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Fliegen in der Ukraine: Mit sechs ULs auf die Krim
Als Nachbarland von Polen ist die Ukraine eigentlich nicht so weit weg. Und doch so fremd, fliegerisch wie kulturell. Genau das reizte eine Gruppe von UL-Piloten aus Deutschland. Ihr Ziel: Tabasco am Schwarzen Meer
Der Vollmond steht über dem Schwarzen Meer. Still und andächtig schauen wir in die Nacht, als plötzlich vom nahen Steg ein riesiges Feuerwerk losbricht. Fliegerkumpel Jürgen Bosk hat das zusammen mit unserem ukrainischen Guide Andrej Ferchuk ausgeheckt – als Überraschung für Hans Bertram, einen Piloten unserer Gruppe: Hans feiert heute seinen 80sten Geburtstag hier in Tabasco auf der Krim. Es kostet uns reichlich Überzeugungskraft, ihm klar zu machen, dass wir das für ihn organisiert haben. Er ist sehr gerührt, während Andrej und Jürgen von den Anglern auf dem Steg fast verprügelt werden. Niemand ahnt, dass es das letzte Feuerwerk sein sollte, das Andrej erlebt.
Freitag, 1. Juni, 6.30 Uhr. Aufstehen. Regen prasselt auf unseren Wohnwagen in Stendal-Borstel. Das Wetter könnte wirklich besser sein. Alles ist etwas klamm hier drin; immerhin wärmt die Pfütze schwarzen Pulverkaffees, den wir gekocht haben. Der Blick aus dem Fenster verspricht nichts Gutes: Wolkenbasis nur ein paar hundert Fuß. Um 8.00 Uhr treffen die letzten Krim-Flieger ein. Um 8.30 Uhr soll’s losgehen. Unsere P-96 haben wir gestern schon getankt. Der Regen hört auf, die Untergrenzen steigen langsam. Ich stehe in der Tür des Wohnwagens und schaue gen Osten in den grauen Himmel. Das intensivste Regengebiet seit Wochen hat sich ausgeregnet, wenigstens für den Moment – zum Glück für die Bauern und zum Glück für uns. Eine Herausforderung wird’s dennoch.
Wir haben schon einige weite UL-Reisen in Europa bewältigt, aber keine Kultur kommt uns so undurchschaubar vor wie jene, in die es diesmal geht. „Wohin? Ukraine? Da seid ihr ’ne Woche zu früh dran, wenn ihr zur Fussball-EM wollt!“, hat der freundliche DFS-Mann noch gesagt, als wir den Flugplan aufgegeben haben. Aber die EM ist ja auch nicht unser Ziel. Wir suchen die Herausforderung, wir wollen mit unseren leichten Fliegern Neuland erkunden, Plätze besuchen, die für UL-Piloten ungewöhnlich sind. Und wir wollen die Menschen dort kennenlernen und ihre Kultur. Gut sechs Monate Vorbereitung liegen hinter uns, viele Telefonate und E-Mails sowie mehrere Treffen mit den anderen Piloten der Gruppe.
Nun kommt der praktische Teil. War all der Aufwand nötig? Oder sogar noch zu wenig? Ein mitgebrachtes Brötchen als Frühstück wird auf dem Vorfeld brüderlich geteilt, dann steigen wir in unsere Flieger: P-96, alle drei. Wenig später starten in Braunschweig noch zwei FK-9 und eine P-92. Alle Maschinen sind doppelt besetzt. Über einen kurzen Zwischenstopp in Kamenz zum Auftanken geht’s zum ersten Platz in Polen: Gliwice, ehemals Gleiwitz, das traurige Berühmtheit erlangte als deutscher Vorwand für den Überfall auf Polen im September 1939. Wir werden freundlich empfangen und stärken uns im „Surf-Club“ gleich um die Ecke. Sehr zu empfehlen!
