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Flugplatz Schwarzheide: Ende des Flugbetriebs droht früher als erwartet

Zum 1. Oktober 2024 wird die Betriebsgenehmigung für den Grasplatz widerrufen. Der lokale Aero-Club soll für Industrieansiedlung und ein Höhenwindrad weichen. 

Von Dirk M. Oberländer
Der Flugplatz Schwarzheide/Schipkau soll trotz Pachtvertrag geschlossen werden.
Der Flugplatz Schwarzheide/Schipkau soll trotz Pachtvertrag geschlossen werden. Bild: Aero-Club Schwarzheide

Die Fronten sind verhärtet. Auf der einen Seite steht der Aero-Club Schwarzeide mit seinen 85 Mitgliedern, auf der anderen die Flugplatzbetreibergesellschaft Schwarzheide/Schipkau mbH (FBG). Die FBG gehört wiederum der Stadt Schwarzheide und der Gemeinde Schipkau. Nach Willen der FBG soll der Flugbetrieb am Flugplatz Schwarzheide (EDBZ) zum 1. Oktober eingestellt werden.

Was bliebe übrig? Ein Fluggelände ohne Start- und Landemöglichkeit.  

Gemeinden wollen Verein vom Gelände des Flugplatz Schwarzheide haben 

Der Aero-Club ist Pächter des Geländes auf dem sich der Flugplatz Schwarzheide/Schipkau (EDBZ) befindet. Der Vertrag sieht eine Nutzung für den Luftsport vor und gilt bis Ende 2030. Der Verein hat viel ehrenamtliche Arbeit in den Erhalt der bestehenden Gebäude gesteckt und einen neuen Hangar errichtet. Die Gemeinde Schipkau hatte dem Aero-Club den Pachtvertrag vorzeitig zum 31. August diesen Jahres gekündigt. Der Aero-Club hat der Kündigung widersprochen und Rechtsmittel eingelegt.

Die Gemeinde ihrerseits eine Kanzlei beauftrag, die dem Verein eine Räumungsklage und Entschädigungszahlungen androht. Mehrere Treffen zwischen Gemeinde und Verein brachten zuvor keine einvernehmliche Lösung.  

Streit um Flugbetrieb eskaliert weiter, Verein wehrt sich

Nun eskaliert der Streit um den Flugbetrieb weiter. Dabei ist die rechtliche Situation komplex. Denn die Betriebsgenehmigung für den Sonderlandplatz mit 850 Meter Graspiste liegt nicht beim Verein, sondern bei der Flugplatzbetreibergesellschaft (FBG). An der die Gemeinde beteiligt ist. Nach der bislang erfolglosen Kündigung des Pachtvertrags beantragte die FBG bei der Oberen Gemeinsamen Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg den Widerruf der Betriebsgenehmigung zum 30. September. Die Behörde stimmte dem Antrag zu.

Nun droht dem Aero-Club ein Flugplatzgelände, auf dem nicht geflogen werden darf. Auch gegen das Ende der Betriebsgenehmigung wehrt sich der Verein juristisch.  

Flugplatz Schwarzheide (EDBZ) soll Industriegebiet werden 

Es geht um viel Geld. Denn für ehemalige Bergbauregionen stehen viele Subventionen zur Bewältigung des Strukturwandels bereit. So erhielt der Projektentwickler GICON-Gruppe aus Dresden den Auftrag zur Projektentwicklung des Standorts. Tausende Arbeitsplätze sollen entstehen. Welche Unternehmen konkret investieren und wie die Flächen bebaut werden, dazu hält sich die Politik bedeckt. In der Lokalpresse werden immer wieder drei Firmen namentlich genannt: 

  • Tricon AG: Die Schweizer Firma soll ein Rechenzentrum planen 
  • Cellforce: Die Porsche-Tochter plant die Fertigung von Batteriezellen  
  • BASF: Der Chemiekonzern will ein Logistikzentrum mit Bahnanschluss realisieren, das in Zusammenhang mit der Batteriefertigung steht 

Doch wie realistisch sind die Pläne? Die Tricon AG dementierte gegenüber dem Aero-Club überhaupt in Deutschland investieren zu wollen. Cellforce prüft mehrere Standorte, auch im Ausland. Ein Zellfertigung in Deutschland scheint wegen der hohen Energiepreise derzeit fraglich. BASF plant Arbeitsplätze in Deutschland abzubauen. Kommt die Zellfertigung auf dem Gelände nicht, steht auch das Logistikzentrum auf der Kippe. 

