Jet

Pilot Report: One Aviation Eclipse 550

Die Eclipse war der erste Vertreter der Very Light Jets. Das aktuelle Modell 550 ist der preisgünstigste Einstieg in die Turbofan-Klasse. Vor den „erwachsenen“ Jets braucht sich die Eclipse dennoch nicht verstecken

Von Christof Brenner
Pilot Report: One Aviation Eclipse 550

Bei manchen Gelegenheiten klingt es schon etwas befremdlich, das Wort „preisgünstig“ zu benutzen. Vor allem dann, wenn es um Flugzeuge geht. 2 995 000 US-Dollar zeigt das Preisschild der Eclipse 550, optisch elegant knapp unter der Drei-Millionen-Marke. In der Welt der Jets ist das ein Schnäppchen. Hier ist die Eclipse das kleinste Exemplar, und das am wenigsten teure. Ein Flugzeug, das bis zu sechs Personen durch ganz Europa transportieren kann, über 2000 Kilometer weit, bis zu 375 Knoten schnell. Bei einem Verbrauch von rund 250 Liter Kerosin pro Stunde. In der Welt der Jets ist das wirtschaftlich. Und selbst in dieser Welt ist Wirtschaftlichkeit ein Argument und der Grund für die Entstehung einer eigenen Jetkategorie: Very Light Jets sind die Flugzeuge der Einsteigerklasse, also Flugzeuge für den Neuling in der Art der Fliegerei, in der Turbofans für den nötigen Vorschub sorgen.

Sie bieten bis zu sechs Sitzplätze, benötigen nicht unbedingt eine professionelle Crew, sondern sind für das Fliegen mit einem einzelnen Piloten zugelassen und kommen mit vergleichsweise geringem Wartungsaufwand aus. Begründer dieser Klasse war eben die Eclipse. Microsoft-Mann Vern Raburn hatte Ende der neunziger Jahre die Vision eines „Volksjets“, ein Verkehrsmittel, das sich wie ein Taxi einsetzen ließe. Sein Chef Bill Gates investierte mit vielen anderen in das Projekt. Was danach folgte, war eine Reihe von Rückschlägen, Pleiten und Neuanfängen: ob Wechsel des Triebwerkherstellers von Williams zu Pratt&Whitney, Zulassungsprobleme wegen fehlerhafter Triebwerkssteuerung oder Insolvenz des Herstellers. Rund 1,4 Milliarden Dollar flossen insgesamt in die Entwicklung der Eclipse, die es trotz der Wirren bis zur Zertifizierung brachte – andere Hersteller mussten ihre Projekte längst aufgeben oder arbeiten heute immer noch an der Zulassung.

Die Allererste: N550F trägt die Seriennummer 550-1001. Offiziell heißt das aktuelle Eclipse-Modell dennoch EA500

Glücklicherweise zählen die skandalträchtigen Episoden mittlerweile längst zur Vergangenheit. Seit gut einem Jahr steht One Aviation hinter der Eclipse. Die Firma ist ein Zusammenschluss der bisherigen Eclipse Aerospace und dem Turboprop-Bauer Kestrel Aircraft. Und damit zwei großen Namen im Luftfahrt-Geschäft: Mason Holland, Geschäftsmann aus Charleston, hatte sich schon vor Jahren für den Eclipse-Jet begeistert, das Projekt in schwierigen Phasen immer wieder unterstützt und zuletzt die Eclipse Aerospace geführt. One-Aviation-Geschäftsführer ist kein geringerer als Alan Klapmeier, der Mitbegründer von Cirrus Aircraft, der diese 2009 im Streit verlassen hatte und zu Kestrel gewechselt war. Die Turboprop ist noch in der Entwicklungsphase, deshalb konzentriert man sich bei One Aviation auf den Verkauf des Eclipse-Jets. Gut 20 Flugzeuge der aktuellen Version 550 sind mittlerweile in der Luft. Die ist eine Weiterentwicklung der Eclipse 500.

Auch wenn mittlerweile Seriennummern mit dem Präfix 550- versehen und wieder einstellig vergeben wurden, liegt dem Flugzeug noch die alte Musterzulassung der Ur-Eclipse von 2006 zugrunde. Genau genommen ist die 550 eine überarbeitete Version des Jets, sie enthält sämtliche Verbesserungen, die das Muster im Laufe seiner Geschichte erfahren hat, wie eine leichtere Klimaanlange, Standby-Instrumente und neue Aktuatoren für die Klappen- und Fahrwerkssteuerung. Mit der 550 zog der Hersteller einen Schlussstrich unter die langjährige, hemdsärmelige Praxis, die Flugzeuge der Kunden mit einem Upgrade nach dem anderen auf die aktuelle Version zu bringen. Wer heute eine Eclipse nach neuestem Stand der Entwicklung will, hat zwei Optionen: Die brandneue 550 kaufen, oder eine Eclipse SE. Diese entspricht technisch der 550, nur benutzt der Hersteller grundüberholte Rümpfe aus früherer Produktion.

