PPL

Mein erstes Mal EAA AirVenture Oshkosh!

Mehr als 10.000 Flugzeuge und 677.000 Besucher – das größte Fly-In der Welt im US-amerikanischen Wisconsin ist spektakulär. So hat Flugschülerin und Online-Chefredakteurin Isabella Sauer das besondere Event erlebt.

Von Isabella Sauer
Night Airshow
Genau hinschauen lohnt sich: Bei der Night Airshow turnt am Himmel hinter dem NASA-Frachter Super Guppy, ein Kunstflugzeug, das im Flug Feuerwerksköprer verschießt. Foto: Sebastian Thoma

Unglaublich! Ein einziges Wort, aber in diesen Tagen mit ganz viel Bedeutung für mich. Mehr als ein Jahr lang habe ich darauf gewartet und nun ist es wahr: Ich sitze bei gefühlten 36 Grad auf piksendem Gras, links und rechts neben mir Amerikaner mit Sonnenhut, Sonnenbrille, XXL-Getränkebechern und Campingstuhl, an der Flightline in Oshkosh.

Die Stimmung ist herausragend, es wird viel gelacht, über Flugzeuge gefachsimpelt und natürlich immer wieder hoch zum Himmel geschaut. Krawumm! Die Blicke reißen wieder schlagartig hoch – eine Lockheed Martin F-22 Raptor schießt an uns vorbei und lässt es richtig krachen! Eine von unzähligen Airshows ist in vollem Gange. Präzisionskunstflug, militärisches Großeisen, seltene und einzigartige Flugobjekte und lebendige Geschichte – hier in Oshkosh ist alles möglich! Ich staune, denke: „In Deutschland hätten sich sofort Anwohner über diesen Fluglärm beschwert“ und muss schmunzeln. Hier zeigt sich das Publikum schwer beeindruckt von dem, was es zu sehen und zu hören gibt. Mir gefallen die lauten Motorengeräusche ebenso. Je lauter, desto besser!

Oshkosh 2023: Mit Campern über Flieger fachsimpeln

Ich merke, wie ich den Moment genieße und anfange, mal kurz zu verschnaufen. Die Interviewtermine und Videodrehs rücken in die Ferne … dann klopft mir plötzlich jemand auf die Schulter. Ich drehe mich um und schaue in das lächelnde Gesicht eines Mannes mit Cap und Schnauzbart, der mehrere Kameras mit riesigen Objektiven um den Hals trägt. Dann fragt er auf Deutsch: „Musst du gar nicht fliegen lernen, Isabella?“ Auch ich muss lachen und bin verdutzt zugleich. Es ist ein Leser, der meine PPL-Ausbildung verfolgt und nun hobbymäßig Flugzeuge in Oshkosh 2023 fotografiert. Wie schön, so eine spontane Begegnung!

AbsperrungAbsperrung
Absperrung unnötig: Beim AirVenture genügen eine ins Gras gebrannte Linie und ein paar Pylone, um zehntausende Besucher an der Flightline aufzuhalten.

Ich sitze wieder im Pressezentrum. Anders als bei Messen in Deutschland ist das ein weißes XXL-Partyzelt mit langen Tischen, ziemlich klapprigen Stühlen und natürlich – ganz amerikanisch – Teppichboden. Hinzu kommt das lautstarke Gebläse einer Klimaanlage. Mit der Zeit gewöhne ich mich daran und lerne dieses Geräusch sogar zu schätzen. Schließlich machen mir die heißen Temperaturen und die hohe Luftfeuchtigkeit doch ein wenig zu schaffen.

