Flugzeuge

Tecnam P Twentyten und P2008 im Verein

2017 besuchten wir den Luftsportverein Vilshofen mit seinen zwei brandneuen Tecnams: einer P2010 und einer P2008.

Von Redaktion
Tecnam P Twentyten und P2008 im Verein
Formationsflug über der Donau: P Twentyten (vorn) und P2008 haben viel Ähnlichkeit – zum Vorteil der Vereinspiloten. Im Hintergrund die Piste des Flugplatzes Vilshofen

Als wir den LSV Vilshofen 2017 besuchen, sind die zwei schicken Italienerinnen in der Club-Flotte gerade mal ein Jahr da – und bereits gut gebucht. Bis heute bietet der italienische Hersteller Tecnam eine abgerundete Vereinsflotte. Der Viersitzer P2010 ist inzwischen auch mit Diesel erhältlich, die zweisitzige P2008 ist ein moderner Kunststoff-Hochdecker. Hier unser Bericht von damals:

„Die Brücke hilft“, sagt Franz Härtel und schmunzelt. Gleich hinter der Bahn am Flugplatz im niederbayerischen Vilshofen führt eine Straßenbrücke über die Donau. Wer drüber fährt, blickt über den Flugplatz auf die Hallen des Luftsportvereins Vilshofen. An denen prangt ein riesiges LSV-Wappen – perfekte Werbung. Nachwuchssorgen kennt der Verein mit Basis am wunderschön gelegenen Donau-Flugplatz EDMV nicht: „Wir haben derzeit 25 Schüler in der Ausbildung, betreut von 10 Lehrern“, berichtet Härtel stolz. Da sei der Blick von der Straße auf den Flugplatz zwar hilfreich, aber viel wichtiger ist das Internet: „Die vergleichen brutal Preise und Angebote. Dann kommen sie zu uns.“

Der LSV Vilshofen besitzt eine hochinteressante Flotte

Was sicher auch mit der Vereinsflotte zu tun hat. Die ist ohnehin außergewöhnlich jung, und sie hatte im letzten Sommer zwei hochinteressante und in Deutschland bisher recht seltene Neuzugänge zu verzeichnen: einen Zwei- und einen Viersitzer von Tecnam aus Italien. „Wenn Sie gleich zwei Maschinen kaufen, ist Ihre Verhandlungsposition sehr viel besser“, erklärt Härtel und fügt hinzu: „Neu ist treu – das ist unser Grundsatz.“

Starkes Team: Cheffluglehrer Toni Müller, der 1. Vorsitzende Franz Härtel und Fluglehrer Charly Lindner mit den beiden Neuzugängen

Schon vor vier Jahren begannen die Überlegungen, womit eine der Piper PA-28 des LSV am besten zu ersetzen wäre. Die wurde für die Schulung, aber auch für Touren genutzt. 140 aktiv fliegende Mitglieder hat der Verein, etwa 15 davon möchten auch eine IFR-taugliche Maschine im Programm haben. Die Flotte des LSV ist breit aufgestellt, hat aber Gemeinsamkeiten, die beabsichtigt sind. Ein Dimona-Motorsegler und eine Katana, beide mit Rotax-Antrieb sowie Aspen-PFD und Garmin-430-Navigator im Panel – das sorgt für eine große Ähnlichkeit, die den Wechsel zwischen beiden Mustern leicht macht. Auch das Vereins-UL, eine Flight Design CTSW, fliegt mit dem Rotax. Von Piper kommen eine 2008er Archer III mit Avidyne-Glascockpit und eine Warrior hinzu – letztere wird vor allem in der Ausbildung eingesetzt.

