Altiport-Tour in Frankreich: Zu Gast auf den höchsten Flugplätzen der Welt
Alpine Flugplätze in Frankreich sind spektakulär. Aber nicht mit jedem UL anfliegbar – zwei Piloten aus Bayern waren da sehr realistisch. Sie haben sich Machbares ausgesucht und sind dennoch in eine grandiose Bergwelt eingetaucht.
Nur acht Meter breit, 150 Meter lang und 20 Prozent Steigung – im Anflug auf La Salette ist höchste Präzision angesagt. Oben schließt sich ein kleines Plateau mit Windsack an, in Landerichtung 50 Meter lang, dahinter geht’s um 20 Grad nach rechts auf die Abflugpiste, die ebenfalls 150 Meter Länge und 20 Prozent Gefälle hat. Wer das Plateau in Anflugrichtung überrollt, endet in Büschen und abfallendem Gelände. Kurz vor der Landebahn hält uns Aufwind hartnäckig oben – trotz Leerlauf kommen wir nicht runter. Vollgas! Ein neuer Versuch. Diesmal nehme ich das Gas im Endanflug früher raus, doch wieder dieser Aufwind … Auf dem Plateau rasieren die Räder unseres Breezers das Gras. Ein beeindruckender Platz!
Der Unterschied zu unserem Heimatplatz Ampfing in Oberbayern könnte größer nicht sein. Mit meinem ehemaligen Flugschüler Olaf Grulich bin ich von dort über Freiburg nach Frankreich geflogen. Im Dreiländereck Deutschland-Frankreich-Schweiz ist Bale Info auf 130,900 MHz für uns zuständig. Mulhouse sollen wir im Norden passieren und dabei unter 3500 Fuß bleiben. Hinter Montbéliard gehen wir höher, denn vor uns liegt der Jura. Ab Pontarlier müssen wir wegen der Berge noch mehr Höhe machen. Südlich der Stadt sehen wir Château de Joux, eine Burg aus dem 11. Jahrhundert. Wenig später beeindruckt uns der Lac de Saint-Point mit seinem türkis-grünen Wasser.
Altiport-Tour: Höchste Präzision im Anflug ist gefragt
Kurz vor Genf kommt der mächtige Mont Blanc in Sicht. Auf Höhe von Genf schickt uns Bale Info auf die Frequenz von Geneva Information. Mit 100 Knoten Ground Speed fliegen wir weiter nach Süden. Bei Oyonnax werden wir an Lyon Info weitergereicht, dann wechseln wir auf die Frequenz unseres Zielflugplatzes Bourg-Ceyzériat (LFHS). Auf dessen Anflugkarte steht „french only“, also melde ich mich mit „Bourg, D-MFSM, bonjour!“ Wie auf vielen französischen Plätzen ist niemand am Funk; die Piloten verständigen sich untereinander, man muss eben mithören. Gewöhnlich macht man vor der Landung einen Überflug, schaut sich den Windsack an und checkt den Zustand der Piste. Wir nehmen die „18“. Im Endanflug auf die 1139 Meter lange Bahn geben wir eine letzte Positionsmeldung durch: „Bourg, D-MFSM, finale piste 18.“
1:49 Stunden waren wir seit Freiburg in der Luft. Wir haben uns eine Pause verdient. Im „bureau de piste“ treffe ich auf eine charmante Dame, die auch ein paar Sätze Deutsch kann. Sie schaltet die Tankstelle frei: Es gibt UL91 für 2,47 Euro pro Liter. Bei der Datenerfassung und Rechnungsausstellung probiert die Dame ihr Schulenglisch aus, und ich versuche mich in meinem Schulfranzösisch.
Einsteiger-Altiport: In Corlier üben wir den Anflug
Für den Weiterflug warten wir bis zum späten Nachmittag – in den Bergregionen muss insbesondere der Wind passen, und gegen Abend lässt er in der Regel nach. Um 16.20 Uhr heben wir ab. Das Ziel ist Corlier (LFJD), zehn Minuten entfernt – unser Einsteiger-Altiport zum Üben und Warmwerden. Der liegt auf 2770 Fuß in den Ausläufern des Jura. Seine Grasbahn misst 300 mal 40 Meter und hat eine Steigung von 15,7 Prozent. Wie erwartet, meldet sich im Funk niemand. Also wieder Blindmeldungen auf Französisch. Das Anflugverfahren schreibt vor, sich dem Platz über Meldepunkt W zu nähern. In 3100 Fuß ist die Piste in einer Kurve zu überfliegen, dann geht’s in den Queranflug. Gelandet wird immer bergauf, also auf der „12“.
