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Fliegerdorf Eggersdorf: Mit dem Flugzeug unter einem Dach wohnen

Flugzeug raus aus der hauseigenen Garage und los – Fliegen kann so unkompliziert sein wie Autofahren. Ideale Voraussetzung dafür ist die Kombination Fliegerdorf und Fliegen ohne Flugleiter.

Von Peter Wolter
Werner Krüger (im hellen Shirt) hat zu Hause einen Eurostar untergebracht – den er so selbstverständlich wie ein Auto nutzt.

Bei Tagesausflüglern und Urlaubern gibt es eine Region, die besonders beliebt ist. Sie befindet sich auf halbem Weg zwischen Berlin und der polnischen Grenze. Die Märkische Schweiz. Dort ganz in der Nähe liegt das Fliegerdorf Eggersdorf. Seit mehr als zwanzig Jahren hat Werner Krüger in EDCE ein zweites Zuhause. Im ältesten und zunächst einzigen deutschen Fliegerdorf. Als ich mehr darüber wissen möchte, sagt Werner: »Komm einfach mal rüber und besuch mich in Hütte sieben«.

Die Schneise im Wäldchen rechts der Piste führt zum Fliegerdorf. EDCE war mal NVA-Stützpunkt, 250 von 1200 Meter Bahnlänge sind asphaltiert.

»Rüber« heißt: auf die andere, die südliche Seite der Piste. Wir gehen von der Nordseite los, wo unsere Maschine stationiert ist. Dann geht es um die versetzte Schwelle »24« herum zu dem Robinienwäldchen. In dem stehen etwas versteckt acht Wohnhäuser mit Hangars.

Individuell gestaltete Bungalows im Fliegerdorf Eggersdorf

Werner empfängt uns auf der Terrasse seines von Vogelgezwitscher erfüllten Flugplatzidylls. Den holzverschalten Bungalows sieht man nicht an, dass es im Kern Überseecontainer sind. Diese sind mit Fenstern und Türen versehen und wurden mit einem Hangar überbaut. 1998 begann das »Dorf« zu entstehen.

Hinter Werner Krügers Bungalow beginnt gleich der Robinienwald. Im Kern besteht das Haus aus holzverschalten Überseecontainern.

Im Laufe der Jahre haben die Bewohner verschiedene Modifikationen vorgenommen, um die Häuser an ihre Bedürfnisse anzupassen. Werner zum Beispiel durch den Einbau eines Zimmers auf dem Dachboden, auch wenn es nicht ganz Stehhöhe hat. Unten gibt es eine gemütliche Wohnküche, ein Schlaf- sowie ein kleines Badezimmer. Durch den Flur gelangt man in den rückseitig gelegenen Hangar, darin steht sein feuerroter Eurostar.

Fliegerdorf Eggersdorf: Gemeinschaftliches Zusammenleben

Ein Bewohner hat sich einen Pavillon in den Garten gebaut. Im Sommer spielt sich hier viel im Freien ab.

Der Hausherr öffnet die Hallentore, der Rasenstreifen hinterm Haus dient als Rollweg und mündet in die Mittelachse der Siedlung; nach Norden führt die Schneise zur Piste. Vor den Häusern ist nicht übermäßig viel Platz zum Rollen. Aber es reicht, zumal im Fliegerdorf derzeit ausschließlich ULs stationiert sind. Mittlerweile fliegen auch nicht mehr alle Bewohner, und wo kein Flugzeug regelmäßig hindurchmuss, ist das Gelände ein wenig zugewachsen.

Wir machen einen Rundgang durch die kleine Siedlung, die sich in östlicher Verlängerung der Segelflugpiste befindet. Tische und Sitzgruppen unter den Bäumen lassen ahnen, dass hier viel im Freien gelebt wird. Außerdem wird deutlich, dass die Bewohner offenbar auch gern zusammenkommen. Ein Nachbar hat sich einen hölzernen Pavillon in den Garten gebaut, ein anderer sogar eine Erdsauna – mit Blick aufs Fluggeschehen. Ich schmunzele bei der Vorstellung, dass man nach dem Saunagang zum Abkühlen gleich in den kleinen Teich im Zentrum der Anlage springen könnte.

Von der Motorflugpiste führt eine Schneise ins Fliegerdorf, rechts und links davon stehen die Häuser. Sogar einen Teich gibt es! Wo keine Flugzeuge mehr rollen, sind die Flächen vor den Gebäuden zugewachsen.

Pachtland für 1,25 Euro pro Quadratmeter

Durch die Bäume sieht man auf die Gebäude der sogenannten Blechallee jenseits der »06/24«. Dort ist eine Art zweites Fliegerdorf entstanden ist. Wer hier baut, muss freilich alles selbst in die Hand nehmen, die Betreibergesellschaft des Flugplatzes stellt lediglich die Grundstücke bereit. Dafür sind die gestalterischen Freiheiten größer.

Zu beachten ist, dass es sich um Pachtland handelt. Die Pacht beträgt etwa 1,25 Euro pro Quadratmeter und Jahr (Stand: August 2021). Das ergibt jährlich um die 1200. Reimar Link, der sich mit Jens Brändel die Geschäftsführung des Platzes teilt sagt: »Theoretisch müsste man hier alles wieder abbauen, wenn der Pachtvertrag irgendwann mal endet. Aber der aktuelle Vertrag mit der Stadt Müncheberg läuft bis 2068. Mich juckt das nicht mehr und meine Kinder auch nicht.« Das sehen andere offenbar ähnlich; gerade beginnt auf zwei neuen Baustellen die Arbeit, und es gibt noch eine ganze Menge freien Platz.

