Tragschrauber

UL-Pilot-Report: Celier Aviation Xenon 4

Mit der aktuellen Version des Xenon will Celier Aviation wieder vorn mitmischen im Tragschrauber-Markt: Bessere Verarbeitung, hohe Zuladung und die gediegene Ausstattung versprechen eine gelungene Kombination

Von Redaktion
UL-Pilot-Report: Celier Aviation Xenon 4

Seit Ende Juni ist Celier Aviation mit seinem neuen Modell Xenon 4 am Start. Außer dem Firmennamen und einigen konstruktiven und optischen Wiedererkennungsmerkmalen ist bei dem autorotierenden Drehflügler aus Polen allerdings wenig beim Alten geblieben. Firmengründer Raphael Celier hat einen Neustart hingelegt, mit neuem Team an einem neuen Standort. Dank zahlreicher Verbesserungen stehen die Chancen tatsächlich gut, dass man an den Erfolg des Klassikers Xenon 2 – dem ersten in Deutschland zugelassenen Side-by-side-Tragschrauber – anknüpfen kann. Celier Aviation hat seine Basis jetzt im zirka 40 km südlich von Łódź gelegenen Piotrków Trybunalski, auf dem Gelände eines großen Medizintechnik-Herstellers. Ein cleverer Schachzug, da man dessen moderne CNC-Produktion gleich mitbenutzt.

Die deutsche Musterzulassung erhielt der Xenon 4 am 25. Juni, damit ist er mit dem Rotorvox C2A aus Thüringen der zweite Tragschrauber mit zwei nebeneinander platzierten Sitzen, der das volle mögliche Abfluggewicht von 560 Kilogramm ausschöpft. Die Zuladung ist beim Xenon je nach Ausstattung mit 230 Kilo etwas höher als beim C2A (laut Kennblatt 215 kg). Celier bietet zwei Ausstattungsvarianten an. das Einstiegsmodell Sport und das Top-Modell Executive, letzteres unter anderem mit überarbeitetem Fahrwerk samt neuer Bremsanlage – für den Sport als (empfehlenswerte!) Option erhältlich. Beide Ausführungen gibt es in Deutschland mit dem Celier-eigenen Triebwerk CA 912 ULST mit 135 PS. Wie die Bezeichnung vermuten lässt, basiert es auf einem Rotax 912 ULS, dem man einen Turbolader samt Ladeluftkühler verpasst hat. Um den Motor vom Serien-Rotax abzuheben, sind die Ventildeckel silberfarben lackiert.

Richtungsweisend: Das Leitwerk des Xenon ist jetzt gepfeilt

Der Dreiblatt-Verstellpropeller von Kaspar arbeitet mit einer vollautomatischen Verstellregelung, die auf Drehzahl, Ladedruck und Fahrt reagiert – ein Novum im UL-Tragschrauber-Bereich. Wie schon beim Xenon 2 liegen die beiden Treibstofftanks mit insgesamt 84 Litern hinter den Sitzen, sicher ausfliegbar sind in der Praxis jedoch nur zirka 70 Liter. Das Tanken gestaltete sich beim Xenon 2 aufgrund eines ungünstig gewinkelten Metalltankstutzens stets schwierig, insbesondere mit einer Standard-Zapfpistole. Die ersten Exemplare des Xenon 4 hatten ebenfalls diesen Makel, doch mittlerweile wird ein flexibler Einfüllstutzen verbaut, der das Problem löst. Ein Quantensprung verglichen mit dem Xenon 2 ist die Fertigungsqualität der Faserverbundelemente – Rumpfzelle, Türen und Leitwerk.

