Pilot Report Aquila SXT
Mit dem Sondermodell SXT will der deutsche Hersteller aus Schönhagen Flugschulen ansprechen: die auf Ausbildung optimierte Ausstattung gibt es zum günstigen Preis.
Keine Spur von Joghurtbecher: Beim Schritt von der Tragfläche über den Cockpitrand der Aquila SXT fällt auf, wie stabil der Faserverbundwerkstoff an dieser Stelle ausgelegt ist. Auch der Haubenrahmen verwindet sich beim Herunterziehen kein bisschen. Den dazu angebrachten Griff „massiv“ zu nennen, ist fast untertrieben. Ein einzelner roter Hebel auf der Pilotenseite verriegelt den Glaskasten. Mit den Füßen auf den beinahe überdimensioniert wirkenden Pedalen verfestigt sich der Eindruck, der schon beim Außencheck entstand: Dieses Flugzeug kann was ab. Schul- und Vereinsbetrieb dürften kein Problem sein.
So bewertet das auch der Markt: Flugschulen und Vereine machen das Gros der Aquila-Käufer aus, erklärt Marketing-Chef Thorsten Zillmann. Genau deshalb hat der Hersteller aus Brandenburg ein Sondermodell der Aquila A210 aufgelegt – zu deren zehnjährigem Geburtstag: Die SXT bietet zum günstigen Paketpreis von netto 137 775 Euro eine Ausstattung, wie sie sich die meisten Schulbetriebe ohnehin wünschen – und dazu ein paar pfiffige Extras, von denen noch zu reden sein wird. Ergänzungen aus dem normalen Optionskatalog sind gegen Aufpreis ebenfalls zu haben.
1999 zeigte Aquila erstmals die A210 auf der AERO in Friedrichshafen: ein deutscher Entwurf für die bis zu 750 Kilo schwere Klasse der Very Light Aircraft (VLA), der in Schönhagen bei Berlin produziert werden sollte. 2002 begann dort die Serienfertigung des Kunststoff-Zweisitzers mit Rotax-Antrieb. 2007 ging die Firma in die Insolvenz – und erstand 2008 mit dem sperrigen und im Folgenden abgekürzten Namen Aquila Aviation by Excellence GmbH wieder auf.
Der Neue von Aquila
Etwa 150 Flugzeuge hat Aquila bislang gebaut – jetzt ist das Sondermodell SXT neu im Angebot, das sich von der regulären A210 durch die Ausstattung unterscheidet. Das beginnt mit der Instrumentierung: Ein Uhrenladen ist – auch aus Kostengründen – immer noch das, was sich insbesondere viele Vereine wünschen. Also hat man die SXT so ausgerüstet. Allerdings gibt es optional auch zwei Glascockpits: ein Duo aus Aspen-Evolution-Modulen oder ein Garmin G500. Diese Avionik ist für Schulen interessant, die vor allem Berufspiloten ausbilden.
Cleveres Detail in der SXT: Auf der rechten Seite befindet sich zwischen Motor-, Tank- und Elektrikanzeigen ein Fahrtmesser, damit der Lehrer nicht schräg hinüber auf das Piloten-Panel schielen muss.
Die SXT-Avionik ist einfach gehalten: Garmins SL40 übernimmt den Sprechfunk, als Mode-S-Transponder ist der GTX-328 verbaut. Ein portables Touchscreen-GPS vom Typ Garmin aera 500 sitzt in einer Einbauhalterung zentral im Panel – eine preiswerte Lösung, um dem Piloten eine Moving Map zur Verfügung zu stellen.
Oben auf dem Panel findet sich eine besondere Konstruktion: Manche Schüler, so hat sich herausgestellt, kommen mit der exzellenten Sicht über die rundliche Haube nicht zurecht und haben Schwierigkeiten, die Fluglage einzuschätzen. Wer in Segelflugzeugen groß geworden ist, kann das Problem wohl nur begrenzt nachvollziehen. Doch die SXT wird mit einem so genannten Trainingsvisier geliefert: zwei höhenverstellbare dünne Streben, die über dem Panel die Relation zur Horizontlinie anzeigen.
Vier-Punkt-Automatik-Gurte gehören ebenfalls zur Sonderausstattung der SXT, CVFR- und NVFR-Equipment kann ergänzt werden. Die Aquila ist eines der wenigen VLA mit Nachtflugzulassung.
