Kurvenflug: Worauf muss ich achten?
Beim Fliegen geht es nicht immer nur geradeaus: Flugschülerin Isabella Sauer erklärt, was sie über die Drehung in drei Dimensionen gelernt hat.
Lange Zeit war ich als Flugschülerin intensiv mit dem Platzrunden-Training beschäftigt. Nun stehen die Ziellandungen aus 2000 Fuß über dem Flugplatz in Uetersen an, die Solos dazu fehlen aber noch. Bisher war das Wetter immer dann schlecht, wenn das Vorhaben anstand. Stattdessen haben mein Fluglehrer und ich ein bisschen Airwork gemacht, sind rausgeflogen in Richtung Elbe.
Dabei stellte ich fest, wie schwierig es sein kann, ganz »einfache« Kurven und Vollkreise zu fliegen, wenn man das lange nicht mehr gemacht hat. Doch worauf ist beim Kurvenflug überhaupt zu achten?
Der Kurvenflug hat drei wichtige Phasen
Wer eine saubere Kurve fliegen möchte, sollte die drei entscheidenden Phasen des Kurvenflugs kennen: Einleiten, stationärer Kurvenflug, Ausleiten. Um eine Kurve einzuleiten, müssen Seiten- und Querruder koordiniert in die gewünschte Richtung betätigt werden. Soll es also eine Rechtskurve werden, ist das rechte Seitenruderpedal gefragt, Steuerhorn oder -knüppel gehen nach rechts. Aber Vorsicht: Weniger ist mehr!
Zu viel Seitenruder sorgt dafür, dass die Querneigung nicht ausreicht, das Flugzeug schiebt sich nach außen. Ist die Querneigung hingegen zu groß, folgt das Schieben in Richtung des hängenden inneren Flügels. Buchautor und Pilot Winfried Kassera gibt einen Tipp: »Hat der Pilot das Gefühl, richtig zu sitzen, ohne nach innen zu hängen oder nach außen gedrückt zu werden, dann ist die Kurve richtig geflogen.«
Was ist der stationäre Kurvenflug?
Als nächstes muss der stationäre Kurvenflug hergestellt werden. Sobald das Flugzeug jetzt in der Querneigung ist, beginnt es, sich auch um die Hochachse zu drehen. Wenn die gewünschte Querneigung erreicht ist, werden Quer- und Seitenruder wieder in die Neutralstellung gebracht. Es folgen Korrekturen gegen das Schieben.
Wer Kurven fliegt, hat sicher schon beobachtet, dass das Flugzeug immer die Nase senken möchte. Das hat mit dem Auftriebsverlust auf Grund der Querneigung zu tun. Dem muss mit Ziehen des Höhenruders und ein bisschen mehr Leistung entgegengewirkt werden. Um Höhe und Fahrt konstant zu halten, sollte gleichzeitig mit Einleiten der Kurve Gas gegeben werden.
Konstante Höhe: Nase des Flugzeugs am Horizont entlang führen
Ganz schön viel auf einmal! Bei all dem sollte der Blick vor allem nach draußen gehen. Denn das Halten der Höhe ebenso wie die Beurteilung der Querneigung gelingt am besten, wenn man die Lage der Paneloberkante in Relation zum Horizont kontrolliert. Für eine konstante Höhe sollte man die Nase des Flugzeugs am Horizont entlang führen. Dabei gibt es nur ein Problem: Der Pilot sitzt in Flugzeugen ohne Tandemsitzanordnung nicht genau in der Flugzeuglängsachse, sondern links davon. In einer Linkskurve ist die Paneloberkante direkt vorm Piloten also meist unter der Horizontlinie, in einer Rechtskurve eher darüber. Und: In den Bergen gibt es voraus manchmal gar keinen Horizont zu sehen.
Beim Ausleiten einer Kurve ist darauf zu achten, das gezogene Höhenruder wieder nachzulassen. Auch das Gas muss zurück, da sich das Flugzeug sonst aufbäumt. Wer die Kurve beenden möchte, muss jetzt entgegengesetzt mit den Rudern agieren. Und das so lange, bis der Flieger wieder horizontal unterwegs ist.
Ausleiten der Kurve: Worauf muss ich achten?
Wichtig: Auch hier wieder an koordinierte Ruderausschläge denken. Es ist ratsam, eine Kurve einige Grad vor Erreichen des neuen Richtungspunktes auszuleiten. Warum? In der Zeit, wo die Querneigung verringert wird, dreht das Flugzeug meist noch weiter. Es gibt eine Faustformel, die sich jeder Privatpilot gut merken kann: Das Ausleiten der Kurve ist ein Drittel des Querneigungswerts vor dem gewünschten Kurs. Ein Beispiel: Linkskurve mit 45 Grad Querneigung, die auf Kurs West enden soll, bedeutet, dass das Ausleiten bereits bei 285 Grad beginnt.
Um die schiebefreie Fluglage zu prüfen, kann ein Instrument im Cockpit genutzt werden: die Libelle. Sie ist meist im Wendezeiger integriert. Wer den Schiebezustand seines Flugzeugs anhand der Libelle korrigieren will, kann das mit Quer- oder Seitenruder tun. Für letzteres gilt: Tritt auf die Kugel! Eine nach links ausgewanderte Kugel kann mit dem Seitenruder links wieder eingefangen werden.
Was ist eine Standardkurve?
Die Standardkurve wird eigentlich erst im IFR-Flug wirklich relevant. Gemeint ist eine Kurve mit einer Drehgeschwindigkeit von drei Grad pro Sekunde. Somit dauert ein Vollkreis zwei Minuten, eine 90-Grad-Drehung 30 Sekunden. Der Zeiger des Wendezeigers steht dabei auf der Marke. Wie stark man das Flugzeug neigen muss, hängt von der Geschwindigkeit (TAS) ab. Faustregel: Querneigung in Grad = 1/10 TAS (kt) + 7. Ein Beispiel: Wenn die TAS bei 130 Knoten liegt, muss die Querneigung etwa 20 Grad betragen.
Steiles Kurvenfliegen kann Spaß machen, ist aber nicht zu unterschätzen. Ein wichtiger Aspekt ist der Auftrieb, denn je steiler eine Kurve geflogen wird, umso weniger Auftrieb bleibt fürs Halten der Höhe. Durch die g-Belastung ist die Überziehgeschwindigkeit in Steilkurven höher. Das heißt: Die Strömung reißt im Kurvenflug bei einer höheren Speed als im Horizontalflug ab. Bei 45 Grad Querneigung sind es schon fast 20 Prozent mehr.
Ganz schön viel zu beachten beim Drehen in drei Dimensionen. Kein Wunder, dass man es immer wieder üben muss.
Isabella Sauer ist Jahrgang 1991, studierte in Bamberg Kommunikationswissenschaft und absolvierte anschließend ein Volontariat bei Auto Bild. Seit ihrer Jugend ist sie journalistisch tätig und arbeitete für große Verlagshäuser, darunter Axel Springer und die Funke Mediengruppe. Print, Digital, Social Media - für Isabella hat jeder Inhalt das Potenzial, vielfältig aufbereitet zu werden. Und wie kam sie zum fliegermagazin? Das Thema Mobilität interessierte sie immer schon sehr. Ob Auto, Bahn, Camper, Airliner oder Fahrrad: Die Welt lässt sich aus vielen Perspektiven entdecken. Nun geht es für Isabella Sauer in die Luft. Seit März 2023 ist sie PPL-Flugschülerin und freut sich schon darauf, sich in ein neues Fachgebiet einzuarbeiten.
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