Ultraleicht

UL-Triebwerk: Smart CDI Diesel von FlyEco

Seit 14 Jahren fliegt der Smart-Motor in ULs. Jetzt könnte die Diesel-Version den Durchbruch schaffen – mit konkurrenzlos niedrigen Betriebskosten

Von Peter Wolter
UL-Triebwerk: Smart CDI Diesel von FlyEco

Es ist zehn Jahre her, dass ich den Smart-Motor der Firma Ecofly in einer FK9 geflogen habe – den Benziner (siehe fliegermagazin 8/2003). Damals sah es so aus, als könnte der hochmoderne Suprex M 160 dem Rotax 912 langfristig das Leben schwer machen. Immerhin war nicht nur die Technik überzeugend, sondern hinter Ecofly standen zwei Spitzenleute aus der Luftfahrt- und der Automobilbranche: Flugzeugkonstrukteur Otto Funk, Vater des FK-Leichtflugzeuge-Herstellers Peter Funk, und Eberhard Rau, der bei DaimlerChrysler den Smart-Motor konstruiert hatte. Rund 60 Smart-Benziner fliegen auch bis heute, die aktuelle Version mit 101 PS. Doch diese Stückzahl ist verschwindend klein angesichts von mehr als 45 000 produzierten Rotax 912 und 912 S.

Es gab damals auch bereits Smart-Dieselmotoren in Luftfahrzeugen: Ecofly hatte 300 Stück an Northrop Grumman für deren zweimotorige Drohne des Typs Hunter verkauft. In manntragenden Fliegern kamen allerdings nur zwei zum Einsatz: in einer FK9 und in einem Silence Twister (der infolge eines Pilotenfehlers abgestürzt ist). Otto Funk hat dann die Diesel-Variante nicht weiter verfolgt, da er keinen überzeugenden Vorteil für Leichtflugzeuge sah: Der Diesel, sagt der heute 79-Jährige, sei schwerer gewesen und der Verbrauchsvorteil nicht attraktiv genug für Leute, die 50 000 Euro und mehr für ein UL ausgeben. Außerdem lag die Leistung, rund 65 PS, deutlich unter dem Standard, den Rotax mit seinen 80- und 100-PS-Triebwerken gesetzt hatte. Doch mittlerweile hat sich was getan.

Smart-Diesel für die UL-Szene

Die FK9, die in Höxter-Holzminden auf dem Vorfeld steht, wird ebenfalls von einem Smart-Diesel angetrieben. „80 PS, vier Kilo leichter als zuvor mit 100-PS-Rotax, sieben Liter pro Stunde bei 170 km/h“, sagt Patrick Rudolph, Pilot und Besitzer der Maschine. Gemeinsam mit Arnim Wegener und Jennifer Hasslinger ist er fest entschlossen, den Smart-Diesel in der UL-Szene zu etablieren. Dazu haben die drei eine Firma gegründet: FlyEco. Rudolph ist für Technik und Erprobung zuständig, Unternehmensberater Wegener fürs Geschäftliche und Rudolphs Freundin, die Informationsmanagemen studiert hat, für Administration und Dokumentation.

Dass sich Rudolph als gelernter „Besamungsbeauftragter Tierart Pferd“ um die Technik eines Diesel-Flugmotors kümmert, klingt skurril, hat aber eine plausible Geschichte: Seine Eltern besitzen ein Gestüt, sein Vater ist Physiker, und das Auto, mit dem früher die Pferdeanhänger gezogen wurden, war ein Mercedes 300 Diesel – den die Familie auf den Betrieb mit Pflanzenöl umgestellt hat. Die Idee erschien zukunftsträchtig, man gründete die Firma Eoil, rüstete auch andere Motoren um, erhielt 2007 den Deutschen Gründerpreis, und in zwei Jahren liefen 8000 Dieselmotoren in Mercedes-Lkw mit Pflanzenöl. Das war, bevor die Diskussion „Tank oder Teller“ aufkam. Heute setzt niemand mehr auf Pflanzenöl als Sprit für Verbrennungsmotoren.

