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fliegermagazin-Leserreise nach Portugal zum „Südkap“

Viele Piloten träumen vom Flug ans Nordende von Europa – und unterschätzen den Reiz des Südens. 23 fliegermagazin-Leser haben mit elf Flugzeugen die Südwestspitze des europäischen Festlands umrundet.

Von Thomas Borchert
Cabo de São Vicente
Am Ziel: Das Cabo de São Vicente bei Sagres ist die Südwestspitze des europäischen Festlands. Hier beginnt die Algarve – mit felsigen Steilküsten, auf die lange Sandstrände folgen. Foto: Thomas Borchert

Das ist nicht der Anruf, den man bekommen möchte, wenn man mit 23 Menschen beim Abendessen in Porto sitzt, fasziniert der landestypischen Fado-Musik lauscht und sich freut, dass der Flug Richtung Lissabon am nächsten Tag für alle elf Maschinen bereits organisiert ist. Der portugiesische Aeronautical Information Service (AIS) ist dran: „Also, was Sie da als Flugplan aufgegeben haben – das geht so auf keinen Fall!“ Immerhin: Der Mann ist nett und äußerst hilfsbereit.

Nach wochenlanger Vorbereitung und ausführlichem Studium der eigens um Lissabon eingerichteten VFR-Tunnel hatten wir unsere Flugpläne extra genau so aufgegeben, wie es die AIP vorsieht. Aber das, so lernen wir nun, geht nicht: Eine Militärübung im Süden Portugals blockiert die Tunnel. Die Alternativroute, die sich der AIS-Mann für uns ausgedacht hat, führt viel direkter zu unserem Tagesziel Cascais (LPCS) – aber mitten durch Sperrgebiete. Das hätten wir uns nie getraut. Nun also können wir zum Dessert nochmal alles neu planen …

Leserreise nach Portugal: Es lohnt sich hartnäckig zu bleiben

Mit elf Flugzeugen und 23 Teilnehmern führt die fliegermagazin-Leserreise im Juni 2023 bis in die Algarve. Und Wochen vorher wird schon zu Beginn der Planung klar: Spanien und Portugal machen es der Allgemeinen Luftfahrt alles andere als leicht. Wie sich allerdings zeigen soll, lohnt es sich, hartnäckig zu bleiben. Vor allem, weil traumhafte Landschaft und beeindruckende Flüge ebenso für den Aufwand entschädigen wie die Begegnungen mit den sehr freundlichen Menschen unterwegs. Und weil es manchmal plötzlich doch ganz einfach wird.

ColmarColmar
Studium der Sperrgebiete: Beim Briefing in Colmar dreht sich alles um die französischen Tiefflugstrecken.

In Colmar (LFGA) trifft sich die Gruppe zum ersten Mal. Wir wollen nach San Sebastián (LESO) gleich hinter der Grenze in Spanien. Dort ist wirklich wenig Platz: Der Regionalflughafen ist in eine enge Bucht hineingebaut, der Anflug spektakulär. Selbst die Taxiways ragen in die Sicherheitszone der Runway. Erst nach langem Bitten findet die Verwaltung zusätzlich zu den sechs ausgewiesenen Stellplätzen für die Allgemeine Luftfahrt noch fünf Parkflächen, drei davon sogar im Hangar. PPR ist hier stets Vorbedingung. Das Verfahren für die sechs regulären Plätze ist eigenwillig und der Enge geschuldet: Wir rollen einzeln auf eine „Engine Shutdown Area“, schalten dort den Motor ab und schieben die Flugzeuge dann von Hand auf den Parkplatz.

Mit Tipps und Tricks um Handlingkosten zu sparen

In San Sebastián wenden wir zum ersten Mal mit Erfolg den Trick der spanischen AOPA an, der erheblich Handlingkosten spart. Unser Hotel liegt direkt an der beeindruckenden Bucht, an der sich die Häuser der Stadt aufreihen. Am nächsten Morgen ist klar: Das Wetter an der Atlantikküste wird allen Befürchtungen gerecht. Regenschauer stauen sich an der bergigen Küste. Wir wollen nach Maia (LPVL), dem Flugplatz für die Allgemeine Luftfahrt nahe der nordportugiesischen Stadt Porto. Die meisten Crews entscheiden sich, der Küste VFR im Tiefflug übers Meer zu folgen.

Trübe AussichtenTrübe Aussichten
Trübe Aussichten: Die Bucht von San Sebastián in Nordspanien liegt wunderschön am Atlantik – aber es ist gut erkennbar, dass das Wetter auf diesem Streckenabschnitt schwierig wird.

