Ultraleicht

UL-Pilot-Report: Neue Smaragd-Versionen – Taildragger und Short Wing mit V-Prop

Schnell, wendig, bequem, universell einsetzbar – damit konnte die Smaragd schon immer punkten. Dann brachten Unfälle das Hochleistungs-UL in Misskredit. Hersteller Fläming Air hat daraufhin zahlreiche Modifikationen vorgenommen. Jetzt gibt’s den Composite-Flitzer sogar mit Spornradfahrwerk

Von Redaktion

Vier Jahre ist es her, seit wir das erste eigene UL-Muster von Fläming Air im fliegermagazin präsentiert haben: den Saphir. Seitdem hat sich viel getan. Nicht nur der Name wurde 2004 in Smaragd geändert. Über die Weiterentwicklung des ULs hinaus entstanden auch zwei Versionen für andere Klassen mit erhöhter Zuladung: das Kitplane FA 02 Smaragd VLA (E-Zulassung, 600 oder 650 Kilo MTOM) und der Motorsegler FA 03 Smaragd TMG (K-Zulassung, 630 Kilo MTOM), der vielleicht noch dieses Jahr in die Luft kommt. Als UL gibt’s die Smaragd heute mit dreierlei Flügel (10,05 oder 8,85 Meter Spannweite, D- Version mit 9,00 Meter Spannweite), mit Bug- oder Spornrad-Fahrwerk und drei verschiedenen Motoren (Rotax 912, 912 S, Jabiru 2200). Beim Antrieb kommen sowohl Fest- als auch Verstellpropeller zum Einsatz.


Dass Fläming Air die Smaragd auch mit kurzer Fläche anbietet, ist angesichts der ursprünglichen Flügelgeometrie recht nahe liegend. Erinnern wir uns: Grundgedanke beim Saphir war seinerzeit die Kombination des „schnellen“ Samba-Flügels von Urban Air mit einem Rumpf, für den der Zephyr (Atec) Pate stand, jedenfalls was das komfortable Cockpit betrifft. Am Dreifach-Trapez-Flügel der Samba wurde nun das äußerste Trapez amputiert, was die Spannweite von 10,1 auf 8,85 Meter schrumpfen ließ. Mit kleinen Winglets, vor allem aber dank ihrer flächenvergrößernden Doppelspalt-Fowlerklappen schafft die Smaragd auch mit gekürzter Fläche noch die geforderte UL-Stallspeed von 65 km/h. Doch bei der Short-Wing-Option ist es nicht geblieben.

Smaragd: schnell, wendig, bequem, universell einsetzbar

Nach Unfällen mit dem Brandenburger Ultraleichtflugzeug (siehe fliegermagazin 8/2007), die Zweifel an ausreichender Längsstabilität aufkommen ließen, nahm der Hersteller eine Reihe von Modifikationen vor. So wurde durch Vorverlegung des Brandspants und der Sitze sichergestellt, dass auch bei ungünstigster Beladung – Maximalgewicht in den Sitzen und im Gepäckfach bei minimaler Tankfüllmenge – der zulässige Schwerpunktbereich nicht mehr nach hinten überschritten werden kann. Ein weiteres Ziel war, dafür zu sorgen, dass der Pilot durch einen möglichst sukzessiven Strömungsabriss vor dem Stall gewarnt wird. Dies gelingt, wenn weite Bereiche der Außenflügel noch sauber umströmt werden (also noch tragen, was die seitliche Abkipptendenz mindert), während die Innenbereiche schon abreißen. Dafür sorgen neuerdings Dreiecksleisten an der Profilnase des Innenflügels.

Mit zunehmendem Anstellwinkel stolpert die Strömung hier schon früher. Das erzeugt warnendes Schütteln, deutlich bevor die Flügelenden „schwach werden“. Die zusätzliche senkrechte Finne unterm Rumpfende bringt erhöhte Stabilität um die Hochachse. Dies ist in zweierlei Hinsicht vorteilhaft: Zum einen schwächt sie Gierbewegungen beim Stall ab, die sich aufs Abreißverhalten nachteilig auswirken können. Zum anderen hilft sie, eine Rotation des Flugzeugs um die Hochachse zu stoppen, falls es nach einem Strömungsabriss zum denkbar ungünstigsten Fall kommen sollte: Trudeln. Zwar ist dieser Flugzustand mit ULs weder erlaubt, noch wird er erprobt. Doch bei Maschinen, deren Seitenleitwerk vor dem Höhenleitwerk platziert ist, kann das Seitenleitwerk durch die veränderte Strömungsrichtung (teilweise) vom Höhenleitwerk abgeschattet sein – dann ist jede frei angeströmte, weil darunter angeordnete Seitenleitwerksergänzung willkommen.