FlyEco-Team: Zur Vermarktung des Smart-Flugdiesels haben Patrick Rudolph, Jenny Hasslinger und Arnim Wegener (v. l.) eine Firma gegründet

Geblieben ist Patricks Begeisterung für Dieselmotoren. „Die Idee, mit einem Diesel zu fliegen, war zunächst etwas rein Emotionales“, erzählt der 32-Jährige. „Ich wollte es anders machen als die Anderen, einfach aus Spieltrieb. Doch dann habe ich bald die Vorteile erkannt.“ Der Smart-Motor kam ins Spiel, als Patrick 2008 zufällig eine FK9 mit dem kleinen Benziner sah. Die wollte er unbedingt fliegen – drei Jahre zuvor hatte er seinen UL-Schein gemacht, in der ersten Saison flog er forsche 800 Stunden, seit 2010 ist er Fluglehrer. „Ich steh total auf Smart“, sagt er, „für mich ist das der modernste und beste Motor auf dem Markt.“ Bei Otto Funk in Speyer wurde er dann auf die Diesel-Version aufmerksam, ebenfalls ein flüssigkeitsgekühlter Dreizylinder-Reihenmotor mit Abgasturbolader, wobei der Diesel eine Commonrail- und der Benziner eine Multipoint-Einspritzung hat.

Für sein weiterentwickeltes Triebwerk verwendet Patrick das Ecofly-Getriebe, allerdings mit einer geänderten Untersetzung. Es hatte sich nämlich gezeigt, dass der Propeller nicht in einem Drehzahlbereich arbeitet, für den UL-Props konstruiert sind. Er drehte zu langsam. Während der Smart-Benziner im Reiseflug an der Kurbelwelle über 4000 Umdrehungen pro Minute erreicht (Nennleistung bei 5600 rpm), kommt der Diesel höchstens auf 3300 (bei 3800 regelt er ab). Beim urspünglichen Untersetzungsverhältnis von 2,1:1 blieb zu wenig Drehzahl am Prop übrig. Mit der heutigen 1,79:1-Untersetzung rotiert die Luftschraube im Reiseflug mit 1700 bis 1900 Touren – das passt. Neu ist auch das Steuergerät des FlyEco-Diesels. Es regelt die Menge des eingespritzten Kraftstoffs, den Einspritzdruck und die Öffnungszeiten der Injektoren, alles in Abhängigkeit vom Ladedruck sowie von der Kraftstoff- und Ladelufttemperatur.

Der Smart-Motor kam ins Spiel, als Patrick 2008 zufällig eine FK9 mit dem kleinen Benziner sah

Die Programmierung des Steuergeräts unterscheidet sich grundlegend von jener im Auto. Wenn hier irgend ein Betriebszustand nicht stimmt – etwa zu hohe Temperaturen oder zu niedriger Öldruck –, leuchtet eine Kontrolllampe auf, und der Motor läuft mit reduzierter Leistung weiter: Langsamer fahren ist hinnehmbar, ein Motorschaden wäre schlimmer. Im Flugzeug dagegen muss der Pilot entscheiden können, ob er das Triebwerk kurzzeitig weiter belasten will, obwohl ein Betriebszustand nicht stimmt. Das kann lebensrettend sein, zum Beispiel beim Start, auch wenn der Motor dadurch beschädigt werden sollte. Im Flugzeug informiert die Kontrolllampe den Piloten lediglich über die Notsituation, ohne dass die Motorsteuerung eingreift. Der Pilot kann dann prüfen, was los ist, und eine Entscheidung treffen.

Sollten alle wichtigen Parameter im grünen Bereich sein – vielleicht ist ja nur ein Sensor am Motor ausgefallen –, braucht er den Flug nicht abzubrechen. Ein Notprogramm gibt es für den Fall, dass die Leistung nicht mehr über den Gashebel reguliert werden kann. Der besteht nämlich nur aus einem Potentiometer, es gibt also keine mechanische Verbindung zwischen Gashebel und Gemischregulierung. Falls das Potentiometer kaputt ist, dreht der Pilot am Motorinstrument eine Schutzhülse raus und kippt den darunter liegenden Schalter in eine von drei Stellungen: nach oben für Vollgas, in die Mitte für Standgas oder nach unten für ein Reiseflug-Powersetting. So kann er heimfliegen und landen, und zwar bequemer als wenn bei einem traditionellen Flugmotor der Gaszug reißt, wonach eine Feder den Gasschieber bis zum Anschlag zieht. Dann geht nur noch Vollgas oder abstellen.

