Zwischen den Fronten von LBA und EASA: LSA-Zulassung bei Breezer
Der norddeutsche Hersteller Breezer Aircraft, dessen ULs sich seit Jahren bewähren, verzweifelt an den Vorschriften bei der Zulassung seines Light Sport Aeroplanes
Ratlosigkeit – dieser Begriff reicht nicht mehr aus, um die Gefühle von Dirk Ketelsen, Ralf Magnussen, Wolfgang Nitschmann und Lars Jensen zu beschreiben. Enttäuschung – das trifft es. Sie ist es, die das Team bei Breezer Aircraft dazu veranlasst, einen offenen Brief an die europäische Luftfahrtbehörde EASA und das Luftfahrtbundesamt (LBA) zu schreiben. Von diesen beiden Behörden ist Breezer als Flugzeughersteller abhängig – und zwischen ihnen droht jahrelange Arbeit der Firma zerrieben zu werden. So geht es in Europa und vor allem in Deutschland derzeit einigen Herstellern. Die Klasse der Light Sport Aeroplanes (LSA) funktioniert nicht. Eigentlich sollte mit der Bauvorschrift für europäische LSA ein Weg geschaffen werden, ohne großen Aufwand Flugzeuge oberhalb des UL-Gewichtslimits von 472,5 Kilo bauen zu können – mit bis zu 600 Kilo MTOM.
Breezer, seit Jahren Produzent bewährter ULs, sah hier eine Chance und stürzte sich mit Enthusiasmus in die Entwicklung einer LSA-Variante seines Ultraleichtflugzeugs, der B600 LSA. Im Januar erhielt die Firma nach langer Arbeit schließlich im Januar die Musterzulassung von der EASA. Doch anders als bei der LSA-Klasse in den USA können Hersteller bei uns nicht selbst bestätigen, dass sie die Bauvorschriften erfüllen. In Europa übernehmen das die Behörden – und die verlangen für die Produktion eine Zulassung als Herstellungsbetrieb (siehe unten). Genau hier liegt das Problem, denn anders als in anderen europäischen Ländern legt das zuständige LBA die Bedingungen dafür offenbar besonders streng aus. Dabei wirft Breezer keiner der Behörden irgendeinen bösen Willen vor. Die Vorschriften funktionieren einfach nicht, sie führen in eine Sackgasse.
Offener Brief an das Luftfahrt-Bundesamt und die European Aviation Safety Agency EASA
Die EASA lehnt sich zurück und sagt: Wir haben den gesetzlichen Rahmen für eine einfache Umsetzung der Bauvorschriften für LSA geschaffen – aber dort, wo die nationalen Behörden zuständig sind, nämlich bei der Zulassung als Herstellungsbetrieb, können wir nicht eingreifen. Das LBA dagegen beruft sich auf die Vorschriften dafür und sagt: Wir können diese Regeln schlicht nicht anders auslegen als so, wie wir es für richtig halten. Warum und wie das in anderen Ländern viel leichter zu gehen scheint, ist letztlich egal. Das LBA fordert, dass alle Zulieferer entweder ihre Bauteile EASA-zertifiziert liefern oder regelmäßig von Breezer auditiert, also überprüft werden.
„Das würde unser LSA um 50 Prozent verteuern – so viel zahlt kein Mensch“, sagt Breezer-Geschäftsführer Dirk Ketelsen. Derzeit kann die B600 LSA mit einem Permit-to-fly zwar problemlos ausgeliefert und geflogen werden. Dank ihrer Musterzulassung auch in der Schulung. Aber: „Ob wir die Zulassung als Produktionsbetrieb weiter verfolgen, wissen wir nicht“, so Ketelsen. Die Diskussion um eine Gewichtsanhebung für ULs verfolgt er mit großem Interesse. „Wir können sichere Flugzeuge bauen. Man muss uns nur lassen“, sagt er. Deshalb hat er den Offenen Brief geschrieben.
Europäische LSA
Drei Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Hersteller ein Light Sport Aeroplane (LSA) gemäß der europäischen Bauvorschrift CS-LSA (Certification Specification for LSA) herstellen darf: DOA, RTC und POA. LSA haben eine maximale Abfllugmasse von 600 Kilo und höchstens zwei Sitze. Verstellpropeller und Einziehfahrwerk sind erlaubt. Flüge nach IFR und bei Nacht sind nicht erlaubt.
Design Organisation Approval (DOA): Ein Unternehmen, das ein LSA entwickeln will, braucht eine Zulassung als Entwicklungsbetrieb. Diese Zulassung ist an Voraussetzungen geknüpft, die im so genannten Part 21J der EASA-Vorschriften definiert sind. Die Zulassung als Design Organisation wird von der EASA gewährt.
Restricted Type Certificate (RTC): Ein gemäß CS-LSA entwickeltes Flugzeug erhält von der EASA eine Musterzulassung. Diese wird als „restricted“ bezeichnet, weil in einem LSA nichtzertifizierte Bauteile verwendet werden dürfen, etwa Motoren, Propeller oder Avionik. Auch wenn das gesamte Flugzeug sehr wohl zertifiziert ist. „Restricted“ bedeutet in diesem Zusammenhang nicht, dass Zulassung oder Flugzeug irgendwelchen Einschränkungen unterliegen. Zur Erlangung der Musterzulassung sind umfangreiche Nachweise gemäß der Bauvorschrift zu erbringen und der EASA gegenüber nachzuweisen.
Production Organisation Approval (POA): Ein Hersteller, der auf Basis seines DOA ein LSA entwickelt und von der EASA eine Musterzulassung (RTC) erhält, braucht eine Zulassung als Produktionsbetrieb (POA), um Flugzeuge gemäß der Musterzulassung herstellen zu dürfen. Letztlich soll das POA sicherstellen, dass der Hersteller Flugzeuge baut, die der Musterzulassung genau entsprechen. Dies gilt übrigens nicht nur für LSA, sondern allgemein für Flugzeughersteller. Das POA wird gemäß Part 21G der Vorschriften von der nationalen Behörde ausgestellt, bei uns also vom Luftfahrtbundesamt.
Flight Conditions & Permit-to-Fly (PTF): Hat ein Hersteller noch kein RTC und/oder kein POA, kann die EASA für jedes einzelne von ihm hergestelltes Flugzeug Flugbedingungen (Flight Conditions) festlegen, aufgrund derer die nationale Behörde (also das LBA) ein Permit-to-fly ausstellen kann. Es erlaubt zeitlich begrenzt und eventuell unter Einschränkungen (zum Beispiel keine Schulung oder keine Soloflüge von Schülern) eine Betrieb des Flugzeugs. Eigentlich war das PtF als Zwischenlösung gedacht, doch aufgrund der Schwierigkeiten mit der Einführung von CS-LSA werden inzwischen etliche Flugzeuge dieser Art langfristig mit PtF geflogen.
Text: Thomas Borchert, Martin Naß; Fotos: Breezer Aircraft, Peter Wolter; fliegermagazin 5/2016
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