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DFS Deutsche Flugsicherung und fliegermagazin: Leserreise zu den Schlössern der Loire

Bei bestem Wetter erlebten die Teilnehmer der 
gemeinsam von DFS Deutsche Flugsicherung und 
fliegermagazin veranstalteten Leserreise eine 
faszinierende Tour in die französische Geschichte

Von Thomas Borchert

Der Controller von Bâle Information fragt ungläubig nach, als wir die Grenze bei Colmar überfliegen: „Bestätigen Sie, dass Sie das erste einer Gruppe von zehn Flugzeugen sind!“ Ja, das bestätigen wir – und teilen gleich noch mit, dass vom Tecnam-UL bis zu einer Seneca-Twin eine bunte Mischung nach Frankreich kommt: die Teilnehmer der von fliegermagazin und DFS Deutsche Flugsicherung veranstalteten Leserreise „Fliegen ins Ausland“.

Zum vierten Mal steuern wir an diesem Donnerstag Anfang September mit einer Lesergruppe Destinationen im Ausland an, um zugleich fliegerisch dazuzulernen und viel Spaß zu haben – aber zum ersten Mal ist das Wetter ein ganzes verlängertes Wochenende lang einfach nur perfekt. Kein Nachdenken über Starkwind, Nieselregen oder tiefe Wolkenuntergrenzen. Bei strahlendem Himmel fliegen wir an den Vogesen vorbei nach Westen.Es ist 15.30 Uhr, und wir haben bereits den ersten Programmpunkt der Reise hinter uns: Zu Brunch & Briefing hatten sich die Teilnehmer um 12 Uhr im neu eröffneten Restaurant „mistral“ am Freiburger Flugplatz eingefunden. Ein leckeres Buffet mit lokalen Spezialitäten begleitete die ausführliche Einweisung durch Jan-Eric Putze von der DFS und Chefredakteur Thomas Borchert, bei der es um Auslandsflugpläne, die Regeln in Frankreich und die Besonderheiten der angeflogenen Plätze ging.

Erster Halt: Alle Teilnehmer posieren mit dem Burgunderfass-Flugzeug, dem passenden Flugplatzmaskottchen im berühmten Weinanbaugebiet von Nuits Saint Georges (Foto: Christina Scheunemann)

Jetzt stehen wir schon vor dem ersten typisch französischen Erlebnis: Zwischen uns und unserem Tagesziel Nuits Saint Georges liegt ein militärisches Tieffluggebiet, das auf der Website der Flugsicherung als aktiv gekennzeichnet ist. Doch der Controller beruhigt uns: „Fliegen Sie durch.“ Denkste! Eine Minute vor Erreichen kommt seine Meldung: „Leider ist die Zone jetzt doch gesperrt.“ Drunter oder drüber? Da jeder Pilot in unserer Gruppe für sich fliegt, entscheidet sich die Hälfte für Tiefflug unterhalb 800 Fuß AGL, die anderen fürs Steigen auf 5500 Fuß. Gut, dass wir das im Briefing besprochen hatten.

Unser Zielflugplatz Nuits Saint Georges (LFGZ) liegt in der Kontrollzone des Militärflughafens von Dijon. Dessen Towerlotsen sind telefonisch auf unsere Armada vorbereitet und geben eine Freigabe nach der anderen. Gelblich-braun und sonnenverbrannt liegt die Graspiste von Nuits Saint Georges da. Wie in Frankreich an kleinen Plätzen üblich, antwortet im Funk kein Mensch. Nach Süden erstrecken sich die Weinfelder: Hier und im nahen Beaune finden sich die besten Lagen für Burgunder. Auf 960 Metern ist die Landung problemlos – nur mit der Parkfläche wird es für unsere Gruppe ein wenig knapp.

Dann braust auch schon Jeannette aus dem Hotel mit einem Auto heran, das unser Gepäck mitnehmen soll. Wir gehen zu Fuß. Denn nur 200 Meter die Straße hinunter haben wir Mauer und Wehrtürme des Château de la Berchère erreicht. Noch 100 Meter weiter durchschreiten wir das Tor und stehen im Innenhof des zauberhaften Schlosses, das heute ein Hotel ist. Von „normal“ bis prunkvoll reicht die Spannbreite der 22 Zimmer; die schönsten sind mit Himmelbett, antiken Möbeln und Riesenfenstern zum Park ausgestattet. Dort wollen wir bei 25 Grad hin: an den Pool. Der Weg führt an der Bar vorbei, wo uns der Schlossherr mit Pastis versorgt. So geht’s!

