Flugplatz Stralsund: Der Hanse auf der Spur
Malerisch gelegen und dank Backstein-Gotik UNESCO-Weltkulturerbe: Stralsund muss man erlebt haben! Vom gepflegten Sonderlandeplatz ist das
historische Stadtzentrum rasch erreicht – und auch die Insel Rügen.
Die Antwort auf unsere PPR-Anfrage kommt schnell. Wir fliegen den Strelasund zwischen Rügen und Festland hinauf, umrunden die Stadt, passieren den Hafen, die mächtige Halle der Werft und die Insel Dänholm. Der Grasplatz vom Flugplatz Stralsund liegt nordwestlich der Stadt.
Nach der Landung auf der 900 Meter langen Bahn 23 rollen wir zurück, passieren ein mächtiges eisernes Doppeltor und stellen unsere Cessnas gegenüber von Hangar und Vereinsheim ab.
Flugplatz Stralsund hat ein eigenes »Fliegercasino« – Gastronomie im Vereinsheim
1958 wurde der Flugplatz unweit des Verkehrsflughafens Barth als Segelfluggelände der staatseigenen Gesellschaft für Sport und Technik (GST) eröffnet. Die ersten Stralsunder Piloten, ausgerüstet mit einer Winde und einem Segelflugzeug Typ Baby IIb, waren zuvor stets zum Fliegen nach Rügen gependelt. 1966 entstand der Hangar, 1972 kam das schmucke Vereinsheim hinzu, in dem auch Gäste übernachten können. Nach der Wende übernahm 1990 der Flugsportklub Volkswerft Stralsund
den Flugbetrieb. Er hat heute rund 70 Mitglieder, drei Segelflugzeuge und ein UL, das auch zum Schleppen dient.
Geflogen wird überwiegend am Wochenende, die UL-Schulung findet auch an Werktagen statt. Das »Fliegercasino«, die Gastronomie im Vereinsheim, bietet schmackhafte Speisen nach dem Motto »Futtern wie bei Muttern«.
Stralsund ist nach einer Meerenge benannt
Ein Taxi bringt uns in wenigen Minuten zum Hotel Zur Post, im Herzen der historischen Altstadt. Kopfsteinpflaster, kleine Läden, hübsche Giebel: Das alte Zentrum der Hansestadt Stralsund gehört zum Feinsten der Backsteingotik und ist seit 2002 Teil des UNESCO-Weltkulturerbes.
Stralsund ist nach der frühen Siedlung Strale aus dem 10. Jahrhundert und der benachbarten Meerenge benannt. Der heutige Name wurde 1240 erstmals urkundlich erwähnt. Stralsund war Gründungsmitglied der Hanse; oft schipperten über 300 Frachter gleichzeitig mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Pelzen quer über Nordeuropas Meere. Vom Wohlstand der Kaufleute zeugen noch heute über 800 denkmalgeschützte Häuser.
Turm der Marienkirche in Stralsund ist 104 Meter hoch
Für einen ersten Überblick klettern wir auf den Turm der Marienkirche. Das Gotteshaus aus dem 13. Jahrhundert soll einmal das höchste Bauwerk der Welt gewesen sein, bis im Jahre 1647 ein Blitzschlag die 151 Meter hohe gotische Spitze davonfegte. Heute ist der Turm immerhin noch 104 Meter hoch, und seine Plattform bietet einen großartigen Rundblick. Wer den Aufstieg über die 366 Turmstufen nicht scheut, bekommt eine Vorstellung von der Schönheit und wichtigen Rolle Stralsunds. Die Altstadt ist rings von Teichen und dem Strelasund umgeben. Der Blick geht über Kirchen und Klöster, das Rathaus, den Hafen und die Insel Dänholm bis nach Rügen, mit der Stadt über zwei Brücken verbunden.
Wieder unten angekommen, steht man an fast jeder Straßenecke vor einer Sehenswürdigkeit. Kaum zu glauben, dass große Teile der Altstadt einmal dem Verfall preisgegeben waren. Zum Glück blieb der Kahlschlag aus, sodass heute einmalige, top-renovierte Zeugnisse der Backsteingotik, der niederländischen Renaissance und jüngerer Epochen wieder im alten Glanz erstrahlen.
Schaufassade des Rathauses ist ein Wahrzeichen der Hansestadt
Zu den architektonischen Höhepunkten zählen die berühmte Schaufassade des Rathauses (das Wahrzeichen der Stadt), die monumentale Kirche St. Nikolai, die St. Jakobikirche und das gotische St. Katharinenkloster aus dem Jahr 1251. Die Stralsunder verweisen gern darauf, dass ihre Stadt fast zwei Jahrhunderte lang zu Schweden gehörte – als »Gegenleistung« für Schwedens (und Dänemarks) Hilfe im erfolgreichen Widerstand gegen Wallensteins Truppen, die 1628 Stralsund im Dreißigjährigen Krieg belagerten. Erst 1815 kam die schwedisch-pommersche Stadt zu Preußen.