Beim Vorgängermodell konnte man beim Anfassen der Seitenruder schon mal den Eindruck gewinnen, diese seien aus einer Art Presspappe gefertigt, ließen sie sich doch mit einem Finger aus der Form bringen. Außerdem wies die Zelle erhebliche Inhomogenitäten und Asymmetrien auf. Von all dem ist beim Xenon 4 keine Rede mehr. Die Kohlefaser-Composite-Elemente stammen von einem polnischen Zulieferer und sind allesamt hervorragend verarbeitet und formstabil. Das trifft auch auf die Türen zu, die es durchaus verzeihen, wenn sie versehentlich kraftvoll zugeschlagen werden. Rollen mit offenen Türen ist kein Problem – eine Erleichterung an heißen Tagen. Die Türen lassen sich unkompliziert ausbauen, sodass man mit offener Kabine fliegen kann. Die komfortablen Executive-Ledersitze mit Sitzheizung sind in drei Stufen verstellbar, sodass der Pedalabstand relativ einfach an die Beinlänge angepasst werden kann.

Stark und breit: Der Xenon 4 wirkt bullig, aber nicht plump. Für den Fotoflug setzt Yannic Edelbrück den Tragschrauber in Szene

Ebenso rasch sind die Sitze ausgebaut, um beispielsweise im Alleinflug größere Gepäckstücke mitnehmen zu können. Den Sitz verstellt man am besten von außen; im Sitzen gestaltet es sich etwas knifflig. Ist dann der etwas mühsame Einstieg vollbracht – man muss mit dem jeweils innenliegenden Bein am Steuerknüppel vorbei, der seitlich aus der Mittelkonsole ragt –, sitzt man sehr bequem, und das auch auf längeren Flügen. Mit meinen 1,88 Metern empfinde ich die Kabine als geräumig und übersichtlich, ich stoße nirgends mit den Knien an. Auf der Mittelkonsole findet man das vom Xenon 2 bekannte schwarz-rot-blaue Hebeltrio aus Gas, Prärotator und Choke. Neu ist der größere und sehr aufgeräumte Instrumentenpilz, der Platz für ein integriertes Navigationssystem bietet. Celier bietet als Option ein iPad Air als Navigationshilfe an, das zusammen mit dem Flieger ausgeliefert wird.

Die Headsets werden hinter den Sitzen eingesteckt: eine optimale Position. Es gibt dort auch zwei Halter zum Aufhängen der Headsets. Zeit für einen Testflug. Der Motor springt sofort an und läuft sehr ruhig. Bereits beim Rollen macht sich das im Vergleich zum Xenon 2 deutlich weichere und besser gefederte Fahrwerk bemerkbar. Dank Ölthermostat ist bereits am Rollhalt die Mindestöltemperatur von 50 Grad Celsius erreicht. Den Magnetcheck führen wir bei Rotax-üblichen 4000 Umdrehungen pro Minute durch. Bevor es auf die Piste geht, muss der Steuerknüppel entsichert werden. An dieser Stelle schlägt dann doch ein ungeliebtes Erbe des Xenon 2 durch. Der Zurrgurt mit Schnellverschluss, welcher um den Knüppel geschlungen ist. Das Entsichern und Sichern des Knüppels mit diesem Gurt ist eine ziemliche Fummelei, und man sollte es einige Male „trocken“ geübt haben, sonst läuft man Gefahr, dass einem der Knüppel entgleitet und nach hinten fällt.

Kein Tiefflieger

Für einen Neuling kann das eine echte Herausforderung sein. Immerhin hat man dem Sicherungsgurt einen Druckknopf spendiert, er kann an der Seitenwand der Mittelkonsole eingeklickt werden und liegt nicht mehr wie beim Vorgänger irgendwo auf dem Boden herum. Beim Vorrotieren wird der Steuerknüppel zunächst einige Zentimeter nach hinten genommen, damit der Rotor frei drehen kann. Der Griff für die Radbremse befindet sich auf der Pilotenseite, also vorne links am Steuerknüppel. Während des Vorrotierens zieht man den Bremsgriff, jedoch ohne ihn einzurasten. Eingekuppelt wird der Prärotator von Hand mittels des roten Hebels in der Mittelkonsole bei einer Drehzahl von 1800 Umdrehungen pro Minute. Dabei spannt man eine Doppelriemenkupplung, die Kraft überträgt eine flexible Welle.

