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Materialfehler: Was sagt BRP-Rotax?

Wie kam es zum Service Bulletin für die Einspritzmotoren vom Typ 912 iS, 915 iS und 916 iS? Marc Becker, Manager Aircraft Business bei BRP-Rotax, gibt Antworten.

Von Dirk M. Oberländer
BRP-Rotax Firmenzentrale
BRP-Rotax Firmenzentrale Bild: BRP-Rotax

Vor Kurzem veröffentlichte das österreichische Unternehmen BRP-Rotax ein Service Bulletin. Grund sind zu niedrige Materialstärken bei Motor- beziehungsweise Getriebegehäusen. Betroffen sind Motoren der Typen Rotax 912 iS, 915 iS und 916 iS – allesamt Einspritzmotoren.

Wie immer, wenn es um BRP-Rotax geht, ist die Aufmerksamkeit hoch. Kein Wunder, denn mit über 80000 produzierten Viertakt-Flugmotoren hat der Hersteller im Bereich leichte Flugzeuge in Europa praktisch eine Monopolstellung. Entsprechend viele Leserreaktionen erhielt unsere Redaktion. Wir haben beim Hersteller nach den Hintergründen des Service Bulletins nachgehakt. Marc Becker, Manager Aircraft Business, hat uns Rede und Antwort gestanden.

Marc Becker, Manager Aircraft Business (Foto: Rotax)

BRP-Rotax: Wie wurden die Motor-Probleme entdeck?

Wie sind die fehlerhaften Materialstärken festgestellt worden?
Marc Becker: „In unserer Flugmotoren-Montage fiel ein Gehäuse auf. Dies war der Auslöser für weitergehende Kontrollen, die schließlich zur Identifikation des Problems und zur Erstellung des Service Bulletins als vorbeugende Sicherheitsmaßnahme führten.“

Betreffen die Probleme eine bestimmte Produktionscharge oder einen bestimmten Zeitraum?
Marc Becker: „Ja, das Problem betrifft einen klar abgegrenzten Produktionszeitraum. In diesem Zeitraum wurde die Hitzebehandlung nach dem Aufbringen der schwarzen KTL-Schicht (Kathodische Tauchlackierung) nicht gemäß den Vorgaben durchgeführt. Der betroffene Zeitraum wurde – wie auch im SB angegeben – entsprechend eindeutig eingegrenzt.“

Lassen sich die betroffenen Motoren sicher eingrenzen oder können auch nicht im SB gelistete Motoren betroffen sein?
Marc Becker: „Gemeinsam mit dem Unterlieferanten konnte anhand der Aufzeichnungen des Aushärteprozesses der Zeitraum der fehlerhaften Behandlung präzise eingegrenzt werden. Mit hoher Sicherheit kann deshalb ausgeschlossen werden, dass weitere Motoren betroffen sind.“

Weshalb betrifft das Problem speziell die Einspritzversionen?
Marc Becker: „Die Ursache liegt im Aushärtungsprozess der KTL-Beschichtung, die ausschließlich bei den Einspritzmotoren der i-Serie zum Einsatz kommt.“

Wie lange stehen betroffene Flugzeuge mit Rotax-Motor in der Werkstatt?

Wie lange dauern die Kontrollarbeiten in der Werkstatt?
Marc Becker: „Die Kontrollarbeiten im Rotax-Netzwerk können in weniger als zwei Stunden abgeschlossen werden.“

Sind ausreichend Ersatzteile vorhanden, um die mangelhaften Baugruppen schnell austauschen zu können?
Marc Becker: „Ja, im Rahmen der internen Untersuchung wurde die Anzahl der betroffenen Motoren mit unzureichender Härte statistisch ermittelt. Basierend auf dieser Analyse wurden die notwendigen Ersatzteile geplant – diese sind bereits in der Fertigung und Montage verfügbar. Stand heute erwarten wir keine nennenswerten Wartezeiten für Kunden.“

Lassen sich Schäden beim Weiterbetrieb bis zum Werkstatttermin sicher ausschließen?
Marc Becker: „Die Einschätzung der verbleibenden Betriebszeit basiert auf mehreren Dauertests mit bewusst zu weichen Gehäusen, die teilweise bereits über 1.500 Stunden problemlos betrieben wurden. Die im Service Bulletin festgelegten zulässigen Betriebszeiten wurden zudem bewusst konservativ angesetzt.“

Warum gibt es unterschiedliche Zeitintervalle für Motoren mit weniger als 800 beziehungsweise mehr als 800 Betriebsstunden?
Marc Becker: „Die oben beschriebenen Dauertests dienten als Grundlage für die Festlegung der zulässigen Betriebsstunden sowie der Unterscheidung bei 800 Stunden. Wir möchten betonen, dass es bis heute weder bei den Rotax-Dauertests noch im praktischen Einsatz einen Fall gegeben hat, in dem ein zu weiches Gehäuse zu Abweichungen im Betriebsverhalten geführt hätte.“

Was ist ein „Service Bulletin“?

Service Bulletins (SB) werden von Herstellern herausgegeben und dienen der Erhöhung der Sicherheit. Sie haben für Halter keine verpflichtende Wirkung – können sich allerdings bei Nichtumsetzung auf die Herstellergarantie auswirken. Oft verbreiten Verbände und Behörden SBs, um betroffene Flugzeugbetreiber zu informieren.

Im Gegensatz dazu werden Lufttüchtigkeits-Anweisungen (LTA), englisch Airworthiness Directives (ADs) von Luftfahrtbehörden wie EASA und LBA oder beauftragten Verbänden wie DAeC und DULV herausgegeben. Die Umsetzung der ADs ist verpflichtend. Je nach Gefahrenpotenzial schreibt ein AD Maßnahmen innerhalb einer bestimmten Frist vor oder verbietet den Weiterbetrieb des Luftfahrzeugs bis die Maßnahmen umgesetzt sind.

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Über den Autor
Dirk M. Oberländer

Dirk M. Oberländer, Jahrgang 1975, verbrachte seine Jugend beim Segelfliegen am Flughafen Braunschweig-Wolfsburg. Später folgte der Abschied vom Schieben und Umstieg zum Ultraleicht-Fliegen. Die zweite große Leidenschaft, das Schreiben, brachte Dirk zu Stadtmagazinen, Tageszeitungen, Kundenmedien und in die wunderbare Welt der Werbung. Immer mit einem Faible für Technik und die Menschen dahinter. So war es nur eine Frage der Zeit, bis der studierte Kultur- und Medienmanager beim fliegermagazin landete. Am Boden ist Dirk bevorzugt mit Laufschuhen und Rad unterwegs – im Urlaub auch gern mal mit Zelt in Richtung Süden.

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