Ausgeruht: Die Geräuschkulisse der Eclipse-Kabine ist sehr niedrig. Auch nach einem langen Flug ist man entspannt

Natürlich zählt die SE dennoch als Neuflugzeug. Der Eclipse-Kunde spart im Vergleich zur 550 aber 800 000 US-Dollar. Für unseren Bericht fliegen wir die allererste der „neuen“ Eclipse 550, Seriennummer 550-1001. Es ist Flugzeug eines privaten Halters, der es dem deutschen Eclipse-Händler Jetlounge als Demonstrator zur Verfügung stellt. Die Eclipse besteigt man standesgemäß über eine Treppe. Zwei Stufen in der geteilten Tür genügen, um komfortabel an Bord zu gelangen. Der Besitzer der N550F, unserem Testflugzeug, hat nur dann fünf oder sechs Sitze montiert, wenn er mit der ganzen Familie unterwegs ist. Ansonsten ist seine Eclipse nur mit vier Plätzen unterwegs. Das gibt mehr als ausreichende Beinfreiheit auch für großgewachsene Passagiere. Und es erleichtert ungemein, auf den Pilotensitz im Cockpit zu gelangen.

Weil die Mittelkonsole mit Schubhebeln, Klappenschalter und Seitenrudertrimmung am Instrumentenbrett befestigt ist und nicht bis zum Kabinenboden reicht, kann man beim Einsteigen beide Füße daran vorbeischieben, während man am Handgriff mittig am Kabinendach Halt findet und so halbwegs elegant auf den Sitz rutscht. Fünfpunktgurte sichern dort den Piloten. Mit dem Dual Avio Integrated Flight Management System (IFMS) verfügt die Eclipse über eine eigens für diesen Jet entwickelte Avionikausstattung und unterscheidet sich damit von ähnlichen Flugzeugen dieser Klasse. Piloten mit Glascockpit-Erfahrung gewöhnen sich dennoch problemlos daran – hat man erstmal die eigenwillige, im Panel versteckte Ausklapptastatur des FMS entdeckt. So wirkt das Instrumentenbrett sehr übersichtlich. Nur wenige Schalter und nicht einmal eine Handvoll mechanischer Sicherungen hat dieses Cockpit – der Rest wird über die Software elektronisch gesteuert.

Sicher: Mit zwei Jettriebwerken fliegt man über geschlossenen Wolkendecken sorgenfrei

Insgesamt 13 Mikroprozessoren überwachen die Flugzeugsysteme. Der Start der PW610F-Turbofans von Pratt & Whitney ist an Einfachheit nicht zu überbieten: Den Schalter im Deckenpanel in die „On“-Position drehen und beim Hochfahren des Turbofans die Turbinentemperatur im Auge behalten. Anlasser, Zündung, Treibstoffpumpen – um alles kümmert sich die FADEC- Steuerung vollautomatisch. Dann noch schnell den Generator zuschalten, bevor das Warnhorn der Turbinenüberwachung daran erinnert. Um ungleiche Turbinenlaufzeiten zu vermeiden, starten manche Piloten abwechselnd zuerst das rechte oder das linke Triebwerk. Technische Präferenzen gibt es nicht. Wir rufen die elektronischen Checklisten auf den mittleren der drei Bildschirme, und bringen die Eclipse mit ihrer Hilfe in Startkonfiguration. Mit reichlich Treibstoff und zwei Personen an Bord berechnet das Avio IFMS die Vr mit 87 Knoten und setzt selbstständig den Geschwindigkeitsmarker.

624 Meter Startstrecke benötigen wir bei unserem Testflug in Stadtlohn (EDLS), gerade mal die halbe Bahnlänge. Sehr beruhigend: Quittierte jetzt ein Triebwerk den Dienst, stiege die Eclipse weiter mit 842 Fuß pro Minute. Doch alle Systeme arbeiten einwandfrei, und so geht es mit 175 Knoten und über 3000 Fuß pro Minute nach oben. VFR-Flüge wie dieser sind sicherlich nicht das typische Einsatzprofil für die Eclipse 550. Gerade hier wird aber deutlich, welche Arbeitserleichterung die optionale Auto-Throttle-Funktion im Single-Pilot-Betrieb bietet. Die Automatik greift auch dann selbstständig ein, wenn das Flugzeug aus dem zulässigen Geschwindigkeitsbereich gerät. Nähert man sich dem Stall, wird zudem ein Stickpusher aktiv, der wie im Airliner den Knüppel nach vorne zwingt. Von Hand geflogen reagiert die Eclipse exakt und leicht auf Höhenrudereingaben. Um die Längsachse dagegen sind die Steuerdrücke hoch und wachsen mit zunehmender Geschwindigkeit an.

