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Unser Anflug zum EAA AirVenture 2024 mit »Wing Rock«

Das Mega-Fly-in von Oshkosh, Wisconsin, bietet eine unglaubliche Vielfalt von Eindrücken. Besonders der An- und Abflug ist einmalig!

Von Thomas Borchert
Anflug auf das EAA AirVenture in Oshkosh 2024.
Anflug auf das EAA AirVenture in Oshkosh 2024. Bild: Isabella Sauer

Das Angebot kam ein paar Tage vor der Abreise in die USA: Cirrus Aircraft fragte, ob wir Interesse hätten, mit einer brandneuen Cirrus SR22T der Generation 7 (G7) das Anflugverfahren in Oshkosh zu fliegen. Wir mussten nicht eine Sekunde überlegen!

Montagmorgen, der erste Tag des AirVenture. Wir treffen uns im offiziellen Terminalgebäude des Flugplatzes Oshkosh. Ivy McIver ist als Senior Director, SR Product Line, für die Kolbenmotor-Einmots von Cirrus verantwortlich. Sie wird uns in der N721PJ mitnehmen. Vorne links sitzt Online-Chefredakteurin und Flugschülerin Isabella Sauer, hinten Chefredakteur Thomas Borchert. Natürlich filmen wir das Ganze.

EAA AirVenture 2024: 32 Seiten NOTAM für den An- und Abflug

32 Seiten hat das NOTAM, mit dem die US-Luftfahrtbehörde FAA An- und Abflugverfahren während des EAA AirVenture festlegt. Ivy geht es mit uns Seite für Seite durch. Schnell wird klar: Mit den deutschen Behörden wird es so etwas bei der AERO in Friedrichshafen nie geben. 

Das Abflugverfahren ist schnell erklärt, denn praktischerweise steht unsere Maschine dicht an der »27«, die heute in Betrieb ist: Wir legen ein Schild mit der Aufschrift »VFR« in die Frontscheibe, das jeder, an dem wir vorbeirollen, gut lesen kann. Dann hören wir die ATIS ab und rollen einfach los Richtung Runway. Rechts im Gras steht eine erhöhte Plattform mit zwei Lotsen drauf, bestens erkennbar an ihren knallrosafarbenen Poloshirts, die sie mit großem Stolz tragen. 

Flugschülerin Isabella übernimmt kurz das Steuer der Cirrus

»1PJ, sind Sie ein Abflug?«, kommt von dort die Frage. Wir bejahen, warten auf eine Fünfergruppe direkt vor uns landender Oldtimer, dann kommt die Startfreigabe. Jetzt bloß, wie im NOTAM vorgegeben, unterhalb 1300 Fuß bleiben, denn über uns reißt der Strom ankommender Maschinen in 1800 Fuß nicht ab. 

Erstmal fliegen wir 30 Meilen nach Nordwesten, da haben wir Ruhe und Isabella kann am Steuer ein Gefühl für die Cirrus entwickeln. Dennoch wird Ivy später den Anflug und die Landung steuern – bei so einer Veranstaltung soll nun wirklich nichts schief gehen.

20 Flugzeuge gleichzeitig im Anflug auf das EAA AirVenture 2024

Ok, es geht los: Wir hören die ATIS ab. Am Green Lake soll man sich ins Anflugverfahren einsortieren. In 1800 Fuß muss man 90 Knoten fliegen (langsamere Flugzeuge tun, was sie können). Schnellere Maschinen sollen in 2300 Fuß mit 135 unterwegs sein. Dort ist es ruhiger, also tun wir das. Auf dem Display der Cirrus G7 sind die anfliegenden Maschinen gut zu sehen – ADS-B ist in den USA Standard. Bestimmt 20 Flugzeuge sind gleichzeitig im Anflug! Ivy hat die VFR-Meldepunkte des Verfahrens in die Touchscreen-Avionik der G7 programmiert, sie sind alle in der Datenbank. 