Blois: Altstadt und Schloss sind sehenswert, der Überflug sollte vermieden werden. 47° 30′ 1.1“ N, 001° 27′ 29.0“ E (Foto: Christina Scheunemann)

Das Château de la Berchère hat keinen Restaurantbetrieb, kocht aber für größere Gruppen. Und so erwartet uns im Speisesaal ein köstliches Menü: Los geht’s mit einem vom Hausherrn zubereiteten Lachs, der am Tisch zerteilt wird. Dann folgt – wir sind ja in der Gegend – Bœuf Bourguignon, schließlich Dessert und Käse. Dann ein Weinbrand aus Burgund, und wir verschwinden im Bett.

Strahlender Sonnenschein erwartet uns am nächsten Morgen für das fliegerische Highlight dieser Tour: Es geht zu den Schlössern der Loire! Schon vorab hatten wir die Teilnehmer der Reise mit den GPS-Koordinaten der sehenswertesten Loire-Schlösser versorgt. Bei uns sind die Wegpunkte im iPad und in den eingebauten Garmin-GTN-Navis der SR22 programmiert. Der erste ist etwa eine Stunde entfernt. Doch schon auf dem Weg dorthin steht in der sanft geschwungenen Landschaft ein Herrenhaus neben dem anderen. 


Wegpunkte im Garmin-GTN-Navi führen uns zu den Schlössern

Wir queren den Oberlauf der Loire, dann folgt ein ausgedehntes Waldstück – und dahinter ein riesiges weißes Gebäude, schon aus 20 Meilen Entfernung zu erkennen. Kann es das sein? Je näher wir kommen, desto mehr Türmchen, Zinnen und Schornsteine sehen wir. Tatsächlich: Chambord, von vielen als Vorbild für Versailles betrachtet – und doch nur ein Jadgschloss, das drei oder vier Wochen im Jahr bewohnt wurde. Auf der zuvor abgesprochenen Bord-Bord-Frequenz melden wir das Eindrehen über dem prächtigen Bau. Chambord ist als Ausflugsziel im Wortsinn so beliebt, dass ein Sperrgebiet bis in 1300 Fuß Höhe allzu aufdringliche Piloten fernhält. Es geht weiter zum nächsten Schloss auf unserer Hitliste – und wir haben ein Navigationsproblem: Wir wollen nach Cheverny, dem Schloss, das Comic-Zeicher Hergé als Vorbild für Schloss Mühlenhof in seinen „Tim und Struppi“-Abenteuern diente.

Doch das iPad will uns zu einem anderen Ort führen als das Garmin im Panel. Wir müssen uns beim Eintippen der Koordinaten vertan haben. Also steuern wir beide Wegpunkte nacheinander an. Die Überraschung: Beide Male gibt es am Boden ein Schloss! Das zweite ist das richtige. Wir fliegen weiter nach Montrichard und dann bis zum Schloss Chenonçeau. Zauberhaft ist dieses Wasserschloss quer über den Fluss Cher gebaut. Doch aufgepasst: Mit uns kreist die Cessna 182 von Bernhard und In-Sook. Über solchen Attraktionen ist man nie allein, da darf der Pilot nicht nur zum Boden schauen. Nächster Wegpunkt ist Amboise. Dort erreichen wir die Loire wieder. Schloss und Ort bilden ein schönes Ensemble mit großer Geschichte: Leonardo da Vinci verbrachte hier seine letzten Jahre. Weiter geht es die Loire hinauf; vor uns taucht wieder eine Maschine auf. Gehört sie zu uns? Nein, eine Robin haben wir nicht dabei. Blois mit seiner langen Betonbahn ist unser Nachtquartier.

Steil rein: Über Stromleitung und Bäume führt der Anflug der Piper in Monhoudou (Foto: Christina Scheunemann)

Diesmal fahren wir mit dem Bus in das Schlosshotel La Rozelle, denn am nächsten Tag wollen wir zwei der Loire-Schlösser vom Boden aus besichtigen: Chambord und Blois. Beide zeigt uns Severine, eine Mitarbeiterin des hiesigen Tourismus-Büros. Wir erklimmen die ungewöhnliche Doppelspiraltreppe von Chambord, deren Konstruktion von da Vinci beeinflusst worden sein soll. In Blois besuchen wir prunkvolle Gemächer und entdecken ein exzellentes Restaurant in den verwinkelten Gassen der Altstadt.

