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Zenith Aircraft Corporation Z-6-A

Von diesem gewaltigen Doppeldecker wurden nur sieben Exemplare jemals gebaut. Der Amerikaner Glenn Peck restaurierte die letzte Z-6, die noch existiert

Von Redaktion
Zenith Aircraft Corporation Z-6-A

Zenith? Nein, nicht die Kitplane-Firma von Chris Heintz. Dieser gewaltige Doppeldecker ist viel älter, und nur sieben Exemplare wurden jemals gebaut. Der Amerikaner Glenn Peck hat die Seriennummer 3 restauriert – die letzte Z-6, die noch existiert

„The Monster Airplane“

Unglaubliche 42 Jahre war diese Maschine nicht mehr geflogen, von 1986 bis 2004 wurde sie restauriert, bevor sie wieder in die Luft kam. Ihre Typenbezeichnung: Z-6-A. Ihr Alter: 82 Jahre. Und sie steht da wie gerade erst aus der Fabrikhalle gerollt – Respekt!

Zenith, mit Firmensitz in Midway City, Kalifornien, hatte bis 1927 landwirtschaftliches Gerät produziert. Im Mai jenes Jahres war Charles Lindbergh die Altlantiküberquerung gelungen – ein Flug, durch den die Luftfahrt enorm an Bedeutung gewann. Auf einmal konnten sich Leute, die bis dahin nie etwas mit Flugzeugen zu tun hatten, vorstellen, dass künftig Menschen und Güter über große Strecken auf dem Luftweg transportiert würden. Auch Zenith wurde hellhörig, zumal ein zweites unternehmerisches Standbein erwünscht war: Die Herstellung von Agrarmaschinen sicherte zwar die Zukunft des Unternehmens, warf aber nicht den angestrebten Ertrag ab. So kam es noch im „Lindbergh-Jahr“ zur Gründung der Zenith Aircraft Corporation durch Charles Rocheville and Albin Peterson.

Die Geschichte der Zenith Z-6

Von Anfang an war der Plan, große Transportflugzeuge herzustellen – und das ohne Branchenerfahrung. Zunächst ließ Zenith-Chef Sterling Price eine dreimotorige Maschine bauen, die Z-12 Albatross, die jedoch aufgrund ihres hohen Gewichts und der eigenwilligen Aerodynamik äußerst schwierig zu fliegen war und keine Serienreife erlangte. Der Prototyp eines zweimotorigen Transportflugzeugs erwies sich als Fehlkonstruktion – er hob kaum ab.

Zu Tisch: Glenn Peck in der Kabine. Die vorderen Passagiere sitzen entgegen der Flugrichtung

Erst nachdem die Maschine für den Betrieb mit einem Motor umgebaut worden war und nun Zenith Z-6 hieß, zeigte sich ihr Potenzial. Ein zunächst 420 PS starker Sternmotor vom Typ P & W R-1340, das erste Flugzeugtriebwerk des US-Herstellers Pratt & Whitney, zog nun am Rumpf. Insgesamt wurden nur sieben Exemplare der Z-6 gebaut: drei mit dieser ursprünglichen Musterbezeichnung, die hier vorgestellte Z-6-A sowie drei Z-6-B. Eine lange Firmengeschichte war dem Hersteller nicht beschieden. Schon 1928 änderte Zenith seinen Namen in Albatross Aircraft Corporation, Firmensitz war jetzt Long Beach. Ein Jahr später wurde Albatross verkauft – die neuen Eigner verabschiedeten sich vom Flugzeugbau und kehrten zur Landwirtschaftstechnik zurück.

Das Ende der Produktion der Zenith Z-6

Im letzten Jahr als Luftfahrtunternehmen erhielt der Z-6-Hersteller eine Anfrage von A. A. Bennett in Boise, Idaho. Um Minen in Idaho und Alaska zu versorgen, benötigte Bennett Air Transport Inc. ein für damalige Verhältnisse großes Transportflugzeug mit viel Laderaum und großer Rumpftür. Bennett erwarb die Seriennummer 3, die einzige A-Version, und Nummer 4, eine „B“, mit denen er Menschen, Tiere, Lebensmittel, technisches Geräte und Teile aller Art – auch Klaviere! – zu den entlegenen Minen flog. Sogar eine schwangere Kuh, die dringend ärztlich versorgt werden musste, flog mal problemlos mit: Von einer Rampe bugsierte man das Tier in den Laderaum, wo es angegurtet wurde.

Offenes Cockpit, geschlossene Kabine: In der Z-6-A haben sechs Mitflieger Platz. Auch Tiere und sogar Klaviere wurden mit dieser Maschine schon transportiert

Nach diesem gelungenen Auftakt entwickelte sich der Lufttransport von Milchkühen in die Minenregionen, wo sie der Versorgung von Arbeitern und ihrer Angehörigen dienten, zur spektakulären, aber dennoch gängigen Praxis. 1946 verkaufte Bennett die Seriennummer 3 an die Blue Moon Sky Ranch in Boise. Auch spätere Eigentümer benutzten das Flugzeug als Frachter – bis Pete Fountain die Z-6-A übernahm. Dessen Unternehmen setzte sie zur Schädlingsbekämpfung ein; bis 1964 flog die Maschine Sprüheinsätze. Als die Kosten explodierten, stellte Fountain die Maschine in Boise einfach neben die Landebahn. Dort parkte N392V volle 22 Jahre lang, bis zur Versteigerung des Schrotthaufens 1986.