North 40 Aircraft Camping in Oshkosh

Für mich und Kameramann Lucas geht es weiter zum sogenannten North 40 Aircraft Camping. Dick Knapinski, EAA Director of Communications, hatte uns bereits am Tag unserer Ankunft gesagt, dass wir dort auf jeden Fall hingehen sollten. Der Grund: Es ist eine der beliebtesten Arten, das Fly-in zu erleben. Das Aufbauen des Zelts unter den Tragflächen des eigenen Flugzeugs sei für viele Besucher ein ganz besonderer Moment. „Man ist mittendrin und Teil der einzigartigen Gemeinschaft von Luftfahrt-Enthusiasten“, sagte er. Dort gebe es sicherlich viele spannende Interviewpartner.

GeländeGelände
Einfach riesig: Rund um die Landebahnen des Flugplatzes in Oshkosh erstreckt sich das Gelände des AirVentures. Mittendrin steht der Tower.

Und so lassen Lucas und ich uns mit dem Presseshuttle, einem Golfcart, von zwei freiwilligen Helfern dorthin fahren. Das Oshkosh-Gelände wirkt endlos. Unglaublich! Genauso wie die vorbeisausenden Szenen: Überall stehen Flugzeuge in verschiedensten Größen, außergewöhnlichen Lackierungen und unterschiedlichsten Zeitalters herum, daneben sind bunte Zelte aufgestellt, campierende Menschen sitzen daneben. Und ganz „nebenbei“ fliegen immer wieder Flugzeuge ein. Gefühlt im Sekundentakt landen Piper Cubs, Cessnas, Kodiaks, Cirrus und mehr auf den fünf aktiven Bahnen. Wir wollen zur Piste 9/27, um die sich die North 40 erstreckt. An der „18/36“ wird beim AirVenture auch der parallele Taxiway zur Runway, sodass es eine 18L und 18R sowie eine 36R und eine 36L gibt. Auf der kurzen Asphaltbahn 5/23 parken Warbirds. Aber es gibt ja noch die Graspiste am EAA-Museum und die UL-Bahn im Süden …

Etwas besonderes: In Oshkosh schläft man unter der Tragfläche

Auf dem „Campingplatz“ angekommen, stellen wir schnell fest, dass kaum jemand da ist. Na klar, die sind schließlich alle bei der Airshow oder stöbern in den Messehallen nach coolen Luftfahrt-Produkten! Dann haben wir aber doch noch Glück und kommen mit Jeff und Maribeth aus Jackson Hole in Wyoming ins Gespräch. Die beiden sind mit ihrer Kodiak 100 erstmals nach Oshkosh geflogen und haben Zelt und Schlafsack dabei. Eine bewusste Entscheidung – für das Campen und gegen das Hotel.

FlugzeugreihenFlugzeugreihen
In bester Ordnung: Kilometerweit stehen solche Flugzeugreihen entlang der Pisten. Nur so lassen sich die Besuchermengen unterbringen.

„Ins Hotel können wir immer. Mit anderen Luftfahrt-Enthusiasten über ihre Flugzeuge quatschen und dabei in der Hängematte liegen, ist etwas besonderes“, sagt Jeff. Ihre Kodiak 100 sei der perfekte, fliegende Sprinter-Van. Ich muss schmunzeln, denn ich kann es so gut nachvollziehen. Schließlich liebe ich ebenfalls Wohnmobile, das Zelten und seit einiger Zeit auch Flugzeuge. Auf diese Weise lassen sich also mehrere Leidenschaften vereinen. Wer weiß, vielleicht werde ich hier auch eines Tages mein Zelt aufschlagen …

Boeing Plaza – offizielles Messegelände in Oshkosh

In Oshkosh nimmt ein Großteil auch das offizielle Messegelände mit der Boeing Plaza ein. Hier bin ich mit meinen Kollegen unterwegs, um über Neuigkeiten zu berichten. Besonders viel Aufmerksamkeit zieht der Stand von Textron Aviation auf sich. Kaum zu vergleichen mit dem auf der AERO in Friedrichshafen. Alles wie immer – XXL! Unglaublich! Die Besucher können einen kleinen Weg in einem Mini-Park entlangspazieren, um sich verschiedene Flugzeuge anzuschauen. Beispielsweise die Beechcraft Denali, die Premiere feiert.

