Echo-Klasse

Pilot Report: Robin 135 CDI

Bewährte Zelle, modernes Triebwerk: Als Robin 135 CDI ist die
DR400 mit dem 1.7-Liter-Turbodiesel von Thielert so geschmeidig unterwegs wie eine Motoryacht auf ruhiger See. Und sie beschert dem Piloten absolut stressfreies, entspanntes Fliegen. Am 7. Juli erhielt das jüngste Modell von Apex Aircraft die lang erwartete EASA-Zulassung

Von Redaktion

Zart gestreift mit ein paar hauchdünnen Wirren spannt sich der Himmel über sattgrüne Felder. Am Horizont im Westen Dijon mit seinem Häusermeer; unter uns windet sich die Lavau durch die sanfte Hügellandschaft. Jede Biegung des Flusses eine stumme Aufforderung, an dieser Wasserserpentine entlang zu kurven. Erst recht zu dieser Musik: feinster Viervierteltakt aus dem Headset, der Frühlingsstimmenwalzer von Strauß. Was für eine Kombination! Ich fliege. Sonst nichts. Kein Uhrenladen buhlt um stete Aufmerksamkeit, kein Motorüberwachungsinstrument fordert Beachtung. Einzig der Höhenmesser will gelegentlich beguckt werden, und weil ich das genussvoll vergessen habe, reißt mich die Stimme von Alain aus meinen Träumen: „Du musst unter 5000 Fuß bleiben, über uns ist ein Beschränkungsgebiet.“ Prompt verstummen die Walzerklänge, und mir fällt wieder ein, dass dies hier ja ein Pilot Report werden soll und keine himmlische Tanzstunde.

Doch die Robin 135 CDI fliegt sich so kinderleicht, dass man schon mal gedanklich entrücken kann. Und Musik an Bord ist nicht unbedingt konzentrationsfördernd. Aber schön. Ein simpler MP3-Player, der einfach in den COM3-Ausgang der Aufschaltanlage (Garmin 340) gesteckt wird, liefert die klangreine Beschallung. Sobald gesprochen wird – ob im Funk oder via Intercom –, erlischt die Musik automatisch, um sich nach vielleicht fünf bis zehn Sekunden Ruhe im Äther wieder einzuschalten. Und das ganz sanft, ohne brutalen, akustischen Strömungsabriss. Ein Gimmick, das nicht nur mir gefällt: „Fliegen muss endlich mal komfortabel werden“, sagt Alain Ruelloux, Chef- und Testpilot bei Apex Aircraft in Darois und ehemaliger Mirage-Bändiger. „Die Zeiten des ewigen ‚Alarms‘ im Cockpit sind zum Glück vorbei“. In diesem Flugzeug sind sie es definitiv. Die Robin 135 CDI (für Common Rail Diesel Injection) ist so selbstständig unterwegs, dass man das Wort Arbeitsbelastung in diesem Cockpit getrost vergessen kann.

Common Rail spart Gewicht und damit Kosten

Ausgerüstet mit dem 1.7-Liter- Dieseltriebwerk von Thielert Aircraft Engines (TAE) und dem dazu gehörenden Motormanagement FADEC (Full Authority Digital Engine Control), nimmt sie dem an Hebelsalat gewöhnten Piloten jede Menge Arbeit ab. Ein Flugzeug für Flieger, die fliegen wollen und nicht ständig kurbeln und verstellen. Die Turbodiesel-Version der bewährten DR400 ist die logische Liaison zweier Elemente aus weit voneinander entfernten Zeitaltern der Flugzeugentwicklung: einer Zelle von 1972 (Erstflug) und einem ultramodernen Triebwerk der Neuzeit, dessen Serienfertigung seit 2002 läuft. Für die Robin ist der Triebwerkswechsel nichts Neues: Der Centurion 1.7 ist bereits der achte Motor, der in der DR400 sein Zuhause findet – ein Umstand, der für die Zeitlosigkeit der Holz-Konstruktion spricht, die in 33 Jahren kaum verändert wurde. Und für ihre Vielseitigkeit: Unter der Cowling arbeiteten bereits Aggregate von mickrigen 100 PS (Lycoming O-235- C20) bis hin zu stolzen 212 Pferdestärken (Porsche PFM 3200).