Das Tagesziel, den Verkehrsflughafen Rzeszów-Jasionka im Osten Polens, erreichen wir dank Rückenwind nach gut eineinhalb Stunden. Zwar gibt es Missverständnisse bezüglich der Einflugroute, aber der polnische Controller weiß damit souverän umzugehen. Über Nacht stellen wir die Maschinen auf dem Vorfeld ab, wo wir sie an extra herbeigeschafften riesigen Betonklötzen vertäuen. Vom anfangs nicht so tollen Wetter abgesehen ist der erste Tag für alle recht entspannt verlaufen. Die morgige Etappe, in die Ukraine, wird spannender. Die Flugpläne sind vorbereitet, alle Genehmigungen liegen vor. Eigentlich kann nicht viel schiefgehen auf dem Flug nach Chernivtsi, unserem Zollflugplatz. Zeit fürs Bett im Hotel.
»Wohin? Ukraine? Da seid Ihr ’ne Woche zu früh dran, wenn Ihr zur Fußball-EM wollt!«
FIS-Fluglotse bei der Aufgabe des Flugplans
Es ist kalt am Morgen auf dem Vorfeld von Jasionka. Auf dem Hinweg mit dem Taxi haben wir an einer Tankstelle gehalten, um unsere sechs mitgebrachten Kanister aufzufüllen. Mogas gibt’s am Flugplatz nicht.
„Attention! Flight DMPHX from EPRZ to UKLN is prohibited to enter the Ukranian Airspace for lack of permission.“ Was ist das denn?! Die Nachricht erreicht uns kurz vor dem Abflug. Die erforderliche Genehmigung liegt doch vor! Doch wie sich herausstellt, wurde bei ihrer Beantragung die Kennung verdreht. Der Flugplan zeigt die richtige, die Permission die falsche. Und nun? Na, wenn die Papa Hotel als Hotel Papa genehmigt ist, dann heißt sie jetzt eben so! Hoffentlich geht das gut … Eine neue Genehmigung würde Tage dauern. Es geht gut.
Start auf der „27“ – wir sind gespannt darauf, was uns erwartet. Kurz hinter dem Einflugpunkt DIBED ändert sich die Landschaft deutlich. Es wird auch wärmer – das Tiefdruckgebiet liegt jetzt hinter uns. Immer noch mit Rückenwind erreichen wir nach eineinhalb Stunden Chernivtsi, wo wir unsere Uhren eine Stunde vorstellen müssen. „Follow the follow-me and stay in your planes!“ – eine klare Ansage des Towermanns. Wir werden auf einen abgetrennten Bereich geleitet, beäugt von Uniformierten. Was passiert nun wohl? Zollabfertigung, mehr nicht. Das Vorfeld, auf dem wir parken, ist wirklich schlecht. Es hat riesige Löcher und Risse, aus denen Büsche wachsen. Etwa 200 Meter entfernt stehen zwei alte An-12-Transportmaschinen.
Nach anfänglicher Skepsis des weiblichen Zollpersonals tauen alle langsam auf. Eine zunächst fotoscheue Beamtin möchte sich in einem unserer Flieger fotografieren lassen und bringt später sogar ihre kleine Tochter vorbei, um weitere Fotos zu machen. Sowas haben die noch nicht gesehen, solche kleinen Hüpfer wie unsere ULs. Andrej Ferchuk begrüßt uns auf Englisch. Der Ex-Militär ist ein Pionier der privaten Luftfahrt in seinem Land und unser Scout durch die Ukraine. Er ist mit Sergej Chevchuk, dem Flugplatz-Betreiber von Tabasco, wo wir übermorgen sein werden, in einer RV-10 angereist. Einer aus unserer Gruppe hatte ihn über berufliche Kontakte in die Ukraine kennengelernt.
Richtung Odessa plötzlich Funkausfall
Nichts auf dieser Tour wird sich als so wichtig erweisen wie die Kontakte, die wir im Vorfeld geknüpft haben. Ohne Unterstützung durch ukrainischen Freunde läuft man Gefahr, von offiziellen Stellen einer Standardbehandlung unterzogen zu werden, „rasieren ohne Schaum“, davon hatten wir öfter gehört: Erst kommt der Flughafenchef, dann der Polizeichef, dann der Zoll und irgendwann der Gärtner und sein Hund, und alle halten die Hand auf. Ist es wirklich so? Wenn man nicht aufpasst, ist sowas jedenfalls nicht auszuschließen. Bei uns war es anders.
