UL-Pilot Report: EuroStar SLW von Evektor Aerotechnik
Mit über 900 Exemplaren zählt der EuroStar zu den meistgebauten Ultraleichtflugzeugen überhaupt. Jetzt ist das neueste Modell DAeC-zugelassen. Weitgehend identisch mit der LSA-Version, fliegt der EuroStar SLW auch in der deutschen UL-Oberklasse
Auf der AERO hatte Importeur Gerd-Peter Kuhn am 3. April die Musterzu- lassung für den EuroStar SLW entgegengenommen – unmittelbar danach bot der Musterbetreuer dem fliegermagazin die Gelegenheit, die neueste Variante des populären tschechischen Ultraleichtflugzeugs probe zufliegen. Dabei interessierten uns natürlich die Unterschiede zum erst voriges Jahr eingeführten EuroStar SL. Doch zunächst zu den Merkmalen, die beide Flugzeuge vom „klassischen“ EuroStar unterscheiden, wie er äußerlich kaum verändert seit über einem Jahrzehnt als Ganzmetall-UL in Deutschland fliegt.
Die Kabine des Ultraleichts wurde verbreitert
Da fällt erstmal die neu gestaltete Rumpfoberseite auf: Während die Kanzel beim Euro-Star im Verhältnis zum übrigen Rumpf immer etwas zu groß geraten erschien, haben die neuen Konturen nichts mehr von einem Kindchenschema. Nicht, dass die Kabinenhaube geschrumpft worden wäre – sie ist jetzt sogar breiter und bietet maximal 1,18 Meter. Evektor Aerotechnik hat vielmehr den hinteren Rumpfrücken höher gezogen, sodass die Kanzel jetzt hinten flacher abfällt und ohne Kontursprung in den Leitwerksträger übergeht. Dadurch wirkt das „Glashaus“ nicht mehr wie ein Fremdkörper auf dem Rumpf, sondern fügt sich harmonisch ins Gesamtdesign ein.
Der Optik zugute kommt auch die größere Ausrundung zwischen dem aus GFK gefertigten Rumpfrücken und dem Seitenleitwerk, das schlanker und weniger eckig wirkt als beim Vorgänger. Tatsächlich ist es 18 Zentimeter höher. Die Verbindungslinie Cowling–Seitenflossenoberkante verläuft jetzt über den Köpfen der Insassen – bei einem Überschlag ein Sicherheitsgewinn.
Was die Versionen SL und SLW von einander unterscheidet, sind die „inneren Werte“: Während die SL nach den Bauvorschriften für Ultraleichtflugzeuge für ein Lastvielfaches von +4/–2 g und eine maximale Abflugmasse von 472,5 Kilo ausgelegt ist, ging es bei der SLW darum, die VLA-Bauvorschriften der EASA zu berücksichtigen. 600 Kilo MTOM bei +6/–3 g weisen bei der SLW auf Reserven hin, die deutlich über denen der SL liegen. Die dazu notwendigen Verstärkungen machen die SLW rund 15 Kilo schwerer als ein sonst gleich ausgestatteter EuroStar SL. Der muss auch mit einem 65 Liter fassenden Rumpftank auskommen, während die SLW in den geometrisch identischen Flügeln zwei 60-Liter-Tanks hat.
Trotz Auslegung für eine „schwerere Klasse“ ist es dem Hersteller gelungen, die SLW in Deutschland als UL zuzulassen. 302 Kilo brachte das Musterflugzeug auf die Waage. So „nackt“ möchte allerdings kaum jemand fliegen – ein angemessen ausgestatteter EuroStar SLW kommt auf rund 320 Kilo Rüstmasse. Damit bietet er zwar keine berauschende Zulademöglichkeit, liegt aber durchaus noch im Bereich seiner Mitbewerber der UL-Oberklasse.
Auf dem Weg zum European Light Aircraft (ELA)
Anlass für die Entwicklung der SLW war die geplante Neustrukturierung der Leichtfliegerei in Europa, bei der die Zulassung von European Light Aircraft (ELA) vorgesehen ist. Sicher werden die ELA-Bauvorschriften keine Kopie der amerikanischen LSA-Regeln sein. Abzusehen ist jedoch, dass die Anforderungen an die Struktur nicht anspruchsvoller als die für EASA-zertifizierte VLA sein dürften. Mit dem EuroStar SLW hat sich Evektor Aerotechnik nun für die ELA-Einführung gut in Position gebracht.
