UL-Pilot-Report: Comco Ikarus C52
Geduld zahlt sich aus: Das neue Comco-Ikarus-Flaggschiff C52 sollte schon im Frühjahr zur Luftfahrtmesse AERO fertig sein. Doch die Schwaben ließen sich Zeit für den Feinschliff des Ultraleichts
Wer hätte das gedacht: Endlich ist es soweit, der Motor läuft, und jeden Moment rollen wir los, über den etwas holprigen Rasen zur Startbahn von Mengen-Hohentengen. Gar nicht so einfach, ins Cockpit der C52 von Comco Ikarus zu kommen – was aber nicht etwa an den Türen liegt, sondern am Perfektionismus von Werkspilot Jörg Hannemann. Immer wieder bat er um Verständnis und etwas Aufschub, weil ja noch nicht alles fertig sei, schon mal gar nicht für einen Fototermin. Schließlich sollte alles stimmen, wenn die lang erwartete Nachfolgerin des meistverkauften ULs an den Start geht.
Die C52 von Comco Ikarus ist ein Tourer ohne Tadel
Am Ende passte sogar das Wetter. Vom Sonderlandeplatz Bremgarten war ich mit Comco-Vertriebspartner und Fluglehrer Heinz Korella in seiner C42 B in Richtung Mengen gestartet. Auf dem zirka 45 Minuten langen Trip über den Schwarzwald, so mein Gedanke, könnte ich mich wieder in die C42 einfühlen und die beiden Maschinen besser vergleichen. Nicht wenige Piloten rümpfen ein wenig die Nase, wenn sie „C42“ hören: Das „Brot-und-Butter“-Modell hat sicher nicht die Eleganz einer Dynamic und macht auch kein Herzklopfen wie die zierliche, schnelle Shark. Wobei – „langsam“ ist auch nicht gerade das Wort, das mir in dem gutmütigen Allrounder als erstes in den Sinn kommt. Eher „geborgen“, „bequem“, „unkompliziert“ … Ob die C52 auch so ruhig in der Luft liegt wie ihre Vorgängerin?
C42-Piloten finden sich jedenfalls im Cockpit der C52 auf Anhieb zurecht: Am Bewährten festzuhalten war nicht zuletzt eine wichtige Vorgabe bei der Entwicklung des neuen Top-Modells von Comco. Geblieben ist der einklappbare Gasgriff vor jedem Sitz, der eben nicht die Ruder betätigt: Manche Umsteiger mag das anfangs noch verwirren, doch das gibt sich spätestens dann, wenn die andere Hand den zentralen, „echten“ Stick mit dem gut zu bedienenden Hebel für die Radbremsen umschließt.
Die C52 bietet einen guten Sitzkomfort
Der Sitzkomfort ist bestens, man fühlt sich – genau: geborgen, und kann sich gut vorstellen, problemlos auch längere Strecken ohne Schmerzen in der Sitzschale zu verbringen, die in Neigung und Tiefe verstellbar ist. „Ganz glücklich bin ich mit dieser Sitz-im-Sitz Lösung nicht“, verrät Jörg Hannemann, „es bedeutet mehr Gewicht. Aber das bleibt jetzt so.“ Vor allem aber: Das Cockpit ist nun endlich dicht, Zugluft und Regenwasser bleiben draußen. Die Türen schließen nicht einfach wie bisher platt an der Flügelunterkante ab, sondern sind im festen Kabinen rahmen eingehängt. Dass auch sonst nichts rappelt, ist nicht zuletzt dem neu gestalteten Motorträger zu verdanken, der den Rotax-Vierzylinder mit dem zentralen Alu-Rohr – dem charakteristischen Konstruktionsmerkmal der Comco-Flieger – verbindet. Als Nebeneffekt ist die Abluft und damit die Kühlung besser geworden, zirka 8 Grad weniger, so Comco.
Hannemann schließt die optionale Lüftungsklappe in der Schnauze der C52 ein wenig, damit das Triebwerk schneller auf Temperatur kommt. Der Herbst ist zwar nicht mehr zu leugnen, draußen sind es trotzdem noch um die 20 Grad.