Eine Cessna 172 kam nicht in Frage

Also wieder eine Archer? Oder eine Diamond DA40? Cheffluglehrer Toni Müller ist Hochdecker-Fan,  er drängte auf etwas anderes. Doch die Cessna 172 kam nicht in Frage: „Die ist nicht sexy – und mit ihren 95 Knoten zu lahm“, meint Härtel mit Nachdruck. Und dann gab es noch das K.-o.-Kriterium: keine Mogas-Tauglichkeit. „Wir haben hier unsere eigene Vereinstankstelle mit Mogas. Alle Maschinen sind Mogas-tauglich, das spart eine Menge Geld.“

Tecnam TürTecnam Tür
Das bieten die anderen nicht: Zwei Türen hat die P Twentyten vorn – und noch eine hinten rechts für Passagiere. Die sitzen so hoch, dass sie gut hinausschauen können

Schon 2010 hatten die Vilshofener erstmals die viersitzige P Twentyten von Tecnam bestaunt – damals ein brandneuer Entwurf. Das Konzept erinnert an die 172, doch die Umsetzung ist zeitgemäßer (siehe fliegermagazin #2.2013). Zusätzlich zu den zwei Türen vorn hat die P Twentyten noch eine weitere hinten rechts. Die Passagiere, die dort einsteigen, sitzen relativ hoch, sodass sie aus den Seitenfenstern, aber auch nach vorn eine sehr gute Sicht haben.

Das Flugzeug ist mit dem Glascockpit G1000 von Garmin erhältlich und wird von einem Lycoming IO-360 mit 180 PS angetrieben. 136 Knoten Reisegeschwindigkeit gibt Tecnam an, beim LSV rechnet man nach den ersten Erfahrungen eher mit 120 – aber da kommt es sehr auf Leistungseinstellungen und Flughöhen an.“

Die Entscheidung fiel für die Tecnam

Anfangs war bei Tecnam noch nicht klar, ob der Motor Mogas-tauglich sein würde“, sagt der Vereinsvorsitzende. 2014 wurden die Überlegungen beim LSV konkret. Mit der Pilatus PC-12 eines Vereinsmitglieds flog eine Abordnung zu Tecnam nach Capua, knapp nördlich von Neapel. Der Werksflugplatz ist bekannt für die recht holprige Graspiste direkt an den Firmenhallen. „Das gefiel uns – wenn das Flugzeug auf dieser Bahn erprobt wird, dann muss das Bugrad etwas aushalten.“ Schließlich kam die entscheidende Nachricht: Der Antrieb wird Mogas-tauglich. Also wurde die P Twentyten gekauft. Und gleich dazu noch deren kleine Schwester, die P2008JC. „Der Viersitzer soll eher für Reisen genutzt werden, also brauchten wir noch ein richtiges Schulflugzeug.“

Alles digital: Neben dem Glascockpit G1000 von Garmin gibt es elektronische Standby-Instrumente. Die P Twentyten wird beim LSV Vilshofen auch nach IFR geflogen

Der Zweisitzer sieht dem größeren Muster zum Verwechseln ähnlich, hat aber auch Wurzeln in Tecnams P92, die als Ultraleichtflugzeug bekannt ist. Die P2008JC ist mit einem Rotax-Motor als Very Light Aircraft (VLA) zugelassen und daher nicht IFR-tauglich. Sie hat ein maximales Abfluggewicht von 650 Kilogramm. Die Vilshofener Maschine ist mit dem Garmin G3X ausgestattet, einem Glascockpit aus dem Experimental-Bereich, das noch etwas moderner ist als das G1000. 

Die Tecnam ist sehr beliebt im Verein

150 bis 200 Stunden pro Jahr soll die P Twentyten im Verein fliegen, damit sich die Anschaffung rechnet. Die P2008JC dagegen muss als Schulmaschine mehr in der Luft sein – und das funktioniert: „Seit sie im letzten Juli zu uns kam, ist sie schon 200 Stunden geflogen“, rechnet Cheffluglehrer Müller vor. 400 Stunden im Jahr? Härtel nickt zustimmend. „Es ist nicht ungewöhnlich, dass wir ein Flugzeug so etwa acht Jahre behalten. Einmal wird nach fünf Jahren der Motor überholt; bevor die zweite Überholung ansteht, verkaufen wir.“ Neu ist treu, erinnert er an seinen Grundsatz.

Das Vereinskonzept kommt an – obwohl der LSV Vilshofen nicht gerade in unmittelbarer Nähe einer Metropole liegt. 140 aktive Mitglieder gibt es, der Verein feierte erst im vergangenen Jahr sein 60-jähriges Bestehen. Die gesamte Vereinsorganisation läuft über ein Computersystem, das der 2. Vorsitzende Markus Lehmann entwickelt hat. Es heißt Onres24, wird inzwischen kommerziell vertrieben (www.onres24.com) und ist bei etwa einem Dutzend Vereinen, Flugschulen und Charterbetrieben im Einsatz.“ Alles läuft online über unsere Server, es wird keine Software vor Ort installiert“, erklärt Lehmann. Diese Dienstleistung kostet eine monatliche Gebühr, die je nach Leistungsumfang variiert.