Erster Eindruck des Flugzeugs beim Vorflugcheck an Kuhns Heimatplatz Bautzen: Dieser EuroStar sticht seine Vorgänger nicht nur optisch aus, sondern wirkt auch in Konstruktion und Bauweise solider. Alle Verbindungen und Ansteuerungen entsprechen Luftfahrtstandard. Die Alu-Struktur der Zelle ist genietet und geklebt. Die zusätzliche Klebung verhindert, dass sich Nietlöcher durch häufige Lastfälle aufweiten und die Verbindungen nachgenietet werden müssen. Außerdem dringt so keine Feuchtigkeit in Kapillarspalte zwischen den Blechen ein, wodurch sie Korrosion verursachen würde. Man kann den EuroStar also bedenkenlos unter freiem Himmel parken (Kabine und Tanks sind abschließbar) – was bei ULs keine gängige Praxis ist.
Das Ultraleicht EuroStar SLW bietet genug Beinfreiheit für große Piloten
Jetzt aber rein in den Flieger! Die SLW ist da sehr entgegenkommend: Die von Gasdruckfedern gehaltene Haube wird nach vorn geöffnet, der betretbare Bereich des Flügels reicht jetzt bis fast zur Endleiste. Die neuen Schalensitze und die vergrößerte Schulterbreite bieten deutlich besseren Komfort. Das Platzangebot ist üppig, selbst für Zwei-Meter-Insassen. Hinter den Sitzen, wo bei der SL der Tank untergebracht ist, steht in der SLW ein geräumiges Gepäckfach zur Verfügung, das mit bis zu 25 Kilo beladen werden darf. Die Pedale sind am Boden einzeln in drei Positionen fixierbar.
Da man die Sitze nicht verstellen kann, benötigen kleine Piloten ein Kissen, um sich optimal zu platzieren. Alle Bedienelemente sind übersichtlich angebracht und gut erreichbar – mit einer Ausnahme: Die Vergaservorwärmung links im Panel sollte in die Mitte zur Motorbedieneinheit (Gas, Propellerverstellung, Choke) verlegt werden. Dahinter ragt aus der Mittelkonsole der Hebel für die mechanisch bewegten Spreizklappen. Beim Probeflug mit Gerd-Peter Kuhn als Co dürfen wir in dem gut ausgestatteten Demonstrator nur 20 Liter Sprit an Bord haben, um legal zu bleiben. Schade – mit E-Zulassung wären 127,5 Kilo mehr drin.
Über Weight and Balance brauche ich mir keine Gedanken zu machen: Die SLW bleibt immer im zulässigen Bereich, solange das Gepäckfach nicht überladen ist. Haube zu. Ist sie nicht verriegelt, meldet das eine Kontrolleuchte oder, wie bei unserem Demonstrator als Option eingebaut, das FlymapLD-Display. Ein Tritt in die Fußspitzenbremsen, die Arretierung unter meinem rechten Oberschenkel gezogen, und der EuroStar beginnt selbst beim Abbremsen mit Vollgas nicht zu kriechen. Beim Rollen zum Start gefällt mir die gute Übersicht und die präzise Steuerbarkeit des seitenrudergekoppelten Bugrads. Gut für den Einsatz als Schleppmaschine: mit etwas einseitiger Bremsunterstützung sind recht enge Wenderadien möglich.
Für den Start setze ich die Flaps auf 15 Grad. Beim Abheben ist nur ein ganz leichter Seitenruderausschlag nach rechts erforderlich, um die Richtung zu halten. Obwohl die Nase bereits steil in den Himmel ragt, zeigt der Fahrtmesser, dass ich die optimale Steigfluggeschwindigkeit von 110 km/h bereits überschritten habe.
Die Flugeigenschaften des EuroStar SLW im Test: Das UL liegt stabil und ruhig
Klappen rein, Nase noch ein wenig höher, kurzes Tippen auf die Trimmtaste im Knüppel – weg ist die Höhenruderkraft. Sogar das Querruder ist mit einer elektrischen Trimmung ausgestattet – perfekt zum Ausgleich unterschiedlich gefüllter Tanks. So kann ich den stabil und ruhig liegenden Flieger nach einem weiteren Tastentipp getrost sich selbst überlassen. Jetzt noch die Drehzahl auf das dauerhaft zulässige Maximum von 5500 Umdrehungen pro Minute, und ich genieße unbeschäftigt die Steigleistung von gut 6,5 Metern pro Sekunde.