Der äußere Eindruck der Aquilla SXT
Außen am Flugzeug macht sich die SXT-Reihe ebenfalls bemerkbar: Zwar ist die Trittfläche auf den Flügeln angenehm unauffällig in Weiß aufgebracht, doch umgibt sie ein warnender roter Rand – sehr praktisch! Am Fahrwerk ist der Konflikt zwischen Speed und Schönheit einerseits und schlechten Schülerlandungen auf Grasplätzen andererseits innovativ gelöst: Die drei soliden Fahrwerksbeine haben keine voll verkleideten Räder, sondern jeweils eine Art Schutzblech. Es hält den Dreck vom Rumpf fern, wird aber selbst bei der schlimmsten Landung nicht abreißen.
Das Bugrad verdient genauere Betrachtung: Die dicken Rohre und die Federung mit drei Gummiringen sind klar auf Schulung ausgelegt. Das Rad ist mit den Pedalen gekoppelt – und wie! Ist das Pedal auf einer Seite voll getreten, schlägt das Rad überproportional aus und erlaubt ohne Bremsein-satz das Drehen „auf dem Teller“.
Nur eine winzige Klappe erlaubt den Blick auf den Rotax 912S zur Öl- und Kühlmittelkontrolle. Riesig und auch von den Sitzen aus gut erreichbar ist das Gepäckfach. 40 Kilo sind die Maximalbeladung. Innen an der Tür des Gepäckraums klemmt ein kleines, aber wichtiges Detail: ein Peilstab für die beiden Flächentanks, die je 55 Liter ausfliegbaren Treibstoff fassen. Eine Bitte an alle Kleinflugzeughersteller: Nachmachen!
Noch eine Idee zum Kopieren findet sich im Cockpit: Die Sitzverstellung erfolgt stufenlos mit Hilfe einer Hydraulik. Das muss so einfach auch in anderen Flugzeugen gehen. Schiebt man den Sitz nach vorn, kommt er zugleich höher; schiebt man ihn nach hinten, haben auch große Piloten gut Platz. Unterschiedlich dicke Sitzkissen erlauben ein Feintuning.
Es wird selbst an diesem Frühlingstag schnell heiß unter der großen Haube, die allerdings eine wirklich beeindruckende Rundumsicht erlaubt. Bei der SXT gehört weder die Lackierung der Haubendecke noch eine Jalousie zur Serienausstattung – aber beides kann nachgerüstet werden.
Ab in die Luft
Choke ziehen, Schlüssel drehen, und der Rotax erwacht mit dem ihm eigenen Klang zum Leben. Den mag nicht jeder, aber im Schulbetrieb ist tiefes Dröhnen aus reichlich Hubraum nicht nur unwichtig, sondern sogar hinderlich. Flüsterleiser Betrieb in der Platzrunde bei minimalem Verbrauch von günstigem Mogas – darauf kommt es an!
Am Rollhalt machen wir die Ruderkontrolle. Die Aquila hat einen Steuerknüppel. Auch wenn Freunde des gepflegten Vereins-Dogmatismus stundenlang in der Flugplatzkneipe darüber diskutieren können – am Ende bleibt die Tatsache, dass die Umgewöhnung von Knüppel auf Horn und andersherum binnen Minuten erledigt ist.
Also los: Neben dem Leistungshebel muss auch der blaue Propellerhebel ganz nach vorn – die Aquila hat einen hydraulischen Constant-Speed-Prop. Eine Gemischverstellung gibt es dagegen Rotax-üblich nicht: Die Vergaser im 912S kompensieren den mit der Höhe abnehmenden Luftdruck automatisch, wenn auch nicht besonders gut. Die elektrischen Klappen werden auf die erste Stufe gesetzt, was ein Blick auf Farbmarkierungen am Flügel bestätigt.
Bei 50 Knoten rotieren wir, dann geht es mit 65 Knoten bei Vy aufwärts. Einen kräftigen Tritt ins Seitenruder möchte die Maschine dabei schon haben, wenn der Ball in der Mitte bleiben soll. Im Cruise Climb steigen wir bei 70 Knoten mit etwa 700 Fuß pro Minute – kein schlechter Wert angesichts der Beladung fast am Limit.