Vertriebspartnerin: Alexandra Knorr ist mit ihrem Unternehmen Jetlounge die deutsche Eclipse-Händlerin

Üblicherweise wird die Eclipse jedoch meist nach Instrumentenflugregeln und per Autopilot geflogen. Bis Flugfläche 410 kann sie dabei steigen. Die Zulassung für RVSM, also die reduzierte Höhenstaffelung über FL280, ist ebenso obligatorisch wie die Durchführung von GPS-Anflügen bis hin zu LPV-Approaches. Ausstattungsmäßig ist die Eclipse 550 heute ein erwachsener kleiner Jet. Synthetic- und Enhanced Vision sind Standard, gegen Aufpreis sind auch Wetterradar und Verkehrswarnsystem erhältlich. Eine der wichtigsten Neuerungen, mit der die Eclipse 550 aufwarten kann, erweist sich schließlich bei unserer Landung auf der regennassen Landebahn in Stadtlohn von großem Nutzen: Das serienmäßige Anti-Skid-Bremssystem verhindert zuverlässig das Blockieren der Räder. Das ist auch deshalb wichtig, weil die Eclipse weder über Spoiler noch über Schubumkehr verfügt – wie in der VLJ-Klasse üblich.

Geht es mal eng her, sind dennoch Landestrecken unter 700 Metern möglich. Seit November besitzt die Eclipse auch die Zulassung der europäischen Zivillluftfahrtbehörde EASA. Das ermöglicht nunmehr auch den gewerblichen Einsatz. Tatsächlich ist der erste Kunde, der letzten Monat eine Eclipse mit EASA-Zulassung erworben hat, ein Luftfahrtunternehmen aus Österreich. In Europa zählt die Eclipse 550 zu den „Complex Aircraft“, der Betrieb erfolgt nach deren Inkrafttreten im August gemäß der neuen Part-NCC-Regularien der EASA. Auch private, nichtgewerbliche Betreiber müssen dabei, ähnlich wie Luftfahrtunternehmen, Betriebsverfahren dokumentieren und Handbücher hierfür erstellen. Der deutsche Eclipse-Vertriebspartner Jetlounge bietet einen Service an, um den privaten Eclipse-Betreiber dabei zu entlasten.

Triebzwerg: Gerade mal 35 Zentimeter Durchmesser hat der PW610F-Turbofan der Eclipse

Wer sich für die Eclipse entscheidet, dem steht zunächst einmal das Type Rating für das Muster bevor. Sowohl der Besitzer der N550F als auch Eclipse-Händlerin Alexandra Knorr haben bewiesen, dass dies selbst als Privatpilot mit wenigen hundert Stunden Flugerfahrung auf Propellerflugzeugen zu bewältigen ist. Um danach wirklich fit im Cockpit zu bleiben, gehört selbst bei einem kleinen Jet wie der Eclipse mehr als sonstwo das regelmäßige Fliegen. Aber das macht ja schließlich Spaß. Und ist, wie gesagt, in der Eclipse 550 noch preisgünstig. Zumindest relativ.


Fotos: Cornelius Braun, fliegermagazin 5/2016

Technische Daten
Eclipse 550
  • Eclipse Aerospace, 2503 Clark Carr Loop Albuquerque, NM 87106, USA,Telefon: 001 (877) 375-7978, www.oneaviation.aero
  • 11,60 m
  • 10,20 m
  • 3,4 m
  • 1648 kg
  • 2722 kg
  • 950 l
  • 2x Pratt&Whitney PW610F Turbofan
  • 182–261 l/h
  • FL410
  • 2084 km
  • 2 995 000 US-Dollar (Grundausstattung) / 3 279 600 US-Dollar (full options)
  • Jetlounge/Alexandra Knorr, www.jetlounge.de
Über den Autor
Christof Brenner

1970 in München geboren, stieg Christof Brenner mit einem Volontariat beim Münchner Merkur in den Journalismus ein. Danach arbeitet er unter anderem bei der Bild. 1996 erwarb er seine PPL in Landshut; IFR, MEL und CPL folgten später in den USA. Brenner besitzt eine Piper Arrow II PA-28R-200, die zur Zeit in Florida stationiert ist.

Schlagwörter
  • Jet
  • Beinfreiheit
  • One Aviation Eclipse 550
  • One Aviation
  • Eclipse 550
  • Einsteigerklasse
  • Zulassungsprobleme
  • Zertifizierung
  • Triebwerkssteuerung
  • Eclipse Aerospace
  • Kestrel Aircraft
  • Charleston
  • Weiterentwicklung
  • Jetlounge
  • Demonstrator
  • Treppe
  • Testflugzeug
  • Turbofan
  • Dual Avio Integrated Flight Management System
  • Fünfpunktgurte
  • PW610F-Turbofan
  • Auto-Throttle-Funktion
  • Single-Pilot-Betrieb
  • Stickpusher
  • RVSM
  • Anti-Skid-Bremssystem
  • LPV-Approaches
  • Verkehrswarnsystem
  • reduzierte Höhenstaffelung
  • Complex Aircraft
  • EASA
  • Autopilot
  • FADEC
  • Pilot Report
  • EDLS
  • Testflug
  • IFMS
  • FADEC-Steuerung
  • Very Light Jet
  • VLJ
  • Stadtlohn
  • komplexes Fluggerät
Ähnliche Artikel