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Fliegen über der Hauptstadt: Rundreise um Berlin mit dem Kleinflugzeug

Die Schließung des Flughafens Tempelhof hat es nicht gerade einfacher gemacht, mit dem Privatflugzeug nach Berlin zu kommen. Möglich ist es aber trotzdem!

Von Redaktion

Gut zwei Jahre ist die Schließung von Berlin-Tempelhof nun schon her. Einer der geschichtsträchtigsten Flughäfen mit perfekter Innenstadtlage für Geschäftsreisende und Privatpiloten wurde damals zerstört. Viele Berliner kämpften mit großer Leidenschaft, mit Unterschriftensammlungen und in Interessengemeinschaften mit enormer Beteilung am Volksentscheid für den Erhalt ihres Wahrzeichens. Leider vergeblich. Nicht nur die Berliner, auch Privatpiloten außerhalb der Hauptstadt empfinden Wehmut, wenn sie heute diese einnehmende Kulisse überfliegen.


Neben der majestetischen Aura, die einen beim Anflug auf Tempelhof umgab, ist für den privat fliegenden Berlinbesucher der Ausgangspunkt für den Aufenthalt in einer der attraktivsten Großstädte in Deutschland entfallen. Wie also kommt man jetzt per Kleinflugzeug nach Berlin?Die zwei großen Flughäfen Tegel im Norden und Schönefeld im Südosten können von Privatpiloten angesteuert werden. Auch wenn manche Piloten großen Respekt vor dem Trubel der „Two Bigs“ haben, ist eine Landung dort auf jeden Fall ein Erlebnis – allerdings ein bizarr teures.

Die Landung in Berlin Tegel und Schönefeld ist ein Erlebnis

Wem die Kosten zu hoch sind, wer die Unsicherheit der Genehmigung ausschließen will und trotzdem den Zauber Berlins bei der Anreise mit dem eigenen Flieger erleben möchte, sollte die umliegenden Flugplätze nutzen. Hier geht es entspannt und deutlich preiswerter zu. Die Weiterfahrt in die Berliner Innenstadt ist nicht allzu kompliziert und dauert von allen hier genannten Plätzen weniger als eine Stunde. Auf dem Flug ans Ziel lässt sich mit den Hauptstadt-Controllern leicht ein Sightseeing-Schlenker aushandeln. Der allein ist schon die Reise wert:

Aktivposten: Bienenfarm im Havelland bietet neben der Fliegerei viele Freizeitmöglichkeiten
(Foto: Stephanie Keller)

Aus dem leichten Dunst taucht die unverwechselbare Silhouette der Stadt auf. Die weißen Rauchschwaden des Kraftwerks Reuter ziehen rund um die Uhr gen Himmel und sind beim Anflug aus Potsdam schon von Weitem auszumachen. Viel Wald und Wasser ist zu erkennen; zum Grün und Blau kommt am Wochenende das Weiß der Segelboote auf den Seen: für eine Großstadt ein ungewöhnlicher Anblick. Modernes Olympiastadion, historische Gebäude, Yachthäfen, Strandbäder, rote Backsteinhäuser, aber auch Plattenbauten ziehen vorüber. Einige Augenblicke später ragt der gewaltige „Spargel“, der Funkturm am Alexanderplatz, mit seinen 365 Metern unübersehbar aus der Mitte heraus. Das Bild ist komplett: Berlin.

Der Anflug auf dieses Panorama ist auch nach Einrichtung des Sperrgebiets R-146 über dem Regierungsviertel und der Schließung des Flughafens Tempelhof immer wieder imposant. Besonders gefällt mir der Einflug in die Kontrollzone über die Pflichtmeldepunkte Whiskey: Sie sind einfach zu finden, es ist meistens recht ruhig, und es gibt viel zu sehen. Vor den Toren der Stadt liegt bereits das erste Highlight: Potsdam.