In 4000 Fuß angekommen, bemühen wir die Leistungstabelle, die links am Haubenrahmen klebt: Für 75 Prozent Leistung empfiehlt sie einen Ladedruck von 24,3 inch und eine Propellerdrehzahl von 2260 RPM. In der leicht bockigen, fü ISA-Standard zu warmen Luft kommen wir auf 115 Knoten TAS, das entspricht dem Handbuch. 21,5 Liter pro Stunde genehmigt sich der Rotax dabei. Manifold Pressure auf 23,3, Prop-RPM 1900 – schon sind es nur noch 16 Liter pro Stunde, aber immer noch gut 100 Knoten.
Die Aquilla im Stresstest
Beim Manövrieren benimmt sich die SXT hervorragend: Steilkurven machen richtig Spaß; beim Überziehen ohne Leistung geht die Maschine nach deutlichen Anzeichen von Unwohlsein einfach auf die Nase, mit Power taucht sie nach links weg. Wird im Geradeausflug der Knüppel ausgelenkt, schwingt die Aquila sofort wieder in die Ausgangslage zurück. Die hohe Eigenstabilität wird untersützt von der ausschließlich elektrischen Federtrimmung, die mit kurzem Drücken der Schalterwippe gut justierbar ist.
Der Landeanflug mit vollen Klappen erfordert, wie bei jedem Tiefdecker, präzises Speedmanagement. 65 Knoten sollen es in 50 Fuß Höhe sein, 45 Knoten – also praktisch Stallspeed – beim Aufsetzen. Dann setzt sich die Aquila einfach sanft hin. Die Spur des Fahrwerks ist nicht allzu breit, da müssen Anfänger vielleicht ein bisschen acht geben.
Angesichts der Motorisierung und der Sitzplatzzahl muss die Frage erlaubt sein, ob ein Verein oder eine Flugschule nicht mit einem UL besser bedient wäre. Selbstbewusst schlägt Thorsten Zillmann das Kapitel Weight & Balance im Handbuch auf: 250 Kilo Zuladung! Da können zwei Mann, die Betonung liegt auf Mann, problemlos schulen und verreisen – legal und ohne viel Nachdenken.
Wie gemacht für Schulungsflüge
Und der Vergleich zu einer gebrauchten Cessna 150, wie sie in so vielen Flugschulen Deutschlands im Einsatz ist? Zillmann erzählt von einer Schule, die biete den PPL auf einer 150 für 8500 Euro an und auf der Aquila für 11 000. Praktisch jeder Schüler, weiß Zillmann, fange auf der Cessna an – der Preis sei der Lockvogel. Doch viele, die dann einmal zur Probe Aquila fliegen, legen spontan 2500 Euro drauf und steigen um. „Die Schüler müssen persönlich erfahren, welchen Unterschied ein modernes, neues Flugzeug macht – auf dem Papier ist das schwer zu vermitteln“, sagt Zillmann.
Die Aquila ist preislich am oberen Ende der VLA-Preisskala angesiedelt und muss wohl auch damit leben, dass ihr wenig gebrauchte Kunststoff-Viersitzer Konkurrenz machen können. Doch sie ist ein rundum ausgereiftes und robustes Flugzeug mit besten Flugeigenschaften und vielen interessanten Detail – ein Zweisitzer, der für die Schulung ebenso wie für längere Reisen bestens geeignet ist.
Text: Thomas Borchert, Fotos: Andreas Haller fliegermagazin 05/2012
- D-EUAU
- Aquila Aviation by Excellence GmbH OT Schönhagen Flugplatz 14959 Trebbin
- 10,30 m
- 10,5 m2
- 7,35 m
- 2,40 m
- 500 kg
- 750 kg
- 110 l
- Rotax 912S/100 PS
- MT 2-Blatt, Constant Speed, Composite, 1,75 m
- 250 m
- 470 m
- 210 m
- 137 775 Euro
Thomas Borchert begann 1983 in Uetersen mit dem Segelfliegen. Es folgte eine Motorsegler-Lizenz und schließlich die PPL in den USA, die dann in Deutschland umgeschrieben wurde. 2006 kam die Instrumentenflugberechtigung hinzu. Der 1962 geborene Diplom-Physiker kam Anfang 2009 vom stern zum fliegermagazin. Er fliegt derzeit vor allem Chartermaschinen vom Typ Cirrus SR22T, am liebsten auf längeren Reisen und gerne auch in den USA.
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