Ü-60-Party: 30 Jahre Piper-Treffen
Nicht viele Luftfahrtklassiker haben eine so treue Fan-Gemeinde wie die Piper J-3 Cub und PA-18 Super Cub, von denen es allein in Deutschland noch rund 200 Exemplare gibt. Ihre Piloten sind weltweit vernetzt und treffen […]
Nicht viele Luftfahrtklassiker haben eine so treue Fan-Gemeinde wie die Piper J-3 Cub und PA-18 Super Cub, von denen es allein in Deutschland noch rund 200 Exemplare gibt. Ihre Piloten sind weltweit vernetzt und treffen sich bei Fly-ins. Wer so eine Maschine in Europa besitzt, dem ist das Piper-Treffen ein Begriff. Seit bald drei Jahrzehnten fällt ein guter Teil der aktiven Cub-Piloten regelmäßig auf einem (fast immer) deutschen Flugplatz ein. Es begann als Idee von Peter Arbogast. Der Vorstand des Aero-Club Schmidgaden in der Oberpfalz beschloss, seine Cub-Kollegen einzuladen. Die Premiere von 1984 brachte zwei Dutzend Teilnehmer nach Nordbayern. Das Treffen wurde eine erfreuliche und zwanglose Angelegenheit, die regelmäßige Wiederholungen nach sich zog – im lockeren Wechsel zwischen Nord und Süd.
Mittlerweile war man auch schon in Meschede-Schüren, Heide-Büsum, Bad Pyrmont, Rerik-Zweedorf, Höxter-Holzminden, Konstanz, Hammelburg, Blumberg, Norddeich, Weser-Wümme, Pfullendorf und Gelnhausen. Somit ist das europäische Piper-Treffen eine eher deutsche Angelegenheit. Einmal, 2002, traf man sich im österreichischen Wels. In der mit Cubs gut versorgten Schweiz, erzählt der Initiator, habe zuviel Behördenkram das Event bislang verhindert. Für internationales Flair sorgen Cub-Fans aus Italien, Belgien, Niederlande, Schweden und Großbritannien. Bisweilen hat es das Wetter mit den Fernfliegern nicht gut gemeint. „Aber es war nie so schlimm, dass gar keiner gekommen ist“, sagt Arbogast. Meistens diente das heimelige Schmidgaden als Treffpunkt. In seinem Büro in Amberg ist alles abgeheftet, was sich in Laufe von bald dreißig Piper-Treffen so angesammelt hat; es ist Archiv und Auskunftsbörse.
1979 hat Arbogast dennoch seine erste PA-18 gekauft – und bald wieder veräußert
Seit vier Jahrzehnten ist der diplomierte Bauingenieur Vorsitzender des Aero-Clubs. Aber: „I mog nimmer“. Und darum wird er diese Aufgabe zum nächsten Jahreswechsel einem anderen überlassen. Und das Piper-Treffen? Sofern es in Schmidgaden stattfindet, lässt er sich die Organisation auch künftig nicht aus der Hand nehmen. Peter Arbogast wird heuer 75 Jahre alt. Seit 1965 ist er in der Motorfliegerei. Als er in Speichersdorf bei der Flugschule Strößenreuther seinen PPL machte, sollte er sogleich in eine betagte PA-18 steigen. „Die könnt ihr gleich stehen lassen!“, so sein despektierlicher Protest damals. Er bestand auf etwas Modernerem. Piper-Liebe auf den ersten Blick sieht anders aus. 1979 hat Arbogast dennoch seine erste PA-18 gekauft – und bald wieder veräußert. Die zweite hat er sich dann 1981 zum Geburtstag selbst geschenkt. Mit dieser rot-weißen D-EBID fliegt er bis heute.
Die 1957 in Lock Haven gebaute Werknummer 18-5660 hat schon eine makellose Grundüberholung im nahen Tschechien hinter sich. Der 95 PS starke Conti war aus demselben Grund in den USA. In einem eigenen Hangar in Schmidgaden ist die Maschine standesgemäß untergebracht. Vor fünf Jahren, 2008, traf man sich dort bislang zum letzten Mal. In den „Jahrbüchern“ des Flugplatzes sind die vergangenen Treffen komplett abgeheftet und mit leicht verblichenen Fotos illustriert; ein Rundflug war einst für 25 D-Mark zu haben. Damals, Anfang der achtziger Jahre, war die Cub noch nicht so begehrt. In den Siebzigern wurde der Spornrad-Klassiker sogar noch zu Schleuderpreisen verhökert, weil in den Vereinen der Umstieg auf die Dreibeiner in vollem Gange war. Auch darum sind PA-18 und ihr Vorgänger J-3 weitgehend aus den Vereinen verschwunden; fast alle deutschen Piper-Taildragger gehören Privatleuten oder Haltergemeinschaften.