Drei Minuten südlich des Platzes kündige ich unseren Überflug an: „Corlier, D-MFSM trois minutes au sud de terrain, je rappelle en verticale terrain.“ Als wir über der Piste sind und den Windsack checken, bemerken wir, dass Südwind herrscht, was mich nicht wirklich entspannt: Im Anflugblatt steht, dass genau bei dieser Windrichtung mit stärkeren Turbulenzen zu rechnen sei. Und die Windräder auf den Bergen in der Nähe drehen sich ganz schön schnell …
Gas raus und voll in die Bremse!
Mein Plan ist daher, etwas höher anzufliegen und die Schwelle wegen möglicher Abwinde oder Turbulenzen nicht zu tief zu überqueren. Im Anflug ist die Luft recht ruhig. Über der Schwelle Gas zurück, aber nicht ganz, da die Piste ja ansteigt. Vor dem Aufsetzen noch etwas mehr Gas, so wie ich es bei meinem Bergtraining mit einer Savannah in Südtirol gelernt habe. Da die Hälfte der Piste schon hinter uns liegt, als wir aufsetzen, wird es knapp mit der verbleibenden Bahnlänge. Gas raus und voll in die Bremse! Mit immer noch beachtlicher Geschwindigkeit rollen wir auf das Plateau, in das die Piste übergeht.
Wir sind die einzigen am Platz. Hier gibt es einen Hangar, das Rumpfsegment einer Caravelle, das dem Aéroclub du Haut-Bugey seit 1997 als Clubhaus dient, vor allem aber einen tollen Blick auf die Berglandschaft. Den ersten Altiport haben wir gemeistert!
Fachsimpeln: Wir tauschen uns mit anderen Piloten über die Landung aus
Kurze Zeit später ein Motorgeräusch am Himmel. Eine Savannah landet – und braucht nur einen Bruchteil unserer Landestrecke. Die Piloten sind vom Aeroclub aus Mâcon. Man tauscht sich aus und fachsimpelt. Da ich die Landung der Savannah gefilmt habe, bietet mir einer der Piloten an, unseren Start zu filmen und mir das Video zu schicken. Sehr nett.
Wir haben noch fast maximales Abfluggewicht, also nehmen wir jeden Meter mit und rollen ganz an den Anfang der Piste 30. Der Breezer beschleunigt gut, am besten natürlich im Gefälle. Nach etwa zwei Dritteln Bahnlänge sind die Räder frei. Nur Augenblicke später endet die Piste unter uns, und das bergige Gelände fällt ab. Fühlt sich so der Start auf einem Flugzeugträger an?
Berühmte Altiports: Courchevel und Méribel fliegen wir diesmal nicht an
Dann geht es nach Süden zum Altiport L’Alpe d’Huez (LFHU). Zwischen den Kontrollzonen Lyon und Chambéry gibt es viele TMAs, also kontrollierte Lufträume, vergleichbar unseren Coder D-Lufträumen.
Da wir bei Lyon Info angemeldet sind und unter 4500 Fuß fliegen, stellen sie aber kein Problem dar. Östlich unserer Route liegen die berühmten Altiports Courchevel und Méribel. Da wir beide Plätze vor wenigen Jahren schon mal angeflogen haben, nehmen wir sie diesmal nicht in unser strammes Programm auf.
Keiner meldet sich: Im Anflug müssen wir auf Gleitschirmflieger achten
L’Alpe d’Huez liegt auf 6103 Fuß – wir müssen noch etwas steigen. Über der Großstadt Grenoble erlaubt dies der Luftraum, und wir gehen auf FL 71. Jetzt wird’s spannend. Wir fliegen in ein Talsystem ein, das am Ende geschlossen ist. Es gibt nur einen schmalen Korridor, über den hinein und auch wieder herausgeflogen werden muss. Rechts von uns türmen sich 2500 bis 2800 Meter hohe Berge auf, nach links blicken wir auf den 2977 Meter hohen Grand Pic de Belledonne. Nachdem wir den engen „Eingang“ passiert haben, öffnet sich das Tal wieder und verschafft uns Luft. Hier vermutet man normalerweise keinen Flugplatz. Ich frage mich, auf welchem der Berge wir L’Alpe d’Huez finden werden.
Das vorgeschriebene Anflugverfahren beginnt am Meldepunkt W. Dort erspähen wir auch den Altiport. Mit seiner ansteigenden Piste direkt vor dem Pic Bayle flößt er uns ordentlich Respekt ein. Auf 6700 Fuß nähert man sich dem Platz. Zwei Gleitschirmflieger sind auch unterwegs, da müssen wir aufpassen. In einer Kurve, die fast 270 Grad hat, überfliegen wir den Platz. Die Bahn ist frei, und der Windsack steht ziemlich stramm waagerecht; zum Glück zappelt er nicht. Nach der Kurve sind wir praktisch schon im rechten Gegenanflug auf die „06“. Ich sende blind, und wieder meldet sich keiner.
