Ultraleicht

Pilot Report: PS-28 Cruiser von Czech Sport Aircraft

Mehr Zuladung als ein UL, aber günstiger als eine traditionelle E-Klasse-Maschine – dieser Zweisitzer ist das erste in Europa zugelassene Light Sport Aircraft. Wir haben es beim Hersteller in Tschechien geflogen Das ist die neue […]

Von Peter Wolter
Pilot Report: PS-28 Cruiser von Czech Sport Aircraft
Wirtschaftlich reisen: Rotax-Motor und bis zu 225 Kilogramm Zuladung – da sind auch zu zweit längere Strecken mit Gepäck kein Problem

Mehr Zuladung als ein UL, aber günstiger als eine traditionelle E-Klasse-Maschine – dieser Zweisitzer ist das erste in Europa zugelassene Light Sport Aircraft. Wir haben es beim Hersteller in Tschechien geflogen

Das ist die neue Klasse!

Ein Light Sport Aircraft also. Das erste mit EASA-Zulassung. Am 16. April erhielt Czech Sport Aircraft die Musterzulassung nach den europäischen Bauvorschriften CS-LSA, und da in Deutschland noch keine PS-28 fliegt, bin ich zum Hersteller nach Kunovice gereist. Mehrere Maschinen hat Czech Sport Aircraft an diesem heißen Junitag aufs Vorfeld geschoben – heute ist Pressetag: tschechische Printmedien sind da, sogar Leute vom Fernsehen. „Das erste europäische LSA“ – sowas ist eine Schlagzeile wert, das interessiert nicht nur die Fachpresse.

Festpropeller: Damit erfüllt der Zweisitzer die LSA-Regeln in Nordamerika. Für Europa soll nächstes Jahr ein Verstellprop kommen, der die Flugleistung verbessern dürfte

Eine Firma mit Tradition

Gerne verweist man in Kunovice auf die lange Tradition im Flugzeugbau. Die Halle, in der Czech Sport Aircraft heute seine Endmontage durchführt und fertige Maschinen abstellt, stammt noch aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Hier produzierte die Firma Let einst Muster wie die Zweimots Ae-45 und L-410 Turbolet oder den Jet-Trainer L29 Delfin und die L-13 Blanik, ein auch im Westen bekanntes Ganzmetall-Segelflugzeug. Das Luftfahrt-Museum am Ort, wo die Exponate im Freien altern, zeigt Meilensteine der hiesigen Flugzeugindustrie und dazu Jagdflugzeuge aus der Sowjetunion.

Traditionsreiche Halle: Das Gebäude stammt aus den dreißiger Jahren – da gab es in Kunovice bereits eine Luftfahrtindustrie. Heute werden hier PS-28 Cruiser endmontiert und abgestellt

Weniger stolz ist man bei Czech Sport Aircraft auf die jüngere Firmengeschichte, als das Unternehmen noch Czech Aircraft Works hieß, ein Name, der dem heutigen Management nur schwer über die Lippen geht. Mehr als einmal war die Vorgängerfirma durch irritierende Geschäftspraktiken aufgefallen, bevor sie 2009 Insolvenz anmelden musste. Mit privaten Investoren und einer ausgetauschten Führungsmannschaft gelang der Neustart, auf den auch der geänderte Firmenname verweist.
Größere Kontinuität herrscht bei der Belegschaft und der Fertigung. Einige der nach Firmenangaben 150 Beschäftigen haben schon für Let gearbeitet und bringen reichlich Erfahrung im Metallflugzeugbau mit, andere sind in der Zeit von Czech Aircraft Works hinzugekommen, manche seit dem Relaunch vor drei Jahren. Das aktuelle Modell PS-28 Cruiser ist eine Weiterentwicklung des SportCruiser von Czech Aircraft Works, der 2006 zum Erstflug abhob und als LSA auf den US-Markt kam.

Betreits in Nordamerika wird das Flugzeug als SportCruiser vertrieben

Von Januar 2010 bis Anfang 2011 bot Piper das Muster als PiperSport an. Heute wird es in Nordamerika von US Sport Aircraft vertrieben, und zwar mit der alten Bezeichnung SportCruiser. Für das Euro-LSA ist in Deutschland die Piper + Jet Maintenance AG in Kassel-Calden zuständig – eine Zusammenarbeit, die das Intermezzo mit Piper Aircraft in Florida überstand. Alles unwichtig? Nicht, wenn jemand erwägt, hunderttausend Euro für ein Flugzeug locker zu machen. Dann fragt man sich schon, welche Geschichte ein Hersteller hat und wohin die Reise wohl geht.