Dabei war gerade in den Vereinen die Cub von Anfang an beliebt, kurz nachdem der Motorflug hierzulande wieder erlaubt war. Bei den nicht-fliegenden Airshow-Besuchern wurde sie besonders durch die Burda-Staffel populär, die mit ihren vier PA-18 zwischen 1955 und ’73 hunderte von Flugtagen abklapperte. Kenner wussten schon früh die Qualitäten des schier unverwüstlichen Trainers und Verbindungsflugzeugs zu schätzen: kurze Start- und Landestrecken, Alpintauglichkeit (zumindest der stärkeren Versionen), Wendigkeit, Service-Freundlichkeit und großes Einsatzspektrum – vom Banner- und Segler-Schlepp über Wasserflug bis zum Betrieb auf Ski. Und heute? Arbogast: „Besonders Berufspiloten in ihren standardisierten, mit Technik vollgestopften Cockpits genießen die unmittelbaren fliegerischen Abläufe. Sowas findet sich heute nur noch in unseren Cubs und ähnlichen Flugzeugen.“
Ein kerniges Gerät eben, bei dem sich Piloten noch als Flieger fühlen – womit schon einiges über die ungebrochene Cub-Hingabe gesagt wäre. Die treuesten Teilnehmer des Piper-Treffens hatten und haben den weitesten Anflug. Etwa von Heide-Büsum an der Nordsee. Ein Viereinhalb-Stunden-Flug; das zieht sich. Zumal die PA-18 nicht gerade den Ruf eines Reiseflugzeugs hat. Beim ersten Treffen 1984 waren gleich drei Cubs aus Heide-Büsum dabei. Einer der Piloten: Jochen Paulsen, 73, der nur zweimal ein Treffen versäumte, weil ihn das miese Wetter unterwegs ausbremste. Paulsen flog übrigens jahrelang mit drei weiteren Cub-Piloten in einer Piper-Staffel, die an seinem Heimatplatz stationiert war – ein norddeutsches Gegenstück, wenn man so will, zu Streifeneders „Bravo Lima“-Formation in Tannheim.
Kenner wussten schon früh die Qualitäten des schier unverwüstlichen Trainers und Verbindungsflugzeugs zu schätzen
Zugegeben: Von außen betrachtet glichen sich die vielen Piper-Treffen durchaus, unabhängig davon, wer gerade Ausrichter war. In Schmidgaden gibt’s am Abend jedenfalls Party in Arbogasts Piper-Halle mit Bar. Dabei werden die schönste Maschine und das Team, das den weitesten Anflug hinter sich hat, mit Preisen belohnt. Ein liebgewordenes Ritual. Der Sonntag beginnt mit einem ökumenischen Feldgottesdienst, danach müssen die meisten ohnehin schon wieder an den Heimflug denken. Die Abläufe haben sich eingespielt, und zwei Tage sind schnell rum. Hauptsache: „Bloß kein Stress!“, betont Arbogast. Auch deshalb verzichtet man seit einigen Jahren auf einen Formationsflug der Beteiligten. „Der endete jedes Mal im Chaos“, sagt der Bayer. Macht aber nichts – die Piloten plaudern gern miteinander, staunen und freuen sich über verbindende Erlebnisse, einfach weil das gleiche Flugzeugmuster dabei ein Rolle spielt.
Neben Entertainment hat das Treffen aber auch einen ganz praktischen Nutzen, etwa als Ersatzteilbörse, oder man schaut sich bei anderen Maschinen was ab und tauscht Tipps aus. Sogar der Verkauf von Flugzeugen, weiß Arbogast, werde gelegentlich hier eingefädelt. Die Versorgung mit Ersatzteilen sei für Cub-Besitzer das geringste Problem, obwohl Piper die PA-18-Produktion 1994 endgültig eingestellt hat. Bei Wag-Aero, Aircraft Spruce, CubCrafters und anderen Firmen in den USA kann man alles bestellen – von der Windschutzscheibe bis zum Bremsbelag. Auch ganze Bausätze. Das Piper-Treffen war nie ausdrücklich auf die Cub beschränkt. Auch das seltene Bugradmuster PA-22 Tri-Pacer findet sich hier, und manchmal mogelt sich die Konkurrenz von Cessna dazwischen – zum Beispiel in Form einer C 195. Die Cub, sagt Arbogast, sei immer noch ein Hingucker, wenn man damit irgendwo landet.
