass ich die Insel damals leider nicht aus der Luft erleben konnte. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Jetzt sollte ich also eine zweite Chance bekommen.

Endlich fliegen auf Fuerteventura

Im Januar 2024 steht Fuerteventura auf dem Reiseplan unserer Kreuzfahrt. Klappt es diesmal mit einem Treffen? Kann ich vielleicht sogar selbst über die Insel fliegen? Die Zeichen stehen gut. Felix Duran ist erfreut, und wir vereinbaren einen Termin. Am Hafen nimmt mich der Präsident persönlich in Empfang. Gemeinsam fahren wir „meilenweit ins Nirgendwo“. Für mich fast ein Déjà-vu, aber diesmal sind die Straßen besser. Ziemlich genau in der Mitte der 90 Kilometer langen und 25 Kilometer breiten Insel, in der Nähe von Antigua, liegt der Flugplatz mit der ICAO-Kennung GCAT.

VulkaneVulkane
Volcanes de Bayuyo: Die bis zu 50 000 Jahre alte Vulkanreihe erstreckt sich zwischen Lajares und Corralejo. Foto: Toni Ganzmann Bild: Toni Ganzmann

Es herrscht reges Treiben am Boden und in der Luft. Zwei Kitfox-ULs schulen in der Platzrunde. Ein ELA-Tragschrauber trainiert die vertikale Autorotation, und im Hangar wird lautstark ein Fluggerät gewartet. Das Prachtstück der Stiftung, ein geschlossener Tragschrauber vom Typ Magni M24 Plus, steht bereits frisch herausgeputzt auf dem Vorfeld und ist bereit fürs Fotoshooting. Weil der Wind minütlich stärker wird, entschließen wir uns, das Fliegen vorzuziehen. Eine gute Entscheidung, wie sich kurze Zeit später herausstellt. Denn aus den laminaren 12 Knoten werden bald bockige 20.

Vulkane sorgen für Turbulenzen

Direkt nach dem Start auf der Piste 18 drehen wir auf Nordkurs, um nicht in den Nahverkehrsbereich (Canarias TMA B1) des Verkehrsflughafens Fuerteventura (GCFV) zu geraten und steigen auf 1200 Fuß. Die Perspektive von hier oben ist beeindruckend. Soweit das Auge reicht nur braunes Land: ausgedehnte Ebenen, dazwischen die Kegel der erkalteten Vulkane, Bergzüge mit Steilhängen und Schluchten. Wir sehen Braun in den unterschiedlichsten Schattierungen.

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Ganz selten sind kleine Ortschaften zu entdecken, die einen weiß leuchtenden Kontrast bilden. Eine davon ist Lajares, wo wir den 300 Meter hohen Calderon Hondo passieren. Im Vorbeiflug schütteln uns die vom Berg ausgelösten Turbulenzen ordentlich durch. Wir drehen nach links und sehen in zehn Kilometern Entfernung die schäumende Atlantikküste bei Los Lagos. Zeit zum Abstieg auf Umgebungshöhe: Denn eine Minimumhöhe außerhalb von Ortschaften gibt es für Luftsportgeräte nicht. Wir folgen der Küste nach Norden und kommen an einem von drei aktiven Leuchttürmen der Insel vorbei – dem Faro de Tostón. Er kann samt einem kleinen Museum besichtigt werden.

Nur im Norden Fuerteventuras ist Wassersport möglich

Bis zur Nordspitze der Insel sehen wir unter uns immer wieder breite Sandstrände, die von Campern genutzt werden. Leider ist die gesamte Küstenlinie felsig und daher zum Wassersport ungeeignet. Das ändert sich erst, wenn man nach Corralejo kommt, der nördlichsten Stadt auf Fuerteventura. Das einstige Fischerdorf hat sich zu einem modernen Touristenzentrum mit fast 20 000 Einwohnern entwickelt.

Am südlichen Stadtrand beginnt die 26 Quadratkilometer große Dünenlandschaft Dunas de Corralejo, die wegen ihrer besonderen Flora und Fauna unter Naturschutz steht. Der feine weiße Sand und der flach ins Meer fallende Strand sind ein Eldorado für Windsurfer und Wellenreiter. Vier Kilometer östlich liegt die unbewohnte Insel Lobos, die ein beliebtes Ziel von Freizeitkapitänen ist. Gerade einmal 100 Kilometer weiter beginnt schon der afrikanische Kontinent.

LeuchtturmLeuchtturm
Fürs Navigieren gemacht: Der Leuchtturm Faro de Tostón steht an der Nordwestküste der Insel. Er beherbergt auch ein kleines Museum, das besichtigt werden kann. Insgesamt hat Fuerteventure drei aktive Leuchttürme, die 1897, 1960 und 1986 errichtet wurden.