Ein Stück dänisch-deutsche Geschichte ist der Dänholm. Die kleine, zu Stralsund gehörende Insel verdankt ihren Namen einem Sieg gegen die dänische Flotte im 15. Jahrhundert, seither dient sie ununterbrochen als Militäranlage. In der »Wiege der preußischen Marine«, später auch in den Kasernen der Kriegsmarine und DDR-Volksmarine, wurde der Nachwuchs gedrillt. Kurios: Der berühmte Komiker und Wortartist Heinz Erhardt diente während des Zweiten Weltkriegs im Marine-Musikkorps. Heute steht auf dem Dänholm das Marinemuseum und eine Außenstelle des Stralsunder Meeresmuseums mit Exponaten aus der Meeresforschung und der Fischerei.
Futuristischer Bau: Ozeaneum ist ein Besuch wert
Am Hafen in Stralsund liegt eine maritime Legende von Weltrang: das 1933 erbaute Segelschulschiff »Gorch Fock«, nicht zu verwechseln mit dem 25 Jahre später ebenfalls bei der Werft Blohm & Voss entstandenen Schiff der Bundesmarine. Das »Original« fuhr als erstes von sechs baugleichen Segelschulschiffen in der Kriegsmarine, dann 60 Jahre lang unter den Flaggen der UdSSR und der Ukraine. Vollgepackt mit schönen Erinnerungsstücken, lädt die Gorch Fock heute als Museumsschiff zur Besichtigung ein.
Vom weißen Großsegler sind es nur wenige Schritte zum futuristischen Bau des Ozeaneums. Architektur ist Geschmackssache – doch in zwanzig, dreißig Jahren wird man vermutlich einen passenderen Bau ins historische Ensemble setzen. Das Ozeaneum ist Teil des stark frequentierten Deutschen Meeresmuseums, dessen Hauptausstellung im ehemaligen Katharinenkloster untergebracht ist. Beim Rundgang durch die Altstadt kommen wir an der 1765 gegründeten Spielkarten-Fabrik vorbei und passieren die Henning-Mörder-Straße. Sie ist freilich nicht nach einem Attentäter benannt, sondern nach einem früheren Bürgermeister und Spross eines alten Adelsgeschlechts.
Bismarckhering stammt aus Stralsund
Stralsund hat heute gut 59 000 Einwohner. Zu den Hauptwirtschaftszweigen zählen der Tourismus, der Schiff- und Maschinenbau, Dienstleistungsbetriebe, Logistik, Gesundheitswirtschaft, Informations- und Biomedizintechnik. Jährlich finden zahlreiche Veranstaltungen statt, darunter die Wallensteintage in der Altstadt, das Hafenfest, das Musikfest Campus Spektakel und der älteste Weihnachtsmarkt im Ostseeraum.
Vor dem Abschied noch ein Snack – wie wäre es mit einem Bismarckhering? Diese kulinarische Delikatesse stammt aus Stralsund und wurde dem Reichskanzler zu dessen Geburtstag Anno 1871 von einem hiesigen Fischhändler zugesandt. Otto von Bismarck erteilte ihm daraufhin das Privileg, »Bismarckheringe« zu verkaufen. Heute bietet sie der Stralsunder Fischhändler Henry Rasmus an, und Gäste aus aller Welt haben die leckeren Fische schon probiert – sicher auch der Fernseh-Opa der Nation, Henry Vahl. Der beliebte Star des Hamburger Ohnsorg-Theaters entstammte einer Stralsunder Fischerfamilie.
Das Taxi bringt uns zurück zum Flugplatz Stralsund. Bald sind wir wieder in der Luft und nehmen Kurs auf Rügen. Hiddensee, Kap Arkona … man könnte diese Aussicht stundenlang genießen – und es gibt noch viel zu sehen.
- Flugplatz Stralsund
Kennung: EDBV
Frequenz: 118.630 MHz
Höhe: 49 ft
Lage: NW an Stralsund angrenzend
Koordinaten: N 54° 20ˈ 09ˈˈ, E 13° 02ˈ 40ˈˈ
Pisten: 05/23, 900 m Gras, zugelassen
für Segelflugzeuge, Motorsegler,
Ultraleichtflugzeuge und Motorflugzeuge bis 5,7 t MTOM
Treibstoff: Super Plus, Diesel
Betriebszeiten: PPR!
Adresse: Flugsportklub Volkswerft Stralsund e. V., Straße am Flugplatz 15,
18435 Stralsund
Telefon: 03831/39 10 49
Internet: www.flugplatz-stralsund.de
Text & Fotos: Rolf Stünkel
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