Die C52 fliegt der C42 fast davon
Start auf der „26“, ein leichter Wind fast auf der Bahn, wir heben zügig ab und ziehen die Nase steil hoch, um 110 km/h, die Speed für bestes Steigen, zu halten. Mit 4,8 Metern pro Sekunde klettern wir über die vereinzelten Cumuluswolken, um die Thermik unter uns zu lassen. Heinz Korella folgt uns in der C42 – auch er ist gespannt, wie weit die beiden Maschinen in ihrer Leistung auseinanderliegen. Im Horizontalflug regeln wir den Rotax 912 ULS auf 4800 Umdrehungen pro Minute, der Ladedruck pendelt sich auf 23,3 inch ein. „Das dürften zirka 65 Prozent Leistung sein“, sagt Hannemann. In 4500 Fuß erreichen wir etwas über 190 km/h – nicht schlecht!
„Heinz, kommst du noch mit?“, wollen wir über Funk mal eben wissen. „Ja, kein Problem.“ War da schon ein leises, nervöses Flattern in der Stimme? Wir gehen erst auf 5000, dann auf 5200 Umdrehungen. Der Kiev-Propeller setzt die Power sehr schnell um, bei einem Ladedruck um 24 inch bleibt das digitale Band des Dynon-EFIS bei 200 bis 210 km/h stehen. „Im Reiseflug halte ich die Drehzahl gern bei 5000, dann bleibt der Verbrauch auf Überlandflügen unter 15 Litern“, erzählt Hannemann.
Die C52 bietet mit den neuen Flügeln besserer Aerodynamik als die C42
„Heinz …?“ „Jaja, ich seh euch noch. Fliegt ihr mal.“ Wir zischen davon. Aerodynamisch liegen die beiden Muster spürbar auseinander, was die Geschwindigkeit angeht. Das hat natürlich mit dem Flügel der C52 zu tun, der nicht länger bespannt, sondern mit Kunststoff beplankt ist und weniger Widerstand bietet. Die mit 8,71 Meter kürzere Spannweite im Vergleich zur C42 B kommt allein durch andere Randbögen, ebenfalls Composite, zustande – auch das kann Geschwindigkeit bringen. Den größten Zuwachs an Speed, ungefähr 15 km/h, bringt das neue Fahrwerk, das aus Einzelschwingen besteht, die von einem Zwischenelement aus Stahl gedämpft werden. Mit Vollgas liegen 5500 Umdrehungen pro Minute an, die maximal erlaubte Dauerdrehzahl des Rotax 912. Der Höhenmesser zeigt 4100 Fuß, knapp über den Wolken ziehen wir mit 220 km/h indicated airspeed dahin – sehr entspannt fühlt sich das an.
Wir reduzieren auf 160 km/h, um die Rollrate zu messen; zunächst von rechts nach links, 45 Grad zu 45 Grad. Meine Stoppuhr zeigt 1,4 Sekunden; 1,7 ist der Wert, den Comco selbst ermittelt hat. Von links nach rechts, gegen das Drehmoment, sind es bei mir 1,7 Sekunden. Das Verhalten beim Strömungsabriss ist eine Paradedisziplin der C42: Es passiert einfach nichts Furchterregendes, was sicher zum Erfolg des Musters im Schulbetrieb beigetragen hat. Wir probieren mit der C52 alle Klappenstufen. Im Prototypen fahren die Flaps elektrisch ein und aus; ob das zur Serienausstattung gehören wird, ist noch nicht entschieden.
Die C52 bietet Stressfreies Fliegen
Ohne Auftriebshilfen stallt die Maschine im Horizontalflug bei ungefähr 78 km/h; ein kurzes Nicken kündigt an, dass sie nicht mehr will, dann taucht sie ab und nimmt von selbst wieder Fahrt auf. Bei der ersten Klappenstufe kommt der Abriss ungefähr zehn Stundenkilometer später, mit voll gesetzten Flaps ist zwischen 62 und 60 km/h Schluss. „Du spürst diesen Moment, wenn es nicht mehr geht. Das ist uns ganz wichtig: Stressfreies Fliegen, keine Überraschungen, aber du sollst schon merken, wenn es soweit ist, dass die Strömung gleich nicht mehr anliegt“, erläutert Jörg Hannemann die Comco-Philosophie.