Vor allem bei einem Muster, das dem Trudelverdacht ausgesetzt war. Zwei Smaragd-Versionen stehen mir in Oehna-Zellendorf für Probeflüge zur Verfügung: eine mit dem herkömmlichen Bugradfahrwerk, kurzem Flügel, 80 PS starkem Rotax 912 und automatischer Verstell-Luftschraube des Typs V-Prop; die andere mit Spornradfahrwerk, langem Flügel, 100-PS-Rotax und manuell elektrisch verstellbarem Kremen-Propeller. Die D-MESB ist die erste Smaragd mit Spornrad. Fläming-Air-Händler Wolfgang S. Nitschmann hat sich diese „100TD“ (für 100-PS-Taildragger) von einer Bugradmaschine zu seinem „Traum-UL“ umbauen lassen. Auf der diesjährigen AERO wurde der Taildragger zum ersten Mal öffentlich präsentiert. Die Flugerprobung für die erweiterte Musterzulassung ist inzwischen abgeschlossen, mit der endgültigen Zulassung in Kürze zu rechnen – Spornrad-Fans werden sich freuen.


Mit 307 (Taildragger) und 308 Kilogramm (Short Wing, Bugrad) bringen beide Flugzeuge etwa die gleiche Rüstmasse auf die Waage. Dabei ist die Spornrad-Variante mit konventioneller Instrumentierung, die Short Wing mit einem FlightDek-D180-Kombiinstrument von Dynon Avionics (plus konventionellem Fahrt- und Höhenmesser als Backup) ausgerüstet. Da der Taildragger durch Umbau eines Bugradflugzeugs entstand, lässt sich in der Serie sicher noch Gewicht einsparen. Fläming-Air-Chef Rudi Hackel spricht von zirka sieben Kilo. Für meine Probeflüge waren beide ULs mit gut 40 Liter betankt, das Startgewicht betrug bei mittlerer Schwerpunktlage rund 420 Kilo. Auch mit der neuen, um zehn Zentimeter vorverlegten Sitzposition hat das Cockpit nichts von seinem Komfort eingebüßt. Mit 1,13 Meter Breite ist das Platzangebot beachtlich – hier fühlen sich auch großgewachsene Piloten wohl.

Neu: Zusatzfinne unter dem Rumpf und Spornrad

Während die „Kilo Charlie“ mit ihrem gelenkten Bugrad beim Rollen eine direkte Steuerung und hervorragende Rundum-Übersicht bietet, liegt bei der „Sierra Bravo“ der vordere Haubenrahmen etwas über dem Horizont. Da ist leichtes Zickzack-Rollen angesagt, um Hindernisse am Panel vorbei erkennen zu können. Bremsanlage und Koppelung des Seitenruders mit dem Spornrad könnten noch optimiert werden: Die per Fußspitzen aufzubringenden Bremskräfte sind relativ hoch, und steifere Verbindungsfedern zum Spornrad würden ein präziseres Rollgefühl vermitteln. Abstimmungen dieser Art sind allerdings eine Sache der Philosophie: Niedrige Bremskräfte erhöhen die Gefahr, dass beim Betätigen des Seitenruders während des Starts und der Landung versehentlich (einseitig) gebremst wird.

Die weiche Seitenruder-Koppelung wiederum macht Seitenwind-Landungen einfacher – dann bringt nicht gleich jeder versehentliche Pedalausschlag den Flieger beim Aufsetzen des Spornrades von der Bahn. Da dieses Rad mit etwas Gas, einseitigem Bremsen und Seitenruder-Vollausschlag ausgerastet werden kann, lässt sich das Flugzeug auf der Stelle um ein Rad wenden. Der Start ist mit beiden Samaragd-Varianten einfach. Leicht gezogen beschleunigt man mit dem Bugradflieger; beim Taildragger ist der Knüppel auf den ersten Metern gezogen, dann neutral. Beide Versionen heben nach sehr kurzer Rollstrecke ab. Sobald jeweils das dritte Rad freikommt, wird ein Seitenruderausschlag rechts zur Kompensation der Antriebseffekte fällig. Im Start und Steigflug mit 110 km/h spüre ich leistungsmäßig kaum Unterschiede. Die 80 PS der Short Wing mit V-Prop bringen mich in zwei Minuten und 38 Sekunden auf 3000 Fuß.