Bei einer bestimmten Drehzahl springt ein fliehkraftbetätigtes Ritzel, die Bendix, in den Zahnkranz unterhalb des Rotors, gut hörbar durch ein charakteristisches „klonk“. Dann gilt es, die Spannung sanft zu erhöhen, bis sich der rote Hebel am hinteren Anschlag befindet, und anschließend durch Zugabe von Gas die Rotordrehzahl bis auf über 200 Umdrehungen pro Minute zu erhöhen. Da man hierzu zwei nebeneinanderliegende Hebel mit einer Hand bedienen muss, bedarf dieser Vorgang ebenfalls einiger Übung. Dank der flexiblen Welle kann man ab einer Rotordrehzahl von 150 Umdrehungen pro Minute den Knüppel bereits komplett nach hinten nehmen. Das hat zwei Vorteile: Zum einen unterstützt eine eventuell vorhandene Windkomponente von vorn den Drehzahlaufbau, zum anderen verliert man nach dem Vorrotieren nicht wertvolle Drehzahl durch das Zurücknehmen des Knüppels.

Vielseitig: Unser Testexemplar ist am Flugplatz Freiburg als Schulungs-UL in Betrieb

Damit ist das Vorrotationsprinzip im Vergleich zur letzten Version des Vorgängers, die bereits mit der Flex-Welle ausgestattet war, prinzipiell gleich geblieben. Allerdings hat Celier die Mechanik verfeinert, was angeblich auch die Lebensdauer erhöht. Von außen betrachtet wirkt der Rotorkopf nun schlichter und eleganter. Maximal ist mit dem System eine Vorrotationsdrehzahl von etwa 250 Umdrehungen pro Minute möglich. Reicht die Drehzahl aus, wird der Prärotator durch zügiges Vorschieben des roten Hebel ausgekuppelt, anschließend löst man die Fahrwerksbremse und gibt Gas. Aber sachte bitte, denn das Triebwerk hat wirklich Dampf! An dieser Stelle empfiehlt es sich, in Gedanken „einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig“ zu zählen, während man den Gashebel nach vorne schiebt.

Die Triebwerksleistung überzeugt nicht nur in punkto Startstrecke – auch mit zwei Personen hebt der Xenon nach 50 bis 100 Metern ab –, sondern auch, was die Steigleistung angeht. 500 bis 1000 Fuß pro Minute sind doppelsitzig durchaus drin. Sehr beeindruckend! Der maximale Ladedruck kann übrigens mit einem Einstellrad während des Flugs angepasst werden, sodass in Extremsituation noch mehr Leistung abgerufen werden kann. Auf der einen Seite ein Sicherheitsmerkmal, wenn man damit umzugehen weiß, auf der anderen Seite allerdings ein potenzielles Risiko für Motorschäden bei unerfahrenen Piloten und Flugschülern. Spätestens beim Übergang in den Horizontalflug registriert man, wie der automatische Verstellpropeller seine Arbeit macht. Nimmt man die Nase herunter und damit Fahrt auf, erhöht die Regelung automatisch den Blattanstellwinkel.

Der vom Xenon 2 bekannte Rotorkopf wurde leicht überarbeitet

Das Flugverhalten des Xenon 4 ist überaus stabil und vibrationsarm, die Geräuschentwicklung in der Kabine angenehm. Grundsätzlich eine feine Sache ist die elektrische Zwei-Achs-Trimmung mittels Trimmknopf am Knüppel. Leider reicht der Trimmbereich der Rolltrimmung bei zwei Personen nicht ganz aus, sodass die Maschine stets leicht nach rechts rollt. Dieses Verhalten lässt sich eventuell durch Umhängen der Trimmfedern beheben; schade jedoch, dass es nicht gleich ab Werk passt. Beim einsitzigen Fliegen ist zwar der Rolltrimmbereich ausreichend, doch der Knüppel muss stets nach vorne gedrückt werden, wenn man schneller als 120 km/h IAS fliegen möchte. Was die Reisegeschwindigkeit angeht, sind die Herstellerangaben übrigens etwas übertrieben. So ergibt der kritische Check mittels GPS ohne Windeinfluss bei angezeigten 160 km/h tatsächliche 140 km/h über Grund.