Optisch ist die Thielert-Variante der DR400 kaum von ihren konventionellen Lycoming-Schwestern zu unterscheiden. Zumindest von außen. Lediglich die Cowling verrät, dass darunter ein Selbstzünder arbeitet. Weil für den Centurion 1.7 mehr Kühlung erforderlich ist, hat die CDI eine breitere „Triebwerksverpackung“ mit zusätzlichen seitlichen Lufteinlässen. Die rechte füttert den Intercooler des Turboladers, die linke Öl- und Wasserkühler. Vorn unterm Dreiblatt-Prop gähnt noch ein weiteres Loch: der Einlass für die Lader-Frischluft. Innen hingegen machen Kolbenmotor-Gewöhnte erstmal große Augen. Nix Gemischhebel, keine Vergaservorwärmung – lediglich ein einziger Leistungshebel in der Mitte unterm Instrumentenbrett zeugt davon, dass es hier nicht viel zu tun gibt. Im Panel fällt zunächst das so genannte Compact Engine Display (CED) auf – und kompakt ist es in der Tat.

Die runde digitale Anzeige liefert auf einen Blick Drehzahl, Leistungseinstellung, Öldruck und -temperatur, Kraftstoff-Verbrauch, Kühlwasser-, Getriebegehäuse- sowie Treibstoff-Temperatur. Letztere ist wichtig, weil der Centurion sowohl mit Jet A-1 als auch mit Automobil-Diesel betrieben werden kann. Und der flockt, wenn’s kalt ist, weit früher als Kerosin. Also müssen bei einem Autodiesel-Anteil im Tank von mehr als zehn Prozent die Mindest-Temperaturwerte des Kfz-Kraftstoffs eingehalten werden: mehr als null Grad Celsius vorm Start und nicht weniger als minus fünf Grad im Flug. Für Jet A-1 gelten entsprechend minus 30 beziehungsweise minus 35 Grad. Das kann in strammen Wintern durchaus relevant werden. Womit wir beim Triebwerk wären: Der wassergekühlte Viertakt-Reihenvierzylinder (doppelte oben liegende Nockenwelle) mit Turbolader hat eine Common-Rail-Direkteinspritzung, die über eine Hochdruck-Benzinpumpe den Kraftstoff mit 1350 Bar in die „gemeinsame Leitung“ (Common Rail) und von dort in die Einspritzdüsen drückt.

Im Vergleich zur Pumpe-Düse-Technologie, bei der jeder Injektor eine eigene Pumpe hat, spart sich TAE mit der Common-Rail- Technik drei Bauteile. Und damit Gewicht und Kosten. Der hohe Druck, dessen Einhaltung vom FADEC überwacht wird, sorgt für eine extrem feine Zerstäubung des Diesels und eine daraus resultierende besonders gründliche Verbrennung. Außerdem verkürzt sich die Einspritzdauer, was den Vorteil hat, dass genau die richtige Menge Sprit zum optimalen Zeitpunkt in die Brennkammern der Zylinder gelangt. Nicht verwendeter Sprit fließt über das hintere Ende der Common Rail zurück in den Tank. Weil dieses Hochdruck-Einspritzsystem so effektiv ist, ist die Menge des Rückfluss-Treibstoffs hoch. Bei maximaler Leistung, wenn der Motor etwa 27 Liter pro Stunde verbraucht, beträgt das so genannte „return fuel flow volume“ 82 Liter (!) in der Stunde.

Obwohl schon über drei Jahrzehnte alt, macht die Zelle noch immer eine gute Figur

Zurzeit haben die Thielert-Motoren eine Time before Replacement von 1000 Stunden, wahrscheinlich noch in diesem Herbst wird auf 1600 Stunden aufgestockt. Wenn alles läuft wie geplant, kommen im nächsten Jahr nochmal 800 Stunden dazu, sodass die TBR dann 2400 Stunden betragen wird. „Das sind immerhin rund 20 Prozent mehr Betriebszeit als bei Avgas- Motoren“, freut sich TAE-Presseprecher Sebastian Wentzler. Doch der TAE-Direkteinspritzer hat noch mehr zu bieten: Sein Getriebe reduziert die maximale Motordrehzahl von 3900 Umdrehungen pro Minute auf eine maximale Propellerdrehzahl von 2300 RPM (Untersetzungsverhältnis 1,69:1). Das Getriebe hat eine Kupplung mit Torsionsdämpfer, die bei einer Bodenberührung des Propellers den Motor vom Getriebe entkoppelt und so ein Shockloading des Triebwerks verhindert – Kurbelwelle und -lager bleiben also immer intakt.

