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Afrika-Reise: Mit vier ULs durch Südafrika, Namibia, Botswana und Simbabwe

Unberührte Natur, wilde Tiere, unermessliche Weite – Afrika heißt Abenteuer. Vor allem, wenn man
mit dem Flugzeug unterwegs ist: wie sieben UL-Piloten aus Mosbach,
die das südliche Afrika erkundet haben

Von Redaktion
UL
Traumziel: Viele Piloten zieht es nach Afrika, z.B. Südafrika, Namibia oder wie im Bild Botswana (Symbolfoto) Foto: Redaktion

Die Flugzeuge stehen bereits vor dem Hangar, als wir ankommen. Wie Kinder ihr neues Spielzeug umringen wir unsere gecharterten ULs: drei Samba und eine Lambada. 45 Minuten hat der Bus vom Johannisburg International Airport bis nach Brits gebraucht. Hier werden wir von Barbara und Rainer Friböse herzlich begrüßt. Die beiden sind aus Deutschland und leben seit 15 Jahren in Südafrika. Ihre Firma Wings ’n Tracks importiert ULs des tschechischen Herstellers Urbanair für den südafrikanischen Markt und vermietet sie auch – an Leute wie uns. Kaum angekommen, beginnen wir mit der Einweisung (siehe unten „License Validation“). Bei Windhoeck Lager und riesigen Steaks lassen wir den Abend aus- und das Abenteuer anklingen: Die erste Nacht verbringen wir in einem Bushcamp am Crocodile River.

Schon die Anfahrt ist abenteuerlich. Vorbei an meterhohen Elektrozäunen geht’s durch den Busch. Wie von Geisterhand bewegt, öffnen sich riesige Stahlgitter, die sich hinter unserem Jeep sofort wieder schließen. Spätestens jetzt wissen wir: Jurassic Park liegt in Südafrika. Zwei Tage Lizenz-Anerkennung und zwei kurze Nächte – heute geht’s los. 6.30 Uhr. Die Luft ist angenehm kühl, der Sonnenaufgang gigantisch. Der Himmel ist in weiche Rottöne getaucht. Auf der Runway von Brits stehen die drei Sambas, dahinter die Lambada. „Brits Traffic, ZU-GWR, ready for departure“. Gas rein – kräftig ziehen uns 100 PS nach wenigen Metern in die Luft. Außer der etwas engen Sitzposition im Reisemotorsegler Lambada und der geringen Zuladung – eine kleine Sporttasche plus Wasserflasche pro Person – erinnert nichts mehr an ultraleichtes Fliegen vergangener Tage.

Start in Brits: Gas rein – kräftig ziehen uns 100 PS nach wenigen Metern in die Luft

Vor allem Verstellpropeller und Autopilot sind ein Luxus, den wir auf dieser Reise noch schätzen lernen werden. In 4700 Fuß, gerade mal 1000 GND, überqueren wir den Stausee Roodekopjes Dam Richtung Nordost. Die Luft ist glasklar. Unter uns zieht dunkelgrünes Buschwerk und eine Landschaft in verschiedenen satten Grün- und Gelbtönen durch. Südafrika haben wir uns viel trockener vorgestellt. Jetzt, im März, ist Sommer, also Regenzeit, und seit zwei Wochen hat es hier gegossen. Heute verspricht der wolkenfreie Himmel allerdings alles andere als Niederschlag. Immer wieder tauchen Airstrips unter uns auf, bei deren Anblick wir in Versuchung geraten, schnell mal zu landen. Keine der Pisten scheint kürzer als 500 Meter zu sein – wen wundert’s, denn meistens steht eine Cessna 172 neben dem Farmhouse. Für unsere Sambas und die Lambada wären 500 Meter mehr als genug.

Nach 90 Minuten kommt Pietersburg in Sicht. Rainer Friböse kündigt uns als Formation an: „Four Samba Formation, ten miles southwest …“ und gibt unsere Kennzeichen durch. Nach der Landung auf dem International Airport werden die ULs neugierig vom Personal umringt. „Damit wollt Ihr bis zur Atlantikküste von Namibia?“ Wir bejahen und erwähnen auch den Rückflug vom Atlantik nach Brits. Leichtes Schmunzeln verrät: So richtig glauben will uns das keiner. Nach den Zoll-Formalitäten, die für den Überflug von Simbabwe notwendig sind, rollen wir zum Start. Mehr als vier Fünftel der 1500-Meter-Asphaltbahn ziehen ungenutzt unter uns durch. Bis zum Kariba-Stausee im Norden Simbabwes sind es 850 Kilometer. Eine Zwischenlandung ist laut Zoll nicht erlaubt. Aber wer will kontrollieren, ob wir auf einem einsamen Airstrip in der Buschsavanne unseren Gesäßmuskeln 15 Minuten Erholung gönnen?