Natürlich gehören der Überflug von Sanssouci und des Neuen Palais zum Pflichtprogramm

Natürlich gehören der Überflug von Sanssouci und des Neuen Palais zum Pflichtprogramm, die riesigen Anlagen haben zu jeder Jahreszeit ihren Reiz. Wenn es die Zeit erlaubt, lohnt sich ein Abstecher allemal auch zu Fuß. Landet man in Schönhagen oder Saarmund, liegt Potsdam fast auf dem Weg nach Berlin; die S-Bahn fährt von dort im Zehn-Minuten-Takt ins Zentrum. Weiter geht es vorbei am Wannsee mit Blick auf den Grunewaldturm. Aus dem Grunewald erhebt sich der Teufelsberg, mit knapp 115 Metern der höchste Berg der Stadt. Auf ihm versammeln sich allerlei Freizeitaktivisten, darunter auch Drachen- und Gleitschirmpiloten sowie Modellflieger, weshalb eine der Erhebungen hier auch Fliegerberg genannt wird.

Ein weiteres geschichtsträchtiges Objekt ist aus der Luft auszumachen: der alte Militärflugplatz Gatow. Mit der Aufteilung Berlins in Sektoren fiel Berlin-Gatow unter britische Oberhoheit. Während der Blockade 1948/49 war Gatow neben Tempelhof die wichtigste Lebensader Berlins. Im Juni 1994 verließen die Westalliierten die Stadt, und die Bundeswehr übernahm den Platz. Hangars, Tower und der größte Teil der ehemaligen Piste sind seit 1995 Bestandteil des Luftwaffenmuseums der Bundeswehr. Im Mittelpunkt steht dabei die Dauerausstellung zur Geschichte der Militärfliegerei in Deutschland von den Anfängen bis zur Gegenwart. Der Platz ist auch mit öffentlichen Verkehrmitteln gut zu erreichen.

Das Nahverkehrsnetz ist sehr gut ausgebaut, die Taktfrequenz hoch, und man spart sich die Parkplatzsuche beziehungsweise die Gebühren in den Parkzonen der Innenstadt. Ein „ABC-Tagesticket“ kostet 6,50 Euro; 48 Stunden gültig ist die so genannte Berlin City Tour Card für 17,90 Euro. Sie bietet zusätzlich bis zu 50 Prozent Ermäßigung auf Eintrittspreise touristischer Sehenswürdigkeiten in Berlin, Potsdam und dem Berliner Umland.

Imposanter Anflug: auch nach Einrichtung des Sperrgebiets R-146 über dem Regierungsviertel

Zirka acht Meilen östlich von Gatow liegt der Stadtteil Schöneberg. Am 26. Juni im Jahre 1963 hielt US-Präsident John F. Kennedy hier am Rathaus seine Rede mit dem legendären Satz „Ich bin ein Berliner“. Nach der Teilung Berlins war das Schöneberger Rathaus bis zur Wiedervereinigung Deutschlands die politische Schaltzentrale West-Berlins. Bis zum Jahr 1991 befand sich hier das Berliner Abgeordnetenhaus.

Zeitreise: Im Nordwesten des Flugplatzes Finow liegt das Luftfahrtmuseum Finowfurt. Es zeigt Relikte aus der Zeit, als die sowjetische Luftwaffe hier stationiert war (Foto: Stephanie Keller)

Die Whiskey-Route führt direkt zum Flughafen Tempelhof, wir passieren ihn südlich. 1923 begann hier der Linienverkehr mit Höhen und Tiefen. In den dreißiger Jahren stand der Flughafen Tempelhof mit seinem Verkehrsaufkommen vor Paris, Amsterdam und London an der Spitze des europäischen Flugverkehrs. Das Flughafengebäude ist mit 1,2 Kilometern (immer noch) das längste Gebäude Europas. Auf dem runden Flugfeld konnte in jede Windrichtung gestartet und gelandet werden. Mit Kriegsbeginn mutierte der Platz zur Montagehalle für Kampfflugzeuge und erlitt während des Krieges durch Bombardierungen viele Beschädigungen. Nach dem Krieg war Tempelhof Militärstützpunkt während der Luftbrücke, und nach Wiederaufnahme des zivilen Luftverkehrs die einzige Möglichkeit für Westberliner, ohne Kontrolle an den Grenzen der DDR nach Westdeutschland zu gelangen.


Berlin-Tempelhof: Das Flughafengebäude ist mit 1,2 Kilometern das längste Gebäude Europas.