Die geballte Turbopower des CA 912 ULST hat natürlich ihren Preis. Doppelsitzig liegt der Kraftstoffverbrauch bei durstigen 25 Litern pro Stunde, die maximale Flugzeit damit bei zirka 2:45 Stunden. Überschlagsmäßig kommt man also auf eine Reichweite von 400 bis 500 Kilometer – nicht wie angegeben bis zu 640. Doch derlei Übertreibungen bei Speed und Reichweite kennt man von den meisten anderen Gyro-Herstellern – und auch 500 Kilometer sind eine durchaus beachtliche Distanz. Im Langsamflug und in der vertikalen Autorotation wird die Maschine spürbar unruhiger, die Vibration im Stick erhöht sich merklich. Dies rührt eventuell von der Leitwerksgeometrie her. Das großflächige oben auf den Seitenleitwerken angebrachte Höhenleitwerk fungiert in diesen Flugzuständen als „Windfänger“ für die von unten anströmende Luft, wodurch eine Schwingung verursacht wird.

Komfort am Boden: Das neue Fahrwerk ist spürbar besser gefedert als beim Vorgänger

Das Landeverhalten des Xenon 4 ist deutlich gutmütiger als beim Vorgänger, sicherlich auch dank des weicheren Fahrwerks. Auch durchschnittlichen Gyro-Piloten gelingen butterweiche Landungen mit und ohne Schleppgas. Nach der Landung wird man beim Abbremsen des Rotorsystems und Sichern des Steuerknüppels leider mit den altbekannten Mankos des Xenon 2 konfrontiert. Das Sichern des Knüppels mittels Zurrgurt ist wie bereits das Entsichern umständlich und eine potenzielle Fehlerquelle. Abgebremst wird das Rotorsystem über einen Bremsbelag am unteren Zahnkranz des Rotors, der auf einen U-förmigen Blechbügel gedrückt wird, sobald man den Steuerknüppel gegen den vorderen Anschlag presst. Eine nicht sonderlich effektive Methode, denn der Pilot muss den Knüppel gefühlt bereits leicht durchbiegen, um überhaupt eine nennenswerte Bremswirkung zu erzielen.

De facto läuft der Rotor also sehr lange nach. Doch man kann der langen Nachlaufzeit auch etwas Positives abgewinnen, wenn man sich angewöhnt, den Motor ebenfalls so lange laufen zu lassen, wie sich der Rotor noch dreht. Dadurch kann das Triebwerk langsam abkühlen, was bei einem Turbomotor überaus wichtig ist. Fazit: Insgesamt kann der Xenon 4Executive überzeugen. Man bekommt einen Tragschrauber, der mehr als ausreichend Leistung und mit 560 Kilo Abflugmasse genügend Zuladung bietet, sehr gut verarbeitet ist und dank großzügig verglaster Kabine mit Bugfenstern und übersichtlichem Instrumentenpilz echtes Heli-Feeling vermittelt. Das breite Fahrwerk sorgt für gutmütiges Landeverhalten und Stabilität beim Rollen. Leichte Schwächen zeigt der Gyro bei der Trimmung, dem Sichern und Entsichern des Sticks sowie der Rotorbremse.

Text: Jan Harlfinger; Fotos: Andreas Haller; fliegermagazin 10/2015

Technische Daten
Celier Aviation Xenon 4
  • 5,10 m
  • 2,80 m
  • 2,20 m
  • 295 – 330 kg
  • 560 kg
  • 84 l
  • CA 912 ULST/135 PS
  • Kaspar, CfK, 3-Blatt, constant speed, 1,72 m
  • 50 – 100 m
  • 5 m/sec
  • 400 – 500 km
  • ab 104 720 Euro
  • Celier Aviation Germany, H. Stüdemann, Flugplatz 1, 47929 Grefrath, Telefon: 0177/797 09 00, www.celieraviation.com
Schlagwörter
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