Innovativer Viersitzer – Issoire Aviation APM 41 Simba
Ein voll zertifiziertes Flugzeug für vier Personen, mit hoher Zuladung, guter Reiseleistung und sparsamem Motor – die APM 41 Simba. Ein Pilot Report!
Die Einführung eines Leichtflugzeugs oberhalb der UL-Klasse ist in Frankreich äußerst selten geworden. In der Auvergne gibt es ein Nest, aus dem Vögel dieser raren Gattung stammen: Issoire-Le Broc (LFHA).
Hier hatte 1978 Philippe Moniot den Flugzeugbauer Wassmer übernommen. 1999 kam die APM 20 Lionceau raus, Moniots erster luftfahrtzugelassener Zweisitzer, der von einem 80 PS starken Rotax angetrieben wurde und die Initialen seines Konstrukteurs in der Typenbezeichnung trägt: APM steht für Avions Philippe Moniot. 2007 folgte die APM 30 Lion, ein Dreisitzer mit 100-PS-Rotax, und 2011 die viersitzige APM 40 Simba, deren Continental IOF-240 B 25 PS mehr leistete.
Doch nach Übernahme des US-Triebwerksherstellers durch die chinesische AVIC Gruppe im Jahr 2015 war der Conti nicht mehr verfügbar. Zum Glück kündigte Rotax wenig später den 915 iS an, einen Turbomotor mit elektronischer Einspritzung und 141 PS. Mit diesem Triebwerk bekam die Simba nicht nur eine Leistungsspritze, der 915 half auch – zusammen mit moderner Avionik –, die Leermasse um 50 Kilogramm zu senken. Und: Als erstes luftfahrtzertifiziertes Muster mit Rotax 915 iS c3A (der Zusatz c3A bezeichnet die luftfahrtzugelassene Version) erhielt der französische Composite-Tiefdecker die EASA-Zulassung.
Ich war gespannt, die zur APM 41 weiterentwickelte Simba kennenlernen. In der Auvergne steht mir die Wildkatze (»Simba« bedeutet Löwe in der afrikanischen Sprache Swahili) in Begleitung von Philippe Moniot und seinem Schwiegersohn Thierry Tuduri gegenüber. Thierry ist Lotse und Fluglehrer; mit ihm werde ich fliegen. Äußerlich ähnelt nichts so sehr einem Moniot-Flugzeug wie ein neues Moniot-Flugzeug. Der Grund ist einfach: Der Konstrukteur setzt auf Fertigungseffizienz. »Man darf nicht vergessen«, sagt Moniot, »dass eine Zulassung zwischen sieben und acht Millionen Euro kostet.«
Issoire Aviation APM 41 Simba: Kohlefaser-Konstruktion
Aufs Tragwerk bezogen bedeutet Effizienz, dass alle Issoire-Typen in den gleichen Formen und mit den gleichen Produktionsverfahren entstehen. Die einteilige Trapezfläche der APM 41 hat ein NACA-Profil mit 18 Prozent Dicke und besteht aus CfK mit Waben-Sandwich, wie schon der Flügel des »Kleinen Löwen« APM 20. Bei einer Höchstabflugmasse von 985 Kilogramm ist die Flächenbelastung der Simba natürlich höher. Dass die geringe Spannweite von 8,62 Metern geblieben ist, dürfte Clubs freuen, die Platzprobleme in ihren Hangars haben.
An den Fowlerklappen fallen zwei Besonderheiten auf: eine negative Stellung von zwei Grad, die im Reiseflug mehr Speed bringt, und ein Turbulatorband vor den Klappen, das bei hohen Anstellwinkeln die Strömung an den Flaps anliegen lässt. Die Querruder haben Frise-Nasen als aerodynamischen Ausgleich. In die Flügel passen nun insgesamt 154 Liter, 29 mehr als bei der AMP 40. Als einziges Strukturbauteil hat das Höhenruder eine Oberfläche aus Metall – die Zulassung verlangt Blitzschutz.
