„Letzten Generation“ beschmiert Flugzeuge – eine strafrechtliche Bewertung
In drei Folgen bewerten wir rechtliche Aspekte der Beschädigung von Flugzeugen durch „Klimaaktivisten“. Diesmal geht es ums Strafrecht.
Zu den Angriffen der „Letzten Generation“ auf Flugzeuge erreichen uns viele Fragen zur juristischen Bewertung. Ingo-Julian Rösch ordnet die Sachlage in einer Serie von drei Folgen ein, kommentiert sie aber auch. In diesem Artikel geht es um die strafrechtliche Bewertung der Angriffe.
Die Fakten dürften jedem Piloten bekannt sein: Am Flughafen Berlin wurde eine Piper Aztec, auf Sylt eine Cessna Citation mit Farbe besprüht und dadurch jeweils schwer beschädigt. Bei der Cessna setzten sich die Täter auch auf die Tragflächen und sprühten Farbe gezielt in die Triebwerke. Der Ärger auf die jeweiligen Täter ist mindestens so groß wie der Schaden, die Forderungen nach immer strengeren Strafen überschlagen sich.
Letzte Generation: Straftaten nach dem geltenden Gesetzen beurteilen
Die Taten der selbsternannten „Aktivisten“, die ihre irrationale Angst vor der Zukunft durch mediales Geltungsbedürfnis und die provokante Schädigung Dritter kompensieren wollen, sind letztlich nach den geltenden Gesetzen zu beurteilen, wie die Handlungen aller anderen Menschen auch. In diesem Artikel wollen wir uns mit den strafrechtlichen Folgen befassen, um dann in weiteren Ausgaben Rechte des Eigentümers und zivil sowie versicherungsrechtliche Fragen zu beleuchten.
Das Besprühen eines Flugzeugs stellt regelmäßig eine Sachbeschädigung gemäß Paragraf 303 StGB dar: Eine fremde Sache wird rechtswidrig nicht unerheblich in ihrer Substanz oder Brauchbarkeit beeinträchtigt. Nachdem vor allem das Sprühen von Graffitis früher nicht immer als strafbar bewertet wurde, hat der Gesetzgeber es unter Strafe gestellt, wenn das Erscheinungsbild einer fremden Sache erheblich und nicht nur vorübergehend verändert wird. Da bei einem besprühten Flugzeug die Wiedererlangung der Lufttüchtigkeit mindestens teure Funktionsprüfungen (Stau-Statik-System, Triebwerke, Scharniere) erfordert, wird üblicherweise aber bereits die Brauchbarkeit erheblich beeinträchtigt sein.
Hausfriedensbruch: Wenn auf dem Weg zum Flugzeug ein Zaun zerschnitten wird
Wird zum Zweck des Zugangs zum Flugzeug ein Zaun zerschnitten (Sachbeschädigung), so kann zusätzlich ein Hausfriedensbruch nach § 123 I StGB vorliegen, da dann befriedetes Besitztum unrechtmäßig betreten wird. Jedes normale Betreten etwa über das GAT stellt keinen Hausfriedensbruch dar, wobei dann die Mitnahme von Sprühwerkzeugen schon wegen der Sicherheitskontrollen ausgeschlossen wäre.
Eine Strafbarkeit wegen eines gefährlichen Eingriffes in den Luftverkehr (§ 315 StGB) dürfte hingegen kaum zu begründen sein. Zwar wurde ein Beförderungsmittel beschädigt, für eine Strafbarkeit muss aber gleichzeitig eine konkrete Gefährdung verursacht werden. Dies dürfte aufgrund der Offensichtlichkeit der Beschädigung in der Regel nicht der Fall sein, denn niemand käme auf die Idee, das besprühte Flugzeug zu nutzen.
Keine Sympathie für die „Letzte Generation“
Die hier relevanten Straftatbestände setzten grundsätzlich einen Vorsatz, also ein Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung voraus. Es kann jedoch ausreichen, wenn ein Schaden billigend in Kauf genommen wird. Die reine Behauptung „ich dachte, es passiert schon nichts“ ist daher nutzlos. Beim Strafmaß wird in der Regel die Höhe des Schadens zu berücksichtigten sein. Dass der Bundesgerichtshof bei einer Steuerhinterziehung ab einer Million Euro zwingend eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung vorsieht, zeigt, dass die Schadenshöhe erheblichen Einfluss auf die Strafbarkeit haben kann.
Ich habe keinerlei Sympathie für die selbst ernannten „Klimaretter“, ihre moralische Überheblichkeit und ihren Meinungs-Absolutismus. Das Recht gilt jedoch für alle gleich und damit auch für Menschen, deren Ansicht man selbst nicht teilt. Eine Bewertung, ob eine Strafbarkeit gegeben ist und welche Auswirkung eine moralische Vorstellung der Täter auf Strafbarkeit oder Strafe hat, muss daher wie bei allen anderen Strafverfahren immer einzelfallbezogen betrachtet werden. Eine pauschale Forderung nach „der vollen Härte des Gesetzes“ ist ebenso falsch wie eine Relativierung, der zufolge doch die Ziele wichtig und gut seien. Das Recht beurteilt individuelle Sachverhalte fair und gerecht, aber auch nach gesellschaftlichen Maßstäben. In einer freien, demokratischen Gesellschaft sollte dabei eine erlaubte politische oder moralische Orientierung keine relevante Rolle spielen.
Das Recht gilt für alle gleich
Da Recht dem Unrecht nicht weichen muss, hat der Gesetzgeber Notwehrrechte geschaffen, um sich gegen Angriffe von Straftätern zu verteidigen. Mit diesen und ihren Grenzen befassen wir uns im kommenden Monat. Im dritten Teil werden wir betrachten, welche Fragen beim Versicherungsschutz zu klären sind, und ob sich ein Täter beim Schadensersatz in die Insolvenz flüchten kann oder möglicherweise sein Leben lang und sogar mit seinem Erbe haftet.
Text: Ingo-Julian Rösch
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