„Bisher waren die USA unser wichtigster Markt, mit der EASA-Zulassung
ist es jetzt Europa“

Vojtěch Tůma Vertriebschef von Czech Sport Aircraft

Die PS-28 Cruiser ist auf dem neusten Stand

Unsere wird heute nicht über die Umgebung von Kunovice hinausführen, das im Südosten der Tschechischen Republik liegt. Doch erst mal lasse ich mir von Chefkon-strukteur Jiří Konečný die PS-28 Cruiser erklären. Deren Zelle besteht aus Metall, verbaut sind aber auch einige GfK-Teile. Dazu gehören Cowling, Hauptfahrwerksschwinge, Radschuhe, Randbögen an Flügel und Leitwerk, Übergang vom Rumpf zur Seitenleitwerksflosse, Haubenrahmen und dessen Gegenstück auf dem Rumpfrücken.

Überarbeitet: Querruder und Winglets sind größer als beim Vorgänger SportCruiser, das Höhenruder ist schmaler

Die leicht zugespitzte Trapezfläche ist mit elektrisch angetriebenen Spaltklappen versehen, die durch ihren tiefen Drehpunkt flächenvergrößernd wirken. Die Querruder schlagen differenziert aus und werden durch Steuerstangen bewegt, ebenso wie das Höhenruder, während das Seitenruder eine Seilverbindung zu den Pedalen hat. Am Höhenruder fällt neben dem aerodynamisch verkleideten Massenausgleich ein Antiservo-Tab auf, der (automatisch) gleichsinnig progressiv ausschlägt. Dies, erklärt Konečný, sei im Rahmen der EASA-Zulassung notwendig gewesen, um den Ruderdruck zu erhöhen. Verglichen mit dem SportCruiser ist die Höhenleitwerksflosse der PS-28 tiefer und das Ruder schmaler, bei unveränderter Gesamtfläche. Vergrößert hat der Hersteller hingegen Querruder und Winglets.

Flügel mit Gepäckfach: Hier lassen sich auf beiden Seiten zehn Kilogramm unterbringen

Da nicht nur die beiden 57-Liter-Tanks, sondern auch Gepäckfächer für zwei mal zehn Kilo Zuladung in den Flügeln untergebracht sind, gibt es eine Querrudertrimmung, mit der sich eine asymmetrische Gewichtsverteilung kompensieren lässt. Hinter den Sitzen ist Platz für weiteres Gepäck, das maximal 18 Kilo wiegen darf.

Der Blick ins Innere der PS-28 Cruiser

In der Mittagshitze kommt Jiří Herodek mit der OK-RTO aufs Vorfeld gerollt. Der Cheftestpilot von Czech Sport Aircraft ist heute schon mit mehreren Besuchern geflogen. Während ich von hinten auf den linken Flügel steige, rutscht der 67-Jährige auf den rechten Sitz. Linke Hand auf die Panelabdeckung, wo es dafür extra Halteschlitze gibt, rechte auf den Griff zwischen den Sitzlehnen, Füße vorn auf den Boden – kein schweißtreibender Einstieg, selbst wenn es noch wärmer wäre. Mit einem Hebel links außen unterm Instrumentenbrett verstelle ich die Pedale, bis sie zu meiner Beinlänge passen. Die Sitze sind nicht verstellbar, fühlen sich aber bequem an.

Stauraum: Hinter die Sitze passen 18 Kilo Gepäck

Bei einer Cockpitbreite von 1,17 Metern haben zwei Erwachsene nebeneinander reichlich Platz. Ein Rettungsgerät gibt es in unserem Vorführflugzeug nicht, der Deckel im vorderen Rumpfrücken zwischen Brandspant und Panel verrät aber die Einbaumöglichkeit; angeboten wird ein BRS-System. In den USA, erfahre ich, hätten sich bisher die meisten Kunden für diese Option entschieden. Was den europäischen Markt betrifft, rechnet man damit, etwa die Hälfte der Flugzeuge damit auszustatten. Die Erteilung der EASA-Zulassung werde von den Kunden offensichtlich als Sicherheitsgewinn betrachtet, deshalb sei vielen jetzt die Maximalzuladung wichtiger. Immerhin: Rund 15 Kilogramm schluckt das Rettungssystem.

