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Adrenalin pur! Unvergessen: Mein erster Soloflug

Ohne Vorahnung drehe ich meine ersten Platzrunden des Tages mit Fluglehrer Dennis. Einige Minuten später sitze ich dann alleine in der Cessna 152 – ist das wirklich wahr?

Von Isabella Sauer
Flugschülerin und Online-Chefredakteurin Isabella ist glücklich, als sie ihren ersten Soloflug meistert und zum ersten Mal allein landet.
Flugschülerin und Online-Chefredakteurin Isabella ist glücklich, als sie ihren ersten Soloflug meistert und zum ersten Mal allein landet.

Lange habe ich darauf hingefiebert und dann kam der Moment überraschender und schneller als gedacht: Mein erster Soloflug in der „ELOT“. Gleich vorweg, diesen Tag in meinem Leben werde ich nie vergessen! Doch wie kam es dazu? Hatte ich eine Vorahnung?

Ehrlich gesagt hatte ich – wetterbedingt – eine fliegerische Pause von zwei Wochen. Am Sonntagabend schaute ich mir dann das Wetter für Montag, 13. November, an und dachte mir: „Puh, ob ich morgen fliegen gehen kann?“ Ich schlief die Nacht ziemlich unruhig, war mehrmals wach und hätte gegen 4.30 Uhr aufstehen können. Tat ich aber nicht, stattdessen drehte ich mich wieder um und kam dann morgens nicht mehr aus dem Bett. Die Folge: Ich musste mich ziemlich abhetzen, als es nach kurzer Rücksprache mit meinem Fluglehrer Dennis von der Flugschule Hamburg hieß, dass wir uns am Flugplatz treffen. Dennis sagte: „So wie es aussieht, können wir heute fliegen. Wie es am Platz aussieht, weiß ich aber nicht. Möglicherweise noch ein bisschen Nebel. Ein Restrisiko bleibt.“

Vor der Flugstunde: Briefings und Platzrunde gedanklich durchgehen

Gut gestimmt steige ich also ins Auto, schalte zuerst Musik ein und dann denke ich mir: „Ne, du musst jetzt nochmal alle Briefings durchgehen, und die Funksprüche sowie die Abläufe in der Platzrunde.“ Gesagt, getan. Zur Hilfe nehme ich mir meine fünfte Youtube-Episode von „Isabella lernt fliegen“, in der eine ganze Flugstunde von mir und meinem damaligen Fluglehrer Thies gezeigt wird. Ich stelle fest, dass sich die Youtube-Folgen auch gut als Podcast anhören lassen.

Am Flugplatz Uetersen/Heist (EDHE) treffe ich meinen Kollegen Lucas, der seit Beginn des Projekts mein stetiger Begleiter ist. Unser heutiger Plan ist es, eine weitere Flugstunde zu filmen. Schließlich ist die besagte Youtube-Folge ein voller Erfolg und die Zuschauer hatten sich mehr davon gewünscht. Während Lucas die 360-Grad-Kamera an meiner „ELOT“, also der Cessna 152 mit der Kennung D-ELOT, anbringt, sowie zwei GoPros im Cockpit montiert, kümmere ich mich um die Vorflugkontrolle. Punkt für Punkt arbeitete ich die Checklisten ab. Ich werde ehrlich gesagt ziemlich nass dabei, da die Cessna 152 während eines heftigen Regenschauers draußen gestanden haben muss. Egal! Positiv ist hingegen, dass es am Flugplatz keinen Nebel mehr gibt. Wir können also in schönstem, ruhigen Herbstwetter fliegen!

Heute ist die Piste 09 aktiv – nicht gerade meine Lieblingsbahn

Gut gelaunt kommt mein Fluglehrer Dennis ein wenig später dazu und sagt mir, dass heute theoretisch ein zweiter Fluglehrer zur Verfügung stehen würde. Falls ich verstünde, was er meint. In mir zieht es sich zusammen, doch ich lasse mir nichts anmerken. Zu diesem Zeitpunkt glaube ich noch nicht daran, dass ich heute meinen ersten Soloflug haben werde. Wir steigen ein, die Kameras laufen, ich führe Cockpit-Check, Anlass-Liste und die Nach-Anlassen-Liste wie gewohnt durch. Dann melde ich mich bei Uetersen Radio an und rolle in Richtung „09“. Die liegt mir ehrlich gesagt nicht ganz so gut, beziehungsweise ich bin sie bisher noch nicht so oft geflogen wie die „27“. Das geht vielen Flugschülern in Uetersen so, hatte mir Dennis einst gesagt.