Das Hauptfahrwerk besteht aus zwei einzelnen GfK-Schwingen mit Carbon Deckschicht. Bei Verformung reißt Kohle früher als Glas – so lässt sich erkennen, ob eine kritische Belastung auftrat, auch wenn das tragende Material noch in Ordnung sein sollte. Für rund 200 Euro überprüft der Hersteller Fahrwerksbeine auf Schadhaftigkeit. Ungewöhnlich ist die Platzierung der Bremsscheiben auf der Innenseite der Beine, außerhalb der Radverkleidungen.
Pfiffige Details
Dem aerodynamischen Nachteil steht der Vorteil einer besseren Kühlung gegenüber. Bei der Verkleidung des Bugrads spielt die Aerodynamik eine wichtigere Rolle: Eine lange Finne stellt im Flug das Rad gerade. Da es mit dem Seitenruder gekoppelt ist, erzeugt die Bugradverkleidung auch Rückstellkraft fürs Ruder. Eine kleine Lasche vor dem Rad soll den Propeller am Boden vor losen Steinchen schützen, außerdem bremst sie das Rad in der Luft und vermindert dadurch Vibrationen. Clever! Der Landescheinwerfer am Bugfahrwerk erhellt den Boden auch in Kurven, was Rollschäden durch Hindernisse oder Unebenheiten vorbeugt. Für Sichtflug bei Nacht ist die APM 41 zugelassen, die IFR-Zertifizierung wird vom Hersteller angestrebt.
Am Rumpf, der ebenfalls aus CfK-Wabensandwich besteht, gibt es ein paar erklärungsbedürftige Details: Die Einstiegshilfe vor der Flügelwurzel ist so positioniert, dass sie bei großen Anstellwinkeln einen Strömungsabriss auslöst, während die Außenbereiche der Flügel noch tragen. Das begünstigt gutmütiges Abkippen über die Nase. Der lange Seitenleitwerksansatz erfüllt eine Doppelfunktion: Er dient als Schiene, um die große Schiebehaube zu führen, vergrößert aber auch die Seitenfläche am Heck, wodurch sich das Flugzeug beim Trudeln schneller ausleiten lässt.
Ein neues Simba-Gesicht
Die Motorhaube ist strömungstechnisch aufwändiger gestaltet als bei der APM 40 mit ihrem Continental-Boxer. »Wir haben viel getan, um im Motorraum nicht zu verlieren, was wir außen an Aerodynamik gewonnen haben«, sagt Philippe. Ziel war eine Kontur mit minimalem Widerstand bei bestmöglicher Kühlluftführung für den Rotax 915 iS. »Im Vergleich zur Conti-Version haben wir die Strömungsgeschwindigkeit im Inneren auf ein Viertel gesenkt, damit der Wasserkühler des Rotax optimal arbeitet«, erklärt Issoire-Ingenieur Romain Klur später im Werk.
Entstanden ist ein neues Simba-Gesicht, das sich deutlich vom früheren unterscheidet. Gegenüber den anderen Rotax-motorisierten APM-Mustern hat man den Zugang zum Ölbehälter verbessert, und es ist einfacher geworden, den Kühlmittelstand zu prüfen. Gegenüber der Conti-Simba dürfte es nun aber schwieriger sein, den unteren Teil der Cowling abzunehmen, da hier zahlreiche Schläuche angeschlossen sind – ein (teilweise) wassergekühlter Turbomotor ist eben komplexer als ein luftgekühlter Sauger.
Schlicht, aber durchdacht
Eher schlicht sind die Sitze, die nicht verstellbar sind. Dafür lassen sich die Pedale an die Beinlänge anpassen. Unser Flugzeug ist zeitgemäß ausgestattet: mit Garmin G3X Touch, G5, GTN 650, EMU (Motorüberwachung), GTX-335-Transponder und GMC- 307 Autopilot. Auf beiden Seiten des Instrumentenbretts sowie in Kniehöhe gibt’s für Pilot und Co je zwei Ablagefächer. Der Gashebel ragt unterhalb des Instrumentenbretts aus der Mittelkonsole. Hier sind mit der gleichen Hand auch Klappenhebel, Trimmung und Tankwahlschalter erreichbar.
Vorn stehen den Insassen zwei USB Anschlüsse zur Verfügung, mit denen zum Beispiel das iPad aufgeladen werden kann, hinten ist eine universell nutzbare Zigarettenanzünderbuchse installiert. Der Steuerknüppel scheint für große Menschen ausgelegt zu sein – für kleinere ist er etwas lang, wenn man die steuernde Hand aufs Bein legen möchte.
