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eMagicOne: Vertikale Starts und Landungen elektrisch

Michael Kügelgen hat einen Tandemflügler entwickelt, der vertikal abheben und landen kann. Im Reiseflug braucht der Einsitzer seine Rotoren nicht.

Von Peter Wolter
eMagicOne
„Ohne Corona hätte ich die Zeit nicht gehabt“: Michael Kügelen (rechts, mit einem Fliegerfreund) über die Entwicklung und Erprobung seiner eMagicOne. Foto: Peter Wolter

eVTOL – das ist für viele Luftfahrtfans das Zauberwort unserer Zeit: elektrisch vertikal starten und landen (VTOL – vertical take-off and landing). Viele versuchen es, viele behaupten, dass sie es können oder demnächst können werden, aber nur ganz wenige weisen es praktisch nach. Zu ihnen gehört Michael Kügelgen, der sich beruflich mit der Entwicklung, der Produktion und dem Vertrieb von Spezialanlagen für den Kunststoff- und Metallfeinguss beschäftigt. Privat ist er Hubschrauberpilot, leidenschaftlicher Flieger und Tüftler.

Seine eMagicOne ist kein Industrieprojekt – es soll nicht in Serie gehen und verkauft werden. Kügler wollte lediglich beweisen, dass seine Idee eines elektrisch betriebenen Senkrechtstarters funktioniert. „Ich hab mich so über Lilium geärgert (ein umstrittenes eVTOL-Projekt)“, sagt der Diplom-Ingenieur. Und er hat den Beweis erbracht!

AERO-Highlight: eMagicOne fliegt wirklich!

Am 31. Mai 2021 fand der Erstflug seiner Eigenkonstruktion statt. Vorausgegangen waren umfangreiche Tests mit einem ferngesteuerten 1:2-Modell. Die Erprobung des ULs läuft bisher zweigleisig: als „ganz normales Flugzeug“ mit Rollstart und -landung sowie als Senkrechtstarter. Für den Horizontalflug nutzt die eMagicOne ein elektrisches Antriebssystem von Geiger mit Zugpropeller. Damit kann sie knapp eine Stunde fliegen. Im Reiseflug erreicht sie 60 bis 75 Knoten, bei Voll“gas“ 92 Knoten.

Exotisch: Kügelens eVTOL ist ein Tandemflügler mit Hubantrieb. Die acht Rotoren sitzen auf parallelen Längsträgern an den Flügelenden. Foto: Peter Wolter

Den Hubantrieb hat Kügelen selbst konstruiert. Er besteht aus acht Rotoren auf zwei Längsträgern, die die Flügelenden der vorderen und der hinteren Tragfläche miteinander verbinden. Maximal vier Minuten kann der Hubantrieb das Ultraleichtflugzeug in der Luft halten – für den Senkrechtstart werden zirka 30 Sekunden benötigt, für die vertikale Landung etwa das Doppelte. Die Stromversorgung von Vertikal- und Hubantrieb ist vollständig von einander getrennt.

Privatprojekt eMagicOne soll Einzelstück bleiben

Im Cockpitbereich gleicht die Zelle des eVTOL dem Silence Twister von Silence Aircraft, dessen Kabinenhaube übernommen wurde. Ohne Pilot wiegt der CfK-Einsitzer abflugbereit 340 Kilogramm (samt Hubantrieb und Stromquellen für Hub- und Horizontalantrieb). Gesteuert wird die eMagicOne mit kombinierten Quer-/Höhenrudern am hinteren Flügel (Tailerons) sowie einem konventionellen Seitenruder. Der vordere Flügel hat keine Steuerflächen.

Knapp fünf Stunden ist Michael Kügelen bisher mit seinem Einzelstück geflogen. Seriöse Videos dokumentieren sowohl Flüge mit normalen Starts und Landungen als auch mit vertikalen Starts und Landungen. Jetzt stehen Flugversuche an, die eine erhebliche Herausforderung darstellen: Der Übergang vom Schwebeflug in den Horizontalflug (Vorwärts-Transition) und umgekehrt (Rückwärts-Transition). Ersterem sieht Kügelen gelassen entgegen. Doch das Abbremsen aus dem Horizontalflug auf null Fahrt mit anschließendem Abstieg bis zum Aufsetzen dürfte aus Sicht des Konstrukteurs und Piloten eine harte Nuss werden.

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Über den Autor
Peter Wolter

Peter Wolter kam vom Drachenfliegen zur motorisierten Luftfahrt und von der Soziologie zum Journalismus. Er steuert ULs sowie E-Klasse-Maschinen und hat sein eigenes UL (eine Tulak) gebaut.

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