Farbenpracht: Die Frecce Tricolori aus Italien fliegen tolle Formationen mit elf Jets. Ihr Markenzeichen ist die Rauchfahne in den Nationalfarben.Farbenpracht: Die Frecce Tricolori aus Italien fliegen tolle Formationen mit elf Jets. Ihr Markenzeichen ist die Rauchfahne in den Nationalfarben.
Farbenpracht: Die Frecce Tricolori aus Italien fliegen tolle Formationen mit elf Jets. Ihr Markenzeichen ist die Rauchfahne in den Nationalfarben. Foto: Sebastian Thoma Bild: Sebastian Thoma

Via Green Lake geht es für alle Flugzeuge erstmal zum Ort Ripon südwestlich von Oshkosh. Dort beginnt eine gut zu erkennende Eisenbahnlinie, die zum Örtchen Fisk führt. Während man der folgt, sollte man sich mit einer halbe Meile Abstand sortieren. Nicht einfach, wenn wirklich eine sehr langsame Maschine mit im Mix ist. Aber wir sortieren uns ein.

Richtung Ripon: Hier kommen die Flugzeuge her

In Fisk sitzt das Begrüßungskomitee – das hatten wir uns am Vortag angesehen. Vor einem Wohnmobil sitzen mindestens drei Fluglotsen im Team. Alle tragen stolz das pinkfarbene T-Shirt der Oshkosh-Lotsen. Aus den gesamten USA bewerben sich Controller darum, bei diesen ungewöhnlichen Verfahren mitmachen zu dürfen. Wochenenddienst? Völlig egal. Es ist eine Ehre, zehn Tage lang den Verkehr im meistbeflogenen Luftraum der Welt zu lenken. 

Einer der Lotsen späht mit dem Fernglas Richtung Ripon, wo die Flugzeuge herkommen. »Da kommt eine blauweiße Cirrus«, sagt er. Der Kollege neben ihm drückt die Sprechtaste: »Blauweiße Cirrus eine halbe Meile vor Fisk, wackeln Sie mit den Flügeln.« Das sind wir! Ivys »Wing Rock« ist energisch, der wird da unten nicht zu übersehen sein. Wir selbst sagen im Funk kein Wort – wenn das hier jede Maschine täte, wäre die Frequenz sofort überlastet. Nur der Lotse redet: »Tolles Flügelwackeln, willkommen in Oshkosh! Drehen Sie nach rechts in den Queranflug zur 36L und hören Sie die Towerfrequenz ab. Have a great show!«

Reihenweise stehen Flugzeuge rund um die Pisten verteilt

Ivy dreht ein. Die Maschine vor uns wurde geradeaus zum blauen Wasserturm geschickt, die wird auf der »27« landen. Von der anderen Seite des Flugplatzes kommen über den nahen Lake Winnebago nun auch noch Warbirds und Jets mit ihrem eigenen Anflugverfahren dazu. Manche landen auf der »36R«, die sonst ein Rollweg ist.  

Vor uns kommt der Flugplatz in Sicht. Meine Güte! Reihenweise stehen tausende von Flugzeugen rund um die Pisten verteilt. Ein irrer Anblick! Vom Tower kommt »blauweiße Cirrus, frei zur Landung 36L, gelber Punkt«. Das heißt: Hinter uns könnte noch jemand an der Schwelle der »36L« landen – oder auf dem lilafarbenen Punkt. Erst danach kommt der gelbe, jeweils mit 1500 Fuß Abstand. 

Ivy setzt natürlich genau auf dem gelben Punkt auf. Wir rollen an der gesamten, riesigen Show vorbei. Man kann und soll direkt aufs Gras abrollen, aber ein Taxiway passt genau. Da steht schon ein Einweiser und schaut auf das Schild, das wir nun ausgelegt haben: »FBO«, das Kürzel steht fürs Terminalgebäude. Prompt weist er uns die Richtung an. Dann kommt der nächste. Als ein Moment Zeit ist, hebt Ivy die Faust zum »fist bump« mit Isabella. »Na, wie war’s?« fragt Ivy. Und Isabella ist erstmal sprachlos.

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Über den Autor
Thomas Borchert

Thomas Borchert begann 1983 in Uetersen mit dem Segelfliegen. Es folgte eine Motorsegler-Lizenz und schließlich die PPL in den USA, die dann in Deutschland umgeschrieben wurde. 2006 kam die Instrumentenflugberechtigung hinzu. Der 1962 geborene Diplom-Physiker kam Anfang 2009 vom stern zum fliegermagazin. Er fliegt derzeit vor allem Chartermaschinen vom Typ Cirrus SR22T, am liebsten auf längeren Reisen und gerne auch in den USA.

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