Die Landung muss Sitzen: Durchstarten ist keine Option
Im Endanflug früh die Klappen auf Stufe eins und immer über Schwellenhöhe bleiben – auch hier steigt die Piste an. Sie ist nur 448 Meter lang, bei bis zu 15,5 Prozent Steigung aber kein Problem. Hinter der Piste steigt das Gelände stark an, und auch auf beiden Seiten sind Berge. Die Landung muss also sitzen, zumal der Rotax auf über 6000 Fuß nur noch etwa 70 Prozent Leistung hat. Da bleibt nicht viel Reserve. Das Gefühl, nicht durchstarten zu können, ist für uns Flachlandpiloten schon etwas bedrückend. Im Anflug halten sich die Turbulenzen in Grenzen. Diesmal gebe ich hinter der Schwelle kein Gas mehr – passt perfekt, und bergauf verzögern wir wie gewünscht.
Auf dem Flugplatz ist nichts los, aber man merkt, dass L’Alpe d’Huez ein Wintersportort ist. Viele Skihütten ringsherum sind außerhalb der Saison natürlich geschlossen. Wir können uns nicht allzu viel Zeit lassen, um das beeindruckende Panorama zu genießen, heute wollen wir noch einen weiteren Altiport anfliegen. Nachdem wir uns am Funk vergewissert haben, dass niemand im Anflug ist, rollen wir zum Startpunkt. Dort sieht man lediglich etwa 100 Meter Piste vor sich, dann knickt sie nach unten ab. Dahinter öffnet sich das Bergpanorama.
Kommunikation unmöglich: Die Berge stören den Funk
Nach dem Abheben hält Olaf die Maschine bewusst noch dicht über Grund und baut Geschwindigkeit auf, um mögliche Turbulenzen besser parieren zu können. Auf 124,500 MHz teile ich Marseille Info unser nächstes Ziel mit: La Salette Les Opinions. Es überrascht mich nicht, dass der Lotse nachfragt: Er kennt den Platz nicht. Ich bestätige, dass es sich um ein „mountain airfield“ handle, das in der Nähe von Corps liegt. Jetzt ist er im Bilde – wir sollen gleich auf die Frequenz von La Salette wechseln, da in diesem Bereich wegen der Berge die Kommunikation zwischen ihm und uns kaum möglich sein werde. 130,00 MHz ist hier die allgemeine Frequenz für Gebirgsflugplätze.
Die Berge werden etwas sanfter, und die Vegetation erscheint mediterraner. Nur 160 Kilometer trennen uns von der Côte d’Azur, als wir nach etwa 20 Flugminuten La Salette erreichen. Auf YouTube Videos hatte ich mir den Platz schon angeschaut. Eigentlich ist es nur eine Kuppe in 5184 Fuß mit Windsack drauf. Schon bei der Planung war mir klar, dass dieses Gelände mit seiner 150-Meter-Startbahn die Leistungsfähigkeit unseres ULs überfordern würde, selbst bei 20 Prozent Gefälle. Aber wenigstens gelingt dann der eingangs beschriebene Touch and Go.
Bonne soirée: Oyonnax ist in Sicht
Das GPS sagt uns, dass wir unser Ziel Oyonnax (LFLK) gegen Sonnenuntergang erreichen werden. Kurz vor Chambéry schickt uns der Lotse auf die Frequenz von Chambéry Approach. Von dort erhalten wir Freigaben für den Durchflug sämtlicher TMAs auf der Strecke nach Oyonnax. Wenige Minuten vor dem Ziel wechseln wir auf Geneva Information. „D-MFSM, next report when Oyonnax in sight.“ Als es soweit ist, verabschiede ich mich mit „bonne soirée“.
Mit Blindmeldungen landen wir in Oyonnax. Zufällig sind fünf Mitglieder des Aéroclubs Jean Cutty am Platz. Man kümmert sich bestens um uns. Da es in Oyonnax nur Avgas gibt, gehen Olaf und ich mit unseren Faltkanistern zur Tankstelle neben dem Flugplatz und holen 60 Liter Super. Die Jungs vom Fliegerclub helfen noch mit der Hotelreservierung und fahren uns dann sogar ins vier Kilometer entfernte Hotel Mélodie. Was für ein Service!