Über die Soutpansberge, vorbei an Louis Trichard, nähern wir uns Simbabwe. Ruhig läuft der Rotax mit 3800 Umdrehungen bei 100 Knoten. Gewöhnungsbedürftig ist allerdings die Justierung des Verstellpropellers. „Für den Reiseflug Kurbel ganz rein, dann wieder zwei Umdrehungen raus“, sagt Rainer. „Dabei den Ladedruck nicht über 24 Inch ansteigen lassen.“ Mit etwas Übung klappt es endlich. Als die Sonne am höchsten steht, wird’s verdammt heiß unter der Plexiglaskuppel. Die Schirmmützen tief ins Gesicht gezogen, sitzen wir schweigend nebeneinander und freuen uns über jede Schatten spendende Cumuluswolke. Unter uns das endlose gelbgrüne Band der Savanne. In einem Wasserloch liegen große graue Steine – die sich bewegen! Elefanten. Wir sind keine 100 Meter über Grund. Die erwachsenen Tiere nehmen die jungen in ihre Mitte und drohen mit aufgestellten Ohren zu uns hinauf.

Wir haben verstanden und drehen ab. Damit uns nichts entgeht, bleiben wir auf 500 Fuß GND. Wenig später sehen wir Giraffen und Zebras. Der Limpopo kommt in Sicht, der Grenzfluss zwischen Südafrika und Simbabwe. Ein atemberaubendes Bild: Mitten in der Buschsavanne liegt ein ausgetrocknetes Flussbett, hier und da von flachen Prielen durchzogen, an denen sich Antilopen, Zebras und Affen tummeln. 30 Meter über Grund fliegen wir den Limpopo entlang. Der Fluß sieht wie ein breiter Airstrip aus, der sich durch die Landschaft schlängelt. Das ebene Flussbett vermittelt Sicherheit, sollte die Latte stehen bleiben. Wer denkt schon an Krokodile? Allein wäre man hier draußen sowieso verloren; bis zum nächsten Dorf sind es Dutzende von Meilen. Da ist Formationsflug vorteilhaft: Bei einer Notlandung können die anderen Maschinen die Koordinaten per GPS abspeichern und Hilfe holen.

Flug über den Busch: Endlich, nach vier Stunden, taucht der Kariba-Stausee am Horizont auf

Mitten im Busch tauchen Dörfer mit den für Afrika typischen Gras gedeckten Rundhütten auf. Die einzelnen Krals sind durch Dornenbüsche voneinander getrennt. Kinder winken uns zu. Wir staunen: Keine Straße oder Piste führt zu den Dörfern; nur durch kilometerlange Fußwege sind sie miteinander verbunden. Auf den nächsten 300 Kilometern sehen wir weder Straßen noch Autos. Endlich, nach vier Stunden, taucht der Kariba-Stausee am Horizont auf. In den siebziger Jahren wurde hier der Sambesi auf einer Länge von 280 Kilometern und durchschnittlich 30 Kilometer Breite aufgestaut. Damit ist der Lake Kariba eines der größten Süßwasser-Reservoire im südlichen Afrika. Nach einem Tiefflug übers Ufer – vorbei an Wasserbüffeln, Flusspferden und endlich: das erste Krokodil! – wechseln wir auf die Frequenz 125,3. George vom Tower Kariba Airport begrüßt uns freudig mit vielen Worten.