Die Z-6-A erhält einen neuen Besitzer

Den Zuschlag erhielt John Mullen, der zusammen mit zwei Partnern den Creve Coeur Airport betrieb, einen Flugplatz zirka 20 Meilen nordwestlich von Saint Louis, Missouri. Auf einem Lkw brachte der Elektroingenieur die verwitterten Überbleibsel der Maschine zu seinem Platz. Creve Coeur beherbergte damals bereits Dutzende historischer Flugzeuge. Wegen ihrer gewaltigen Ausmaße wurde Mullens Zenith von den Leuten bloß „that big biplane of John’s“ genannt; manche sagten auch „the monster airplane“. Dieser Name hat sich bis heute gehalten.

Einst und heute: Neben der Z-6-A betrieb A. A. Bennett eine „B“ (Foto von 1929, Bennett steht rechts). Sein Unternehmen versorgte mit den beiden Zenith Minen in Alaska und Idaho

Die Restauration der Z-6-A beginnt

Pilotenkollegen des neuen Besitzers, die alle noch vorhandenen Teile der Z-6-A inspiziert hatte, waren sich einig: Dieses Ding würde nie wieder fliegen. Doch Mullen ließ sich von den „Expertenmeinungen“ nicht beeinflussen und plante den Wiederaufbau der Maschine in ihrer ursprünglicher Version als Passagierflugzeug. Einschließlich Zulassung veranschlagte er 17 Jahre. Grundlage waren die Tragflächen, der Rumpf, jede Menge Teile, dürftige Aufzeichnungen des Herstellers sowie neun alte Schwarzweiß-Fotos und ein 30-Sekunden-Film.

„Dieses Ding wird nie wieder fliegen!“ Die „Experten“ haben sich mächtig geirrt

Marwig Herzog

Jäh unterbrochen wurde die Restaurierung – Rumpf, Fahrwerk und Tanks waren bereits teilweise fertig –, als der Missouri River 1993 den nahegelegenen Flugplatz Creve Coeur überflutete. Jetzt musste sich Mullen erstmal darauf konzentrieren, Geld aufzutreiben, um die Flugplatzinfrastruktur wiederherzustellen. In dieser Situation war Glenn Peck der Mann, den er brauchte.

Glenn Peck soll das Projekt vollenden

Peck ist Wartungschef im Historic Restoration Museum von Creve Coeur. Mullen begeisterte Peck für sein Projekt; 1996 legte der erfahrene Restaurator los. Rückschläge blieben dennoch nicht aus. Als es bereits darum ging, die Flügel zu montieren, entdeckte jemand Rostflecken an den profilierten Verspannungen. Rost? Es stellte sich heraus, dass die Teile aus verchromtem statt aus rostfreiem Stahl gefertigt waren – falsches Material, untauglich für die Luftfahrt. Bei Brutons in Schottland, dem einzigen Hersteller solcher Verspannungen, musste schleunigst Ersatz bestellt werden. Die Zeit drängte, denn nach achtjähriger Restaurierung sollte die weltweit einzige Z-6-A im Juli 2004 beim AirVenture in Oshkosh vorgeführt werden, und zwar im Flug.

Fast nur Uhren: Die tradi-tionellen Rundinstrumente für Flug- und Motorüberwachung werden durch ein modernes Bendix/King-Navi ergänzt

Zwei Wochen vor dem Fly-in trafen die neuen Verspannungen ein. Dann erwies sich der Primer als zu klein – vor dem Anlassen konnte man nicht genügend Benzin einspritzen. Beim Run-up zeigte sich schließlich, dass die Bremsen der Leistung des Pratt & Whitney R-1340 (aus einer Curtiss SOC Navy Scout) nicht standhielten. Auch mit den ersatzweise eingebauten Bremsen einer Vultee BT-13, eines schweren Navy-Trainers aus dem Zweiten Weltkrieg, ließen sich die Räder nur gerade so blockieren.

Trotz anfänglicher Schwierigkeiten fand die Z-6-A ihren Weg zurück in die Luft

Dennoch war die FAA-Zulassung schließlich reine Formsache: Zenith Z-6-A, Seriennummer 3, die letzte ihrer Art, erhielt die Experimental-Kennung NC392V. Mit Glenn Peck am Steuer war sie 2004 einer der Höhepunkte in Oshkosh. John Mullen hat das nicht mehr erlebt; der Zenith-Besitzer starb im gleichen Jahr wenige Tage nach dem erneuten Roll-out seiner Maschine, 42 Jahre nach ihrem letzten Flug. Da war ein Dreiviertel Jahrhundert vergangen seit dem Jungfernflug der fabrikneuen N392V.