Am Nachmittag kehren wir zum Flugplatz zurück, wo wir uns mit einer der unverständlichsten Folgen von Überregulierung in der Luftfahrt herumplagen müssen: dem Sprachnachweis der ICAO, umgesetzt von der EASA. Gefordert ist der Eintrag eines Sprachnachweises in der Pilotenlizenz für die Sprache, in der gefunkt wird. Und da in der französischen AIP für Blois am Wochenende, wenn kein Flugleiter anwesend ist, „French only“ neben der Frequenz steht, bräuchten wir einen französischen Sprachnachweis. Tatsächlich sollen britische Piloten bereits zu Geldbußen verdonnert worden sein, weil sie diesen nicht hatten. Wir gehen auf Nummer sicher und haben den Flugleiter für unseren Abflug am Samstag einbestellt – natürlich gegen eine hohe Gebühr. Was für ein Bürokraten-Unsinn!

Nach einer halben Stunde Flug Richtung Nordwesten steht die anspruchsvollste Landung unserer Tour bevor: Wir wollen zum Château de Monhoudou, dessen Besitzer direkt neben seinem Schlosshotel eine private Landebahn angelegt hat – natürlich ohne ICAO-Kennung. Die GPS-Koordinaten haben wir von seiner Website, ebenso eine ausführliche Beschreibung mit vielen Fotos und Karten. Die Bahn hat es in sich: bei 720 Meter Länge knapp 15 Meter Höhenunterschied zwischen beiden Enden. Von Süden geht es bergauf, doch dort sind Bäume und eine Stromleitung im Anflug. Zum Glück sind die Bedingungen optimal: kaum Wind. Wir entscheiden uns für eine Bergauf-Landung. Nur die Piloten der Seneca und der Diamond DA-40 mit Thielert-Diesel weichen auf die Betonpiste im nahen Alençon aus und nehmen ein Taxi – so eine Entscheidung ist weise, denn Pilot und Passagiere sollen sich wohlfühlen.

Als wir mit der Turbo-Cirrus über den Koordinaten ankommen, steht unten schon die SR22 von Manfred, der uns mit der Handfunke Ratschläge gibt. Wir sinken steil über die Stromleitung und setzen genau dort auf, wo die Bahn am stärksten ansteigt. Gleich nach dem Parken begrüßt uns Schlossherr Michel de Monhoudou herzlich. 50 Meter weit führt er uns auf einem Waldpfad zum Herrenhaus. In der Abendsonne machen wir es uns gemütlich, es gibt Cidre, auf der Wiese nebenan galoppieren Pferde um einen Teich. Was für eine Ruhe, was für eine Stimmung!

Amboise: Hier verbrachte Leonardo da Vinci seine letzten Lebensjahre.
47° 24′ 52.5“ N, 000° 59′ 1.2“ E (Foto: Christina Scheunemann)

Ins Englische übersetzt von seiner Frau Marie-Christine erklärt uns der Vicomte die Familiengeschichte und zeigt auf ein Fenster im ersten Stock: „Da oben wurde ich geboren – heute ist dort mein Schlafzimmer. Das Château ist seit 19 Generationen im Familienbesitz.“ Mit Ehrfurcht besichtigen wir die acht Zimmer des Hotels: Alle sind ganz individuell eingerichtet, alle sind prächtig. Im Salon hängen Ölgemälde und alte Fotos: „Das sind meine Ahnen“, erklärt der Vicomte. Zum Abendessen ist die Tafel festlich gedeckt mit Geschirr, das sämtlich mit dem Familienwappen versehen ist: vom Teller bis zu Weinglas und Karaffe. Der samt-rot tapezierte Raum ist nur mit Kerzen beleuchtet, als wir uns zum köstlichen Dinner niederlassen, das die Vicomtesse persönlich zubereitet. Der Abend könnte stimmungsvoller nicht sein.