Nach Klärung aller Formalitäten gibt’s in einem nahegelegenen Restaurant ein Briefing für den Weiterflug nach Odessa. Anweisung von Andrej: „Niemand meldet sich mit der Kennung, alle Transponder aus, ich sitze als Leader der Formation in der ersten Maschine und übernehme den Funkverkehr, alle anderen melden sich nur mit ihrer Nummer.“ Klingt gut. Als letzte fliegend haben Ernst Eggers und ich die Aufgabe, von Zeit zu Zeit zu melden, ob noch alle Maschinen dabei sind.
»Wir sind die ersten deutschen UL-Piloten auf diesem Platz«
Jens Bürger
Wir stehen aufgereiht vor dem Rollhalt, und alle melden sich. Wir auch. Wir hören Andrej auf Ukrainisch mit dem Tower reden und sehen dann eine Maschine nach der anderen in die Bahn rollen, ohne weitere Freigabe. Nach dem Start beginnen wir uns zu wundern, warum keine Funksprüche kommen, wie besprochen, bis wir realisieren, dass wir Funkausfall haben. Ausgerechnet jetzt! Und nun? Transponder auf 7600 und zurück? Nein, wir bleiben erstmal hinter der Truppe und probieren mehrere Frequenzen aus. Nach zehn Minuten löst sich das Problem merkwürdigerweise – wir haben wieder Kontakt. Gott sei Dank! Wir hören Andrej oft mit dem Controller sprechen, während wir über das weite Land fliegen. Bis zum Horizont ist es bretteben, wir sehen riesige landwirtschaftliche Flächen, wenige Dörfer und keine großen Städte. Als Ex-Landwirt ist Hans Bertram von den Böden begeistert: „Guckt mal, der Boden sieht aus wie Schokolade! Der ist fruchtbar!“
Nach fast drei Stunden Flugzeit, immer entlang der moldawischen Grenze, kommt Odessa in Sicht, unser Tagesziel. Einer nach dem anderen landen wir auf der 600 Meter langen Graspiste 36 von Odessa-Hidroport. Der Platz, an dem in der Pionierzeit Wasserflug stattfand, wird privat betrieben und liegt etwas außerhalb der Stadt. Flugplatzchef ist ein ehemaliger Oberstleutnant der russischen Armee und Afghanistan-Veteran.
Am nächsten Morgen treffen wir Natascha, unseren Scout für den Tag am Boden. Einige von uns besichtigen die Katakomben von Odessa, die insgesamt etwa 2500 Kilometer lang sind. Die ganze Stadt samt Umland wurde unterhöhlt, um Steine als Baumaterial für Häuser zu gewinnen. Während des Zweiten Weltkriegs nutzten etwa 70 Partisanen einen kleinen Teil der Katakomben als Versteck. Dieser Bereich ist heute ein Museum – wir sind beeindruckt, unter welchen Umständen die Kämpfer gehaust haben. Den Abend verbringen wir wieder gemeinsam; langsam freunden wir uns mit den ukrainischen Trinkgewohnheiten an.
Entsprechend klein sind die Augen beim Frühstück, der Vorabend war lang und feucht. Unser Hans feiert heute seinen 80sten, und so gibt es erstmal Geburtstagskuchen und Luftballons. Dann ruft Andrej zum Briefing für den Weiterflug nach Tabasco im Südwesten der Krim. Steppe. Unendliche Weite. Hans, als letzter der Formation, ist so begeistert von der Landschaft, dass er beim Tiefflug die Gruppe verliert. Wir malen uns schon die Schlagzeile aus: „Wolfsburger Pilot Hans Bertram verschollen über dem Schwarzen Meer! Fünf Flugzeuge an Suchaktion beteiligt, Auslaufen der Schwarzmeerflotte konnte vermieden werden.“ Wir vereinbaren eine kleine Insel an der Krimküste, darüber wollen wir uns treffen.
