UL-Pilot-Report: Elektra Trainer von Elektra Solar
Schulung und Flugzeugschlepp – dafür ist die Elektra Trainer optimiert. Der Prototyp hat schon eine Einzelzulassung. Das Flugzeug ist auf der AERO zu sehen!
Ein Highlight auf der diesjährigen AERO 2023 ist auf dem Messestand von Elektra Solar zu sehen: die Elektra Solar. Das Unternehmen hat die Einzelzulassung für den Prototypen des Zweisitzers erhalten. Der Tiefdecker mit Sidy-by-side-Cockpit wird von zwei in Reihe angebrachten Elektromotoren des Typs HPD-50 von Geiger angetrieben. Die Reisegeschwindigkeit liegt bei 120 km/h. Nun ist die Musterzulassung als Ultraleichtflugzeug geplant.
Das fliegermagazin hatte bereits die Möglichkeit, das Flugzeug zu fliegen. Lesen Sie hier den ausführlichen Pilot Report.
Wie fliegt sich die Elektra Trainer von Elektra Solar?
Stille. Absolute Stille. Gerade haben wir uns am Rollhalt der Piste in Memmingen abflugbereit gemeldet – aber bei uns im Cockpit ist nichts zu hören. Kein Motor brummt, der Propeller steht stockstill. Allenfalls ein leises Summen von Lüftern irgendwo im Rumpf lässt sich erahnen. Dann kommt die Startfreigabe, wir schieben die zwei Leistungshebel in der Mittelkonsole nach vorne – und auf einmal erwacht die Elektra Trainer wieder zum Leben. Der Propeller zieht an, wir rollen auf die Bahn, und es geht los.
Willkommen beim Fliegen mit Elektroflugzeugen! Da passiert im Leerlauf eben nichts, weil dann alles aus ist und auch der Propeller stehen bleibt. Selbst im Flug ist die Elektra Trainer unglaublich leise: Bei den üblichen Lärmmessungen bleibt sie unter 50 dB, also kaum hörbar. Im Reiseflug braucht kein Mensch einen Kopfhörer.
Unglaublich Leise: Im Elektra Trainer braucht man keine Kopfhörer
Uwe Nortmann, Versuchs- und Vertriebsleiter des Herstellers Elektra Solar, ist mit mir in der zweisitzigen Elektra Trainer unterwegs. Das Unternehmen sitzt in Landsberg am Lech, dort soll das Muster später auch gebaut werden. Der Prototyp hat bereits eine Einzelzulassung als UL. Die Bruchtests für die Musterzulassung sind bereits erledigt, jetzt ist vor allem Papierkram dran. „In diesem Jahr wollen wir drei Vorserien-Exemplare bauen, die auch an Kunden gehen. Und dann geht es mit zehn Flugzeugen pro Jahr weiter“, sagt Nortmann.
Die Elektra Trainer hat eine lange Vorgeschichte. 2011 präsentierte der Ingenieur Calin Gologan zum ersten Mal seine knallgelbe, einsitzige Elektra One auf der AERO in Friedrichshafen. Gologan hat seine Wurzeln im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Die damals noch PC-AERO genannte Firma war ein Spin-off der Forschungseinrichtung. Seitdem gab es viele neue Ideen, doch die Elektra One kam nie richtig aus dem Status eines Projekts heraus. Das soll sich nun mit der zweisitzigen Elektra Trainer ändern. „Das wird ein Produkt“, ist Nortmann sicher.
Elektra Trainer hat eine längere Akkulaufzeit als der Pipistrel Velis Electro
Die Daten der Trainer sind beeindruckend, auch, wenn man sie mit dem bislang einzigen EASA-zugelassenen Elektroflugzeug vergleicht, der Pipistrel Velis Electro. Die Elektra hat eine deutlich längere Akkulaufzeit von 2,5 Stunden. Das liegt auch an ihrer Auslegung, die mit sehr langen Flügeln fast an einen Motorsegler erinnert. Vor allem ist sie aber kein modifiziertes Motorflugzeug, sondern von Anfang an auf Elektroflug ausgelegt. Das zeigt sich in der spitz zulaufenden Nase: Elektromotoren sind – aus Verbrennersicht betrachtet – unglaublich klein. Auf einer Achse sitzen ganz vorn gleich zwei Elektromotoren HPD50D des deutschen Herstellers Geiger. Der hat ein System entwickelt, bei dem die Motoren so verbunden sind, dass sie gemeinsam den Propeller antreiben, aber bei Ausfall eines Motors der andere voll funktionsfähig bleibt.
