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Ultraleichte Drehflügler: Überraschende Innovationen
Trotz schwacher Absatzzahlen gibt es immer wieder aufsehenerregende Neuerungen bei ultraleichten Drehflüglern.
Immer wieder überrascht die Innovationskraft bei ultraleichten Drehflüglern – obwohl die Verkaufszahlen bei UL-Helis und Tragschraubern alles andere als beeindruckend sind. Hier eine Übersicht der Neuerungen auf der AERO 2023:
Der italienische Hubschrauberhersteller Konner zeigte seine gesamte Modellpalette, die alle von der im eigenen Haus entwickelten und bis zu 350 PS starken Turbine TK-250 angetrieben werden. Freude herrschte bei Konner über die in den nächsten Tagen eintreffende Musterzulassung des zweisitzigen »K1« in der 600-Kilogramm–Klasse, der damit der erste in Deutschland zugelassene UL-Turbinenhubschrauber ist.
Er kann 240 Kilogramm zuladen und hat eine Reisegeschwindigkeit von 210 km/h. Der Preis wird bei ca. 400.000 Euro liegen. Weiterhin wurde auch die viersitzige Version »K2« ausgestellt.
UL-Heli Cicaré aus Argentinien
Freude herrschte auch bei Jan Meewes, dem europäischen Vertriebspartner des argentinischen Herstellers Cicaré Helicópteros über die abgeschlossene Musterzulassung des doppelsitzigen Zweiblatthubschraubers CH-8. Er wiegt leer 295 Kilogramm und kann 230 Kilogramm zuladen. Als Antrieb dient der 135 PS starke EPA-91-Ti von EPA Power Motor mit elektronischer Kennfeldeinspritzung. Die Endmontage des Hubschraubers erfolgt am Flugplatz Mainz-Finthen und dauert etwa zwei Wochen – Lieferzeit sechs Wochen. In Vollausstattung wird der Hubschrauber 240.000 Euro kosten.
Hungarocopter – gefälliger Zweisitzer
Johannes Ernst ist der europäische Vertreter des ungarischen Hubschrauberherstellers Hungarocopter. Seine Firma „UL-Helicharter und Service“ in Süddeutschland ist federführend an der Musterzulassung des gefälligen Zweisitzers HC-02 beteiligt. Nach Veränderungen am Kühlsystem des Rotax 915iS und am Heckstabilisator, sowie nach der Integration diverser Sicherheitsfeatures wiegt der Zweiblatthubschrauber nun leer 325 Kilogramm und kann 275 Kilogramm zuladen. Die deutsche Musterzulassung ist beantragt.
Die Firma Dynali Helicopter Company aus Belgien stellte zwei ihrer zweisitzigen UL-Hubschrauber H3-135/530 aus. Sie können jeweils 312 Kilogramm zuladen und sind 165 km/h schnell. Über 170 Stück sind bereits verkauft worden. Bei der geschlossenen Version gibt es keine Türen, sondern die gesamte Kabine klappt nach vorne auf. Bei der Version »open air« sitzt man fast komplett im Freien und wird nur durch eine vergrößerte Windschutzscheibe geschützt. Als Serienmotorisierung dient der Rotax 912 ULS.
Der italienische Hersteller Heli-Sport Srl stellte die Weiterentwicklung seines Tandemsitzer vor: den CH-77 Ranabot, bei dem man nebeneinander sitzt und deutlich mehr Platz im Inneren hat. Der 282 Kilogramm schwere Hubschrauber kann 268 Kilogramm zuladen und ist mit einem 130 PS starken Epa Power SA-R917-Ti motorisiert. Eine deutsche Vertretung und Musterzulassung ist derzeit nicht geplant.
Neues bei den ultraleichten Tragschraubern
In Polen ist das Unternehmen ARGO.aero beheimatet, das erfolgreich Hubschrauber und Tragschrauber entwickelt. Die beiden ausgestellten side-by-side Tragschrauber „Argon GTL“ fielen nicht nur durch ihre Stummelflügel auf, sondern auch durch die hohe Verarbeitungsqualität und luxuriöse Ausstattung. Ein Alleinstellungsmerkmal ist aber das konkurrenzlose Raumangebot im Inneren. Trotz seiner Größe wiegt der GTL leer weniger als 325 Kilogramm und kann demnach bis zu 275 Kilogramm zuladen. Angetrieben wird er durch einen Rotax 915 iS. Die deutsche Musterzulassung ist bereits beantragt.
»Business Class Gyro« nennt die spanische Firma ELA Aviacón ihre ausgestellten »ELA 10 Eclipse EVO«. Die luxuriös ausgestatteten Tandemsitzer sind mit 560 Kilogramm MTOM zugelassen und mit Rotax 915 iS motorisiert. Während der Messe wurde mittels eines kurzen Videos ein Geheimnis gelüftet, an dem bei ELA derzeit gearbeitet wird: der »jump take-off«. Dabei ermöglicht eine sehr hohe Vorrotationsdrehzahl das senkrechte Abheben und eine Startbahn wird überflüssig.
Der italienische Traditionshersteller Magni Gyro präsentierte sein jüngstes Produkt, den geschlossenen Tandemsitzer M26, für den im nächsten Jahr die deutsche Musterzulassung beantragt werden soll. Desweiteren wurde der beliebte side-by-side M24“ mit Rotax 915 iS ausgestellt und der offene Tandemsitzer M16, der am längsten auf dem Markt ist.