Wir sind in der Luft und ich fliege die erste Platzrunde nach zwei Wochen Pause und in für mich ungewohnter Richtung. Hinzu kommt, dass der Herbst die Landschaft so schön einfärbt, aber von oben auch so ganz anders aussehen lässt. Ich versuche, meine markanten Punkte der Platzrunde wiederzufinden: links die beiden kleinen Seen, auf Höhe des Krans in die Rechtskurve zum Gegenanflug, funken, weiter in Richtung Elbe auf die Gärtnerei zu. Platzrundenhöhe von 750 Fuß halten. Dann Geschwindigkeit prüfen, Vergaservorwärmung setzen, Klappen auf 10 Grad. Langsam sinken, in den Queranflug gehen auf Höhe des Schießstandes, funken, Klappen 20 Grad. Dann geht es in den Endanflug und die erste Landung gelingt mir ganz gut. Ein wenig zu weit links, aber das ist nicht so schlimm.

Wir üben Notverfahren und landen ohne Klappen

Es folgen weitere sieben Platzrunden. Wir üben Notverfahren und das Landen ohne Klappen. Ich finde mich heute ganz okay, bin aber auch sehr selbstkritisch. Dennis sitzt neben mir, gibt ein paar Verbesserungsvorschläge. Ich erwische mich dann doch kurz beim Gedanken, ob ich heute meinen Soloflug haben werde? Dann rollen wir auch schon von der Landebahn. Dennis schaut mich an und fragt: „Möchtest Du für heute aufhören, oder soll ich Marcel Bescheid geben, dass er auch nochmal Platzrunden mit dir fliegt?“ Kurze Stille. Dann sage ich: „Du kannst Marcel gern dazu holen. Er muss mich ja auch noch beurteilen, und dann schauen wir mal weiter.“

Wenige Minuten später sitzt Marcel neben mir. Es ist ewig her, dass ich mit ihm geflogen bin. Ich hatte meine ersten fünf Flugstunden mit ihm und wir haben uns immer sehr gut verstanden. Am liebsten würde ich ihn fragen, wie es ihm geht und ein wenig plaudern. Das lasse ich aber und konzentriere mich auf die nächsten Platzrunden. Marcel erklärt mir, dass er vermutlich wenig sagen wird. Ich solle so tun, als sei er gar nicht da. Ich fliege wieder drei Platzrunden und er gibt mir noch ein paar Tipps: „Schau, dass Du die Platzrunde ein wenig weiter fliegst. So verschaffst Du Dir auch mehr Zeit.“

Fluglehrer Marcel fragt, ob ich solo fliegen möchte?

Plötzlich stehen wir schon wieder abseits der Landebahn und Marcel fragt mich: „Ich würde jetzt aussteigen und hoch zum Turm gehen, wenn du solo fliegen möchtest. Von mir aus kann es losgehen.“ Ich denke: „Hat er mich das wirklich gefragt? Mache ich es?“ Puh! Mein entscheidender Gedanke: „Los Isa, Du machst das jetzt. Wie blöd ist es denn, wenn Du es jetzt nicht machst und das nächste mal zum Flugplatz fährst mit dem Wissen, dass Du heute deinen Soloflug hast.“ Dann könnte ich sicher nicht schlafen und wäre mega aufgeregt. So zieht sich gerade auch alles in mir zusammen und ich hab plötzlich das Gefühl, dass ich nochmal auf Toilette muss. Einen Gang zum stillen Örtchen verkneife ich mir aber und sage: „Ja, ich möchte jetzt alleine fliegen.“ Marcel wünscht mir viel Erfolg und viel Spaß!

„Oh Gott, jetzt geht es los!“ – viele Gedanken sind in meinem Kopf. Ich versuche, ruhig zu bleiben, und fange an, mit mir selbst zu reden. Ich rolle zur Startbahn, halte an, mache noch einmal den Take-off-Check. Es kribbelt in mir. Dann ertönt Marcels Stimme über Funk, und ich gebe durch „Delta-Echo-Lima-Oskar-Tango rollt zur Piste 09 zum Start“. Ich komme mir ruhiger vor als zunächst erwartet, bin hoch konzentriert, auf den Moment fokussiert. Als ich in der Mitte der Bahn stehe, prüfe ich noch einmal den Kurskreisel und den Anflugsektor, dann schiebe ich das Gas rein. „Rotieren bei 55 Knoten“, sage ich mir laut vor. Ich prüfe die Motorinstrumente – sie sind grün. Und dann bin ich plötzlich in der Luft und muss ganz breit grinsen. Gleichzeitig werfe ich einen Blick auf die rechte Seite. Da sitzt keiner! Ich bin alleine in der Luft! Wahnsinn, ich könnte schreien vor Glück!