ReihenweiseReihenweise
Reihenweise: In Deutschland wäre der Anblick einer Cessna 195 schon faszinierend. Beim AirVenture sind solche Raritäten in jeder Ecke zu finden.

Noch viel spannender finde ich aber die neue Innenausstattung für Cessna 172, 182 und 206. Ich werfe einen Blick in eine Skyhawk und sofort ploppt vor meinen Augen mein Schulflugzeug auf. Okay, die Sitze sind deutlich moderner und komfortabler, die Instrumententafel aktualisiert, es gibt Kopfhörerbuchsen und USB-Ladeanschlüsse an jedem Sitz und in der 182 sogar eine Mittelarmlehne. Nicht schlecht. Zack, Fotos und Videos sind für unsere Social-Media-Kanäle im Kasten. Gleich nur noch live stellen und dann sind unsere User auf dem Laufenden, spreche ich mir wie so oft laut vor. Klappt leider nicht immer, die Zeit ist einfach zu knapp.

Für jeden was dabei: Vorbei an den Merchandising-Zelten von Cirrus Aircraft

Dann geht es auch schon weiter in Richtung Boeing Plaza, vorbei an noch einem riesigen Stand: Bei Cirrus Aircraft läuft immer gute und laute Musik. Wir passieren Merchandising-Zelte (ich habe natürlich auch ein T-Shirt mitgebracht) und gut gelaunten Besuchern. Was mir dabei auffällt: In Oshkosh ist jedes Alter vertreten. Der ältere Herr, der mit seinem elektrischen Rollstuhl unterwegs ist, aber auch die Eltern mit ihren beiden Teenagern im Schlepptau oder die Kleinkinder, mit Windsack-Accessoire im Haar.

Fun Fact: Wer in der Suchmaschine nach der Boeing Plaza sucht, erhält sogar eine exakte Adresse! Die lautet „Celebration Way, Oshkosh“ – irgendwie schön und so passend. Schließlich stehen an diesem Platz, der das Zentrum des AirVentures ist, im Laufe der Woche immer wieder andere, aber meist sehr große Flugzeuge. Von historischen Warbirds bis hin zu den neuesten Innovationen der Luftfahrt ist alles vertreten, aber auch die Air Force zeigt, was sie hat.

Super Guppy: Der Transporter von der NASA

Mich fasziniert der Anblick der letzten Super Guppy. Ich erfahre, dass der Fracht-Oldie vor Jahrzehnten im Auftrag der NASA für den Transport von Teilen der Mondrakete Saturn V entwickelt wurde – und heute Teile für das aktuelle Mondlandeprogramm Artemis fliegt. Wie gern hätte ich einen Blick hineingeworfen, doch die Warteschlange ist mir zu lang. So laufe ich ganz langsam um die Super Guppy herum und lese im Internet, dass sie mit mehr als 1000 Kubikmetern Ladevolumen noch heute zu den größten Frachtern der Welt gehört. Oshkosh ist toll, hier lässt sich ganz viel Luftfahrtwissen innerhalb kürzester Zeit einsaugen! Und für noch etwas anderes ist Oshkosh gut – spektakulären Kunstfliegern zuzuschauen. Da profitiere ich sogar vom Journalisten-Bonus: Ich treffe den bekannten Kunstflugpiloten Michael Goulian.

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Stars treffen! Eineinhalb Stunden vor seinem Auftritt durfte Isabella Sauer den bekannten Kunstflugpiloten Michael Goulian interviewen. Er fliegt eine Extra 330SC aus Deutschland.

