Ultraleicht

UL-Pilot-Report: Junka 912 von Jacques Brenckle

200 Kilogramm Zuladung und 
200 km/h Reisegeschwindigkeit 
– es gibt nicht viele ULs, 
die das bieten. Die Junka aus 
dem Elsass gehört dazu. 
Ihr Hersteller arbeitet bereits 
an der deutschen Zulassung

Von Redaktion
UL-Pilot-Report: Junka 912 von Jacques Brenckle
Junka 912 von Jacques Brenckle

Frankreichs UL-Szene ist aus deutscher Perspektive ein Traum. Da gibt es zum Beispiel relativ einfache, auf mehr Eigenverantwortung basierende Zulassungsprozeduren oder die Möglichkeit, eine Wiese unbürokratisch in ein privates Flugfeld zu verwandeln.

Beides hat dazu beigetragen, die UL-Fliegerei in unserem Nachbarland groß werden zu lassen – und was den Sicherheitsstandard betrifft, so scheint es keine auffälligen Defizite etwa im Vergleich zu Deutschland zu geben.

Allerdings: Über das Angebot an Dreiachsern sind nicht alle Franzosen glücklich. Highend-Flugzeuge seien zu schwer und zu teuer, während die schlichten Rohr-Tuch-Konstruktionen in puncto Flugleistung, Komfort und Design den Ansprüchen nicht gerecht würden.

Das geht auch anders, sagte sich Jacques Brenckle, Frankreich-Importeur von Junkers Profly im elsässischen Haguenau. Gemeinsam mit André Kieger machte er sich daran, das dünne Angebot zwischen Highend und Rohr-Tuch aufzubessern.

Kieger hatte bereits eine Eigenbau-Schleppmaschine für die Haguenauer Segelflieger und ein Schulflugzeug für den lokalen Motorflugclub konstruiert – der richtige Partner also. Aus seinem Vornamen und „Junkers“ entstand der UL-Name Junka.

Das Grundkonzept war schnell festgelegt: ein Tiefdecker mit festem Bugradfahrwerk und Rechteckfläche. Beim Werkstoff griff man auf Holz zurück. Das älteste Flugzeugbaumaterial ist leicht, robust und lässt sich einfach verarbeiten, kontrollieren sowie reparieren.

Punktuell kommen aber auch andere Materialien zum Einsatz. So bestehen die Gurte des Flügelhauptholms (Verstärkungen an der Ober- und Unterseite) aus CfK, eingebettet ins Holz. Das bringt zusätzliche Festigkeit bei minimalem Gewicht. Auch Cowling, Randbögen, Rumpfrücken und Fahrwerksbügel bestehen aus Faserverbundwerkstoff. Flügel, Querruder und Landeklappen sind Dacron-bespannte Rippenkonstruktionen mit Sperrholz-beplankter Torsionsnase.

Auch am Leitwerk: Holz und Stoff – beplankte Flossen, bespannte Ruder.Dem simplen Kastenrumpf verleihen Distanzleisten auf den Seitenwänden, über die die Bespannung gezogen ist, einen „runderen“, gefälligeren Querschnitt. So ließ sich auch ein geschmeidiger Übergang zur oberen Rumpfverkleidung realisieren. Spezielle Spanten nehmen die Kräfte auf, die übers Fahrwerk und die Flügelholmzungen eingeleitet werden.

Die Festigkeitsnachweise entsprechen den VLA-Anforderungen, sodass der Zulassung als UL im Rahmen der jeweiligen nationalen Bauvorschriften nichts im Wege stehen dürfte.

Den Probeflug machen wir mit der „67-BFR“. Es ist die siebte Junka, ausgestattet mit einem Rotax 912. Sie hat gerade erst ihren Jungfernflug absolviert und soll am nächsten Tag ausgeliefert werden.

Beim Einsteigen ist ein großer Schritt auf den markierten Trittstreifen notwendig. Optional wird eine Trittstufe hinter dem Flügel angeboten. Die Sitze sind auf einer Schiene verstellbar. Da sie nach vorn ansteigt, lässt sich für die meisten Insassen eine passende Ergonomie finden. Deshalb dürften verstellbare Pedale eine selten gewünschte Option sein.

Praktisch: Dank Trittflächen vor dem Sitz zwischen Knüppel und Mittelkonsole muss man beim Einstieg nicht auf die Sitze treten. Die Bedienelemente sind gut erreichbar, einzig der arretierbare Hebel für die hydraulische Scheibenbremse ist etwas zu weit vorne auf dem ansteigenden Teil der Mittelkonsole. Zwei Gashebel – zwischen den Sitzen und an der linken Bordwand – ermöglichen es dem Piloten, mit der gewohnten Hand zu steuern.