Die Sicht durch die große Haube ist bestens. Für weiteres Wohlbehagen sorgt das Cockpitklima: Bei der Heizung kann man zwischen Fußraum und Haube hin und her regeln, und die Düsen rechts und links am Haubenrahmen ermöglichen eine Frischluftdusche.
Ein Sportflugzeug mit einem guten Kompromiss zwischen Speed und Wirtschaftichkeit
Bei unveränderter Motoreinstellung levele ich aus. Mit zunehmender Fahrt steigen die Ruderdrücke um alle Achsen deutlich an. Die Fahrt klettert im Horizontalflug auf gut 220 km/h – nicht ganz so viel wie bei einigen Kunststoff-ULs, aber dank der hohen Vb (Maximalgeschwindigkeit bei starker Böigkeit) von 200 km/h fast immer fliegbar. Im Reiseflug stellen 4200 Umdrehungen und 195 km/h einen guten Kompromiss zwischen Speed und Wirtschaftlichkeit dar. Der Verbrauch liegt dann bei 13 bis 14 Litern pro Stunde.
Beim Überziehen benimmt sich der tschechische Tiefdecker ebenfalls sehr anständig: „Clean“ mit Vollgas fühlt sich die Steuerung unterhalb von 78 Kilometer pro Stunde weich an, bei 73 km/h setzt Schütteln ein, die Nase möchte runternicken. Zieht man weiter, vergrößert sich der Anstellwinkel unter heftigerem Schütteln deutlich, bevor stärker werdendes Taumeln einsetzt, das zunächst noch mit dem sehr wirksamen Seitenruder gehalten werden kann, doch schließlich kippt die SLW über eine Fläche ab. Diese Abkippbewegung lässt sich mit Gegenseitenruder und Nachlassen des Knüppels sofort stoppen.
Mit 15 Grad Klappen das gleiche Verhalten bei 5 km/h weniger Fahrt, mit 30 Grad Flaps geht es nochmals 5 km/h langsamer. In dieser Stellung wird der höchste Auftrieb erzeugt; fährt man die Klappen in die 50-Grad-Landestellung, liegt die Stallspeed um 2 km/h höher. Das Gas ganz rausgenommen, werden rund 4 km/h höhere Warn- und Stallgeschwindigkeiten angezeigt.
Der EuroStar ist nicht nur ein leistungsfähiges und gutmütiges UL, sondern auch ein handliches: Bei 110 km/h messe ich für den 45-Grad-Kurvenwechsel nur 2,5 Sekunden. Ausfahren der Spreizklappen bewirkt ein leicht kopflastiges Moment.
Landeanflug mit 100 km/h (plus halbe Windgeschwindigkeit). Mit voll gesetzten Klappen gleiten wir sehr steil auf die Bautzener »25« zu. Die hohe Eigenstabilität in Kombination mit der hervorragenden Ruderwirkung kommen dem Piloten auch bei böigem Wetter und Seitenwind entgegen. Durch Slippen lässt sich der Gleitwinkel zusätzlich moderat verschlechtern.
Der neue EuroStar SLW eignet sich als Schulflugzeug und auf für die Reise – oder einfach nur zum Spaß
Nach über 900 weltweit verkauften Exemplaren hat Evektor Aerotechnik seinen bewährten EuroStar gründlich überarbeitet und technisch wie optisch gelungen verfeinert. Der neue Eurostar SLW ist ein sehr leistungsfähiges, handliches und gutmütiges Schul-, Reise- und Spaßflugzeug, das sich sowohl für den Privat- als auch Club- und Arbeitseinsatz (Segelflugzeug- und Bannerschlepp) hervorragend eignet. Ein echter Allrounder!
Ob man sich für die SL- oder SLW-Version entscheidet, hängt primär von den Zuladungswünschen ab. Und von den finanziellen Möglichkeiten: Die SLW ist knapp 7000 Euro teurer als die SL, eröffnet aber die Möglichkeit, später in die ELA-Klasse aufzusteigen.
Text und Fotos: Jochen Ewald; fliegermagazin 06/2009
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