Heute, zwei Jahre nach der Schließung, sind Skater, Jogger, spielende Kinder oder einfach nur Sonnenanbeter auf dem weitläufigen Gelände zu finden. Täglich gibt es zweieinhalbstündige Führungen, die auch in die drei Stockwerke tiefen Katakomben führen. Tempelhof ist hervorragend mit der U-Bahn erreichbar, mit der Bahn gelangt man von hier aus auch rasch in die Innenstadt. Leider ist seit Einführung der ED-R 146 ein Überflug tabu. Ein Besuch in Berlin-Mitte am Boden ist allerdings Pflicht: Potsdamer Platz, Friedrichstraße, Hackesche Höfe, Gendarmenmarkt, Museumsinsel und Berliner Dom sind nur einige Beispiele für sehenswerte Orte – nicht zu vergessen der Reichstag.

Auf dem Dach bietet das Restaurant „Käfer“ einen Blick auf die große Glaskuppel und die Stadt. Außergewöhnlich speisen lässt es sich auch im Restaurant des Fernsehturms am Alex. Am Abend bietet Berlin ein kaum überschaubares Kulturprogramm von Konzerten aller Art über Kabarett und Oper bis hin zum Ballett; das Hotelangebot lässt keine Wünsche offen. Berlin ist auf jeden Fall einen Flug wert – mindestens für ein verlängertes Wochenende.

Werneuchen EDBW

1499 Meter Hartbelag mit Ausrichtung 08/26, PPR. Die westlichen 1000 Meter der Piste des ehemaligen Militärflugplatzes sind für den Betrieb gesperrt. Es gibt leider kein Restaurant. Zu Fuß sind es gut 30 Minuten bis zum Bahnhof, das Taxi kostet etwa 15 Euro. Stündlich fährt ein Zug und braucht zirka eine halbe Stunde bis zum Bahnhof Lichtenberg.www.flugplatz-werneuchen.de

Eggersdorf EDCE

Die 2230 Meter lange Piste 09/24 ist eine Kombination aus Asphalt und Gras. Sommer 7.00 – 17.00 Uhr UTC, Winter 8.00 – 15.00 Uhr UTC. Andere Zeiten PPR. Überfliegen der Ortschaften und des Naturparks Märkische Schweiz nördlich der B1/ B5 vermeiden. Die „Fliegende Kiste“ bietet warme und kalte Küche zu moderaten Preisen, zudem ist die kleine Kneipe liebevoll dekoriert und wirkt fast wie ein Mini-Museum. Das Taxi zum Bahnhof (Entfernung etwa neun Kilometer) kostet zirka 18 Euro, Fahrzeit zehn Minuten. Die Bahn fährt stündlich; in 35 Minuten ist man am Bahnhof Lichtenberg. Man kann auch einen Mietwagen buchen. www.eggersdorf-info.de

Eggersdorf EDCE (Foto: Stephanie Keller)

Strausberg EDAY

Der nächstgelegenen Flugplatz zu Berlin bei Anflug aus Osten; 1200 Meter Betonpiste mit Ausrichtung 05/23. Wenn kein Segelflug stattfindet, kann die parallele Grasbahn genutzt werden. Betriebszeiten im Sommer: 6.00 – 18.00 Uhr UTC (max. SS + 30), im Winter 7.00 Uhr – SS + 30; andere Zeiten PPR (O/T 2 h vor 18.00 Uhr/SS). Das Restaurant „Doppeldecker“ bietet freien Blick auf Tower und Flugfeld. In fünf Minuten ist man zu Fuß am S-Bahnhof und mit dem Zug in 45 Minuten in der Innenstadt. Alternativen: Taxi, Fahrräder und Mietwagen oder der Shuttleservice zur Bahn; während der Betriebszeiten erreichbar unter Telefon 03341/31 22 70. www.flugplatz-strausberg.de

Schönhagen EDAZ

Piste 07/25 Asphalt mit 1510 Meter Länge sowie 700 Meter Asphalt 12/30 und 760 Meter Gras 12/30. Sommer 6.00 – 18.30 Uhr UTC; am Wochenende Mitte Mai bis Mitte September bis 20.00 Uhr UTC. Winter: 7.00 – 18.00 Uhr UTC, andere Zeiten PPR. Das Restaurant „Lindbergh“ mit Terrasse und von innen mit verglastem Rundumblick auf Vorfeld und Piste betreibt auch ein einfaches, preiswertes Hotel am Platz. Der Shuttleservice des sehr aktiven Flugplatzes zum Bahnhof Trebbin kostet zehn Euro, von dort fährt ein Regionalzug in 28 Minuten bis in die City. Ein Shuttle direkt in die Innenstadt kostet zirka 50 Euro, Anfragen unter Telefon 033731/305 55. Mietwagen von AVIS können ebenfalls geordert werden (Tagespauschale ab 42 Euro inklusive 100 Kilometer), Reservierungen unter Telefon 033731/305 32.www.edaz.de