„Manche Kunden wollen ein Rettungs-system, andere lieber mehr Zuladung“

Jiří Konečný Chefkonstrukteur von Czech Sport Aircraft

Bei 32 Knoten das Bugrad anheben, bei 42 abheben, mit 62 steigen, wenn es Dir auf die beste Steigrate ankommt“, sagt Jirí, während wir zur Piste rollen. Obwohl uns ein Textilrollo unterm Haubendach vor der Sonne schützt, hält der Werkspilot die Kanzel von Hand ein stückweit auf, damit mehr Frischluft in die Kabine strömt. Die Pedale zu bewegen bringt am Boden gar nichts – das Bugrad ist frei schwenkbar, und das Seitenruder wirkt erst bei höheren Geschwindigkeiten. Also mit den Fußspitzen die Bremsen antippen, um in die gewünschte Richtung zu rollen. „Das will die Mehrzahl der Kunden“, antwortet Jirí auf meine Frage, warum das Bugrad nicht gesteuert sei.

Der Kunde ist bei Czech Sport Aicraft König

Zumindest ein Teil von ihnen will auch traditionelle Instrumente – unser Demonstrator hat die „Classic“-Ausstattung mit Uhren für Flug- und Motordaten. Dazwischen ist die Avionik platziert: aera 500 (GPS), SL40 (Funk) und GTX 328 (Mode-S-Transponder), alles von Garmin. Als zweite Ausstattungsvariante hat Czech Sport Aircraft ein Glascockpit zertifiziert. Es besteht aus Dynon D100 als Primary Flight Display und Dynon D120 als Engine Monitoring System, ergänzt von Garmin 695 (GPS) sowie SL30 mit Dynon HS34-Steuergerät (COM/NAV).

Ausstattung „Classic“: Die Uhren werden durch Garmin-Avionik ergänzt. Im Cockpit Chefkonstrukteur Jirí Konecny

Klappen auf Startstellung, per Wippschalter vorn in der Mittelkonsole – warten, bis auf der LED-Skala zwölf Grad angezeigt werden … Vollgas!
Beim Beschleunigen auf der Piste 21 beginnt das Seitenruder zu wirken, leichter Druck auf das rechte Pedal korrigiert die Linkstendenz aufgrund des rechtsdrehenden Rotax 912 ULS2. „62 Knoten“ hatte Jirí gesagt – mit eingefahrenen Klappen schwankt die Varioanzeige während des Anfangssteigflugs in der turbulenten Luft zwischen 800 und 1000 Fuß pro Minute. Vergleichbare ULs dürften mit 100-PS-Motor etwas mehr schaffen, da sie 50 bis 70 Kilo leichter sind. Mit einer Elevation von 650 Fuß liegt Kunovice zwar nicht sehr hoch, doch angesichts der heißen Luft erfüllt die Steigleistung alle Erwartungen.

Glascockpit: Diese Variante bietet in der Mitte ein Garmin 695, links ein Dynon D100 und rechts ein Dynon D120

Im Horizontalflug ist unübersehbar, dass man es mit einem LSA zu tun hat, das baugleich in den USA angeboten wird – wo bei Dauervollgas in diesem Flugzustand höchstens 120 Knoten erlaubt sind: 117 bis 118 lese ich ab. Nächstes Jahr will Czech Sport Aircraft für Europa einen Verstellpropeller zertifizieren – damit dürfte die PS-28 etwas zulegen. Im Reiseflug lässt man den Rotax mit 4700 bis 5000 rpm drehen, was 90 bis 97 Knoten ergibt. Dann fließen zwischen 17 und 19 Liter pro Stunde durch die Vergaser. Einspritzung? Ja, wird kommen, aber erst 2013, und eben mal austauschen geht schon zulassungstechnisch nicht, da der Rotax 912 iS mehr wiegt als der Vergasermotor.

Auch fliegerisch ist die PS-28 Cruiser ein Genuss

Jenseits aller Messwerte ist die PS-28 fliegerisch ein Genuss. Alle Ruder sind leichtgängig, und vor allem gefällt mir, dass die Steuerkraft am Knüppel um beide Achsen ähnlich ist – da hat die Modifikation des Höhenruders sicher was gebracht. Beim Kurven muss das Seitenruder kaum hinzugezogen werden, stationäre Flugzustände lassen sich mit der Steuerhand per Tastendruck rasch eintrimmen. Ob es stimmt, was mir der Konstrukteur vorhin gesagt hat: dass das Flügelprofil für einen gutmütigen Strömungsabriss sorge? Ohne Motorleistung wird die Maschine „clean“ bei 34 Knoten unruhig; lässt man das Höhenruder nicht nach, nickt sie sanft über die Nase ab. Das Gleiche passiert mit zwölf Grad Flaps bei 29 Knoten und mit vollen Klappen bei 27 Knoten, jeweils IAS. Flugschüler brauchen also vor Stalls keine Angst zu haben.