Ein Urvieh erwacht: Der R-1340 ist das erste Flugzeugtriebwerk von Pratt & Whitney. Bis zu 550 PS leistet der Neunzylinder-Sternmotor des schweren Doppeldeckers

Heute gehört die Z-6-A John Mullens Sohn Shaun und Al Stix senior, dem Flugplatzeigentümer von Creve Coeur. Da Shaun jedoch nicht fliegt, soll die Zenith verkauft werden. Wer auch immer sie erwirbt, er dürfte der Einzige bleiben, der eine Z-6 besitzt: Von den ursprünglich mal sieben Exemplaren sind zwei in Mexiko und Alaska verschollen, drei weitere wurden im Sprüheinsatz verschlissen. Das Ende von Werknummer 5 ist weniger nebulös: Die Crew landete in Alaska auf dem zugefrorenen Lake Cordova und begab sich zum Lunch in ein Restaurant am Ufer. Durch ein lautes Geräusch aufgeschreckt, liefen sie ins Freie, wo sie entsetzt mitansehen mussten, wie ihre Maschine zwischen berstendem Eis im See verschwand. Dort liegt sie bis heute – in 200 Meter Tiefe.

Glenn Peck und das Historic Aircraft Restauration Museum

Das Luftfahrt-Museum am Flugplatz von Creve Coeur bei Saint Louis, Missouri, wo die hier vorgestellte Zenith Z-6-A wieder aufgebaut wurde und stationiert ist, gilt als eines der größten Museen für historische Flugzeuge in den USA. Direktor ist Al Stix, 76, dem auch der Flugplatz gehört. Ausgestellt sind etwa 75 Oldtimer aus verschiedenen Epochen. Das Museum kümmert sich nicht nur um die Restaurierung alter Maschinen zu Ausstellungszwecken – die Exponate kommen auch in die Luft: „Ein Flugzeug ist nicht wirklich ein Flugzeug, solange es nicht fliegt“, betont Glenn Peck, Leiter der Restaurierungsabteilung.

In seinem Element: Glenn Peck leitet die Restaurierungsabteilung in Creve Coeur. Im Hintergrund eine Curtiss JN-4

Peck hat in 36 Berufsjahren über 30 Maschinen wieder hergerichtet. Die erste war eine Porterfield LP-65, Baujahr 1940, die er zehn Jahre lang flog. 18 weitere Muster aus den zwanziger, dreißiger und vierziger Jahren folgten. Ein halbes Dutzend wurde von der Experimental Aircraft Association (EAA) ausgezeichnet, darunter eine Curtiss Robin aus dem Jahr 1928. Das „monster airplane“ Zenith-Z-6-A erhielt vier Jahre nach ihrer erneuten Inbetriebnahme beim EAA AirVenture in Oshkosh 2008 einen Award in der Kategorie „Outstanding Open Cockpit Biplane“ aus dem „Silver Age“ (1928 bis 1936).

Restaura

Hand-Werk: ganz links die Hebel für Ölkühlerabdeckung und Vergaservorwärmung, davor Gas, Gemischregulierung und Propellerverstellung

Peck ist Restaurator mit Leib und Seele: „Ich sehe meinen Lebensinhalt darin, historische Flugmaschinen und deren Triebwerke herzurichten. Ich brauche diesen unheimlichen Zeitdruck einer Veranstaltung wie Oshkosh, um solche Projekte erfolgreich abzuschließen. Alte Flugzeuge sind mein Hobby, und meine Frau ist glücklich darüber.“ Der 66-jährige Amerikaner übernimmt nur Arbeiten an echten Oldtimern (keine Nachbauten); es müssen Taildragger sein, und zwar bespannte. Darüber hinaus ist Peck auf Sternmotoren spezialisiert. So wundert es nicht, dass die meisten Flugzeuge des Museums von derartigen Motoren angetrieben werden, zum Beispiel Waco, Stearman und Staggerwing.

Adresse: Historic Aircraft Restauration Museum,
3127 Creve Coeur Mill Road, Maryland Heights,
Saint Louis, MO 63146, USA,
www.historicaircraftrestorationmuseum.org

Text: Marwig Herzog, Fotos: Marwig Herzog, Glenn Peck fliegermagazin 02/2012

Technische Daten
Zenith Z-6-A
  • NC392V
  • 12,50 m
  • 9,75 m
  • 3,35 m
  • 1497 kg
  • 2041 kg (3402 kg als Sprühflugzeug mit P & W R-1340-51/57, 600 PS)
  • 1 Pilot, 6 Passagiere
  • 98 Gallonen (371 ltr.)
  • Pratt & Whitney R-1340 Wasp (9-Zylinder)/550 PS
  • Hamilton Standard, 2-Blatt, Metall, hydrau- lisch (mit Fliehgewichten) in zwei Positionen verstellbar
  • 70 kts
  • 91 m
  • 305 m
  • 1130 ft./min.
  • 12 000 – 15 000 ft.
  • Verwendung Passagier-/Transport-/ Sprühflugzeug
Schlagwörter
  • oldtimer
  • Glenn Peck
  • Z-6-A
  • Charles Lindbergh
  • Oldtimerflugzeug
  • Transportflugzeug
  • Doppeldecker
  • Kitplane
  • Zenith
  • Atlantiküberquerung
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