Helikopter-Reportage: Bell 209 AH-1F Huey Cobra
Für die US-Army entwickelt, machte dieser Kampfhubschrauber im Vietnamkrieg Karriere.Seit kurzem ist ein nagelneues Exemplar in Salzburg zu Hause – bei den Flying Bulls. Wir durften die Bullen-Cobra testen
Red Bull verleiht Flüüügel!“ Das ist tatsächlich so – ich hab’s ausprobiert. Allerdings war es in meinem Fall nicht das koffeinhaltige Getränk, das mich in Schwung brachte, sondern die Bell 209 AH-1F Huey Cobra der zum österreichischen Brause-Konzern gehörenden Flying Bulls. Die Salzburger haben mich eingeladen, den Kampfhubschrauber zu fliegen. Ja genau: die Cobra! In ihrem Panel stecken zwei Dosen der Muntermacher-Limonade, als ich mich mit Siegfried „Blacky“ Schwarz in Salzburg zum Briefing treffe. Als wären sie ein Teil der Ausrüstung. Zumindest sind sie eine schlaue Catering-Idee: Die „Giftschlange“ zu fliegen, bringt den Adrenalinpegel deutlich nach oben, und das macht ziemlich durstig… Blacky ist Chef der Red Bull-Helikopterstaffel, und seine Leidenschaft sind „Flugzeuge, mit denen man in der Luft stehen bleiben oder rückwärts fliegen kann“.
Mehr als 8000 Stunden listet sein Flugbuch auf; dabei hat Siegfried Schwarz so ungefähr alles geflogen, was von Rotoren angetrieben wird. Otto Normalverbraucher kommt kaum je in die Nähe eines so giftigen Geräts wie der Cobra; allein nur ins Cockpit steigen zu dürfen wäre schon ein Hauptgewinn. Doch gar selbst den Sidestick in der Hand zu halten und mit den riesigen Rotorblättern die Luft im Salzburger Land umzuschaufeln, ist ein unglaublicher Glücksfall für einen so alten Chopperpiloten wie mich. Im Tandem-Cockpit sitzt der Pilot hinten, während im vorderen Teil normalerweise der Waffenoffizier seinen Platz hat. Mit vollem Instrumentarium und Doppelsteuer sind beide ausgerüstet, und so ist die Cobra von jedem Sitz aus fast ohne Einschränkungen zu fliegen. Also einsteigen und Platz nehmen! Blacky hinten, ich vorn. Helm auf, anschnallen und erst mal gucken, wo was ist. Später wird für derartige Orientierungsversuche keine Zeit mehr sein, und blamieren will man sich ja auch nicht.
Die Huey Cobra hat durch die Tandem-Anordnung der Sitze eine extrem schmale Frontsilhouette
Auffällig im vorderen Cockpit der Sidestick rechts, ein kleiner griffiger Stummel, der eher an einen Powerlever beim Jet erinnert. So wollte ich dann irgendwann während des Fluges auch mal die Leistung reduzieren und zog dabei intuitiv den Pitch nach hinten. Klappt beim Jet prima, beim Heli steigt der Torque (Leistung) dann natürlich schnell an. „Watch your pitch!“, kam umgehend Blackys sonore Stimme aus dem Kopfhörer. Doch noch sind wir bei der Vorflugkontrolle. Die Checkliste der Cobra geht vom Umfang her kaum über die eines Bell JetRangers hinaus, lässt man die waffentechnischen Punkte außer Acht. Anlassen vom hinteren Cockpit aus, und nach kurzem Scanning der Triebwerksinstrumente sind wir fertig zum Start. Alle Werte im grünen Bereich – nach dem Run-up können wir los. Ich bitte Blacky, den Start zu übernehmen, ich habe noch keinen Helikopter mit Sidestick geflogen und will erst mal mitfühlen.
Hovercheck mit 55 Prozent Torque am Hauptgetriebe bei einem Abfluggewicht von zirka 3,5 Tonnen. 960 Liter Sprit haben wir in den Tanks, genug für zwei Stunden fünfzehn Flugzeit. Nachdem wir den Übergangsauftrieb bei 25 Knoten erreicht haben, überlässt Blacky mir die Controls mit der Freigabe: „Mach was Du willst.“ Das lass ich mir nicht zweimal sagen, ein so großzügiges Angebot kann man kaum ablehnen! Nicht ganz so entspannt, wie ich es gerne hätte, mache ich mich ans Werk. Man hat nicht jeden Tag so einen Donnerbolzen am Wickel! Der rechte Arm liegt auf einem weichen Polster, gesteuert wird der Sidestick aus dem Handgelenk. Vorsichtshalber bleibe ich erst mal in einem stationären Steigflug und kontrolliere mit minimalen Bewegungen den Kurs. 2600 Fuß pro Minute liegen am Variometer an, und das bei nur 65 Prozen Torque. Donnerwetter, was für eine Steigrate!