Der Taildragger ist übersichtlich mit Rundinstrumenten ausgestattet

Dabei lässt der Automatikprop den Rotax mit 5100 Touren drehen. Die 20 zusätzlichen PS des Taildraggers verkürzen die Steigzeit gerade mal um 18 Sekunden, wobei der Motor mit flachster Steigung des Kremen-Propellers 5400 Umdrehungen erreicht. Auch im Reiseflug ist kein nennenswerter Unterschied messbar: In der Short Wing regelt der V-Prop die Drehzahl bei Vollgas auf 4900 Umdrehungen ein, der Fahrtmesser zeigt 230 km/h. Stellt man im Taildragger den Propeller auf die maximal zulässige Dauerdrehzahl von 5500 Umdrehungen ein, resultieren daraus 235 km/h. Das EFIS der Short Wing zeigt mir den Spritverbrauch des 80-PS-Motors an: im Steig- und Vollast-Reiseflug gut 23 Liter pro Stunde, im komfortablen Reiseflug bei 190 km/h – der V-Prop regelt die Drehzahl dabei auf 4400 Touren – nur noch 12 Liter pro Stunde. Der 100- PS-Taildragger ist leider nicht mit einer Verbrauchsanzeige ausgestattet.


Das „Glascockpit“ der Short Wing überzeugte mich nicht ganz: Zwar bietet das Dynon-EFIS eine Vielzahl von Anzeigemöglichkeiten, der Screen ist aber recht klein und bunt. So lenkt seine Auswertung länger vom eigentlichen Fliegen und der Luftraumbeobachtung ab als ein schneller Blick aus dem Augenwinkel über konventionelle, sinnvoll angeordnete Rundinstrumente. Vom Flugverhalten her sind beide Varianten angenehm handlich, die Steuerung ist sehr leichtgängig, die Ruderwirksamkeit direkt. Der kurze Flügel bietet bei 105 km/h eine 45-Grad- Rollwendigkeit von 3 Sekunden. Damit rollt die Short Wing um 0,2 Sekunden flotter als die Langflügel-Version. Die neue Flosse unterm Leitwerk kommt der Richtungsstabilität zugute. Mit Spornradfahrwerk ist sie noch besser – hier gibt’s weniger vertikale Fläche vor dem Schwerpunkt.

Sowohl die mit einer elektrischen Flettnertrimmung ausgestattete Short Wing als auch der Taildragger mit seiner manuellen Federtrimmung lässt sich präzise austrimmen. Was die Ruderabstimmung betrifft, zeigt das Seitenruder, besonders beim kurzen Flügel, eine relativ starke Wirkung: Selbst im Langsamflug reicht es aus, um das negative Wendemoment der Querruder vollständig zu kompensieren. Das Überziehverhalten ist gutmütig. Der kurze Flügel warnt clean unter angezeigten 80 km/h durch Weichwerden der Steuerung und anschließendes Schütteln; die Nase kommt deutlich hoch, und unter 75 km/h setzt schüttelndes Taumeln ein. 5 km/h langsamer geht es, wenn die Klappen in Startposition stehen. Mit voll in Landestellung ausgefahrenen Flaps treten die ersten Warnzeichen bei 68 km/h auf, das schüttelnde Taumeln setzt bei 63 km/h ein. Mit Vollgas ist nahe des Stalls volles Seitenruder erforderlich, um die Richtung zu halten.

Der Taildragger zeigt dasselbe Verhalten, aufgrund der größeren Flügelfläche aber bei rund 2 km/h weniger Fahrt. Spätestens wenn das Taumeln beginnt, ist die Grenze des Flugbereichs erreicht, in dem ULs betrieben werden dürfen. Dann sollte deutlich nachgedrückt und die Normalfluglage wieder eingenommen werden. Der Höhenverlust ist dabei gering. Wer allerdings in Bereiche vorstößt, die der Erprobungsfliegerei vorbehalten sind und den für die UL-Zulassung nachzuweisenden Flugbereich überschreiten, und versucht, bei weiterhin gezogenem Knüppel ein Abrutschen oder Abkippen durch kräftige Gegenseitenruder-Ausschläge zu verhindern, dem wird die Smaragd recht heftig in Richtung des Seitenruderausschlags abkippen. Das kann durch direktes Nachdrücken sofort gestoppt werden, trotzdem aber bis über die Messerfluglage hinausführen. Der Abfangbogen frisst dann gut 150 Meter Höhe.