Soloflug: Bei meiner ersten Platzrunde spreche ich mir alles laut vor

Kurze Notiz am Rande: Während ich diesen Text schreibe, fühle ich diesen Moment noch einmal richtig mit. Ich habe ein wenig Bauchgrummeln, muss schmunzeln. Fliegen ist so wunderbar!

Während meiner ersten Platzrunde gehe ich alles wie sonst auch durch. Ich spreche mir alles mit ruhiger Stimme laut vor und finde, dass ich das richtig gut mache. Meine Angst, plötzlich alles zu vergessen, ist verschwunden. Ich merke, dass ich mir sicher bin und halte auch immer schön meine Augen offen. Aufmerksam sein und sich selbst das Alleinfliegen zutrauen! Schließlich lande ich zum ersten Mal und freue mir einen Ast, als alles wie erhofft klappt. Irgendwie kommen mir meine Landungen viel besser als mit Fluglehrer vor. Ob das stimmt? Keine Ahnung! Ich lobe mich selbst und hebe zur zweiten Platzrunde ab. Die Zeit vergeht sprichwörtlich wie im Fluge.

Geschafft! Flugschülerin Isabella hat ihren ersten Soloflug hinter sich und strahlt übers ganze Gesicht. Im Hintergrund ist ihr Schulflugzeug zu sehen.

Nach meiner dritten Landung frage ich mich, wie viele Platzrunden ich eigentlich fliegen darf oder soll? Ich entscheide mich, von der Bahn zu rollen und führe die After-Landing-Checkliste durch. Per Funk sagt mir Marcel, dass ich ich zur Tankstelle rollen soll. Vom Tower heißt es: „Herzlichen Glückwunsch zum ersten Soloflug!“

Unglaublich, ich habe meinen ersten Soloflug absolviert!

Ich rolle zur Tankstelle, wo Kameramann Lucas und meine beiden Fluglehrer Dennis und Marcel auf mich warten. Ich stelle meine „ELOT“ ab und merke, wie ich plötzlich anfange zu zittern. Mir fällt ein großer Stein vom Herzen. UNGLAUBLICH! Ich hab Herzrasen, bin völlig durch den Wind, kann mich kaum abschnallen. Als ich die Tür öffne, habe ich den Flugzeugschlüssel noch in der Hand und will ihn fast in meine Hosentasche stecken. Nichts da, die „ELOT“ gehört mir nicht!

Unglaublicher Moment: Fluglehrer Dennis (links) und Fluglehrer Marcel (rechts) gratulieren zum erfolgreichen Soloflug.

Meine beiden Fluglehrer gratulieren mir, ich muss sie beide einmal fest umarmen und bedanke mich für die Unterstützung. „Boah, das war genial! Ich kann es nicht glauben, ich bin gerade ganz allein geflogen“, sage ich, und strahle wie ein Honigkuchenpferd! Und noch dazu haben wir meinen Alleinflug gefilmt – wie geil ist das denn? Noch vor wenigen Wochen hatte ich mir die Frage gestellt, ob ich meinen Soloflug filmen soll oder nicht. Auch Sie, liebe Leser, waren geteilter Meinung. Nun hatte mein Schicksal für mich entschieden. Schließlich hatte ich am Morgen noch nicht gewusst, dass dieser Tag einer der schönsten in meinem Leben werden würde!

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Über den Autor
Isabella Sauer

Isabella Sauer ist Jahrgang 1991, studierte in Bamberg Kommunikationswissenschaft und absolvierte anschließend ein Volontariat bei Auto Bild. Seit ihrer Jugend ist sie journalistisch tätig und arbeitete für große Verlagshäuser, darunter Axel Springer und die Funke Mediengruppe. Print, Digital, Social Media - für Isabella hat jeder Inhalt das Potenzial, vielfältig aufbereitet zu werden. Und wie kam sie zum fliegermagazin? Das Thema Mobilität interessierte sie immer schon sehr. Ob Auto, Bahn, Camper, Airliner oder Fahrrad: Die Welt lässt sich aus vielen Perspektiven entdecken. Nun geht es für Isabella Sauer in die Luft. Seit März 2023 ist sie PPL-Flugschülerin und freut sich schon darauf, sich in ein neues Fachgebiet einzuarbeiten.

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