Will der Pilot den Rotax 915 iS anlassen, zeigt ihm die EMU beim Testen der Zündkreise an, wie weit das Gas optimalerweise reinzuschieben ist. Die Prozentangabe bezieht sich nicht auf eine Triebwerksleistung, sondern auf den Gashebelweg. Das Motorinstrument erhält seine Informationen von zwei Engine Control Units (ECU), die über mehrere Sensoren laufend verschiedene Parameter messen, unter anderem Temperatur und Luftdruck im Einlasstrakt sowie Kopf- und Abgastemperatur jedes einzelnen Zylinders. Mit Hilfe dieser Daten regeln die ECUs den Zündzeitpunkt, das Gemisch, die Einspritzmenge und den Turbolader. Der Pilot braucht also keinen Mixture-Hebel zu bedienen. Ein weiterer Vorteil der elektronischen Motorüberwachung und -steuerung besteht darin, dass mehrere Schutzvorrichtungen das Triebwerk vor Überlastung bewahren.
Leichtes Spiel
Eine Viertelumdrehung des Zündschlüssels und der Rotax läuft. Sobald die Öltemperatur im grünen Bereich ist, rollen wir in Richtung Piste. Standardmäßig hat die APM 41 synchron von Hand bedienbare Bremsen; Fußspitzenbremsen sind optional erhältlich. Schon auf dem Weg zum Rollhalt fällt mir die exzellente Sicht aus der Kabine auf. Passagieren dürfte es hinten kaum anders gehen. Klappen auf Stufe eins – und los. Bei 60 Knoten rotieren wir, rechter Fuß leicht aufs Pedal, damit die Kugel in der Mitte bleibt, und Höhe machen mit 90 Knoten (Vy) und 775 Fuß pro Minute.
Fünf Minuten lang ist Vollgas erlaubt (5800 Umdrehungen pro Minute). Als ich das Gas etwas zurücknehme, zeigt mir die EMU einen Wert an, der geringfügig unter 100 Prozent Gashebelweg liegt. Das ergibt 5500 rpm, die dauerhaft zulässige Maximaldrehzahl.
Die Trimmung lässt sich mit dem großen Hebel unterm Gas komfortabel einstellen. Schnell merke ich, wie gut die Querruder wirken – die Simba lädt zum Spielen ein. Um die Querachse braucht sie mehr Kraft, gegen erzwungenes Schieben wehrt sie sich deutlich.
Richtig viel Zuladung
Jetzt wollen wir sehen, wie sich der Flieger im Strömungsabriss verhält. Ohne Landeklappen sackt er zunächst etwas durch, bevor er über die Fläche weggeht. Die Rollbewegung ist deutlich, der Höhenverlust beim Abfangen aber gering. Mit ausgefahrenen Klappen stellt sich ein ausgeprägterer Sackflug ein, die seitliche Abkipptendenz ist schwächer und lässt sich – ja! – mit den Querrudern unterbinden. Zu zweit erfliegen wir eine Stallspeed »clean« von 65 Knoten, mit vollen Klappen sind es 50 Knoten.
Im Viersitzerbetrieb interessiert vor allem die Zuladung: Mit vollen Tanks (154 Liter) bleiben für Insassen und Gepäck 349 Kilogramm. Das ist enorm! Vier Personen mit je 80 Kilo können sogar noch 26 Kilo Gepäck mitnehmen.
Zum Vergleich: Bei einer Cessna 172N bleiben mit vollen Tanks (163 Liter) für Insassen und Gepäck nur 235 Kilo übrig – bereits drei 80-Kilo-Insassen, ohne Gepäck, überschreiten die maximale Zuladung. Auf seiner Website zeigt Issoire Aviation anhand einer interaktiven Karte, welche beeindruckenden Reichweiten sein Viersitzer bietet.