Hauptseite Onres24Hauptseite Onres24
Flugzeug frei? Der Verein wird komplett über das System Onres24 verwaltet. Buchungen, Abrechnung, Tankstelle, Lizenzüberwachung – alles lässt sich online erledigen

Das Chartern der Flugzeuge geschieht über eine Webseite

Beim LSV geht alles über Onres24 – Härtel macht’s vor: Auf einer Webseite wird angezeigt, welche Flugzeuge am gewünschten Tag noch frei sind. Gleichzeitig erhält der Pilot eine Warnung, wenn etwa Lizenz oder Medical vor dem Ablauf stehen oder der vereinsinterne Checkflug ansteht. Auch die Wartungsintervalle der Flugzeuge sind im System hinterlegt.

Buchung eines FlugesBuchung eines Fluges
Per Mausklick: Franz Härtel und Charly Lindner demonstrieren, wie man beim LSV Vilshofen Flugzeuge am Computer bucht

Bucht das Mitglied einen der zehn Fluglehrer dazu, erhält der automatisch eine Nachricht und kann sich mit dem Schüler in Verbindung setzen. Am Flugplatz beginnt der Checkout der gebuchten Maschine vor einem Tresor im Tower-Gebäude. Mit der Reservierung hat Onres24 dem Piloten einen Barcode zum Ausdrucken geschickt. Wird der vor den Scanner am Tresor gehalten, öffnet sich das Fach mit Flugzeugschlüssel und -papieren – aber nur, wenn das Buchungssystem gültige Lizenz und Medical des Piloten hat.

Sicher: Franz Härtel zeigt den elektronischen Tresor für Flugzeugpapiere und -schlüssel. Er wird vom Online-Buchungssystem Onres24 gesteuert

Die Mogas-Tankstelle aktiviert sich durch einen Chip am Flugzeugschlüssel, die Betankung wird automatisch in Onres24 verzeichnet. Auch die Flugzeiten werden dort aufgezeichnet, die Abrechnung der Gebühren erfolgt automatisch. Rückstände gibt es nicht, Onres24 belastet das Mitgliedskonto sofort.

Die Doppelanschaffung ist ein voller Erfolg

Brandneue Flugzeuge mit Baujahr 2016, eins davon IFR-tauglich – was kosten die? 169 Euro nass sind für die P Twentyten pro Stunde fällig, 85 Euro für die P2008JC. Hinzu kommen 360 Euro Jahresgebühr, „aber keine Arbeitsstunden“, wie Härtel schnell anfügt. Eine Vereinswerkstatt gibt es nicht wirklich, die Maschinen werden beim platzansässigen Betrieb gewartet. Toni Müller hat für die P2008JC in der Schulung nur gute Worte. Robust genug für harte Landungen, einfach im Handling, aber dennoch nicht so einfach, dass man nichts lernt. Die Schüler wissen das Neuflugzeug-Feeling zu schätzen. „Und der Umstieg auf die P Twentyten ist dann ganz leicht“, sagt Müller. Alles sieht nach dem ersten Sommer mit den Tecnams danach aus, als würde die Doppelanschaffung zu einem vollen Erfolg.

Die richtige Entscheidung: Vorstand und Mitglieder sind mit dem neuen Viersitzer voll zufrieden

Text: Thomas Borchert, Fotos: Christina Scheunemann fliegermagazin 04/2017

Technische Daten
  • 9,00 m
  • 13,20 m2
  • 6,97 m
  • 2,67 m
  • 1,14 m
  • 390 kg
  • 650 kg
  • 2
  • 110 l
  • Rotax 912 / 100 PS
  • Hoffmann, 2-Blatt, fest, Holz, 1,73 m
  • 17 lph
  • 207 m
  • 173 m
  • 800 fpm
  • 149500 Euro
  • Intelisano Aviation, 68723 Oftersheim
  • 44 KIAS
  • 116 KTAS
  • 134 KIAS
Schlagwörter
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