Kitplane-Reportage: Homebuilt Thorp T-18
Blech, wohin man schaut: Die Thorp T-18 ist eines der ersten Homebuilts, die ganz aus Leichtmetall gefertigt wurde – und wird. In Texas fliegt eine Version mit dem 160 PS starken O-320-Einspritzer von Lycoming
Man könnte schlechter wohnen: ein schönes Haus mit großer Garage und im Garten der eigene Hangar, Heim einer cremeweiß lackierten Thorp T-18, direkt dahinter die Rollbahn. Die parkähnliche Ansiedlung großzügiger Anwesen umgeben von gepflegten Gärten wurde rund um einen kleinen Flugplatz gebaut. Das perfekte Ambiente nicht nur für begeisterte Freizeit-Flieger. Tatsächlich war Polly, eine Fly-in-Community südlich von Houston, Texas, ursprünglich für Berufspiloten geplant worden, die im Sold des nahe gelegenen NASA-Raumfahrtzentrums stehen oder standen. Doktor Tim McCullough hat mit der NASA nichts am Hut. Er gehört zu der Sorte Feierabend-Flieger, die sich nach anstrengendem Job ein Stündchen blauen Himmel gönnen. Tim, tagsüber als Chiropraktiker tätig, liebt das Ausgefallene. Zunächst zog er seine abendlichen Bahnen in einer einsitzigen Midget Mustang, einem Formel-1-Racer.
„Ich wollte auch mal meine Frau mitnehmen, darum suchte ich nach einem Zweisitzer“, sagt McCullough. Was zu der Vermutung anregt, dass die abendlichen Ausflüge so wohl auf mehr Verständnis stoßen. Zum Glück ist der schottisch-stämmige Arzt von schmaler, schlanker Statur, ebenso wie seine Gattin. „Sonst hätte es mit der Thorp keinen Wert“, erklärt er. Eine Äußerung, die sich bei der Sitzprobe in der Neuerwerbung alsbald bestätigt. Im Cockpit geht es dermaßen eng zu, dass man auf Dauer nur mit einer sehr nahe stehenden Person als Passagier in die Luft gehen sollte. Der Konstrukteur und Erbauer, Luftfahrtingenieur John Willard Thorp, hatte wohl eher an allein fliegende Piloten gedacht, als er sich Anfang der sechziger Jahre an das Design eines möglichst einfach und preiswert zu bauenden Tiefdeckers machte. So einfach, dass handelsübliche Alubleche dafür genügen sollten.
Viel Pedalarbeit: Das Spornrad ist durch Zugfedern mit dem Seitenruder gekoppelt
Zwölf große Platten mit den Maßen vier mal zwölf Fuß (1,2 x 3,6 Meter), 0,4 bis 1,0 Millimeter dick: Das musste reichen für Rumpf- und Flächenbeplankungen, aber auch für Rippen und Spanten. Sie mittels vorher anzufertigender Hartholzblöcke in die richtige Form zu bringen, erforderte allerdings einen geschickten Umgang mit dem Gummihammer. Die Bleche sollten am Rumpf mit Ausnahme der Cowling nirgends gebogen sein, allenfalls gefalzt. So kam für den Rumpf nur ein sechseckiger Querschnitt in Frage, während die Flächen rechteckig sind. Auch die Leitwerke gerieten reichlich „quadratisch, praktisch, gut“. Als Heimwerker musste man einen gewissen Hang zur Präzision mitbringen: Es galt, Hunderte von Bohrungen zu setzen – für all die Nietverbindungen. Der T-18 verleiht diese Abwesenheit von gekrümmten Linien ein kantig-grantiges Aussehen, das von den geknickten Flügeln noch unterstrichen wird.
Auffällig ist der recht kurze Rumpf und das Höhenleitwerk, das als Pendelruder ausgeführt ist und eine kleine Ruderfläche am hinteren Ende hat, die sich automatisch gegensinnig zur Hauptruderfläche bewegt (Anti-Flettner). Doch dieses Ruder-Layout hat seine Tücken. Parker Miller, Vorbesitzer der Seriennummer 45 und mit 2000 Flugstunden auf der Thorp gewiss ein intimer Kenner der Materie, erzählt, dass das Thorpsche Pendelruder, das später von Piper in die Cherokee-Baureihe übernommen wurde, mit Vorsicht zu genießen sei. Anfangs ist sogar einmal eine Thorp abgestürzt, weil das als Ganzes drehbar gelagerte Höhenleitwerk im Bahnneigungsflug zu flattern angefangen habe und abgerissen sei. „Man hat das Flattern aber in den Griff gekriegt, indem man am Höhenruder Gewicht anbrachte, um die Resonanzfrequenz zu verändern“, weiß Miller, der eine Maschinenbaufirma besitzt und frühzeitig mit der Thorp-Entwicklung vertraut war.