Im Nu sind wir auf 6000 Fuß, und es ist Zeit zum Ausleveln. Der Hauptrotor dreht dabei mit gemütlichen 290 Umdrehungen pro Minute, denn die Rotorblätter haben mit über einem Meter Breite und einem Durchmesser von 13,42 Meter eher Tragflächencharakter. Zum Vergleich: Eine Bell 206 dreht immerhin 385 RPM bei gleichem Torque. Mit 150 Knoten rauschen wir nach Westen in ein Trainingsgebiet außerhalb der Salzburger Kontrollzone. Ich reduziere die Geschwindigkeit auf 120 Knoten und wage erste Manöver: Steilkurven, Steig- und Sinkflug, Langsamflug bis hin zum Hovern. Unglaublich, wie agil man mit der Cobra um die Ecken kratzen kann, wenn man sich an das Handling mit dem Sidestick gewöhnt hat. Und unglaublich, wie stabil dieser Helikopter in der Luft liegt, wenn man einfach die Controls in Ruhe lässt und aus dem Handgelenk nur leichte Korrekturen vornimmt.
Wir steuern den Flugplatz Ried an, um ein paar Platzrunden und Anflüge mit anschließender Landung zu absolvieren. Wunderbar präzise lässt sich die Cobra mit 100 Knoten im Anflug auf dem Gleitweg halten. Ich reduziere die Fahrt auf 55 Knoten; ohne viel Leistungszugabe am Pitch geht „die Schlange“ fast von selbst in den Groundeffekt und ins Hovern über. Danach ist nur wenig mehr Leistung nötig, um sie im Steigflug wieder zu stabilisieren. Langsam fängt die Sache an, Spaß zu machen. Umso mehr, als ich mich zunehmend an die Cobra gewöhne und die Spannung nachlässt. Ruck-zuck sind wir auf 5000 Fuß. Nun kommt die Stunde von Blacky: „Lass mich mal kurz“, tönt es aus dem hinteren Salon. Der routinierte Schlangenbeschwörer übernimmt die Steuerung, und plötzlich habe ich eine Weide mit braunbunten Milchkühen direkt vor meine Cockpitscheibe. Wir sind im senkrechten Sturzflug! Was nun folgt, ist eine bunte Mischung aus Blackys Cobra-Programm.
Black Power: Die Lycoming- Turbine T53-I-703 liefert satte 1800 PS
Wir fahren Karussell. Unglaublich, was dieser Mensch drauf hat, und unglaublich, was dieser Helikopter leistet. Mit kaum einem Fluggerät dieser Größe lässt es sich so turbulent im Raum herumturnen. Dabei auch noch den Logenplatz im vorderen Cockpit zu haben, setzt mächtig viel Adrenalin frei. Ohne jede kriegerische Last und nur mit uns zwei Figuren und dem nötigen Treibstoff beladen, hat die Cobra ein enorm leichtes Spiel, denn es stehen immerhin etwa 20 PS pro Kilo zur Verfügung. Ein ausgesprochen freundlicher Wert gemessen an dem, was mir normalerweise in anderen Hubschraubern geboten wird. Allerdings besitzen die Flying Bulls seit neuestem auch zwei Bo-105 mit Kunstflugzulassung. Durch den gelenklosen Rotor sind die noch deutlich agiler und die wohl einzigen, mit denen Kunstflug in dieser Form möglich ist. Nur sind die Bos natürlich deutlich leichter und mit der Cobra nicht zu vergleichen.
Also befasse ich mich nach diesem Ausflug ins Reich der Sinne wieder mit meinem technischen Programm: fliege geradeaus, notiere mir im Kopf diverse Werte und freue mich einfach über das märchenhafte Wetter und ein Fluggerät, wie es mir wohl so schnell nicht mehr geboten wird. Ich möchte wissen, wo man denn so einfach einen Kampfhubschrauber kaufen kann und wieviele Flugstunden dieser Giftzahn schon auf dem Buckel hat. „100“, grinst Blacky, „der Vogel ist neu.“ Neu? Ich hatte natürlich an einen ausgedienten Flieger der US-Army gedacht und insgeheim nach geflickten Einschusslöchern gesucht. Nun erfahre ich, dass man die Cobra bei Chuck Aaron in Westlake Village, Kalifornien, wie im Laden kaufen kann. Chuck ist Stuntpilot, baut Helikopter für die Filmindustrie – und die Huey Cobra komplett neu für zivile Sicherheitsdienste, die damit zum Beispiel im Irak Konvois begleiten.