Sightseeing am Mont Blanc
Um sechs Uhr läutet der Wecker, kurz nach sieben sind wir per Taxi am Flugplatz. Im Netz checke ich nochmal die Plätze, die wir anfliegen wollen. Zu meinem Entsetzen sehe ich auf der Webcam von Megève Fahrzeuge und Hütchen auf der Piste. Dann sticht mir ein NOTAM ins Auge: Ausgerechnet heute ist der Platz bis 13.00 Uhr gesperrt! Das ist mir bei der Planung gestern entgangen. Nachdem uns der Chef des Aeroclubs empfohlen hatte, nicht auf dem Altiport Saint Roch Mayères zu landen (sehr unebene Piste, eventuell durch Regen aufgeweicht), und weil unsere Motorleistung für einen Start auf dem Altiport Valloire nicht ausreicht (5512 Fuß Höhe, 360-Meter-Piste mit nur neun Prozent Gefälle), stehen also auf der heutigen Runde keine Berglandungen an. Als Ersatz entscheiden wir uns für Sightseeing: Wir wollen möglichst nah an den Mont Blanc heranfliegen.
Zuvor möchten wir uns Saint Roch Mayères aber wenigstens aus der Luft anschauen. An Genf vorbei folgen wir ab Bonneville der A40 in Richtung Sallanches. Der Altisurface Saint Roch Mayères liegt direkt östlich der beeindruckenden Aravis-Bergkette in 5118 Fuß. Die Graspiste ist 330 Meter lang und nur 15 Meter breit – das Gefälle würde nicht reichen für einen Start mit unserem UL. Zweimal fliegen wir tief die „14“ ab, neben der eine schöne Hütte steht, das Refuge de Mayères mit Restaurant, Bar und Schlafplätzen. Gerne würden wir hier landen, aber Sicherheit geht vor.
Beeindruckendes Panorama: In Verlängerung der Piste 14 ist der Mont Blanc zu sehen
In Verlängerung der Piste 14 schaut man direkt auf den Mont Blanc. Obwohl wir auf FL 72 sind, überragt uns der mit 4808 Metern höchste Berg der Alpen bei weitem. Bei wolkenfreiem Wetter blicken wir ehrfürchtig hinauf auf eine gigantische Schneeund Gletscherlandschaft. Da kommt einem unsere heimische Zugspitze richtig klein vor.
Noch einmal machen wir Station in Oyonnax. Unseren Flugplan für die Heimreise nach Deutschland gebe ich bei der DFS per Handy auf. Geneva Information öffnet ihn. Funken auf Französisch ist mittlerweile Gewohnheit geworden, und wir verstehen auch die anderen Piloten ziemlich gut. Freiburg erreichen wir auf der gleichen Route wie beim Hinflug. Vom Westwind geschoben brauchen wir bis Ampfing dann nur noch 1:48 Stunden. Insgesamt waren wir an den beiden Tagen 11:22 Stunden in der Luft, dabei haben wir 2035 Kilometer zurückgelegt. Die Tour wird uns noch lange in schöner Erinnerung bleiben. Aber wie immer gilt bei Olaf und mir: Nach der Tour ist vor der Tour!
Mit einem 600-Kilo-UL nach Frankreich
Die aktuellen französischen UL-Regularien besagen, dass Dreiachser inklusive Rettungsgerät höchstens 525 Kilogramm Abflugmasse haben dürfen, maximal 80 kW (109 PS) Motorleistung und eine Stall Speed von höchstens 70 km/h, siehe www.ecologie.gouv.fr/sites/default/files/ULM_new_limits.pdf. Für ausländisch registrierte ULs, die nicht in diese Limits passen, ist eine Einfluggenehmigung erforderlich, auch wenn man französisches Staatsgebiet nur überfliegt und dort nicht landet. Beantragt wird die Einfluggenehmigung bei der Direction Générale de l’Aviation Civile (DGAC), E-Mail dsac-nav-bf@aviation-civile.gouv.fr.
Altiport-Klassiker: Courchevel und Méribel
Courchevel (LFLJ) ist der wohl bekanneste Altiport der Alpen. Unter anderem war er Kulisse für eine Action-Szene im James-Bond-Film „Der Morgen stirbt nie“. Die Asphaltbahn ist mit 537 x 40 Meter großzügig dimensioniert, eine Steigung von 19 Prozent im Mittelteil macht den Platz aber zu einem anspruchsvollen Altiport. Hinzu kommt die stattliche Flugplatzhöhe von 6583 Fuß. Am Abflugpunkt hat man einen beeindruckenden Blick auf die umgebenden Berge inklusive Mont Blanc.
Méribel (LFKX): Auf 5639 Fuß erwartet den Piloten eine mit knapp 15 Metern relativ schmale Asphaltbahn. Ihre geringe Länge von 406 Metern werden durch 11 Prozent Steigung im Mittelteil kompensiert. Wie auch in Courchevel gilt hier, dass wegen des ansteigenden Geländes und der umgebenden Berge nicht durchgestartet werden kann. Unabhängig vom Wind landet man immer bergauf und startet bergab.
Text & Fotos: Ralf Plechinger
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