Klimaanlage: Neben Schiebefenstern in der Kanzel gibt es Frischluftdüsen im Panel

Uns halten Frischluftdüsen im Panel und seitliche Schiebefenster den Schweiß von der Stirn. Entspannt kurven wir über die liebliche Hügellandschaft nordwestlich des Flugplatzes. Im Landeanflug setzte ich die Klappen bei 70 Knoten auf 12 Grad und bei 65 auf 30 Grad. Endanflug mit 60 Knoten und runter auf den Asphalt. 

Czech Sport Aircraft liegt mit der PS-28 Cruiser auf dem europäischen Markt gut im Rennen

Czech Sport Aircraft scheint mit seinem Zweisitzer nicht nur in Amerika, sondern auch auf dem neuen europäischen LSA-Markt gut im Rennen zu liegen. 80 Maschinen will das Werk bis Jahresende fertigen, ab 2013 sollen es 120 bis 150 pro Jahr sein. Zurzeit hat der PS-28-Hersteller in Europa nur zwei Konkurrenten: Evektor-Aerotechnik, die auf der gegenüberliegende Seite des Flugplatzes in Kunovice den Sportstar RTC produzieren, und Flight Design mit der CTLS (siehe Kasten Seite 73). Doch dabei wird es nicht bleiben – weitere Hersteller arbeiten bereits an einer EASA-Zulassung für ihre Light Sport Aircraft.
Aus Kundensicht ergeben sich zweierlei Perspektiven auf die PS-28: Für PPL-Piloten ist sie eine günstige Alternative zu typischen E-Klasse-Maschinen, vor allem wegen des sparsamen Rotax-Motors, der sich mit Autobenzin begnügt. UL-Piloten jedoch müssen die höhere Zuladung teuer erkaufen – vom finanziellen Aufwand für den PPL oder die kommende Light Aircraft Pilot License bis zur Wartung des Flugzeugs (siehe Seite 76).

Die Mitbewerber

Außer der PS-28 Cruiser haben zurzeit zwei weitere Flugzeuge eine EASA-Musterzulassung als Light Sport Aircraft: die CTLS des deutschen Herstellers Flight Design und der Sportstar RTC von Evektor-Aerotechnik aus Tschechien.

Flight Design CTLS

Während die CTLS als freitragender Composite-Hochdecker im Horizontalflug bis zu 127 Knoten erreicht, ist der Ganzmetall-Tiefdecker Sportstar RTC gut 10 Knoten langsamer.

Evektor-Aerotechnik Sportstar RTC

Beide Muster sind mit einem 100 PS starken Rotax 912 motorisiert, beide schöpfen die MTOM von 600 Kilogramm voll aus, leer wiegt der Hochdecker aber fünf Kilo mehr (340 Kilo) als der Tiefdecker (335 Kilo). Allerdings stattet Flight Design die CTLS, die es ab 116 560 Euro gibt, serienmäßig mit Rettungssystem aus; für den zirka 8400 Euro teureren Sportstar RTC wird es nur optional angeboten. Als Side-by-side-Zweisitzer mit Bugradfahrwerk stellen beide Muster ähnliche Anforderungen an den Piloten.

Text: Peter Wolter, Fotos: Peter Wolter, CSA fliegermagazin 08/2012

Technische Daten
PS-28 Cruiser
  • czechsportaircraft. com
  • 8,60 m
  • 12,30 m²
  • 6,62 m
  • 2,32 m
  • 1,17 m
  • 375 – 395 kg
  • 600 kg
  • 114 l (2 Flächentanks)
  • Rotax 912 ULS2/ 100 PS
  • Woodcomp, 3-Blatt, fest, Composite, 1,71 m
  • 825 ft/min
  • ca. 560 NM plus 30 Minuten Reserve
  • ab 104 708 Euro inkl. Mwst. (Ausstattung »Classic«)
  • Piper + Jet Maintenance AG Luftfahrttechnik Flughafen Kassel 34379 Calden
  • 05674/704-91
Über den Autor
Peter Wolter

Peter Wolter kam vom Drachenfliegen zur motorisierten Luftfahrt und von der Soziologie zum Journalismus. Er steuert ULs sowie E-Klasse-Maschinen und hat sein eigenes UL (eine Tulak) gebaut.

Schlagwörter
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  • Piper Aircraft Corporation
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