Angeschnallt kann ich die geöffnete Haube gerade noch erreichen und herunterziehen. Mit einem Hebel zwischen den Sitzlehnen lässt sie sich beidseitig verriegeln. Falls der Pilot dies vergessen hat, ist der Griff spürbar im Weg.

Beim Rollen fällt zweierlei auf: erstens, dass die Lenkung des teleskopgefederten Bugrads ziemlich direkt ist und das Rad progressiv schwenkt. Das verlangt Feinfühligkeit – dafür lässt sich die Junka aber im Stand um ein Hauptrad drehen, obwohl sie keine Einzelradbremsen hat.

Zweitens sind Pedale und Seitenruder beim Geradeausrollen nicht in Neutralstellung, sondern ein wenig nach rechts ausgeschlagen. Aus gutem Grund: Durch den Propellerdrall wird die Verkleidung des Bugrads leicht von rechts angeströmt. Sie ist so ausgerichtet, dass die Luftkraft im Flug das Seitenruder – mit dem Bugrad über die Pedale gekoppelt – in die Position drückt, die andernfalls mit den Füßen herbeigeführt werden müsste. Eine automatische Seitenrudertrimmung, gesteuert von der Bugradverkleidung – raffiniert!

Die beiden Flügeltanks fassen je 55 Liter und sind leicht vor dem Schwerpunkt platziert, die Sitze minimal dahinter. Der Fluggewichtsschwerpunkt liegt auch bei leeren Tanks und maximaler Cockpitbeladung im grünen Bereich, sofern die Höchstzuladung im Gepäckraum (15 Kilo) nicht überschritten wird. Bei unserem Probeflug bleiben Jacques und ich gut zehn Kilogramm unter der MTOM – die Junka 912 wiegt leer nur sensationelle 272 Kilo.

Zum Start setze ich die elektrisch ausfahrenden Spaltklappen auf zehn Grad. Markierungen auf der Klappenoberseite zeigen die Stellung an. Es ist windstill, und die Temperatur über der Haguenauer Asphaltbahn beträgt deutlich über 30 Grad. Dennoch beschleunigt die Junka hervorragend – nach gut 100 Metern heben wir ab. Bei ICAO-Standardbedingungen liegt die Rollstrecke unter 100 Meter, die Junka ist ein echter Kurzstarter!

Die Sache mit der Bugradverkleidung als Seitenrudertrimmung funktioniert: Kraftfrei stellt sich ein leichter Seitenruderausschlag rechts ein, der die Maschine schiebefrei steigen lässt. Nach dem Einfahren der Flaps beschleunige ich von 100 auf 110 km/h. In einer Minute sind wir in 1000 Fuß GND, also mit fünf Metern pro Sekunde gestiegen. Das ist ein hervorragender Wert für ein 80-PS-UL in heißer Luft.

Trotzdem bleiben Motor- und Kühlmitteltemperatur auch beim weiteren langsamen Vollgassteigflug im grünen Bereich. Die Holzzelle dämpft die Motorschwingungen gut, der Lärmpegel im Cockpit wäre sogar ohne Kopfhörer erträglich. Verstellbare „Bubble“-Einlässe links und rechts an der Kabinenhaube gewährleisten eine gute Cockpitbelüftung. Für den Betrieb im Winter soll noch eine „Defroster“-Belüftung im Haubenrahmen integriert werden.

Die Flettner-Trimmung lässt sich feinfühlig justieren, die Ruder sind leichtgängig und perfekt abgestimmt. Bei höherer Geschwindigkeit nimmt die Ruderkraft zu – so fühlt sich jeder auf Anhieb wohl. Im Horizontalflug bei Vollgas klettert die Fahrtmesseranzeige auf 210 km/h, allerdings dreht der Motor dabei mit 5700 Touren bereits im gelben Bereich.

Jacques Brenckle möchte dem einstellbaren Duc-Propeller noch ein wenig mehr Pitch geben, sodass die höchstzulässige Dauerdrehzahl von 5500 Umdrehungen nicht überschritten wird. Böiges Wetter drückt bei diesem UL nicht allzu sehr auf die Reisegeschwindigkeit: 200 km/h dürfen dann noch geflogen werden. Als komfortable und spritsparende Leistungseinstellung empfinde ich 180 km/h bei 4600 Umdrehungen pro Minute.

Beim Überziehen ohne Klappen fühlt sich die Steuerung unter 83 km/h weich an, ob im Leerlauf oder mit Vollgas. Bei 80 km/h spürt man das Schütteln der ersten Ablösungen, und bei 78 km/h setzt korrigierbares Taumeln ein. Zieht man weiter durch, will die Junka abkippen, wobei sie aber auch nickt, sodass die Strömung sofort wieder anliegt und der überzogene Flugzustand umgehend beendet werden kann. Mit den Klappen in 10-, 30- und 40-Grad-Stellung geht’s jeweils 5 km/h langsamer bei gleichem Verhalten.