Für den Start leisten die HPD50D maximal 90 Sekunden lang jeweils 35 kW. Nominell könnten die Motoren mehr, doch Elektra Solar will bei den Temperaturen auf Nummer sicher gehen – und auf Langlebigkeit. Deshalb das Limit.
Auch mit nur einem Motor steigt die Trainer weiter
Im Rumpf sind vor und hinter dem Cockpit insgesamt 33 kWh Akkukapazität untergebracht, dazu kommt eine von Elektra Solar entwickelte Steuerungselektronik. Das Ladegerät ist eine Überraschung: Anders als bei anderen Elektroflugzeugen ist es gerade mal etwas größer als ein Schuhkarton – wenn auch sehr viel schwerer. Dennoch: Mitnehmen und am Ziel laden wäre kein Problem. Das Gerät hat zwei Stecker. „Wenn es das Stromnetz aushält, kann man beide anschließen und schneller laden“, erklärt Nortmann. Sogar das Laden mit zwei Geräten an dann vier Steckdosen ist möglich – die sollten dann aber getrennt abgesichert sein.
Wie versprochen werden bei „Vollgas“ im Steigflug 70 kW Leistung auf dem Display im Cockpit angezeigt. Uwe Nortmann hat mir 110 km/h als Steiggeschwindigkeit empfohlen, es geht mit fünf Metern pro Sekunde aufwärts. Das sind absolut respektable Werte. Wir ziehen kurz einen der zwei Motoren auf null, um einen Ausfall zu simulieren. Es geht immer noch mit etwa 1,5 m/s nach oben. Auch Akkus und Elektronik sind redundant ausgelegt.
Hocheffizient: Die Gleitzahl von 25 trägt maßgeblich zur Akkulaufzeit bei
Im Reiseflug nehmen wir die Leistung auf magere 12,5 kW und 120 km/h zurück. Jetzt ist es wirklich Zeit, die Headsets abzunehmen. Es weht ganz ordentlich; Uwe zeigt auf eine Hangkante rechts vor uns: „Geh mal da hin, dann kannst Du den Aufwind mitnehmen.“ Gleich steigt die Reichweitenanzeige auf drei Stunden. Bei diesen Daten muss man keine Angst haben, sich zu weit vom Platz zu entfernen, da sind auch Manöver und ein wenig Sightseeing drin – ebenso eine vernünftige Reserve. Ja, Schulung ist so sehr gut vorstellbar. Mit einer Gleitzahl von 25 ist die Elektra Solar hocheffizient, was die Akkulaufzeit mit erklärt.
Der Prototyp hat eine etwas ungewöhnliche Fahrwerkskonfiguration: einziehbares Hauptrad im Rumpf, dazu Stützräder an den Flächen. Ein Kunde hat sich das genau so gewünscht. Doch schon die zwei übrigen Vorserienmaschinen erhalten ein Zweibeinfahrwerk, die spätere Serie ebenso. Das wird etwas Leistung kosten, ist aber deutlich alltagstauglicher. Beim Spornrad allerdings bleibt es.
Verbesserungen für die Serie: Mit einem Zackenband wurde das Strömungsverhalten verbessert
Uwe ist noch etwas unglücklich mit der Einschnürung des Rumpfs, die bei Schiebeflug zu spür- und hörbaren Turbulenzen führt. Das soll sich in der Serie ändern. Mit einem Zackenband, das auf der Tragfläche klebt, wurde bereits das Strömungsverhalten auch im Langsamflug verbessert – tatsächlich kündigt die Maschine das Überziehen durch ein Schütteln gut an und geht dann absolut sauber einfach auf die Nase.