Bockiger Aero-Club Schwarzheide riskiert Arbeitsplätze? 

Diese These ist so oder ähnlich häufig in der lokalen Berichterstattung zu lesen. In einer Pressmitteilung betont der Club, nichts gegen die Industrieansiedlung zu haben. Zumal der Flugbetrieb nur 20 Hektar des 135 Hektar großen Areals benötigen würde. Eine Co-Existenz von Flugplatz und Gewerbe sei möglich. 

Eine persönliche Nachfrage ergibt: Der Verein wäre sogar bereit, seinen Standort zu wechseln. Dafür möchten die Luftsportler aber Rechtsicherheit bei der zukünftigen Betriebsgenehmigung und einen fairen finanziellen Ausgleich, um am neuen Platz eine vergleichbare Infrastruktur aufbauen zu können. Beides wollten oder konnten die Stadt Schwarzheide und die Gemeinde Schipkau nicht rechtssicher zusagen. Denn die Haushaltslage ist angespannt. 

So drehen sich alle Beteiligten im Kreis. Ohne eine rechtssichere Alternative will der Verein nicht weichen. Ohne wirkliche Investoren steht kein Geld zur Umsiedlung des Flugplatzes bereit. Derzeit findet die Kommunikation zwischen Politik und Verein nur noch über Rechtsanwälte statt. 

Projektentwickler GICON in sonderbarer Doppelrolle 

Doch nicht nur die Industrieansiedlung bedroht das Sonderfluggelände. In unmittelbarer Umgebung soll ein Höhenwindrad entstehen. Dessen Rotoren bis auf 300 Meter Höhe herausragen. Die Grundsteinlegung ist bereits erfolgt. Das Windrad wird von der GICON-Gruppe errichtet. Eben jenem Unternehmen, das die Projektplanung des Industriegebiets abwickelt. Praktisch: Auch das Gutachten zur Umweltverträglichkeit wurde von einer Tochterfirma der Unternehmensgruppe erstellt. Zudem steht mindestens ein Landtagsabgeordneter auf der Lohnliste der Dresdner. Die politischen Akteure und lokale Tagespresse erkennen darin keine Interessenkonflikte.  

Da spielt es offensichtlich auch keine Rolle, dass Prof. Dr. habil. Jochen Großmann, Vorsitzender der GICON-Gruppe, kein ganz unbeschriebenes Blatt ist. Als Ex-Technikchef war er am Bau des Hauptstadtflughafens BER beteiligt und wurde wegen Korruptionsverdacht fristlos entlassen. Das Amtsgericht Cottbus erlies 2014 einen Strafbefehl über 200.000 Euro.

Frustration fürs Ehrenamt  

In Zeiten zunehmender Politikverdrossenheit ist das Verhalten von Stadt und Gemeinde von außen schwer nachvollziehbar. Bleibt zu hoffen, dass die Verwaltungsgerichte mit mehr Augenmaß agieren. Und einen Ausgleich zwischen bürgerlichem Engagement und Politik finden.  

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Über den Autor
Dirk M. Oberländer

Dirk M. Oberländer, Jahrgang 1975, verbrachte seine Jugend beim Segelfliegen am Flughafen Braunschweig-Wolfsburg. Später folgte der Abschied vom Schieben und Umstieg zum Ultraleicht-Fliegen. Die zweite große Leidenschaft, das Schreiben, brachte Dirk zu Stadtmagazinen, Tageszeitungen, Kundenmedien und in die wunderbare Welt der Werbung. Immer mit einem Faible für Technik und die Menschen dahinter. So war es nur eine Frage der Zeit, bis der studierte Kultur- und Medienmanager beim fliegermagazin landete. Am Boden ist Dirk bevorzugt mit Laufschuhen und Rad unterwegs – im Urlaub auch gern mal mit Zelt in Richtung Süden.

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