Junka-Fliegen ist nicht nur einfach, es macht auch Spaß: Mit einer 45/45-Grad-Rollwendigkeit von 2,3 Sekunden bei 110 km/h gibt sich der Tiefdecker sehr agil. Dabei vermindern die Friese-Nasen an den Querrudern, die bei nach oben ausgeschlagenem Ruder unten herausstehen, das negative Wendemoment, sodass schiebefreies Rollen noch unter 90 km/h möglich ist.

Die Qualität der gesamten Abstimmung zeigt sich auch daran, dass die eingetrimmte Geschwindigkeit unabhängig vom Powersetting erhalten bleibt. Die Klappenstellung hat ebenfalls keinen Einfluss auf die Speed – hier stimmt einfach alles. Die Bremswirkung der großen Spaltklappen ist gut und ermöglicht steile Anflüge. Mit 95 km/h angeflogen liegt die Junka bestens in der Hand und schwebt im Abfangbogen nicht zu lange aus.

Wie beim Start kommt der leichte Zweisitzer auch bei der Landung mit kürzesten Pisten aus: Unter ICAO-Standardbedingungen wurde eine Landerollstrecke von 95 Metern und eine Landestrecke über ein 15-Meter-Hindernis von 210 Metern ermittelt. Beim Aufsetzen des Bugrades erinnert leichtes Zucken an den Füßen daran, dass das Bugrad nicht exakt gerade steht, sondern einen kleinen Seitenruderausschlag rechts braucht, wenn man geradeaus rollen will.

Die Junka ist ein sehr ausgewogener, einfach zu fliegender Allrounder. Von ihrer Zuladung – vollen 200 Kilogramm – können die meisten Piloten anderer ULs nur träumen. 270 bis 272 Kilo Leermasse, grundausgestattet mit Funk und Rettungsgerät, garantiert Jacques Brenckle seinen Kunden. Weitere vier Kilo lassen sich mit einem optional erhältlichen Kohlefaser-Paket einsparen; Haubenrahmen und Verkleidungsteile bestehen dann aus CfK. Reisen mit Gepäck – das bleibt mit diesem Ultraleichtflugzeug keine Illusion.

Dabei ist die Flugleistung gesunde Mittelklasse; Composite-Superschiffe sind mit dem gleichen Motor und Festpropeller nur 10 bis 20 km/h schneller. Wahlweise bietet der Hersteller auch den 100 PS starken Rotax 912 S sowie eine Schleppkupplung an.

Die ersten sieben Junka fliegen bereits in Frankreich, zurzeit werden die Unterlagen für die deutsche Zulassung übersetzt. Auch hierzulande könnte dieses Muster für überzeugte Ultraleichtflieger eine Bereicherung sein – ganz besonders in einer Zeit, in der die meisten UL-Hersteller nur noch den Markt einer europäischen LSA-Klasse vor Augen haben, die noch nicht einmal klar definiert ist.

Text und Fotos: Jochen Ewald; fliegermagazin 03/2010

Technische Daten
Junka 912 von Jacques Brenckle
  • Junkers Profly France Aerodrome de Haguenau 18, rue Saint Exupéry
 F-67500 Haguenau Frankreich Telefon 0033-(0)388 73 99 61
 www.junka.fr
  • 8,20 m
  • 10,72 m2
  • 5,9 m
  • 2,05 m
  • 1,14 m
  • 272 kg
  • 472,5 kg
  • 110 l
  • Rotax 912 / 80 PS
  • Duc Swirl, 3-Blatt, 
am Boden einstellbar, CfK, 1,68 m
  • ca. 5 m/s
  • ca. 1050 km plus 30 Minuten Reserve
  • ab 71 800 Euro*
  • * mit Grundinstrumentierung, Filser-Funkgerät, Rettungssystem Junkers Magnum Softpack 501, inklusive MWSt.
Schlagwörter
  • Ultraleicht
  • kurze Startstrecke
  • Kurze Pisten
  • Junka 912
  • Jacques Brenckle
  • 200 Kilo
  • Reisen mit Gepäck
  • kurze Landebahn
  • Junka-Fliegen
  • Flettner-Trimmung
  • Cockpitbelüftung
  • Bugradverkleidung
  • Kurzstarter
  • LFSH
  • Haguenau
  • Flügeltank
  • Seitenrudertrimmung
  • 67-BFR
  • Rotax 912
  • Tiefdecker
  • Zuladung
  • Pilot Report
  • Allrounder
Ähnliche Artikel