Start in eine bessere Zukunft? Verbrauch und Spritpreis des Diesel-ULs sind unschlagbar

Fällt die Lichtmaschine aus, leuchtet am Motorinstrument ein rotes Lämpchen auf. Dann versorgt die Lithium-Eisenphosphat-Batterie, die 10 Ampere hat, das Steuergerät und die Benzinpumpe mit Strom. Damit dürfte der Motor noch fünf Stunden laufen. Eine Backup-Batterie gewährleistet weitere 30 Minuten Motorlaufzeit. Spätestens dann sollte der Pilot einen Landeplatz gefunden haben.Was mich beim Einsteigen in die D-MVWW neben den harten Fakten wie Flugleistung und Spritverbrauch interessiert, ist der Sound des Dieselflugmotors. Unter diesem Aspekt gefällt mir von vornherein, dass er nicht so hoch dreht wie der Smart-Benziner. Aber er ist trotzdem ein Getriebemotor – würde man die Kurbelwellenfrequenz hören? Beim Anlassen und Abstellen, das wusste ich vom Benziner, war jedenfalls nicht mit fiesen Geräuschen zu rechnen wie beim Rotax 912 mit seinem Zahnradgetriebe, denn der Smart hat eine Zahnriemen-Untersetzung.

Zündschlüssel nach rechts drehen, Hauptschalter an, mit dem roten Tippschalter zehn Sekunden vorglühen (es ist kühl; an einem wärmeren Tag würden fünf Sekunden reichen), Startknopf drücken – und nichts tut sich. Das heißt, der Motor läuft, aber der Propeller steht. Stimmt, Fliehkraftkupplung! Ich gebe etwas Gas, und bei 1700 Umdrehungen pro Minute beginnt der Propeller sich zu drehen. Bei 1900 besteht vollständiger Kraftschluss. Der Sicherheitsaspekt dieser Technik – bei Standgas gibt es keine „rotierenden Messer“ – ist nur ein Nebeneffekt. Primär erfüllt die Kupplung die Funktion, Vibrationen zu vermeiden. Sie würden entstehen, wenn der Prop fest mit dem Motor verbunden wäre und man unterhalb von 1700 rpm zügig Gas geben würde. Grund ist die extrem abgespeckte Schwungmasse des kleinen 800-Kubikzentimeter-Motors.

Das heißt, der Motor läuft, aber der Propeller steht. Stimmt, Fliehkraftkupplung!

Auf dem Taxiway irritiert mich zunächst, dass sich die Rollgeschwindigkeit mit dem Gashebel bei ganz niedrigen Drehzahlen nicht beeinflussen lässt. Ich gebe etwas mehr Gas, bis der Prop zu schaufeln beginnt, und bremse dann eben, wenn es zu schnell vorwärts geht. Am Start sind die Bremsen ebenfalls wichtig, wenn die Rollstrecke so kurz wie möglich sein soll. Beim Gasgeben dreht der Motor relativ langsam hoch – so will es die elektronische Steuerung, damit keine Schwingungen entstehen. Also Bremshebel ziehen (auf der Mittelkonsole), Gas ganz nach vorn, kurz warten, bis die Drehzahl konstant bleibt, Bremsen los – und mit Volldampf beschleunigen. Im Steigflug mit 110 km/h stehen bei 3400 Umdrehungen etwa 76 PS zur Verfügung. Patrick und ich wiegen jeweils zirka 70 Kilo, an Bord haben wir 42 Liter Sprit, das sind bei Diesel 35 Kilo, der Flieger wiegt 280 Kilo, macht insgesamt 455 Kilo.

Mit 17 Kilo unter MTOM zeigt das Variometer im Anfangssteigflug zwischen 800 und 900 Fuß pro Minute an (4 bis 4,5 Meter pro Sekunde). Das entspricht ungefähr der Leistung des 70-PS-Smart-Benziners: In Speyer hatte ich vor zehn Jahren 4,5 Meter pro Sekunde abgelesen – an einem wärmeren Tag. Dass wir mit dem Diesel soeben von einem 622 Fuß höher gelegenen Platz gestartet sind, interessiert den Turbomotor wenig. Bei Vollgas waren damals mit der Taildragger-FK9 nicht mehr als 180 km/h drin, wobei die Propellersteigung wohl zu klein war, denn der Motor drehte deutlich über seine Nennleistung hinaus. Mit Patricks Diesel schafft es die Bugrad-FK9 auf 190 bis 200 km/h. Beeindruckend ist dabei der Verbrauch: 12,2 Liter pro Sunde. Dabei dreht der Motor 3690 rpm. Ich reduziere auf 3300 Umdrehungen pro Minute und lese 180 km/h ab … und 8,6 Liter.