Nach 20 Minuten ist Hans wieder dabei. Bei Traumwetter – 31 Grad, blauer Himmel – fliegen wir unsere P-96 mit zehn Zentimeter geöffneter Kanzel über das weite Land. Gut zwei Stunden dauert das Leg nach Tabasco, wo wir auf einer völlig ausgedörrten Piste landen, als erste deutsche UL-Piloten, wie sich herausstellt. Platzbesitzer Sergej zeigt uns voller Stolz sein Restaurierungsprojekt, eine Aero 45 aus den späten vierziger Jahren. Besonders beeindruckt bin ich von einer, sagen wir mal „ukrainischen Pitts Special“. Der Doppeldecker besteht vollkommen aus Metall und hat einen Vierzylinder Walter-Motor. Die Maschine ist zwar noch nicht ganz fertig, aber eine fliegende soll es bereits geben. Nicht die letzte Überraschung für diesen Tag.
Den Abend verbringen wir in einem Freiluft-Restaurant nahe dem Stadtzentrum. Bei einem guten Essen feiern wir Hans’ Geburtstag. Zum Abschluss gehen wir mit ihm zur Strandpromenade. Das ukrainische Feuerwerk, das Andrej und Jürgen gekauft haben, ist nicht mit einem deutschen vergleichbar. Aus einem dunklen Kleinbus werden uns die Kartons übergeben, sie sind so groß wie Umzugskartons. Es braucht zwei Mann, um sie zu schleppen. Der Wagen ist voll mit ähnlichen Kartons. Jürgens Kommentar: „Hätte da einer ’ne Kippe reingeschnippt, würde es morgen in der Zeitung stehen.“
Als erste deutsche UL-Piloten in Tabasco, Ukraine
Entsetzen am Morgen: Andrej wird um 7.00 Uhr tot in seinem Bett aufgefunden. Wir sind schockiert. Andrej ist nur 42 Jahre alt geworden, ein Mensch, der für die Fliegerei lebte, voller Optimismus und Lebensfreude. Offenbar ist er einfach eingeschlafen. Das gute Essen und das Feuerwerk am Vorabend waren sein Abschied vom Leben. Andrej hatte abends immer drei Trinksprüche, mindestens. Und so tranken wir immer auf die Flieger, die nicht mehr wiedergekommen sind. Andrej, wir trinken auf Dich und werden Dich in sehr guter Erinnerung behalten. Na zdorovje!
Beim Frühstück treffen wir die Entscheidung, trotzdem wie geplant nach Sewastopol zu fahren. Hotel und Guide sind bereits gebucht, und für unseren Freund können wir hier nichts mehr tun. Jürgen Lodders, unser russisch sprechender Fliegerkamerad, klärt die letzten Formalitäten mit der eintreffenden Miliz, und mit einstündiger Verspätung brechen wir per Bus auf. Unterwegs treffen wir in Simferopol Nadia, unsere Führerin für den Tag. Weiter geht’s nach Sewastopol, das als Heimathafen der russischen Schwarzmeer-Flotte bekannt ist. Wir besichtigen das berühmte Panorama-Museum, den ehemaligen, streng geheimen U-Boot-Stützpunkt in Balaklava und bestaunen im Hafen die Reste der russischen Schwarzmeer-Flotte. „In Deutschland ist das Wetter ziemlich mies, meine Frau macht sogar schon die Heizung an!“, sagt Jürgen Bosk nach einem Telefonat in die Heimat. Na gut, noch haben wir ein paar Tage hier auf der Krim.