Side-by-side-Tragschrauber von Niki
Aus Bulgarien kommt Niki Aviation, die ihren bereits 2019 zugelassenen »Kallithea« ausgestellt haben. Diesen geschlossenen Tandemsitzer gibt es jetzt auch mit dem Rotax 915 iS und einem MTOM von 600 Kilogramm. Als Event wurde die Vorstellung des neuen »Cruisers« (Foto) zelebriert. Das ist ein geschlossener Side-by-side-Tragschrauber mit äußerst schickem Design und viel Innovation im Inneren. Auffallend das Doppelsteuer, dessen Form man aus Hubschraubern von Robinson kennt. Eine Besonderheit ist, dass außer bei Antriebseinheit und Rotormast nur noch Verbundwerkstoff verbaut ist. Man rechnet mit einer deutschen Zulassung im nächsten Jahr. Der Verkaufspreis soll bei 160 000 Euro liegen.
In Süddeutschland sitzt das Unternehmen Tensor.aero, das den Tensor 600X präsentierte, den wohl auffälligsten Tragschrauber auf dieser Messe. Die Blickfänger: gepfeilte Tragflächen an der schlanken Zelle eines geschlossenen Tandemsitzers, ein Schubpropeller, der im Heckausleger integriert und mit dem gewaltigen Leitwerk verbunden ist. Laut Hersteller kann das Gerät 230 Kilogramm zuladen und ist mit dem Rotax 915 iS 200 Stundenkilometer schnell. Der Tensor 600X fliegt derzeit noch mit VVZ.
Mit ausgestellt wurde auch ein Tragschrauber-Simulator, der als Sichtsystem eine hochauflösende VR-Brille nutzt. Dieses Gerät wurde bisher schon in der Entwicklung und zukünftig auch in der Ausbildung eingesetzt.
Der Trikehersteller JOKERTRIKE hat in der Slowakei eine Abteilung eingerichtet, die den geschlossenen side-by-side Tragschrauber „Nisus“ entwickelt. Eines der beiden zur Zeit existierenden Geräte wurde ausgestellt. Ungewöhnlich sind die weit nach vorne aufklappende Kanzel und das futuristisch-kantige Design. Im Unternehmen herrscht derzeit noch Unklarheit, ob die deutsche Zulassung angestrebt werden soll.
Der Trikehersteller Jokertrike hat in der Slowakei eine Abteilung eingerichtet, die den geschlossenen Side-by-side-Tragschrauber Nisus entwickelt. Eines der beiden zur Zeit existierenden Geräte wurde am Bodensee ausgestellt. Ungewöhnlich sind die weit nach vorne aufklappende Kanzel und das futuristisch-kantige Design. Im Unternehmen herrscht allerdings derzeit noch Unklarheit, ob die deutsche UL-Zulassung angestrebt werden soll. Andere Märkte sind derzeit für Tragschrauber empfänglicher.
Ganz neu im Tragschraubersegment ist das Schweizer Unternehmen Gyron.aero AG. Deren Side-by-side-Tragschrauber Gyron präsentierte sich auf der Messe mit Besonderheiten wie Schiebetüren, elektrischer Vorrotation, Tundrabereifung und dem 180 PS starken Sechszylinder UL520i von ULPower Aero Engines. In wie weit sich die konzeptionellen Vorstellungen des Unternehmens hinsichtlich optionaler Zuladungen mit den geltenden Bauvorschriften in Einklang bringen lassen, wird die Zukunft zeigen.
Auch der deutsche Tragschrauberhersteller AutoGyro beklagt das geringe Produktinteresse im privaten Sektor und konzentriert sich deshalb auf kommerzielle Kunden im Ausland. Dort sind Geräte wie der ausgestellte offene Tandemsitzer MTO2017 mit Floats als MTOamphib oder MTOnautic zulassungsfähig. Gleiches gilt für das Flaggschiff des Unternehmens, den Cavalon, der außerhalb Deutschlands auch mit Dreiachs-Autopilot geflogen werden darf und je nach Ausstattung jenseits der 200.000 Euro liegt.
Obwohl seit über zehn Jahren marketingseitig sehr aktiv, stellte der niederländische Hersteller PAL-V erstmals auf der AERO sein Flugauto „Liberty“ vor. Auf der Straße dient ein 100 PS starker Motor als Antrieb, im Flugbetrieb schaltet sich ein zweiter dazu. Bei einem Leergewicht von 664 Kilogramm und einer Zuladung von 246 Kilogramm unterliegt dieses Gerät rechtlich nicht mehr den nationalen, sondern den neuen europäischen Regularien von EASA Part 21. Das zweisitzige Flugauto kann in der Version „Sport“ für 299.000 Euro oder als „Pioneer“ für 499.000 Euro bestellt werden. Im Rahmen einer Musterzulassung ist es allerdings noch nie geflogen.
Toni Ganzmann hat europäische und amerikanische Fluglizenzen für Hubschrauber, Motorflugzeuge und Luftsportgeräte und ist als SPL- und PPL-Fluglehrer (FI) und PPL-Flugprüfer (FE) tätig. Professionelle Flugerfahrung erwarb er bei den Heeresfliegern der deutschen Bundeswehr und beim Offshore-Service in den USA. Für das fliegermagazin ist er als freier Autor tätig.
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