Im Test: Seitenwindlandungen im Simulator üben
Am Flugplatz Hungriger Wolf in Itzehoe (EDHF) können Piloten Landungen bei Seitenwind trainieren. Flugschülerin Isabella hat das Xwind Training Center besucht.
Vergangenen Herbst war ich, Flugschülerin und Online-Chefredakteurin Isabella Sauer, mit meinem Kollegen Thomas Borchert auf Leserreise in Schottland. Als wir die Insel Islay anflogen, dachte ich mir: Ganz schön windig, 15 Knoten von der Seite. Gut, dass ich jetzt nicht landen muss. Ein ähnlich mulmiges Gefühl hatte ich kurze Zeit später, als ich mit meinem Fluglehrer an meinem Heimatflugplatz Uetersen (EDHE) Platzrunden flog und landen sollte. Wir hatten mehr als zwölf Knoten Seitenwind.
Irgendwie bin ich runtergekommen, aber was mir genau gesagt wurde und was ich genau gemacht habe, weiß ich nicht mehr. In meinem Kopf hat es sich also nicht eingebrannt, dabei wird es immer wieder die Situation geben, in der ich als Pilotin das Flugzeug bei Seitenwind sicher landen muss. Grund genug für mich, bei Anja Wolffson vorbeizuschauen und die Technik für Seitenwindlandungen auf dem Crosswind-Simulator Xwind200 zu üben.
Seitenwindlandungen am Flugplatz Itzehoe trainieren
2010 hat Wolffson den Simulator übernommen. Er ist sehr gefragt – kein Wunder, denn in ganz Europa gibt es kein vergleichbares Angebot. Privatpilotin und Unternehmerin Anja Wolffson erklärt mir das Konzept des Trainings: „Wir sind keine Flugschule, sondern eine Fortbildungseinrichtung für Piloten. Wir fangen mit 45 Minuten Theorieunterricht an, dann folgt das Üben im Simulator und auf Wunsch ein praktisches Training mit der hauseigenen Cessna 172.“
Ich bin gespannt und freue mich auf diesen Tag, besonders, als ich meinen Fluglehrer Jörg Kaminski kennenlerne. Er macht sofort einen sympathischen Eindruck und wir tauschen uns zunächst über unsere Flugerfahrungen aus. Sein fliegerischer Werdegang beeindruckt mich: 1999 hat Jörg in den USA seine PPL-Lizenz gemacht, wenig später IFR sowie CPL, Fluglehrer in Deutschland ist er seit 2014, vor fünf Jahren kam die Kunstflug-Lehrberechtigung hinzu. Insgesamt hat Jörg mehr als 2200 Flugstunden und über 4000 Starts und Landungen absolviert. Und das, obwohl Fliegen nur eine Nebenbeschäftigung ist.
Es wird mit dem Theorieunterricht begonnen
Wir starten mit dem Theorieunterricht und schauen uns einige Beispiele aus der Praxis an. Auf einem Video ist die berühmt gewordene Landung einer A320 im Sturm in Hamburg zu sehen, bei der eine Flächenspitze den Boden berührte. Schnell ist klar, dass mein „Lieblingsfach“ Aerodynamik beim Thema Seitenwindlandung von großer Wichtigkeit ist. Jörg greift zu einem Flugzeugmodell und erklärt mir noch einmal die Achsen und Ruder am Flugzeug. Ein Merkspruch, den ich noch häufiger am Tag hören werde: „Point your nose with your toes.“ „Du musst also die Nase mit den Füßen steuern“, sagt Jörg.
Mit dem Seitenruder wird die Nase des Flugzeugs ausgerichtet, das Querruder übernimmt die Kontrolle über die Flugrichtung. Der Theorieunterricht gefällt mir, und ich denke daran, dass ich sowas gern häufiger während meiner Ausbildung gehabt hätte. Ich mag die Klassenraum-Atmosphäre. Wir sprechen weiter über drei gängige Landetechniken bei Seitenwind: die Seitenwindlandung mit hängender Tragfläche (Sideslip), die Seitenwindlandung mit Vorhaltewinkel und die Kombination daraus. „Die Flugzeughersteller empfehlen immer eine bestimmte Technik für ihr Flugzeug“, ergänzt der Seitenwind-Experte. Dann wird mir das Seitenwinddiagramm gezeigt. Das Berechnen der Seitenwindkomponente führt zum „maximal erflogenen“ Wert des Flugzeugs im Handbuch.
Seitenwindlandungen-Training: Endlich geht es ans Fliegen
Nach einer knappen Stunde qualmt mir der Kopf, aber ich freue mich riesig auf den Simulator. Direkt neben dem Schulungsraum befindet sich eine kleine Halle samt Simulator. Auf einer Leinwand wird die imaginäre Landebahn projiziert, ich nehme im cockpitähnlichen Gestell Platz. Ich mache mich mit meinem „Flugzeug“ vertraut. Ich habe wie sonst auch ein Steuerhorn für Höhen- und Querruder sowie Pedale für die Füße, die natürlich das Seitenruder betätigen. Instrumente gibt es nicht, sie sind aber hier auch nicht notwendig.
Fluglehrer Jörg stellt sich hinter mich und das Bedienpanel. Er erklärt mir, dass sich der Simulator je nach Querruderausschlag wie ein echtes Flugzeug in Schräglage neigt. Und mittels Elektromotor flitzt der Sim sekundenschnell um bis zu zwei Meter zu jeder Seite, wenn ich nicht schnell genug mit Steuereingaben reagiere. Ich teste also die Bedienung der Ruder, und vom Kopf her fühlt es sich tatsächlich so an, als würde ich ein Flugzeug bei Seitenwind landen. Mist, ich drifte ein paar Mal von der Mitte der Landebahn ab. Der koordinierte Einsatz von Quer- und Seitenruder ist gefragt. Ich merke schnell, wie gefühlvoll ich doch sein muss. Jörg gibt mir einen Tipp: „Denke an Deinen Vorhaltewinkel, wie würdest Du es im richtigen Flugzeug machen?“ Ich fliege im Vorhaltewinkel an, dem „Crab“, dann wechsle ich kurz vor dem Aufsetzen in den Slip mit hängender Fläche. Das Spiel mit den Rudern kommt der Realität sehr nahe! Um das Gelernte direkt in die Praxis bei echtem Seitenwind umzusetzen, können Teilnehmer eine Flugstunde in einer Cessna 172 mit Fluglehrer buchen. Das mache auch ich, denn das Wetter dafür passt!
Isabella Sauer ist Jahrgang 1991, studierte in Bamberg Kommunikationswissenschaft und absolvierte anschließend ein Volontariat bei Auto Bild. Seit ihrer Jugend ist sie journalistisch tätig und arbeitete für große Verlagshäuser, darunter Axel Springer und die Funke Mediengruppe. Print, Digital, Social Media - für Isabella hat jeder Inhalt das Potenzial, vielfältig aufbereitet zu werden. Und wie kam sie zum fliegermagazin? Das Thema Mobilität interessierte sie immer schon sehr. Ob Auto, Bahn, Camper, Airliner oder Fahrrad: Die Welt lässt sich aus vielen Perspektiven entdecken. Nun geht es für Isabella Sauer in die Luft. Seit März 2023 ist sie PPL-Flugschülerin und freut sich schon darauf, sich in ein neues Fachgebiet einzuarbeiten.
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