Wir sinnieren im Salon: Für Piloten sind die Châteaus von Monhoudou und Berchère magische Orte. Wo sonst kann man mit seinem Flugzeug landen und dann gleich nebenan in der Pracht eines historischen Schlosses zu Gast sein? Gleich beim Frühstück werden am Sonntagmorgen die Karten ausgebreitet: Wie kommt man am besten durch den französischen Luftraum nach Hause? Wo kann noch mal getankt werden? Im Kollektiv sind die besten Antworten schnell gefunden. Unsere freundlichen Gastgeber kommen mit an die Bahn. Eine Maschine nach der anderen rollt an den Start, vorbei an der Vicomtesse, die ihren Lieblingsplatz unter dem Windsack eingenommen hat und von dort zum Abschied winkt.

Luftraum in Frankreich

Nur Mut. Auf den ersten Blick sieht eine Luftfahrtkarte von Frankreich so aus, als sei unser Nachbarland nicht befliegbar: Jede Menge militärische Sperrgebiete und Tiefflugrouten versperren den Weg. Doch keine Angst: Diese Zonen sind oft nicht aktiv und wenn doch, dann ist ein Durchflug mit Funkkontakt zum FIS-Lotsen oder den zuständigen Militärstellen sehr oft möglich. Auf www.sia.aviation-civile.gouv.fr finden sich kostenlos nicht nur alle Anflugkarten der französischen Plätze, sondern auch die Cartes AZBA, die unter dem gleichnamigen Menüpunkt genau zeigen, welche Militärgebiete wann aktiv sind. Wie gesagt: Selbst wenn auf der Karte rote Markierungen den Weg versperren, können die Lotsen, die freundlich sind und meist gut Englisch sprechen, oft den Durchflug auch durch aktive Gebiete organisieren.

Château de la berchère

Das Schlosshotel liegt etwa 300 Meter vom Flugplatz Nuits Saint Georges (LFGZ) entfernt; Gäste oder deren Gepäck wird auf Wunsch abgeholt. Der Besitzer ist selbst Pilot. Der Platz mit 962 Meter langer Grasbahn liegt in der Kontrollzone von Dijon an deren westlichem Rand. Die Nutzung ist nur nach Genehmigung durch die örtliche Luftfahrtbehörde erlaubt, per E-Mail problemlos zu erhalten unter hubert.champion@aviation-civile.gouv.fr.

Bedingung: 200 Flugstunden Erfahrung. Der Aeroclub verkauft Avgas auch an Besucher. Ein Abflug nach Westen ist ohne Freigabe von Dijon TWR möglich. Das Hotel, fast schon eine Burg, bietet 22 Zimmer von 70 bis 220 Euro und hat einen Pool. Frühstück ist erhältlich, Abendessen dagegen nur für Gruppen nach vorheriger Absprache. Etliche Restaurants befinden sich im nahen Ort. Im Winter geschlossen. www.hotelchateauberchere.comchâteau

Monhoudou

Das etwa 20 Meilen nördlich von Le Mans gelegene Schlosshotel hat eine private Grasbahn, die je nach den herrschenden Windbedingungen nicht ganz einfach ist: Im Anflug von Süden Hindernisse und deshalb eine versetzte Schwelle, die die Bahn von 720 auf etwa 500 Meter verkürzt. Allerdings steigt die Piste nach Norden mit zwei Prozent an, wobei die stärkste Neigung am Südende vorliegt. Ausführliche Infos und Fotos auf der Website. Alternative ist Alençon (LFOF) mit Betonbahn, Taxi von dort etwa 65 Euro. Der Schlossherr, selbst UL-Pilot, und seine Gattin verwöhnen ihre Gäste persönlich. Es gibt acht sehr individuell eingerichtete Zimmer von 115 bis 170 Euro. Auf keinen Fall das Dinner-Menü auslassen – die Vicomtesse kocht selbst, und das ausgezeichnet! Im Winter geschlossen. www.monhoudou.com

fliegermagazin 12/2012

Über den Autor
Thomas Borchert

Thomas Borchert begann 1983 in Uetersen mit dem Segelfliegen. Es folgte eine Motorsegler-Lizenz und schließlich die PPL in den USA, die dann in Deutschland umgeschrieben wurde. 2006 kam die Instrumentenflugberechtigung hinzu. Der 1962 geborene Diplom-Physiker kam Anfang 2009 vom stern zum fliegermagazin. Er fliegt derzeit vor allem Chartermaschinen vom Typ Cirrus SR22T, am liebsten auf längeren Reisen und gerne auch in den USA.

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