Eines unserer Tagesziele ist Jalta. Auf dem Weg dahin besichtigen wir zunächst den Woronzow-Palast in Alupka, nahe der Südküste wunderschön am Berg Aj-Petri gelegen. Die Luft dort ist herrlich, voller Nadelholzduft, weshalb der Ort als Luftkurort gilt. Alupka hat etwa zwei Dutzend staatliche Sanatorien und Erholungsheime. Die Weiterfahrt bringt uns am „Schwalbennest“ vorbei, einem kleinen Schloss, das in spektakulärer Lage auf einem Felsen steht. Die Besichtigung des Liwadija-Palasts ist der letzte Teil unseres Kulturprogramms. Ursprünglich war das Gebäude die Sommerresidenz des letzten Zaren Nikolaus der Zweite und seiner Familie. Ende des Zweiten Weltkriegs wurde in dem Palast die Teilung Europas beschlossen. Genug der Kultur – wir freuen uns wieder aufs Fliegen. Von Tabasco soll es zunächst nach Odessa gehen und von dort weiter zurück nach Chernivtsi, unserem Zollflugplatz in der Ukraine.
Dieses zweite Teilstück ist über 500 Kilometer lang und könnte bei Gegenwind für die FK-9 kritisch werden. Anderswo in Europa wäre das unproblematisch, da man eigentlich überall einen Flugplatz zum Zwischenlanden hat. Doch hier gibt es außer Steppe rein gar nichts. Die Route führt an der moldawischen Grenze und an einem militärischen Sperrgebiet entlang. Spritmanagement und Flugvorbereitung müssen also exakt passen. Dazu gehört, einen Point of no Return festzulegen oder einen erheblichen Umweg über einen Flugplatz in Kauf zu nehmen, der viel weiter nördlich liegt. Diese Variante würde die Strecke in zwei Abschnitte teilen, falls Gegenwind einen Direktflug ausschlösse. Abends an der Bar diskutieren wir die Flugvorbereitung, was sich bis nach Mitternacht hinzieht. Weckzeit ist fünf Uhr – da bekommen einige sehr wenig Schlaf.
Östlich von Odessa nehmen die Piloten Kurs auf die Krim
Das Frühstück fällt heute aus. Um sechs Uhr treffen wir uns in der Lobby des Hotels. Der Bus ins 120 Kilometer entfernte Tabasco wartet schon. Zweieinhalb Stunden lang fahren wir über Straßen, die teilweise Löcher so groß wie Gullideckel haben (was daran liegt, dass die Gullideckel einfach fehlen und stattdessen Äste in die Löcher gesteckt wurden). Wie es unseren Fliegern wohl geht? Vor fünf Tagen haben wir sie im Niemandsland abgestellt. Die Angst ist völlig unbegründet. Als wir den Platz erreichen, ist alles noch da. Und eigentlich noch viel mehr: „Druzhba“, Freundschaft. Wir werden mit Kaffee und Broten begrüßt. Außerdem haben Platzbesitzer Sergej und sein Freund Jury Yakovlev, Chefdesigner bei Aeroprakt in Kiew, vieles für uns vorbereitet: Luftfahrtkarten der Ukraine für jede Maschine, Anflugkarten, NOTAMs und mehr. Der Abschied fällt schwer.
Auf dem Hinweg hatte Andrej den Funk auf Ukrainisch gemacht, nun müssen wir uns selbst durchschlagen. Wir sind heilfroh, dass Jürgen Lodders dabei ist, der fließend Russisch spricht. Er wickelt den Funk bis Odessa ab. Dort nehmen wir uns die Zeit, den Nachbau eines Farman-Doppeldeckers von 1910 zu bewundern. Es war das erste Muster, das in der Frühzeit der Luftfahrt in der Ukraine flog und deshalb den Flughafenchef von Odessa bewog, diesen Apparat flugfähig nachzubauen. Am meisten amüsiert uns der Passagiersitz: eine Parkbank aus Holz! Wie im Original.
Vollgetankt starten wir zum längsten Streckenabschnitt, auf dem der Wind auch noch von vorn bläst. Je weiter wir allerdings westwärts fliegen, desto mehr dreht er, und auch der wechselnde Steuerkurs macht uns schneller. So erreichen wir sicher Chernivtsi. Der nächste Tag bringt uns über Rzeszów-Jasionka nach Wroclaw-Szymanów (Breslau), am darauf folgenden Tag soll es nach Hause gehen.