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Fliegen ohne Flugleiter: Fliegerdorf Eggersdorf

Eggersdorf ist auch einer der wenigen Flugplätze in Deutschland, wo Fliegen ohne Flugleiter bereits erfolgreich praktiziert wird. Um das zu ermöglichen, wurde aus dem Verkehrslandeplatz im Februar 2020 ein Sonderlandeplatz; andernfalls hätte die Landesluftfahrtbehörde der gewünschten PPR-Regelung für betriebsschwache Zeiten nicht zugestimmt.

Seither ist der »Turm« nur noch von April bis Oktober an den Wochenenden regulär besetzt. Zu allen anderen Zeiten bloß nach vorheriger Anmeldung. Statt eines Flugleiters genügt dann die Anwesenheit einer »sachkundigen Person«. Diese hört bei angemeldeten Starts oder Landungen den Funk mit und wäre nötigenfalls in der Lage, Rettungskräfte zu verständigen.

Auf der Nordseite von EDCE ist eine Art zweites Fliegerdorf entstanden.
Der »Turm« (hinten) ist nur noch von April bis Oktober an den Wochenenden besetzt.

Anwesenheit „sachkundiger Person“ für Start und Landung nötig

Für ein solches Verfahren kommt ein Fliegerdorf wie gerufen. Die Chancen, zum gewünschten Zeitpunkt jemanden für den Job zu finden, steigen ganz erheblich, wenn da Leute wohnen. Prinzipiell sind jedoch alle in Eggersdorf aktiven Piloten in das Verfahren eingewiesen und können einander helfen.

Auch der Wirt des Flugplatzlokals »Fliegende Kiste« mit angeschlossener Pension zählt zu den Sachkundigen. Die Verständigung untereinander erfolgt per WhatsApp-Gruppe, sodass es selbst mit kurzfristigen Anfragen oft ganz gut klappt. Allerdings gilt das genehmigte Verfahren nur für platzansässige eingewiesene Piloten.

Auch wenn kein Flugleiter am Platz ist, kann in Eggersdorf geflogen werden. Es genügt die Anwesenheit einer »sachkundigen Person«. Kein Problem: Die gibt’s im Fliegerdorf.

Fliegerdorf Eggersdorf: Landeflatrate für ein Jahr

Herzstück des Ganzen ist das automatische Landeinformationssystem ALIS, das derzeit rund ein Dutzend Flugplätze nutzen. Auf eine Funkmeldung hören Piloten die Ansage: »Für PPR-vereinbarte Flüge erhalten Sie folgende Information …«. Dann werden die Betriebspiste, der Wind und das QNH genannt. Abschließend heißt es: »Start oder Landung nach eigenem Ermessen«. Damit die Ansage nicht ständig wiederholt wird und die Frequenz blockiert, gibt es eine Zwei-Minuten-Sperre. Erst danach ist sie erneut zu hören.

Zur Dokumentation ihrer Starts und Landungen im elektronischen Flugbuch von EDCE sind die Piloten verpflichtet. Das geht per Smartphone und dauert meist nur zwei Minuten. Der Vorteil: Mit dem neuen Verfahren wurde eine Landeflatrate eingeführt. Durch einmalige Zahlung von 50 Euro sind alle Gebühren für ein Jahr abgegolten.

Zahl der Landungen hat sich um 30 Prozent erhöht

Wer mit Bargeld zahlt, steckt die Landegebühr in eine Box.

Seit dieser Änderung hat sich die Zahl der Landungen um rund 30 Prozent erhöht. Alternativ kann man die Gebühr unter Angabe der Kennung und der Landezeit in eine Box werfen, wie aus Dänemark bekannt. Alternativ ist die bargeldlose Zahlung mit der App aerops möglich.

Ein paar Einschränkungen gibt es freilich. So ist das Eggersdorfer Verfahren zum Fliegen ohne Flugleiter nicht zulässig für Schulflüge, Mischflugbetrieb von Segelflugzeugen und motorbetriebenen Luftfahrzeugen, Kunstflüge und Flüge von Luftfahrtunternehmen. Auch Platzrundenbetrieb mit mehr als drei Flugzeugen ist ohne Flugleiter nicht erlaubt.

Morgens direkt ins Flugzeug setzen im Fliegerdorf Eggersdorf

Neben dem UL kommt noch ein Oldtimer unter. Werkstatt, Hangar, Haus – die Dreieinigkeit eines Schraubertraums!

Dennoch scheint der eingeschlagene Weg dem Platz viel Schwung zu verleihen. Auch Werner Krüger genießt die Freiheiten, die sich aus der Kombination Fliegerdorf und Fliegen ohne Flugleiter ergeben. »Was gibt es Schöneres«, sagt er nach dem Rundgang beim Kaffee, »als sich morgens ohne lange Anfahrt gleich ins Flugzeug zu setzen oder abends vor Sunset spontan noch eine Runde zu drehen?«

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Über den Autor
Peter Wolter

Peter Wolter kam vom Drachenfliegen zur motorisierten Luftfahrt und von der Soziologie zum Journalismus. Er steuert ULs sowie E-Klasse-Maschinen und hat sein eigenes UL (eine Tulak) gebaut.

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