Die Qual der Wahl: Speed oder Effizienz
Wer’s eilig hat, kommt in Flugfläche 95 bei 154 Knoten TAS 536 Nautische Meilen weit. Begnügt man sich mit 114 Knoten, sind gewaltige 907 Meilen möglich. Auf Strecke spielt die Simba ihre hohe Wirtschaftlichkeit aus. In Flugfläche 55 verbraucht sie im »Eco«-Modus bei 137 Knoten TAS 28 Liter pro Stunde. Im »Power«-Modus beschleunigt uns der Rotax 915 iS auf 147 Knoten TAS, was den Verbrauch auf 36 Liter pro Stunde erhöht. Dabei stoßen wir an den gelben Fahrtmesserbereich, der bei 132 Knoten IAS beginnt. Der Trimmbereich ist so gewählt, dass man bei maximal kopflastiger Stellung die Vne nur mit gedrücktem Steuerknüppel überschreiten kann – eine Sicherheitsbarriere, die dem Piloten das Ende des Betriebsbereichs auch physisch signalisiert.
Die Auswahl der Avionik ist modern und reisefreundlich – perfekt! Die vielfältigen Funktionen des Garmin- Glascockpits zusammen mit dem Komfort des (optionalen) Autopiloten machen aus der Simba einen kleinen Airliner.
Zur Landung nähern wir uns dem Flugplatz Issoire-Le Broc mit 80 Knoten. In Landekonfiguration halte ich 75 Knoten; als die Räder den Boden berühren, sind es 65. Nach dem Flug erklärt mir Philippe Moniot die Philosophie seines Flugzeugs. Dabei spricht er von einer »Tugendspirale«: »Will man ein wirtschaftliches Flugzeug, muss der Verbrauch gering sein. Dazu bedarf es einer geringen Masse. Die wiederum ermöglicht einen kleinen Motor. Alles ohne Leistungseinbuße! Das Gegenteil ist die „Höllenspirale“: Wer schwer baut, braucht einen starken Motor, der das Gewicht weiter erhöht. Der große Motor schluckt viel Sprit, was große
Tanks erfordert – noch mehr Masse! Am Ende wird alles sehr teuer und unwirtschaftlich.«
Wirtschaftlich – für Privatkunden und Flugschulen
Mit der leichten Simba und ihrem – nach Luftfahrtmaßstäben – modernen Triebwerk ist Moniot ein äußerst tugendhaftes Flugzeug gelungen. Zurzeit liegt die TBO für den Rotax 915 iS c3A allerdings noch bei 1200 Stunden, angestrebt werden 2000 Stunden. Das Motormanagement dieses leistungsstärksten Rotax-Triebwerks bietet einen hohen Bedienungskomfort. Ob die komplexe elektronische Steuerung des Turbo Einspritzers auch zusätzliche Fehlerquellen mit sich bringt, wird man sehen. Ein Sicherheitsmerkmal ist auf jeden Fall, dass der Motor auch dann weiterläuft, wenn die beiden, beim 915 nicht mehr offen, sondern innerhalb des Motorgehäuses arbeitenden Lichtmaschinen ausfallen.
Dann werden die zwei Engine Control Units vom Alternator gespeist beziehungsweise von der Batterie, die er lädt. Fällt zusätzlich der Alternator aus, kann man mit der Batterie immer noch 30 Minuten fliegen, um einen Flugplatz zu erreichen.
Die APM 41 Simba ist ein modernes effizientes Flugzeug, das sich sehr wirtschaftlich betreiben lässt, sobald Rotax die TBO des 915 iS erhöht. Damit weckt der Viersitzer sowohl das Interesse von Privatkunden als auch von Flugschulen und Clubs. Die Auslieferung der ersten Exemplare plant Issoire Aviation für Ende 2020.
Foto: Jean-Marie Urlacher
- 8,62 m
- 9,13 m2
- 7,28 m
- 2,61 m
- 1,18 m
- 525 kg
- 985 kg
- 460 kg (Insassen vorn max. 220 kg, hinten max. 172 kg, im Gepäckraum max. 20 kg)
- 4
- 154 l
- Rotax 915 iS c3A / 141 PS
- MT, 3-Blatt, Holz/GfK, constant speed, 1,70 m
- 28–36 l/h
- 775 ft/min
- ca. 900 NM
- Basisversion: 329 000 Euro brutto, mit allen Optionen: 348 000 Euro brutto
- 65 Knoten
- 154 Knoten
- 163 Knoten
- Issoire Aviation
- APM 41 Simba
- CS-23
- Rotax 915 iS