„Habt Ihr das NOTAM nicht gelesen? Wegen der Fußball-EM ist das Schengen-Abkommen vorübergehend außer Kraft gesetzt!“ Ausgerechnet der Controller von Kraków Information, der uns am Vortag betreut hat und deshalb weiß, wo wir hin wollen, steht morgens in Breslau am Platz. Wir hatten gehofft, von hier einfach nach Hause fliegen zu können. Das wird wohl nichts. „Ihr müsst nach Zielona Góra-Przylep, da könnt Ihr den Zoll machen und Euren Flugplan aufgeben.“ Okay, dann nach Przylep. „Was wollt Ihr hier? Zoll?? Na, das kann dauern.“ Was jetzt? „Fliegt doch nach Babimost, da geht das.“ Also fliegen wir in zehn Minuten das kurze Stück nach Zielona Góra-Babimost und geben auf dem alten Militärplatz unseren Flugplan auf. Ein Zöllner kommt hier zwar auch nicht, aber alle sind zufrieden. Am neunten Tag unserer Tour treffen wir in Stendal ein – bei bestem Wetter. Was für eine Reise!
Tipps und Infos: Fliegen in der Ukraine
Generell wichtig: vorher Kontakt aufnehmen mit Piloten, Clubs, Flugplatzbetreibern oder Herstellern in der Ukraine; das spart Kosten und macht Procedures einfacher. Ansprechparter in Tabasco ist Platzbetreiber Sergey Chevchuk, www.tabasco.aero
Luftfahrtinfos: AIP, NOTAMs, Preflight Bulletin etc. auf www.aisukraine.net (dort unter „Publications“); allgemeine Infos u. a. zur Ukraine auf www.flyingineurope.beEinfluggenehmigung: per Fax an Flight Coordination Department Ukraine, Fax-Nr. 00380-444 86 75 40;
Beantragung für jedes Flugzeug einzeln ca. drei bis vier Wochen vorher mit Angabe der gesamten Flugstrecke. Unbedingt anmerken, dass es sich nicht um einen gewerblichen Flug handelt. Pro Maschine kostet eine Genehmigung 100 Euro; wesentlich günstiger: Alle Permissions von Kontaktperson in der Ukraine beantragen lassen!
Port of Entry darf später von angegebenem Einflug-Flugplatz abweichen.
Flugplan: für jedes Flugzeug einzeln obligatorisch, wenn das Ziel ein kontrollierter Platz ist (z. B. Chernivtsi). Die Permission-Nummer muss in den Flugplan eingetragen werden. Flugpläne können über die DFS aufgegeben werden – ruhig ein paar Tage früher, auch wenn die DFS den Plan erst 24 Stunden im voraus akzeptiert: „Von Hand“ schickt sie ihn dann schon mal in die Ukraine. Unbedingt bei der DFS Flugberatung einholen – Herr Kaufmann war sehr hilfreich. Lufträume: etwas anders strukturiert als in Deutschland. Tipp: in „G“ bleiben!
Flugplätze: Karte mit verzeichneten Plätzen und Flugplatz-Infos sowie -Kontakten unter www.maps.aopa.ru (auf Russisch; automatische Übersetzung per Browser hilft aber).
Kraftstoff: auf der beschriebenen Tour an Flugplätzen nicht zu bekommen; getankt wurde an Autotankstellen (Taxi) mit Hilfe von mitgebrachten Kanistern. Schüttelschlauch nicht vergessen! Super Plus kostet zirka 1,10 Euro.Wetter: DWD informiert auch über die Ukraine, E-Mail luftfahrt@dwd.de; Anrufe aus Ost- und Nordosteuropa: 0049-18 05-25 01 25, aus Süd- und Südosteuropa: 0049-18 05-25 01 26; METARs und TAFs auch auf www.flyingineurope.beZwischenstation/Überflug
Polen: vorher NOTAMs einholen auf www.ais.pata.pl
Weitere Fragen: Jürgen Bosk, E-Mail info@jbosk.de
Text: Jens Bürger, fliegermagazin 10/2012
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