Wegen der nahen Kontrollzone des großen Insel-Airports drehen wir hier in Richtung Inselmitte. Rechts von uns sind Vulkankrater aneinander gereiht, die Volcanes de Bayuyo. Links baut sich der 312 Meter hohe Montana Roja auf, ebenfalls ein ehemaliger Vulkan. Da der Wind mittlerweile mit 35 Stundenkilometern von vorne links kommt, entstehen zwischen den Erhebungen heftige Verwirbelungen mit starken Fallwinden. Doch unser ordentlich ausgetrimmter Magni M24 Plus liegt stabil in der Luft. Die 141 PS des Rotax 915 geben ein sicheres Leistungspolster. So steigen wir auf lediglich 150 Meter Flughöhe und sitzen die „holprige Strecke“ in der bequemen Kabine einfach aus.

Faszinierende Vegetation

Immer wieder erstaunen mich kleine, saftig grüne Äcker, deren Pflanzen wegen des Lavabodens nur mit der nächtlichen Feuchtigkeit auskommen müssen. Im Durchschnitt gab es auf Fuerteventura 19 Regentage pro Jahr. Seit kurzem fast gar keinen Regen mehr.

Für den Rückflug zum Platz gilt es, die westliche Grenze der Kontrollzone von Fuerteventura zu beachten. Wir bleiben deshalb rechts der Straße FV-101 und halten auf den Volcan de la Arena zu, bis wir die Ortschaft La Olivia erreichen. Auf den letzten 25 Kilometern durchfliegen wir einen beeindruckenden Barranco-Kamm, müssen dann zum Überqueren der nächsten Bergzüge jedoch kräftig steigen. Aber über der 600-Seelen-Gemeinde Triquivijate sollen wir ohnehin 1000 Fuß Höhe über Grund haben.

Und dann sind auch schon die gekreuzten Landebahnen unseres Zielflugplatzes in vier Kilometern Entfernung deutlich erkennbar. Der Wind hat mittlerweile so stark aufgefrischt, dass im Final bis zum Aufsetzen etwas Motorleistung stehen bleiben muss und auch keine Ausrollstrecke benötigt wird. Das ist vorteilhaft, denn die befestigte Bahn hat eine recht rustikale Oberfläche.

Errichtung neuer Flugplätze auf den Kanaren ist schwierig

Beim Landebier erzählt mir Felix Duran, wie schwierig auf den Kanaren die Errichtung neuer Flugplätze ist. Trotz des großen Landangebots gibt es immer wieder Vorbehalte der lokalen Behörden – die sich oft nicht nachvollziehen lassen. Auch seien viele administrative Vorgänge antiquiert. So darf die Theorieausbildung zum UL-Piloten zwar ganz zeitgemäß online erfolgen, zur Prüfung muss aber jeder Kandidat ins zweitausend Kilometer entfernte Madrid reisen. Nicht wirklich nachvollziehbar sei auch die Regelung, dass ULs auf Verkehrsflughäfen grundsätzlich nicht landen dürfen. Selbst Durchflüge durch Kontrollzonen sind nur mit Aufgabe und Genehmigung eines schriftlichen Flugplans möglich.

FachsimpelnFachsimpeln
Treibende Kräfte: Präsident Felix Duran, Stiftungsgründer Niels Axel und Autor Toni Ganzmann beim Fachsimpeln.

Mit am Tisch sitzt Daniel del Rosario, der auf Gran Canaria am Flugplatz El Berriel (GCLB) die Flugschule Canaire betreibt. Er arbeitet eng mit der Fundación Aeronáutica zusammen und bildet am Platz UL-Piloten für Flächenflugzeuge und Tragschrauber aus. Auf meine Frage, ob denn deutsche UL-Piloten auch chartern könnten, verweist er auf die gültige Rechtslage. So dürfen ausländische Piloten grundsätzlich kein inländisch registriertes Luftfahrzeug führen.

Aber schmunzelnd meint er, dass der verantwortliche spanische Luftfahrzeugführer nichts dagegen habe, wenn der deutsche Pilot die Steuerung „mitführen“ möchte. Und ein ortswie sprachkundiger Pilot an Bord ist im Ausland gerade auf einem kurzen Urlaubsflug ohnehin sinnvoll. Die Fundación Aeronáutica treibt inzwischen auch auf Teneriffa und Gran Canaria Genehmigungsverfahren voran. Geplant sind Flugplätze mit gemischtem Luftsportgerätebetrieb. Antigua Fuerteventura (GCAT) ist dagegen bereits heute ein Urlaubstipp.

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Über den Autor
Toni Ganzmann

Toni Ganzmann hat europäische und amerikanische Fluglizenzen für Hubschrauber, Motorflugzeuge und Luftsportgeräte und ist als SPL- und PPL-Fluglehrer (FI) und PPL-Flugprüfer (FE) tätig. Professionelle Flugerfahrung erwarb er bei den Heeresfliegern der deutschen Bundeswehr und beim Offshore-Service in den USA. Für das fliegermagazin ist er als freier Autor tätig.

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