Mehrfach lässt er uns sämtliche Phrasen wiederholen, bis wir seiner Meinung nach alles verstanden haben. Bis zum Gegenanflug auf die „27“ ist auch diese Prüfung bestanden. Die härteste steht uns allerdings noch bevor. Gleich nach dem Verzurren der Maschinen gegen mögliche Stürme in der Nacht beginnt der Sturm auf unsere Geldbörsen. Einreise pro Person: 30 Euro, Landegebühr pro Flugzeug: 110 Euro, Übernachtung in der Rhino Safari Lodge: 195 Euro für jeden, Startgebühr am Tag darauf: 30 Euro. Dagegen ist das Fliegen in Südafrika und Namibia ein reines Low-Budget-Vergnügen. Glaubt man so, den ohnehin dürftigen Tourismus in Simbabwe ankurbeln zu können? Der mit Erlebnissen vollgestopfte erste Tag ist noch lang nicht zu Ende. Ein Schnellboot bringt uns zur Rhino Safari Lodge: sechs offene Hütten auf Stelzen, direkt am Ufer und doch mitten im Busch.

Die Betten sind vom Himmel nur durch ein Moskitonetz und ein Grasdach getrennt. Jesse, unser Safari Guide, versichert uns, dass die hier lebenden Löwen und Leoparden die 1,5 Meter hohe Treppe zum offenen Schlafgemach nicht überwinden können. Elefanten und Hippos hätten ohnehin kein Interesse an Lebendnahrung … Eine Stunde vor Sonnenuntergang, als das Licht weich ist und die Schatten länger werden, brechen wir mit einem Landrover zur Safari auf. Es geht über Wege, deren Bewuchs vermuten lässt, dass sie seit Wochen von keinem Auto benutzt wurden. Wir sehen Elefanten, Hippos und jede Menge andere Tiere – bis eine versteckte Baumwurzel das Fahrzeug abrupt zum Stehen zwingt. Zwei Reifen sind hin. Zu Fuß durchqueren wir die Wildnis zurück ins Camp. Es ist bereits Nacht, als wir eintreffen: pünktlich zu einem Abendmahl am Lagerfeuer mit Kudu-Gulasch und bestem Rotwein.

Am anderen Morgen rasen wir mit dem Boot über den aufgewühlten See zurück zum Kariba Airport. Wir krallen uns an den Sitzen fest, um nicht über Bord zu gehen – es wäre das sichere Ende der Reise, da sind wir uns einig, als wir am Ufer Krokodile und Flusspferde sehen. Abflug von Kariba über den See Richtung Westen. Am Sambesi, der träge und lehmfarben dahinfließt, ändert sich die Landschaft. Sie wird hügelig, die Vegetation wechselt in Baumsavanne. Soweit das Auge reicht: kein Notlandeplatz. Aber man muss dem Rotax ja nicht erzählen, wo er ist! Das fehlende Rettungsgerät (in Südafrika für ULs keine Pflicht) trägt nicht gerade zur Beruhigung bei. Was soll’s, der Motor läuft ruhig, Wasser- und Öltemperatur steigen nicht über 80 Grad Celsius. Rainer hat für den afrikanischen Markt extra große Kühler eingebaut.

Soweit das Auge reicht: kein Notlandeplatz

Plötzlich am Horizont die Rauchfahne eines großen Waldbrands. Als wir näher kommen, trauen wir unseren Augen kaum: die Victoria Fälle! Wasserdampf! Hunderte Meter wird er hier emporgeschleudert, meilenweit sichtbar. Per Funk erhalten wir die Anweisung, 6000 Fuß nicht zu unterschreiten. Zehn Minuten gibt uns der Dispatcher zum Kreisen über den Victoria Fällen. Ein gigantisches Bild: Auf einer Breite von 1,5 Kilometern stürzt das Wasser über 100 Meter tief in eine 50 Meter breite Schlucht. Selten verspüre ich den Drang nach einer Aussichtsplattform voller Touristen, aber jetzt wäre ich gern dort unten, direkt am Wasserfall. Etliche Kreise später drehen wir auf Kurs 280 und fliegen über die Grenze nach Botswana. Kasane Airport. Der erste Schaden: Die Fläche einer Samba hat an der Nase Risse, Benzin läuft aus. Offensichtlich war die Tankbelüftung verstopft; deshalb hat sich die Flügelstruktur mit nachlassender Spritmenge zusammengezogen.