„Außerdem wurde der Holm im Leitwerk verstärkt.“ Seither sei sie bis knapp 200 Knoten stabil. Dennoch, warnt Miller, ist Kunstflug eine heikle Angelegenheit: „Die Thorp nimmt in Abwärtsfiguren sehr schnell Geschwindigkeit auf, da muss man aufpassen.“ Auch Tim McCullough, der allerhand Erfahrung mit nervösen Mustern hat, weiß von sehr empfindlichen Reaktionen auf Ruderausschläge zu berichten. Doch der Doc liebt den Nervenkitzel, schließlich ist er die Midget Mustang gewöhnt. So zickig benimmt sich die Thorp keineswegs. Wenngleich sie beim Start die volle Aufmerksamkeit erfordert, denn sie reagiert sehr sensibel auf das Seitenruder, sagt der Besitzer. Zudem verläuft die Piste in Polly zwischen den Häusern und ist ziemlich schmal ausgefallen. Der Tiefdecker beschleunigt enorm und hebt nach knapp 200 Metern ab. Unser Steigflug verläuft in einem unverschämt steilen Winkel, der Doktor möchte zeigen, was in dem Vogel steckt.
Der 160 PS starke O-320-Einspritzer muss sich mit dem Leichtgewicht nicht verausgaben. EAA-Mitarbeiter hatten bei einer 180-PS-Version mehr als 1500 Fuß pro Minute gemessen. Das schafft McCulloughs T-18 nicht ganz, doch auch seine Thorp klettert zügig, um die Crew in Richtung Pazifik-Küste zu transportieren. Bei einer Drehzahl von 2100 (Reisekonfiguration) erreicht die Thorp eine Geschwindigkeit von 135 Knoten – das beweist, dass Thorp beim Design eine glückliche Hand gehabt haben muss. Dabei verbraucht sie rund 34 Liter pro Stunde. Die Landung fordert selbst von geübten Taildragger-Piloten immer wieder volle Aufmerksamkeit. „Ich habe gerade gelernt, dass eine Dreipunktlandung mit der Thorp am besten funktioniert“, erwähnt der Doktor, dessen Nachbar bei der Navy als Jetpilot gedient hat und ihm ab und zu ein paar Tipps gibt. Mit allen Rädern gleichzeitig aufzusetzen ist auch aus Platzgründen das Schlauste – Pollys Piste ist nicht eben lang.
Viel Blech in der Luft: 135 Knoten „Cruise“ macht die 160-PS-Version
McCoulough hat dennoch die Ruhe weg und setzt den Flieger wie ein rohes Ei im passenden Anstellwinkel auf die schmale Bahn zwischen den Häusern. Ohnehin ist sich der Amerikaner im Klaren, dass er ein Experimental fliegt, an dem es immer noch etwas zu verbessern gibt. Das fand John Willard Thorp schon in den Sechzigern. Er, der für Boeing, Lockheed und andere Flugzeugfirmen als Konstrukteur gearbeitet hatte, veröffentlichte schon damals Bauberichte in einer Fachzeitschrift, um Selbstbauer zu animieren. Später übernahm sein Freund und Mitarbeiter Lu Sunderland den Vertrieb von Plänen. Vor allem aber hatte Sunderland die Konstruktion überarbeitet und – anfangs noch zusammen mit Thorp – einen geräumigeren Rumpf entwickelt. Die Sunderlandsche Version namens S-18 hat zudem ein geändertes Profil: eine Kreuzung aus GAW-2- Profil im vorderen Bereich mit dem von Thorp vorgesehenen Laminarprofil Naca 63415A mit 15 Prozent Dicke.
Die sollte das Stallverhalten verbessern, jedoch waren weder das eine noch das andere Profil zuvor im Windkanal erprobt worden. Bei der S-18 sind zudem die Flächen klappbar, um das Flugzeug trailern zu können. Die originale Thorp T-18 wurde ebenfalls weiterentwickelt – vom ehemaligen Piper-Ingenieur Richard C. Eklund. Einige Leitwerksteile sowie die Querruder sind bereits erhältlich – aus Lasergeschnittenen Aluteilen. Rumpf und Flächenteile sollen folgen. Die Bohrmaschine kann dafür im Schrank bleiben: Eklund Engineering bietet die Teile fertig gelocht an. Somit entfällt in Zukunft die leidige und zeitraubende Ausmesserei der Nietbohrungen – was die Gemeinde der Thorp-Fans noch vergrößern dürfte.
Text: Axel Westphal; Fotos: Cornelius Braun; fliegermagazin 3/2006
- 6,13 m
- 8 qm
- 5,52 m
- 1,55 m
- 465 kg
- 754 kg
- 110 Liter
- Lycoming 1O-320 B1A, 160 PS
- Hartzell Constant Speed
- 34 l
- Bezug von Plänen und Teilen: Eklund Engineering, Inc., 19960 Elliott Road, P.O. Box 1510 Lockeford, CA 95237-1510 Telefon 001/209/727 03 18, E-Mail: thorpt18@jps.net
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