Lange Nase: Der Smart CDI Diesel baut sechs Zentimeter länger als ein Rotax 912

Noch etwas Gas raus … 170 km/h und 7 Liter. Als wir mit 130 Stundenkilometer gemütlich überm Weserbergland spazierenfliegen, sind es nur noch 4 Liter pro Stunde. Bei einem Tankvolumen von 60 Litern könnten wir 15 Stunden lang in der Luft bleiben, dabei fast 2000 Kilometer zurücklegen, und das für 83 Euro reine Spritkosten, wenn man den Liter Diesel mit 1,39 Euro ansetzt. Praxisnäher ist eine Reisegeschwindigkeit von 170 km/h; das ergibt immer noch über 1400 Kilometer Reichweite (ohne Reserve). Zum Vergleich: Der 70-PS-Benziner, der seinerzeit einen Verbrauchsvorteil von 20 Prozent gegenüber dem 80-PS-Rotax hatte, schluckte bei 140 bis 150 km/h acht Liter pro Stunde, also doppelt so viel wie der heutige Diesel bei 130 km/h. Durch dessen geringen Verbrauch ist auch das Zuladungsproblem in der UL-Klasse entschärft: Um 500 Kilometer weit zu fliegen, mit 170 km/h, müssen nicht mal 18 Kilo Kraftstoff mitgeführt werden.

Umso schwerer dürfen folglich Insassen und Gepäck sein. Und das Ding soll keinen Pferdefuß haben? Wie sieht’s mit Vibrationen aus? Immerhin ein Drei- und kein Vierzylinder … Nein, da kann man nichts sagen. Der Klang? Richtig gut, sehr tief, eigentlich hört man nur den Propeller. Leistung? Reicht allemal, und durch den Lader schwächelt das Triebwerk auch nicht mit zunehmender Flughöhe. Zulassung? Braucht ein UL-Motor nicht. Für die erweiterte Musterzulassung der FK9 mit dem FlyEco-Diesel ist die Flugerprobung abgeschlossen; der Hochdecker kann mit Smart-Diesel bestellt werden. Adaptionen an andere Muster führt FlyEco nicht durch, berät aber die jeweils zuständigen Musterbetreuer. Und der Preis? Satte 19 000 Euro brutto! Das sind 3000 bis 4000 Euro mehr, als ein Rotax 912 kostet, je nach Ausstattung (Man muss diesen Motor immer wieder als Referenz heranziehen, weil er den Markt dominiert).

Und das Ding soll keinen Pferdefuß haben? Wie sieht’s mit Vibrationen aus?

„Vor acht Jahren hat der komplette Motor bei Daimler noch 1900 Euro gekostet“, sagt Patrick Rudolph, „heute sind es 5800 Euro – ohne Lader und Injektoren.“ Das mag ein Argument für den hohen Preis des Flugmotors sein, doch ist er nicht trotzdem zu teuer? Patrick und seine Partner wollen vor allem Flugschulen bedienen. Für die könnte sich die höhere Investition bei guter Auslastung rechnen. Schwer zu beurteilen ist die Zukunft der Firma FlyEco. Als ich die D-MVWW Mitte April probeflog, hatte sie erst einen einzigen Motor fertig. Wird es zu einer Serienproduktion kommen? Wird die Firma den Antrieb auf Industrieniveau anbieten können?

Und wird sie in zehn oder zwanzig Jahren noch existieren und Support bereitstellen? Was den Basismotor betrifft, braucht man sich nicht zu sorgen – den verbaut Daimler aktuell im Smart, und alle Einzelteile sind erhältlich. Bedenkt man die Stückzahlen im Automobilbau, dürfte sich daran noch Jahrzehnte nach Produktionsende nichts geändert haben. Für sich genommen, technisch und emotional betrachtet, ist der FlyEco-Diesel eine Wucht. Seine Verbreitung allerdings wird kaum davon abhängen, wie gut er als Motor ist, sondern als Marktprodukt. Kapital, Nachfrage, Support, Durchhaltevermögen, also Business – auf diesem Terrain wird die Zukunft entschieden.

fliegermagazin 6/2013

Technische Daten
Smart CDI Diesel von FlyEco
  • 15 966 Euro netto (kom- plett firewall forward, ohne Propeller, Spinner und Motorträger)
  • FlyEco, Große Mühle 2, 37574 Einbeck-Voldagsen, Tel: 0151/40 13 62 14
Über den Autor
Peter Wolter

Peter Wolter kam vom Drachenfliegen zur motorisierten Luftfahrt und von der Soziologie zum Journalismus. Er steuert ULs sowie E-Klasse-Maschinen und hat sein eigenes UL (eine Tulak) gebaut.

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