Die Statik ist aber nicht betroffen, der Holm unversehrt. Mit mehreren Lagen Klebeband dichten wir die Risse ab. Diese Notlösung hält wider Erwarten bis zum Ende der Reise. Gabi O’Shaughnessy, blond und sportlich, hat am Flugplatz schon auf uns gewartet. In bester westfälischer Mundart werden wir umgehend über Land und Leute aufgeklärt. Gabi und ihr Mann Philip leiten seit zehn Jahren die Garden Lodge in Kasane. Mit Philip geht’s direkt vom Flugplatz auf Safari in den Chobe Nationalpark. Grootfontain in Namibia heißt das nächstes Ziel. Vor uns liegt das wildreiche Okavango-Delta. Wir fliegen tief. Das ist nicht ungefährlich, bietet aber den besten Einblick in die unzähligen Wasserläufe und Sümpfe. Bei 100 Knoten hätten wir zur Not etwas Reserve, um die Maschine hochziehen zu können. Einer der vielen Airstrips sieht besonders verlockend aus. Funk interessiert hier niemanden – wie immer sind wir hier draußen allein.

Wir landen mitten im Okavango Delta. Bei 50 Knoten macht der Taildragger eine Drei-Punkt-Landung – auf einer Piste voller Steine und Dornen. Beunruhigt inspizieren wir die Reifen aller Maschinen, können aber nichts feststellen.Wenige Minuten später braust ein Jeep mit zwei Rangern heran. Man hat uns gesehen und will den Grund für den seltenen Besuch erfahren. Ungläubiges Staunen, als die Uniformierten erfahren, dass wir als Deutsche auf eigene Faust eine Tour per Flugzeug durch das Okavango-Delta unternehmen. Nach Small Talk und einem kräftigen Schluck aus der Wasserflasche sitzen wir wieder im Flieger. Im Backtrack zurück zum Startpunkt, umdrehen … da stehen zwei große Kudu-Antilopen direkt neben uns und beäugen uns argwöhnisch. Trotz Motorlärm und Staubfahne scheint ihre Neugier größer ihre Angst zu sein. Bei uns ist es umgekehrt. Gern wüssten wir die Tiere vor dem Start in sicherer Distanz. Gedanken lesend trotten die Kudus davon.

Der ehemaligen Airbase Grootfontain sieht man den Glanz längst vergangener Tage noch an. Bis 1988 starteten hier südafrikanische Mirage-Jets zu Kampfeinsätzen ins benachbarte Angola. Seitdem der Krieg vorbei ist, liegt der riesige Flugplatz mit seiner 3560-Meter-Betonpiste ziemlich verlassen da. Im Tower verdöst ein Zöllner die Mittagshitze. Er sei die einzige lebende Seele am Platz, sagt er, pro Tag gebe es ungefähr fünf Flugbewegungen. Für vier davon haben wir heute schon gesorgt. Eine Wandzeitung enthält Notation und Text der namibischen Nationalhymne. Vincenzo Dinapoli, unsere italienische Stimmungskanone, beginnt zu singen. Sachte erhebt sich der Staatsdiener und bedeutet Vincenzo zu schweigen. Mit verklärtem Blick zum Himmel erhalten wir eine Lektion in Vaterlandsliebe. Bis zur letzten Strophe singt er uns voll Inbrunst seine Nationalhymne vor. Gerührt nehmen wir die Mützen ab und lauschen andächtig. Zum Schluss tosender Beifall. Man stelle sich sowas beim deutschen Zoll vor …

Wir landen mitten im Okavango Delta: Bei 50 Knoten macht der Taildragger eine Drei-Punkt-Landung

Vorflugcheck – das rechte Rad der Samba XL ist platt! Und das hier. Flirrend wabert die heiße Luft über die Piste. Kein Schatten in Sicht. Wir haben Glück. Vincenzo findet Leute mit Werkzeug und Luftpumpe auf. Auf einer eilig herangeschleppten Holzbank wird die rechte Fläche der Samba abgelegt. Wir entfernen die Dornen, die sie sich auf der Buschpiste im Okavango-Delta eingefahren haben muss. Ein neuer Schlauch ist schnell montiert. Mit zwei Stunden Verspätung geht’s weiter in Richtung Mokuti Lodge. Diesmal haben wir die Rechnung ohne das Wetter gemacht. Bedrohlich bauen sich in Flugrichtung CBs auf. Die typische Ambossform lässt nichts Gutes erahnen. Als die ersten Böen einsetzen und es zu regnen beginnt, planen wir um und fliegen nach Tsumeb. Kaum sind wir unten, kommt Platzbetreiber Sepp Brösl mit seinem VW-Bus und holt uns ab. Sepp, selbst Pilot, ist vor 40 Jahren aus Kärnten ausgewandert.

