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Turbulence Solutions kurz vor der Zulassung

Das System, das mittels einer modifizierten Landeklappe und eines Sensors Turbulenzen neutralisieren kann, steht kurz vor der Zulassung.

Von Alexander Busch
Auf den ersten Blick fallen kaum Veränderungen an der Shark auf, wäre da nicht dieser Carbonstab unter der Tragfläche... Bild: Pit

Es könnte ein Gamechanger in der Luftfahrt werden: Turbulence Solutions aus Österreich will das unangenehme Gewackel von Flugzeugen durch Turbulenzen beenden. Wer kennt es nicht: Man plant einen Flug mit Passagieren, aber der thermisch aktive Tag verheißt einen eher unruhigen Flug – für ungeübte Mitflieger nicht unbedingt sehr angenehm. Wie wäre es da, wenn man einen Schalter auf dem Instrumentenbrett hätte, mit dem sich die Turbulenzen einfach „abstellen“ oder zumindest stark mindern ließen?

Was eher nach Science Fiction klingt, wurde von der Österreichischen Firma Turbulence Solutions genau so entwickelt und könnte bereits bald zertifiziert werden. Aber von vorne.

Turbulence Solutions: Wer steckt dahinter?

Im Jahr 2017 forscht eine Gruppe an Studenten um ihren Professor an der Technischen Universität Wien zum Thema Turbulenzen. Daraus entsteht die Idee, das gewonnene Wissen zu nutzen und eine Technologie zu entwickeln, die es ermöglicht, einen großen Teil der Turbulenzen im Flug auszugleichen. Entsprechend dem Ziel erhielt das so entstandene Unternehmen den Namen Turbulence Solutions.

Für ihr System entwickelte das Unternehmen zunächst eine spezielle Landeklappe. Sie behält die ursprüngliche Form und Funktion bei, wird allerdings entlang der langen Seite einmal mittig unterteilt und mittels kleiner Servomotoren differenziert ansteuerbar.

Die Landeklappe wird geteilt und durch kleine Servos ansteuerbar. Bild: Pit

Wie funktioniert Turbulence Solutions?

Als nächstes braucht es einen Sensor, der die Turbulenzen misst. Er sitzt an einer Carbonlanze beidseitig unter den Tragflächen und ragt etwa einen halben Meter vor der Flächenvorderkante hervor. Zum besseren Handling am Boden lässt sich der Sensor per Hand einschieben und verschwindet dann unter der Fläche. Jetzt fehlt nur noch ein kleiner Computer zur Verarbeitung der Daten – und natürlich der Schalter im Cockpit.

Der Sensor sitzt auf einer Carbonlanze, die zum leichteren Handling am Boden manuell ein- und ausgefahren werden kann. Bild: Pit

Vereinfacht erklärt funktioniert das System so: Die beiden Sensoren messen Richtung und Stärke einer unmittelbar bevorstehenden Turbulenz. Ein Steuercomputer empfängt diese Signale, verarbeitet sie und leitet einen Reaktionsbefehl an die Servos weiter. Diese führen dann im richtigen Moment die errechnete „Gegenbewegung“ zur Turbulenz aus und verringern so spürbar den Effekt auf das Flugzeug.

Zwar lassen sich Turbulenzen abhängig von ihrer Stärke nicht vollständig eliminieren, aber ein erheblicher Anteil, der das Flugerlebnis auf jeden Fall komfortabler gestaltet. Das System kann vom Piloten beliebig ein- und ausgeschaltet werden – mit einigen Limitierungen. So schaltet sich das System bei zu geringer oder zu hoher Geschwindigkeit sowie zu großer Querneigung automatisch ab. Außerdem soll es zu Start und Landung deaktiviert sein.

Was kostet die Technologie Turbulence Solutions?

Der Erstflug der revolutionären Technologie erfolgte 2021 mit einer Colomban MC-30 Luciole als Testträger. Kurz darauf wurde das System für die ultraleichte Shark.Aero Shark angepasst und flog 2024 erstmals. Diese Kombination steht jetzt kurz vor der Zulassung in Österreich – Mitte Mai soll es soweit sein. Das Anti-Turbulenz-Kit soll sowohl direkt ab Werk bestellbar sowie bei bereits fliegenden Flugzeugen nachrüstbar sein. Einen Preis nennt Turbulence Solutions auch: Rund 32.000 Euro kostet das System – entweder als Aufpreis auf das Neuflugzeug oder zum Nachrüsten inklusive Einbau.

Der Neupreis einer Shark inklusive Kill Switch für Turbulenzen liegt damit bei rund 350.000 Euro. Bereits zwölf Bestellungen sind laut Hersteller eingegangen, die Wartezeit liegt bereits bei rund zwei Jahren.

Der Killswitch für Turbulenzen – der rechte der beiden Schalter aktiviert oder deaktiviert das System. Bild: Pit

Auch die Zulassung für weitere UL-Flugzeugmuster plant das Unternehmen – und führt bereits entsprechende Gespräche mit Herstellern. In Zukunft sollen dann auch Luftfahrzeuge der E- und F-Klasse folgen – und die Pläne von Turbulence Solutions reichen noch weiter: Bis 2030 soll die Technologie auch in Großraumflugzeugen verbaut werden.

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Über den Autor
Alexander Busch

Alexander Busch, Jahrgang 2002, studierte im bayerischen Eichstätt Journalistik mit Schwerpunkt Politik und Gesellschaft – Luftfahrt stand leider nicht zur Auswahl. Die schon seit der frühen Kindheit vorhandene Leidenschaft für die Fliegerei lebt der gebürtige Braunschweiger im Luftsportverein seiner Universitätsstadt aus. Dort begann er im Frühjahr 2021 mit dem Segelfliegen. Etwa ein Jahr später lag die Lizenz bereits im Briefkasten, es folgte die Umschulung auf Reisemotorsegler und anschließend die UL-Lizenz.

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