Die Schlepperprobung soll abgeschlossen werden, sobald die Grasplätze wieder voll nutzbar sind. Aber schon jetzt ist klar: Leiser als mit der Elektra Solar kann man Segelflugzeuge nicht im F-Schlepp ziehen.
Beim Tanken wird’s nicht schwerer: 200 Kilogramm Zuladung sind erlaubt
400 Kilogramm wiegt die Elektra Trainer leer. Das ist nicht wenig, aber Uwe fügt schmunzelnd hinzu: „Sie wird beim Tanken nicht schwerer.“ Das stimmt, und so sind 200 Kilogramm eine sehr ordentliche Zuladung, bis die für Ultraleichtflugzeuge maximale Abflugmasse von 600 Kilogramm erreicht ist.
Zeit für ein paar Manöver. In den Steilkurven möchte die Elektra Trainer Seitenruder sehen – von diesem Flugzeug kann man lernen, koordiniert zu fliegen. Die Ruderabstimmung um die drei Achsen ist gut, das Langsamflugverhalten ereignislos. Für ein Schulungsflugzeug passt das alles.
Uwe entwickelt eine Solaranlage für das Laden der Elektra Trainer
200 000 Euro netto sollen die drei Vorserien-Maschinen kosten, danach werden 250 000 Euro fällig. Das ist nicht wenig, allerdings sind die Betriebskosten eines Elektroflugzeugs geringer. Das gilt vor allem dann, wenn der Ladestrom zum Beispiel aus einer Photovoltaikanlage auf dem Hangardach kommt. Oder aus dem Anhänger, in dem sich die Elektra Trainer verstauen lässt. Gerade entwickelt Uwe dafür eine Solaranlage inklusive 40-kW-Speicherakku. Dann wäre die Maschine immer kostengünstig voll geladen, wenn man zum Flugplatz käme. Auch für die Wartung rechnen Fachleute bei Elektroflugzeugen mit einem geringeren Aufwand, weil es weniger bewegliche Teile und weniger Materialbelastung gibt.
Anflug zur Landung. Die Maschine setzt sauber auf. Die Elektra Trainer ist kein besonders zappeliges Spornrad-Flugzeug, was auch an der Lastverteilung durch die Akkus im Rumpf liegen mag.
Mit der Elektra Trainer steht nun also nach Pipistrels Velis Electro ein zweites Elektroflugzeug-Muster vor der Zulassung – wenn auch erstmal „nur“ als deutsches UL. Die EASA-Zulassung ist zu einem späteren Zeitpunkt durchaus geplant. Die Akkulaufzeit dieses von Anfang an auf Elektroflug optimierten ULs gibt deutlich mehr Spielraum im Alltagseinsatz. Nun muss sich zeigen, wie Hersteller Elektra Solar in Landsberg den Sprung in die Serienfertigung schafft.
Fotos: Samy Kramer
- 14,50 m
- 6,88 m
- 2,31 m
- 400 kg
- 600 kg
- 33 kWh
- 2 x Geiger HPD50D, je 35 kW
- Helix, Dreiblatt, Composite, constant speed, 1,75 m
- bis 2,5 Stunden
- Elektra Solar GmbH Am Penzinger Feld 15 86899 Landsberg
- 91 km/h
- 82 km/h
- 120 km/h
- 205 km/h
- 180 km/h
Thomas Borchert begann 1983 in Uetersen mit dem Segelfliegen. Es folgte eine Motorsegler-Lizenz und schließlich die PPL in den USA, die dann in Deutschland umgeschrieben wurde. 2006 kam die Instrumentenflugberechtigung hinzu. Der 1962 geborene Diplom-Physiker kam Anfang 2009 vom stern zum fliegermagazin. Er fliegt derzeit vor allem Chartermaschinen vom Typ Cirrus SR22T, am liebsten auf längeren Reisen und gerne auch in den USA.
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