Mit seiner Frau betreibt er die Bed- &-Breakfast-Pension O. M. E. G, die man in jedem Namibia-Reiseführer findet. Die Atmosphäre ist angenehm und erinnert an einen Urlaub in Österreich. Eine geschlossene Wolkendecke über der Etoscha-Pfanne zwingt uns, die Route zu ändern: Richtung Südwesten zur Atlantikküste. Nach wenigen Meilen sind wir raus aus der Suppe. Am Horizont erhebt sich als riesiges Plateau der Groot Waterberg, ein unrühmliches Monument deutscher Kolonialgeschichte. Hier starben im August 1904 mehr als 30 000 Hereros, als sie von den deutschen Truppen nach dem Herero-Aufstand in die Omaheke-Wüste getrieben wurden. Wer nicht erschossen wurde, verdurstete in der Wüste. Wohl um uns daran zu erinnern, zeigt sich die Landschaft besonders schroff und trocken. Als zwei Stunden später der Brandberg in Sicht kommt, überfliegen wir eine Mondlandschaft aus bizarren Basaltformationen.

Soweit das Auge reicht: vulkanisches Gestein, das nach Jahrmillionen noch so aussieht, als sei es gerade erst erkaltet. Die Eindrücke sind so intensiv, dass jeder sie mitteilen will. Was über unsere Bord-Bord-Frequenz zu hören ist, erinnert an ein geologisches Seminar. An der Skeleton Coast das nächste Highlight. Wie ein Hornissenschwarm rasen wir die Atlantikküste nach Süden. Wir fliegen so tief, dass der Höhenmesser nach Meereshöhe geeicht werden kann. Aus nächster Nähe winken wir Anglern zu. Im Anflug auf Swakopmund melden wir uns beim Tower. Unfassbar: Der Lotse stoppt nach einigen englischen Worten mitten im Satz und funkt in bester BZF-II-Manier auf Deutsch weiter.

Sowas gibt’s eben auch nur im ehemaligen „Deutsch Südwest“. Ein kurzer Snack in einer deutschen Kneipe, dann weiter die Küste runter über Walvisbay und Robben Island. Tatsächlich: Der Strand unter uns ist übersät mit braunen Tierleibern. Bis zu 200 000 Pelzrobben sollen hier auf den Klippen leben. Gerne würden wir tiefer fliegen, aber in 1000 Fuß stören wir die Tiere nicht. Im Westen sehen wir den typischen namibischen Seenebel. Wir weichen ins Landesinnere aus.

Über der Namib ist es schwierig, die Höhe zu schätzen. Ohne Bewuchs und Schatten erstrecken sich unter uns endlose rote, orange und gelbe Sandfelder. Die Kämme der bis zu 300 Meter hohen Dünen sind vom Wind in Nord-Süd-Richtung geformt. Das gleichförmige Spiel von Licht und Schatten ermüdet. Endlich der internationale Flugplatz von Keetmanshoop. Eine halbe Stunde Verspätung – der Platz ist zu. Wir überfliegen ihn, wählen die Landerichtung und gehen mit Blindsendung runter. Der nächste Höhepunkt heißt Fish River Canyon. Schon von weitem sehen wir, wie sich die Schlucht durch den Sandstein windet. Kulisse und Farbspiele des Gesteins erinnern an den Grand Canyon. Bis zu 550 Meter tief fällt die Schlucht vom Hochplateau ab.

Ketmanshoop: Wir überfliegen den Flugplatz, wählen die Landerichtung und gehen mit Blindsendung runter

Einer unserer Samba-Piloten will es wissen: Über die linke Fläche taucht er ab, wie in die Welt eines rasanten Computerspiels. Die engen Windungen der felsigen Schlucht machen Geradeausfliegen unmöglich. Aber darauf legen wir ja ebenso wenig Wert wie auf Hochfliegen: In der Flusslandschaft des Oranje River ist es dicht über den Baumwipfeln am schönsten. Zehn Meter über Grund erinnert das ganze eher an eine Bootsfahrt als ans Fliegen. Die Maschine liegt ruhig „im Wasser“. Noch eine Zwischenlandung auf dem International Airport Upington, dann nonstop nach Brits. Drohend ziehen Gewitter herauf und vereiteln diesen Plan. Im Nachtclub von Vryburg finden wir Asyl. Die Schleusen öffnen sich, es regnet aus Kübeln. Ob wir morgen ohne Schwimmweste die Flugzeuge besteigen können? Tatsächlich: Alle Cockpits sind trocken geblieben. Zurück in Brits tanken wir bei Wings ’n Tracks Kraft für den Heimflug – und planen schon die nächste Tour: nach Madagaskar.