Wieder gilt ein Sonderverfahren: Nach Freigabe durch Ground werden die Flugzeuge einzeln von Hand auf die Area geschoben. Dort anlassen, zu Gunsten der anderen Teilnehmer zügig checken und los. Teils müssen die Crews den Schauern weit aufs Meer ausweichen, aber alle kommen durch – und bringen tolle Fotos der Küstenlandschaft mit. Zwei Maschinen sehen gleich nach dem Start die Chance, über die Berge ins spanische Binnenland zu fliegen. Dort gibt es nur ein paar Quellwolken und äußerst hilfreiche Controller: Diverse Lufträume D dürfen wir einfach kreuzen. Typisch Südeuropa: Eine richtige Freigabe gibt es dafür nicht, ein einfaches „continue“ impliziert, dass der Durchflug genehmigt ist.

In Maia herrscht viel Schulbetrieb

Maia ist ein gemütlicher Platz in den Hügeln oberhalb Portos, an dem viel Schulbetrieb stattfindet – sehr zu empfehlen. Allerdings liegt gleich nebenan die Kontrollzone von Porto. Und den Transport in die 45 Minuten entfernt gelegene Stadt, die sich durch teils etwas verfallene, aber sehr faszinierende Bauten auszeichnet, sollte man vorab organisiert haben. Was uns der AIS-Mann empfohlen hat, funktioniert: Wir dürfen der Küste durch allerlei Kontrollzonen und Sperrgebiete direkt nach Cascais (LPCS) folgen.

PortoPorto
Faszinierendes Stadtbild: Das Tal des Flusses Douro teilt die Stadt Porto. Die Häuser schmiegen sich an die teils steilen Hänge.

Wieder gibt es dafür keine „ordentlichen“ Freigaben – man gewöhnt sich dran. Auch das Wetter klart auf. Im Seebad Cascais liegt der Platz für die Allgemeine Luftfahrt in Lissabon. Hier ist die Hölle los, aber die Lotsen sortieren uns geschickt in den regen Verkehrsfluss ein. Es gibt keine zwei Meinungen: Cascais ist teuer! Aber alternativlos, wenn man Lissabon anfliegen will. Es herrscht Handlingpflicht, wir zahlen am Ende mehr als 300 Euro pro Flugzeug. Allerdings: Die Stadt lässt uns voller schöner Eindrücke zurück. Sie hat eine ganz besondere Atmosphäre, auch wenn es viele Touristen gibt.

Eine Militärübung blockiert den Weg an die Algarve

Für unseren Weiterflug entlang der Küste in die Algarve gibt es wieder Diskussionen mit AIS. Die besagte Militärübung blockiert den gesamten Süden Portugals bis 17.30 Uhr Ortszeit. Viel später, als wir eigentlich fliegen wollten, aber AIS lässt nicht mit sich reden. Über den VFR-Tunnel geht es nach Süden, um 17.10 Uhr meldet sich die erste Maschine unserer Gruppe kurz vor der Grenze des Sperrgebiets bei Lissabon Information, voll darauf eingestellt, 20 Minuten lang Kreise drehen zu müssen. „Da ist nichts mehr los, Einflug genehmigt“, heißt es lapidar. Na toll.

Fels-AlgarveFels-Algarve
Urlaubs-Feeling: Die Fels-Algarve mit ihren Buchten und Steiküsten ist im Vorbeiflug ein Genuss.

Je weiter wir nach Süden kommen, desto beeindruckender wird die Küste. Felsformationen in allen Braun- und Orangetönen, enge Buchten, tolle Sandstrände, dahinter oft Lagunen – der Flug ist ein Genuss. Dann kommt der Leuchtturm am Cabo de São Vicente in Sicht: die südwestliche Spitze des europäischen Festlands. Sie ist mindestens so beeindruckend wie das Nordkap, von dem so viele Piloten träumen.

Vor Ankunft an der Algarve sollten der Zielflugplatz feststehen

Brauchbare Flugplätze sind in der Algarve Mangelware. Vorab hatten wir Portimão (LPPM) angefragt. Tanken ist dort kein Problem, Parken schon: Das Vorfeld ist winzig, im Sommer sind hier auch noch Löschflugzeuge und Hubschrauber zur Waldbrandbekämpfung stationiert. Wir werden abgelehnt! Der Verkehrsflughafen Faro (LPFR) ist noch teurer als Cascais. Dennoch müssen vier Maschinen dorthin ausweichen. Denn die dritte Option geht nicht für jeden, entpuppt sich aber als Juwel: der UL-Flugplatz Lagos, teils als LPLG zu finden, in der AIP aber LP-59.

LagosLagos
Sehr entspannt: Der UL-Flugplatz Lagos kann nach Absprache auch mit E-Klasse-Maschinen genutzt werden. Die Bahn ist allerdings etwas kurz und schmal.

Die Betreiber haben ganz offiziell kein Problem damit, wenn dort auch E-Klasse-Flugzeuge landen. Allerdings: Die Asphaltbahn ist mit etwa 470 Metern nicht allzu lang, und mit neun Metern Breite wirklich schmal. Avgas gibt es nicht, für Mogas sorgt eine Autotankstelle 500 Meter weit weg. Hier alles sehr entspannt, britische UL-Piloten begrüßen uns. Eine Landegebühr gibt es nicht, unsere Spende geht gleich in den „Bier-Topf“. An einem flugfreien Tag erkunden wir die Fels-Algarve mit ihren Buchten und Höhlen auf einem Katamaran. Dann geht es auch schon auf den Rückweg nach Hause.