Die Smaragd: ein schnelles Touring-UL

Die Landung klappt mit beiden Flugzeugen problemlos. 95 km/h Basis-Anfluggeschwindigkeit beim großen Flügel, 100 km/h beim kleinen (jeweils plus halbe Windgeschwindigkeit) – so liegt die Smaragd bestens in der Hand. Voll ausgefahren bremsen die Landeklappen hervorragend. Mit flach geregeltem Propeller, was ich in der „Kilo Charlie“ dem V-Prop überlasse, wird noch eine größere Bremswirkung erzielt, sodass steile Anflüge möglich sind. Auch der Slip ist problemlos und effektiv. Voll abgefangen setzt die Bugrad-Maschine auf dem Hauptfahrwerk auf, der Taildragger in sauberer Dreipunktlage ohne nennenswerte Tendenz zum Wegspringen. Sogar kräftiger Seitenwind lässt sich, besonders mit der Short Wing, einfach meistern. Wer möchte, kann die Spornrad-Smaragd auch mit Lufthansa-Landungen zuerst auf dem Hauptfahrwerk aufsetzten – ebenfalls eine einfache Übung.

Die Bremsen sind sauber dosierbar, sodass beim Taildragger die Kopfstandneigung minimal ist. Fazit: Beide Flugzeuge, recht unterschiedlich konfiguriert, zeigen nahezu gleiche Leistungen. Stellt sich die Frage: Was bringt jetzt was? Die Einflüsse lassen sich nur abschätzen. Der kurze Flügel zahlt sich im Reiseflug durch geringfügig niedrigeren Widerstand aus, und seine kleinere Fläche vermindert die Böenlasten. Das macht sich auch im Komfort positiv bemerkbar. Deshalb darf die Short Wing in böiger Luft noch mit 220 km/h geflogen werden, während das Vb-Limit des langen Flügels bei 200 km/h liegt. Das Bugradfahrwerk bringt, neben seinem Gewicht, spürbar mehr Widerstand mit sich. Bei der umgebauten „Sierra Bravo“ allerdings kommt der Gewichtsvorteil nicht zum Tragen; der erste Taildragger ist nicht so leicht, wie er sein könnte. Dazu hat der Kremen-Propeller bei hohen Geschwindigkeiten offensichtlich einen schlechteren Wirkungsgrad als der V-Prop.

Diese Neuentwicklung (siehe fliegermagazin 9/2006) stellt nicht nur in ihrer Mechanik, sondern auch aerodynamisch das aktuelle Nonplusultra dar. Mit welcher Fläche, welchem Fahrwerk und Antrieb auch immer – die Smaragd ist ein schnelles Touring-UL, das mit 100-PS-Rotax auch Segler bis 700 Kilo schleppen darf. Leistungsmäßig bewegt es sich am oberen Ende seiner Klasse, kann aber, wie die Erfahrung zeigt, auch in der Ausbildung eingesetzt werden. Für den Normalbetrieb reichen 80 PS vollkommen aus. Mit dem Jabiru 2200 ergibt sich überdies ein Gewichts-, also Zuladungsvorteil, den man mit der Spornradversion optimieren kann. Der Tiefcker aus Oehna-Zellendorf fliegt sich problemlos und bietet viel Spaß, verlangt allerdings mehr Aufmerksamkeit und erreicht seine Grenzen schneller als ein Einfach-UL. Und er möchte, dass man diese Grenzen respektiert – wie alle Flugzeuge, egal welcher Klasse.


Wer einen (N-)PPL und etwas Zeit hat, kann sich den verstärkten Kit für die FA 02 Smaragd VLA zulegen und das Experimental in der Echo-Klasse zulassen. So bietet die Smaragd bei 360 bis 380 Kilo Leermasse eine Zuladung von bis zu 290 Kilo. Von dieser aerodynamisch unveränderten Version fliegen inzwischen vier Stück, darunter die D-EMTX: ein Forschungsflugzeug mit Außenlast-Pads, in denen hochauflösende Kameras untergebracht sind. Der Berliner Physiker Joachim Wernicke will damit Vermessungs- und Überwachungsaufgaben erproben.

Text und Fotos: Jochen Ewald, fliegermagazin 9/2007

Technische Daten
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