Anders formuliert: Die Kupplung schluckt bei einem Prop-Strike die Bewegungsenergie des Aufpralls beziehungsweise Hängenbleibens. Das hat den Vorteil, dass nach einer Bodenberührung des Quirls im Normalfall nur Getriebe und Kupplung geprüft und gegebenenfalls getauscht beziehungsweise repariert werden müssen – eine erhebliche Kosteneinsparung. Überhaupt ist die Beziehung von Propeller und Triebwerk eine gelungene Partnerschaft: Gemeinsam sorgen der Dreiblatt-Verstellprop von MT und der TAE-Turbodiesel in dieser Zelle für beeindruckend harmonische Flugeigenschaften. Denn auch die Luftschraube wird von der FADEC elektronisch gesteuert. Ihre Solldrehzahl (maximal 2300, mindestens 1750 U/min) ist abhängig von der Leistungseinstellung und wird selbständig von der FADEC geregelt, erklärt Erik Bollen, Leiter des Entwicklungsbetriebs von TAE.

Bei deutlich reduzierter Leistung läuft der Verstellpropeller dann immer in die Stellung „Kleinste Steigung“, damit etwa bei einem Durchstartmanöver der Motor sofort hochdrehen kann und schnell genügend Leistung zur Verfügung steht. Dieses System habe sich auch in den Einmots anderer Hersteller mit dem Centurion 1.7 bewährt. Zuerst heißt es aber mal Platz nehmen. Der Einstieg in die 135 CDI ist Robin-gemäß bewährt bequem. Die Haube gleitet elegant nach vorn und gibt einen breiten Einstieg frei. Hier muss sich niemand falten wie eine ICAO-Karte, um in den Flieger zu kommen. Innen finden sich dann neben den bereits erwähnten Unterschieden zum konventionellen Panel vor allem zwei weitere Neuheiten: der Schalter für den FADEC-Test und einen zum Umswitchen von FADEC A auf FADEC B, dem Backup-System der elektronischen Motorüberwachung.

In der Normalposition „Auto“ aktiviert das System automatisch die FADEC, die gerade am geeignetsten ist, die Motorüberwachung zu übernehmen (normalerweise A). Fällt A aus, übernimmt in diesem Modus die Alternativ-FADEC. Schaltet man auf B, so ist auch nur System B aktiv. Ohne Strom arbeitet die FADEC nicht, und dann sagt folglich auch der Motor keinen Ton. Im Normalbetrieb müssen sowohl Batterie- als auch Alternator auf „on“ stehen. Während des Fluges sollte man daher den Alternator im Auge behalten. Gibt er den Geist auf, liefert die Batterie im Gegensatz zu einem Motor mit Magnetzündung nur noch Strom für eine Stunde. Dann macht das Triebwerk keinen Mucks mehr, und die Robin wird zum (schlechten) Segelflugzeug. Dies jedoch ist der einzige Wermutstropfen. Und den kann man wirklich verschmerzen, wenn man sich die Bedienfreundlichkeit der CDI anschaut.

Flugzeugwerk mit Showroom: die Unternehmensräume von Apex Aircraft in Darois bei Dijon

Den Motor zu starten ist ein Kinderspiel: Batterie- und Masterswitch „on“, Benzinpumpe an, Gashebel auf „idle“, prüfen, ob die Kontrolleuchten der FADEC aus sind, warten, bis das Vorglüh-Lämpchen aus ist, und Schlüssel drehen – das ist alles. Innerhalb von Sekunden ist der Motor da, und was sofort auffällt, ist sein superleiser Klang. Das CED sollte jetzt die Leerlaufdrehzahl von 890 Touren liefern und einen Öldruck von mindestens einem Bar. Zum Check drückt man jetzt den Schalter für die Kontrolleuchten: Kühlflüssigkeitsstand, FADEC-Bereitschaft, Kraftstoff-Level, Klappen und Engine Caution müssen nacheinander ausgehen. Und schon kann man losrollen. Bis auf dem CED alles grün leuchtet, darf nur mit maximal 1200 Touren gerollt werden. Am Pistenrand folgt der Motorcheck – die schönste Form von Arbeitslosigkeit vor dem Take-off: im Leerlauf einfach den FADEC-Testknopf drücken und gedrückt halten, bis das Motormanagement den Selbsttest beider FADECs abgeschlossen hat, was vielleicht 25 Sekunden dauert. Und dann kann’s losgehen.