Bienenfarm EDOI

850 Meter Gras mit Ausrichtung 12/30, direkt an der ICE-Trasse Hamburg-Berlin. Sommer: Di – Fr 8.00 – 17.00 Uhr UTC; Sa, So, Feiertag 7.00 – 18.00 Uhr UTC (max. SS + 30), andere Zeiten und im Winter (1.11. – 1.3.) PPR. Das Restaurant „Bienenkorb“ mit Terrasse bietet leichte und deftige deutsche Küche. Shuttle zum Bahnhof Paulinenaue unter Telefon 033237/882 80, Fahrtkosten fünf Euro. Der Regionalzug fährt stündlich in 33 Minuten zum Berliner Hauptbahnhof. www.flugplatzbienenfarm.de

Finow EDAV

2520 Meter Betonpiste mit Ausrichtung 10/28. Sommer: 7.00 Uhr (Mo – Fr ab 6.00 Uhr UTC) – SS + 30, max. 18.00 Uhr UTC. Winter: 8.00 Uhr – SS + 30, andere Zeiten PPR. Am Westende des Platzes gibt es ein Luftfahrtmuseum. In „Kauffis Bistro“ am östlichen Ende der Bahn kann man sich stärken und den Blick auf die Landebahn genießen. Mit dem Taxi dauert die Fahrt zum Bahnhof zirka acht Minuten und kostet elf Euro; von dort geht’s im Halbstundentakt in zirka 35 Minuten mit der Regionalbahn in die Berliner Innenstadt.www.tower-finow.de

Finow EDAV (Foto: Stephanie Keller)

Berlin-Tegel (EDDT)

Für Flugzeuge unter zwei Tonnen MTOM fallen rund 50 Euro Gebühren bei einem Tagesbesuch an, die sich aus mehreren Komponenten zusammensetzen. Allerdings hat Tegel für die zivile Luftfahrt eine PPR-Regelung, Englisch ist Pflicht für die Teilnahme am Flugfunk. Die Landegenehmigung hängt vom Verkehrsaufkommen ab; bei Messen zum Beispiel erhält man eher keine. Motorsegler und ULs sind nicht zugelassen. Per E-Mail-Formular meldet man sich an, die Rückmeldung kommt dann 24 Stunden vor dem gewünschten Termin.www.berlin-airport.de

Berlin/Schönefeld EDDB

In Schönefeld zahlt man neben der Landegebühr ein lärmbezogenes Entgelt, ein Terminalentgelt sowie Positions- und Abstellgebühren. Bei einem Flugzeug unter zwei Tonnen Abfluggewicht kommen rund 100 Euro für einen Tag zusammen. Durch den Bau des Airports BBI (Berlin Brandenburg International) steht derzeit nur eine Piste zur Verfügung. Für VFR-Privatpiloten ist es auch ohne PPR-Anmeldung unproblematisch, eine Landerlaubnis zu erhalten, sogar ULs und Motorsegler können den Platz benutzen. Ins Zentrum fährt man mit der S-Bahn, doch das dauert fast so lange wie beispielsweise vom Flugplatz Strausberg oder Saarmund. www.berlin-airport.de

Saarmund EDCS

Aus Richtung Westen ist Saarmund der nächstgelegene Flugplatz zur Berliner City. 1000 Meter lange Graspiste mit Ausrichtung 09/27; die Beschaffenheit hat Busch-Charakter. Beim Anflug sollte man auf Turbulenzen und Lee-Effekte in Hangnähe achten; PPR. Am Platz gibt’s das „Fly Inn“, ein Imbiss mit Biergarten. Das Taxi für die fünf Kilometer zum Bahnhof Michendorf kostet rund zwölf Euro, von dort fährt die Regionalbahn in 15 Minuten bis Wannsee, weitere 20 Minuten dauert es dann bis Bahnhof Zoo. Häufiger fährt die S-Bahn vom 26 Kilometer entfernten Potsdam aus;mit dem Taxi dorthin dauert es 30 Minuten, Fahrtpreis zirka 40 Euro.www.-saarmund.de

Text und Fotos: Stephanie Keller, fliegermagazin, 1/2011

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