Vorbei an Faro zurück nach Deutschland

Richtung Osten führt ein weiterer VFR-Tunnel an Faro vorbei zur Sand-Algarve mit ihren langen Stränden. Es folgt die spanische Grenze – und der etwas eintönige Flug zum Tankstopp Casarrubios (LEMT) bei Madrid. Hier bestätigt sich, was Spanienkenner immer wieder sagen: Kleine Flugplätze, die nicht vom Staatsunternehmen AENA betrieben werden, sind preisgünstig und haben eine angenehme Atmosphäre. Auch ein Restaurant gibt es. Eigentlich war unser Plan, sich auch für die letzte Nacht der Reise im Nordosten Spaniens an diesen Rat zu halten: Wir wollten den kleinen, bei Fallschirmspringern sehr beliebten Platz Ampuriabrava (LEAP) ansteuern. Dort gibt es sogar einen Wartungsbetrieb unter deutscher Leitung. Doch fanden wir kein Hotel mit ausreichend freier Kapazität in der Nähe. Also weichen wir auf den Verkehrsflughafen Girona (LEGE) aus.

Sand-AlgarveSand-Algarve
Der Name passt: Aus dem Flugzeug wird sofort klar, warum der östliche Teil der Küste als Sand-Algarve bezeichnet wird.

Allerdings: Trotz riesiger Vorfeldflächen erklärt uns AENA, dass keinesfalls mehr als sechs Maschinen kommen könnten. Der Rest weicht nach Sabadell (LELL) bei Barcelona aus – die Fahrzeit zum Hotel ist identisch. Beim Abschiedsessen am Mittelmeer ziehen wir Bilanz. Manche der Schwierigkeiten waren durch die Größe der Gruppe bedingt, viele jedoch nicht. Der Südwesten Europas macht bei der Flugvorbereitung deutlich mehr Arbeit als andere Regionen, vor allem, was die Kommunikation mit den Flugplätzen angeht. Aber der Aufwand lohnt sich unbedingt!

VFR-Tunnel

Im Abschnitt ENR 3.5 der portugiesischen AIP finden sich die VFR-Tunnel, die durch die Lufträume der Klasse C von Porto, Lissabon und Faro führen. Auf diesen Routen kann ohne Freigabe im Luftraum C geflogen werden. Dazu ist – je nach Tunnel – entweder Hörbereitschaft auf einer vorgegebenen Frequenz oder eine Meldung im Funk erforderlich. Teils ist ein Höhenband vorgegeben, anderswo eine präzise Höhe. Manchmal gibt ATC Frequenzen zur Hörbereitschaft vor, die von denen in der AIP abweichen. In den VFR-Tunneln ist also gute Vorbereitung und höchste Aufmerksamkeit gefragt. Die Aufgabe der Routen im Flugplan ist nicht einfach: Es gibt Kürzel für die VFR-Wegpunkte, mit denen die Routen definiert sind – sie werden aber nur vom portugiesischen Flugplan-Computer als gültig erkannt. Bei den gängigen Apps sollte man Länge/Breite angeben; mit einem Anruf von AIS ist zu rechnen.

Handling in Spanien

Die größeren Airports werden vom Staatsunternehmen AENA betrieben und haben oft eine Handlingpflicht. Dazu hat die spanische AOPA eine Abmachung mit AENA getroffen: Handlingagenten der kommerziellen Luftfahrt (oft Iberia) sind verpflichtet, Handlingvorgang für jeweils maximal 9,16 Euro plus Steuern anzubieten. Dies gilt jeweils für An- und Abflug. Agenten der Allgemeinen Luftfahrt haben Preisfreiheit und sind teurer! In der E-Mail-Anfrage an den Agenten bittet man ausschließlich um die Dienstleistung „Servicio de Acompañamiento en plataforma“, also Begleitung aufs Vorfeld. Ob dies ein Fahrzeug erfordert, hat keinen Einfluss auf den Preis. Mehr dazu unter www.aopa-spain.org/index.php/es/defensa-de-la-ag/handling und https://xn--realaeroclubdeespaa-d4b.org/dont-let-them-cheat-you/.

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Über den Autor
Thomas Borchert

Thomas Borchert begann 1983 in Uetersen mit dem Segelfliegen. Es folgte eine Motorsegler-Lizenz und schließlich die PPL in den USA, die dann in Deutschland umgeschrieben wurde. 2006 kam die Instrumentenflugberechtigung hinzu. Der 1962 geborene Diplom-Physiker kam Anfang 2009 vom stern zum fliegermagazin. Er fliegt derzeit vor allem Chartermaschinen vom Typ Cirrus SR22T, am liebsten auf längeren Reisen und gerne auch in den USA.

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