Wir sind für ein Interview verabredet, und trotz fester Uhrzeit müssen wir warten. Kein Wunder, denn er ist ein richtiger Star! Immer wieder sprechen ihn Fans an und wollen ein Foto mit ihm machen, während wir auf dem Weg zu seiner Extra 330SC sind. „Das ist das beste Kunstflugzeug, das ich je besessen habe“, sagt Goulian. Das glaube ich ihm sofort, als wir weiter ins Gespräch kommen und er dafür vor seinem „Schätzchen“ posiert. „Was für ein sympathischer Typ“, denke ich und stelle mir die Frage, ob ich da mitfliegen würde? Meine Antwort folgt prompt: „Na klar, auch mit Kotztüte in der Hand.“ Eineinhalb Stunden später schaue ich mir seine Flugshow an und bin begeistert! Unglaublich – gerade als Flugschülerin beeindruckt mich sein Können!

EAA AirVenture Oshkosh: Ein unglaubliches Erlebnis

Mein Fazit nach vier Tagen EAA AirVenture in Oshkosh: Es ist ein unvergessliches Erlebnis für mich gewesen! Mein erstes Mal in Oshkosh, mein erstes Mal so viele Luftfahrt-Enthusiasten und Flugzeuge an einem Ort und eine unglaubliche Atsmosphäre. Das Event ist super gut organisiert. Das liegt auch daran, dass jedes Jahr etwa 5500 Freiwillige mithelfen. Gerade als angehende Privatpilotin ist hier ganz viel Wissen abzugreifen, seltene Flugzeuge sind zu sehen und interessante Menschen mit spannenden Geschichten über ihre Maschinen leicht kennenzulernen. Gleichzeitig lassen sich viele Produkte von Herstellern wie Foreflight, Bose oder Garmin direkt austesten, offene Fragen werden von Experten beantwortet.

Seaplane BaseSeaplane Base
Ruhig und entspannt: Als Geheimtipp beim EAA AirVenture gilt die Seaplane Base, etwa zwölf Kilometer vom Airport entfernt. Das fliegermagazin-Team drehte hier am Lake Winnebago Videos.

Ich kann mir bei einem nächsten Besuch gut vorstellen, auf dem Gelände des Wittman Regional Airport zu zelten, um so noch dichter dran zu sein. Außerdem würde ich mir gern mehr Zeit für den Flying Market, einem Flohmarkt, sowie Workshops nehmen wollen. Dieses Mal konnte ich nur eine Runde drehen und erste Einblicke erhaschen. Es scheint mir fast unmöglich zu sein, beim ersten Mal Oshkosh alles zu erleben und zu sehen! Ein Tipp zum Schluss: Wer ein wenig Ruhe haben möchte, sollte unbedingt zur zwölf Kilometer entfernten Seaplane Base fahren. Hier gibt es besonders entspannte Menschen, sehenswerte Flugzeuge und viele Infos rund um das Thema Wasserflugzeuge und Flugboote. Wasserflug ist in Deutschland ja eher das Stiefkind der Fliegerei – hier sieht das ganz anders aus!

Fotos: Sebastian Thoma, Lucas Böckler

Über den Autor
Isabella Sauer

Isabella Sauer ist Jahrgang 1991, studierte in Bamberg Kommunikationswissenschaft und absolvierte anschließend ein Volontariat bei Auto Bild. Seit ihrer Jugend ist sie journalistisch tätig und arbeitete für große Verlagshäuser, darunter Axel Springer und die Funke Mediengruppe. Print, Digital, Social Media - für Isabella hat jeder Inhalt das Potenzial, vielfältig aufbereitet zu werden. Und wie kam sie zum fliegermagazin? Das Thema Mobilität interessierte sie immer schon sehr. Ob Auto, Bahn, Camper, Airliner oder Fahrrad: Die Welt lässt sich aus vielen Perspektiven entdecken. Nun geht es für Isabella Sauer in die Luft. Seit März 2023 ist sie PPL-Flugschülerin und freut sich schon darauf, sich in ein neues Fachgebiet einzuarbeiten.

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