UL-Fliegen im südlichen Afrika

ULs bewegen sich hauptsächlich im unkontrollierten Luftraum, das heißt unter 1000 Fuß AGL. Dort wird in Südafrika und Namibia auf der Frequenz 124,8 MHz gefunkt. Diese Frequenz gilt auch für alle unkontrollierten Plätze, sofern sie keine eigene haben. Beim Landeanflug gibt man Blindsendungen mit Position und Absicht ab. Infos zum Fliegen in Südafrika und den angrenzenden Ländern enthält das Handbuch „Aviation for Southern Africa“ (Bezug über www.aviationdirect.co.za).

Hier sind außerdem sämtliche Plätze mit Anflugverfahren und Fotos veröffentlicht, ähnlich der AIP. Das Handbuch enthält auch nützliche Tipps zum Fliegen in der Regionen. Abgesehen von Zimbabwe sind die Landegebühren selbst auf internationalen Flugplätzen moderat und mit denen auf deutschen Verkehrslandeplätzen vergleichbar. Visaformalitäten erledigt man jeweils bei der Einreise. Flugpläne sind für jeden Grenzüberschritt obligatorisch. Weitere Info: Günter Holl, Telefon 07142/5 10 34, E-Mail guenter. holl@t-online.de, www.easy-bird.de

Lizenz Anerkennung

Ausländische Piloten müssen ihre UL-Lizenz anerkennen lassen. Dazu verlangt die südafrikanische Behörde eine beglaubigte Kopie des deutschen UL-Scheins sowie des Medicals. Ferner muss eine deutsche Flugschule bestätigen, dass man eine Einweisung auf die Maschine erhalten hat, die man in Südafrika chartern möchte. Die „License Validation“ (Lizenz-Anerkennung) beinhaltet eine theoretische Prüfung in Luftrecht und Technik – nicht sonderlich schwierig, wenn man etwas Englisch beherrscht. Zur praktischen Prüfung gehört ein zweistündiger Navigationsflug. Hier geht es darum, ob man ohne GPS in der Region navigieren kann. Meist wird noch überprüft, ob ausreichende englische Funkkenntnisse vorhanden sind.

Dazu fliegt man mit Lehrer einen kontrollierten Platz an und absolviert dort verschiedene Manöver. Es folgt eine zirka 20-minütige praktische Prüfung. Mit den neu erworbenen Formularen geht’s zur Luftfahrtbehörde nach Pretoria. Dort erhält man seine südafrikanische „Microlight“-Lizenz, die ein Jahr gültig ist (solange ein aktuelles Medical vorliegt). Durch Einsendung von beglaubigten und gültigen Papieren kann die Lizenz ohne weitere Prüfungen jeweils um ein Jahr verlängert werden. Die südafrikanische Versicherung verlangt eine Aufstellung über die unfallfrei geflogenen Gesamtstunden, und zwar von einer Flugschule bestätigt. Inklusive Charter und Lehrer kostet die Validation zirka 350 bis 400 Euro. Formulare gibt’s im Internet unter www.caa.co.za

Wings ’n Tracks

Barbara und Rainer Frieböse, ausgewandert aus Deutschland, betreiben seit 2000 in Brits nahe Pretoria die Firma Wings ’n Tracks. Diese importiert die ULs Samba und Lambada des tschechischen Herstellers Urban-air und bietet sie auch Charter-Kunden an. Zu Wings ’n Tracks gehört eine Flugschule und eine Agentur für „Flying Adventures“. Hier kann jeder seine persönliche Flieger-Tour zusammenstellen. Die enorme Erfahrung von Barbara und Rainer in der Region kommt Piloten zugute, die im südlichen Afrika fliegen möchten. Dabei ist Rainer für den technischen Teil zuständig; Barbara kümmert sich um administrative Dinge wie Validation, Visa, Flugpläne, Übernachtungen auf Strecke und Events. Weitere Infos: Tel. 0027-(0)82-7 13 10 16, E-Mail wingtrack@iafrica.com

Text und Fotos: Thomas Herden, Günter Holl, fliegermagazin 6/2005

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