„Stressfreies Fliegen, keine Überraschungen – so stellen wir uns ein gelungenes UL vor“
Jörg Hannemann Werkspilot Comco Ikarus
Auch in Kurven bleibt die C52 ohne Tücke, mit eingefahrenen Klappen kommt der Stall rechtsrum bei 76 bis 78 km/h, in Linkskurven bei 80, immer mit einem spürbaren aufrichtenden Moment gegen die Querneigung. Nichts, wovor man Angst haben müsste; die Abstimmung wirkt gelungen.
Zurück im Horizontalflug spüre ich dieselbe Ruhe um die Bewegungsachsen wie heute morgen beim Herflug in der C42. Manche vergleichbare UL-Hochdecker brauchen da deutlich mehr Aufmerksamkeit. Dass am von Grund auf neu gestalteten Heck ein Pendelruder sitzt, ist nicht zu spüren. Der Antiservo-Tab des Höhenruders schlägt automatisch gleichsinnig aus und erzeugt eine stimmige Rückstellkraft. Ich trimme aus, lasse den Knüppel los, und wir cruisen mit 180, 190 Sachen dahin. Wow, sauber! „Bevor wir landen, machen wir noch mal einen tiefen Überflug, damit Du die Höchstgeschwindigkeit nicht nur in 4500 Fuß auf Deinem Zettel hast“, schlägt Jörg Hannemann vor.
In der Platzrunde fühlt sich die C52 mit 160 km/h am wohlsten, doch nach dem Eindrehen in den Queranflug reduzieren wir nicht auf Vfe, die bei 110 km/h liegt, sondern geben nochmal Gas. Mit 5700 Umdrehungen pro Minute und 27,7 inch Ladedruck brausen wir mit kurzzeitig 244 km/h IAS über die Piste; bei der Serienmaschine wird die Vne bei 235 liegen. Die abschließende Landung mit der C52 ist unspektakulär – genauso wie man es erwartet.
Die C52 soll die C42 nicht ablösen
Wir wollen Ende des Jahres die Flugerprobung abgeschlossen haben und Anfang 2013 mit der Serienproduktion beginnen“, so Hannemann. Bis zur Verkehrszulassung stehen noch letzte Abstimmungen auf dem Programm, etwa bei den Querrudern und dem neuen Fahrwerk. Auch von den derzeit 302 Kilogramm Leermasse des Prototypen muss noch was runter: „297 Kilo sind das Limit, aber das kriegen wir auch noch hin“, versichert Hannemann.
Der komfortable Zweisitzer wird die C42 aber nicht ablösen; beide Modelle beziehungsweise die verschiedenen Varianten der Vorgängerin bleiben bestehen. Die Rollen der Comco-Familie sind somit klar verteilt: Die C52 ist vor allem für Tourenflieger gedacht, die nichts gegen ein paar Stundenkilometer mehr einzuwenden haben. Wem Speed nicht so wichtig ist oder wer UL-Piloten ausbildet, für den sind C42 B und die Weiterentwicklung C42 C erste Wahl. Die „C“ hat ebenfalls die neuen Randbögen und damit eine kürzere Spannweite als die C52, bleibt aber ein Rohr-Tuch-UL. Speziell für den Schleppbetrieb gebaut wird die C42
Super Bison mit dem Turbo-Rotax 914 –
eine Aufgabe, für die die C52 erst gar nicht vorgesehen ist.
Text: Martin Naß, Fotos: Frank Herzog, Martin Naß fliegermagazin 11/2012
- 8,71 m
- 11,90 m2
- 6,42 m
- 2,30 m
- 302 kg (Prototyp)
- 472,5 kg
- 65 l
- Rotax 912 ULS/100 PS
- Kiev 3-Blatt, fest, CfK, 1,80 m
- 10 bis 14 l
- 4,8 m/sec
- ca. 850 km
- ab ca. 81 000 Euro (inkl. Mwst., Ausstattung »Club«, mit Basisinstrumenten und Funk)
- Comco Ikarus GmbH, Flugplatz Mengen, Am Flugplatz 11, 88367 Hohentengen
- 190 – 200 km/h
- 212 km/h
- 235 km/h
Martin Naß war bis Ende 2021 Redakteur des fliegermagazins und dort auf UL-Themen spezialisiert.
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