Die höchsten Oldie-Weihen, wie zum Beispiel offene Veteranen oder Doppeldecker, habe sie (noch) nicht; dafür sei sie zu praktisch, und ihre Zeitlosigkeit mache sie eher zu einem Klassiker. Ein Problem, das die deutsche Sportfliegerei generell betrifft, zeigt sich auch bei den Piper-Treffen: der steigende Altersdurchschnitt der Piloten. Die Teilnehmern dürften 60 und älter sein, sagt Arbogast, der es wissen muss. Die Suche nach dem jüngsten und dem ältesten Piloten am Platz, zwecks Preisvergabe, gestaltet sich bisweilen ernüchternd: Wenn man beim Piper-Treffen ein jüngeres Gesicht sehe, dann seien das meistens die nicht fliegenden Söhne oder Enkel. Auch sein Sohn gehe lieber Fliegenfischen.
Aber Peter Arbogast selbst hat ja auch erst im zweiten Anlauf eine Hingabe für die PA-18 entwickelt. Die Organisation des Jubiläumstreffens, das nun ansteht, läuft schon seit Jahresbeginn. Arbogast hängt wieder viel am Telefon. Eine komplizierte Struktur, sagt er, wolle man nicht – es sei eine Interessengemeinschaft, und dabei solle es bleiben. Beim aktuellen Treffen von 21. bis 23. Juni wird dann ausgemacht, wo es 2014 hingegen soll. Irgendein Ausrichter wird sich schon finden, kein Zweifel. Die Veranstaltung dürfte kaum anders aussehen als die vorherigen Piper-Treffen. Aber das soll sie ja auch nicht.
Der Weg zur ersten Piper Cub: Von Taylor kreiert, von Piper vermarktet
Chummy heißt der Ur-Ahn der PA-18 Super Cub. Die Maschine ist das Werk der Brüder Gordon und Clarence G. Taylor. Seit 1927 sind sie im Flugzeugbau. Nachdem Gordon 1928 bei einem Kundenflug ums Leben gekommen war, verlegt C. G. die kleine Fabrik nach Bradford, Pennsylvania. Dort kommt William T. Piper ins Spiel, der im Ölgeschäft gutes Geld verdient hat. Er kauft eine Handvoll Anteilsscheine an der Taylor Corporation und übernimmt einen Posten im Verwaltungsrat. Über ein paar Exemplare kommt die etwas zu teuer geratene Chummy nicht hinaus; der Börsencrash 1929 gibt der Firma fast den Rest. Piper favorisiert eine billige, sparsame Maschine für Sportflieger und Flugschulen. So entsteht die tandemsitzige Taylor E-2, die ihre Verwandtschaft mit dem populären Pietenpol Aircamper, einem Selbstbauflugzeug, nicht verleugnen kann.
Es ist die erste Cub, und ihr 40 PS leistender Continental A-40 erweist sich als passender Antrieb. Mit dem richtigen Riecher fürs Geschäft hat Piper inzwischen das Ruder in der Taylor Corporation übernommen. Die E-2 Cub verkauft sich gut und bringt die Firma durch die Weltwirtschaftskrise. Den letzten Schliff und die rundlichen Formen verpasst ihr ein gerade 20-jähriger Konstrukteur namens Walter Jamouneau. Die J-2 zeigt schon das gefällige, klassische Design der gesamten Typenlinie. Chefingenieur Taylor fühlt sich derweil zunehmend überrumpelt. 1935 trennt er sich von Piper und gründet ein eigenes Werk.
Aber auch William Piper hat Probleme. 1937 vernichtet ein Großbrand die Produktionsstätte. In einer leerstehenden Schmiede geht die Fertigung der J-2 Cub vorerst weiter, dann kommt das Angebot, im 80 Kilometer entfernten Lock Haven neu anzufangen, in einer ehemaligen Textilfabrik. Hier nistet sich die Firma nun als Piper Aircraft Corporation ein. Nach 1200 Exemplaren des Typs J-2 hat Chefkonstrukteur Jamouneau die Pläne der J-3 längst griffbereit in der Schublade. Das Basismodell gibt es 1938 schon für rund tausend Dollar. Ein volles Jahrzehnt lang wird es gebaut.
Text: Stefan Bartmann; Fotos: Peter Arbogast, Stefan Bartmann, Peter Wolter, Archiv fliegermagazin; fliegermagazin 6/2013
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