Irgendwie hat Blacky von dieser Geschichte Wind bekommen und dann Red-Bull-Chef Dietrich Matteschitz davon überzeugt, dass dies genau der spektakuläre Werbeträger sei, der in der Salzburger Sammlung noch fehlt. Wer einmal gesehen hat, wie fetzig Blacky Schwarz mit diesem Gerät am Himmel rumturnt, und wer auch nur eine leise Ahnung davon hat, was ein Helikopter eigentlich nicht kann, begreift schnell, wie da die Post abgeht, wenn die Flying-Bulls-Cobra bei einer Airshow auftaucht. Mit einem Startgewicht von etwa 3,5 Tonnen und befeuert von einer Lycoming- Turbine T 53-1-703 mit 1800 PS sind Steigleistungen von 3000 Fuß pro Minute Standard und Akrofiguren möglich, die selbst erfahrenen Helipiloten den Schweiß auf die Stirn treiben. Entwickelt wurde die Bell 209 AH-1 bereits Anfang der sechziger Jahre, eingesetzt dann ab 1967 in großen Stückzahlen im Vietnamkrieg. Zu diesem Zeitpunkt verwarf der US-Senat gerade das Entwicklungsprojekt AH-56.
Cheyenne, der Vorläufer der Apache, und das verhalf zwangsläufig der Cobra zum Durchbruch. Die Cobra der Flying Bulls steht furchterrgend mattschwarz lackiert zwischen Hangar 7 und Hangar 8 der Salzburger Homebase. Ein echtes Monster mit enorm schmaler Frontsilhouette, dafür aber lang gestreckter Seitenlinie. Unübersehbar am Bug der rote Bulle auf gelbem Grund. Unterm Rumpf droht eine Kanone – freilich eine Attrappe. Die Stummelflügel haben zwar alle Vorrichtungen zum Einhängen von Bomben oder Raketen, doch natürlich fliegt die Cobra gänzlich unbewaffnet. Die Munitionsschächte sind zum Kofferraum umfunktioniert, damit die Besatzung bei Streckenflügen wenigstens das Nötigste an Reisegepäck verstauen kann. Wir fliegen zurück nach Ried. Dort steige ich um in eine Bell-47 Soloy, um auf dem Weg nach Salzburg die Cobra aus der Luft zu fotografieren.
Martialisches Monster: Auch unbewaffnet sieht die Cobra äußerst bedrohlich aus – ein reinrassiger Kampfhubschrauber eben
Nicht dass ich übermäßig furchtsam bin, aber zuweilen kommt mir Blacky so nah, dass ich die Knöpfe an seinem Hemd zählen könnte. Der Mann weiß natürlich genau, wie man zu guten Fotos kommt, und noch genauer weiß er, wie man eine Close Formation fliegt. Sowas ist außerordentlich schwierig und erfordert viel Erfahrung. Wir landen, wo wir gestartet sind, zwischen Hangar 7 und 8, und als wir nach der Landung noch eine Weile über technische Details diskutieren, kann ich ein gewisses Hochgefühl nicht verhehlen: Es war in jeder Hinsicht ein fliegerisches Highlight und eine großzügige Geste der Flying Bulls, diesen Helikopter zur Verfügung zu stellen. Ich bin ein Mensch, dem Neid und Missgunst völlig fremd sind, aber so ein ganz kleines bisschen finde ich doch, dass Blacky Schwarz da über einen Flieger verfügt, für den ich auch gern einen Sponsor hätte.
Text und Fotos: Rainer Herzberg, fliegermagazin 1/2007
- 13,62 m
- 4,24 m
- 3,27 m
- 2890 kg
- 4536 kg
- 960 Liter
- Lycoming T53-I-703, 1800 PS
- 400 Liter/h
- 3000 ft/min
- 2 h 15 min
- Helikopter
- 209 HueyCobra
- Hovercheck
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- T 53-1-703
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- Tandemsitzer
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- Cobra
- Ried
- Heli-Kunstflug
- Siegfried Schwarz
- Chuck Aaron
- Hubschrauberkunstflug
- Bölkow Bo 105
- Bölkow 105
- Pitch
- Sidestick
- Kunstflugzulassung
- Stummelflügel
- Tandemcockpit
- Bell JetRanger
- Groundeffekt
- Bo 105