Bremsen, Vollgas, Bremsen lösen, und bei 60 Knoten die Nase hoch. Obwohl wir schätzungsweise 26 Grad haben und Darois 1585 Fuß hoch liegt, sind wir – vollgetankt – nach etwa 300 Metern in der Luft. Und jetzt spielt die 135 CDI ihre Trümpfe aus: 21 Liter Diesel bei 75 Prozent statt 33 Liter Avgas in der Lycoming O-320-Version – da spart der Pilot beim Tanken gleich doppelt, von der deutlich größeren Reichweite ganz zu schweigen. Deutschland-Importeuer Intelisano Aviation weist die Robin 135 CDI als Zwei- plus-zwei-Sitzer aus. Nicht ohne Grund: So geschmeidig der Diesel auch schnurrt – an heißen Tagen kann es auf hohen und kurzen Plätzen für 135 PS schon mal eng werden. Potentielle Kunden sollten also im Hinterkopf haben, dass sie im Sommer nicht immer Oma und Opa zum Kaffeetrinken mitnehmen können. Zurzeit verlassen zwei Maschinen im Monat die Werkshallen von Apex Aircraft in Darois.

Apex-Chef Guy Pellissier hofft, auf 50 Flugzeuge pro Jahr aufstocken zu können: „Wir gehen davon aus, dass davon zehn mit Lycoming-Motor und 40 mit Diesel-Triebwerk bestellt werden.“ Rund 30 Anfragen für die neue Robin liegen bei Piero Intelisano und seinem Sohn Marco auf dem Schreibtisch – potentielle Kundschaft, die das Flugzeug natürlich erst mal fliegen will. Und das war bisher nicht möglich: Lange hing die Zertifizierung im EASA-Kanal fest, erst am 7. Juli kam endlich der ersehnte Zulassungssegen – fast ein Jahr später als angekündigt. Die Lieferzeiten, hofft Intelisano, werden bei etwa zwei Monaten liegen. Zum Standard-Equipment der Turbodiesel gehören übrigens ein Außentemperatur-Messer, Stoppuhr, 12-Volt-Anschluss für externe Geräte sowie das Garmin 340 Audio Panel und Bose-Headsets. Damit man schöne Walzer fliegen kann.

Text: Claudia Stock; Fotos: Cornelius Braun, Claudia Stock; fliegermagazin 9/2005

Technische Daten
Robin 135 CDI
  • Apex Aircraft, Darois, Frankreich, Telefon 00 33/3 80/35 25 01, www.apex-aircraft.com
  • 8,72 m
  • 13,6 qm
  • 7,20 m
  • 2,23 m
  • 650 kg
  • 980 kg
  • 330 kg
  • 109 l
  • TAE-Centurion 1.7, 135 PS
  • MT, Constant Speed, 3-Blatt, Composite, 1,87 m
  • 21 l / 75 %
  • 240 m
  • 440 m
  • 282 m
  • 507 m
  • 78 kts
  • 613 NM, 60 %, FL 120
  • 215 296 Euro *
  • Intelisano Aviation, Daimlerstr. 2, 68723 Oftersheim, Telefon 06202/59 44 11, www.intelisano-aviation.de
  • * grundinstrumentiert, mit Funk und Mode-S-Transponder, Garmin 340
Schlagwörter
  • Echo-Klasse
  • Garmin 340
  • Robin 135 CDI
  • Robin 135
  • Common Rail Diesel Injection
  • Shockloading
  • Pumpe-Düse
  • Turbodiesel
  • Apex Aircraft
  • Dreiblatt-Verstellprop
  • Prop-Strike
  • Torsionsdämpfer
  • Time before Replacement
  • Thielert-Motor
  • Hochdruck-Einspritzsystem
  • Darois
  • Common Rail
  • Viertakt-Reihenvierzylinder
  • CED
  • Compact Engine Display
  • Dreiblatt-Prop
  • Centurion 1.7
  • Thielert Aircraft Engines
  • Thielert
  • Durchstartmanöver
  • Verstellpropeller
  • Pilot Report
  • FADEC
  • Tiefdecker
  • Turbolader
  • Thielert-Diesel
  • Viersitzer
  • Knickflügler
  • Motorüberwachung
  • Untersetzungsverhältnis
  • Wasserkühler
  • Lycoming O-235
  • Dijon
  • EASA-Zulassung
  • Motormanagement
  • Intercom
  • Intercooler
  • Dieseltriebwerk
  • CDI
  • Alternator
  • Bodenberührung
  • Brennkammer
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