Echo-Klasse

Gebrauchtflugzeug-Ratgeber AA-5B/AG-5B Tiger

Warrior und Skyhawk sind Ihnen zu langweilig? Dann könnte die Grumman AA-5B Tiger mit ihren Geschwistern passen – auch wenn sie schwerer zu finden ist.

Von Redaktion
Gebrauchtflugzeug-Ratgeber AA-5B/AG-5B Tiger
Schneller als die anderen: Mit derselben Motorisierung wie viele Cessna und Piper fliegt die Tiger der Konkurrenz davon

Am Anfang stand eine fixe Idee: ein flottes, zweisitziges Selbstbau-Flugzeug mit abnehmbaren Flügeln, das man wie einen Anhänger mit dem Auto zur heimischen Garage schleppen kann. Jim Bede (»Beedee«), der mittlerweile legendäre Konstrukteur, der auch später immer wieder von sich reden machte, (etwa mit dem Kit-Jet BD-5J) hatte diese Vision, und er sprach damals davon, »eine Million« dieser Flugzeuge verkaufen zu wollen.

Bedes Kitplane-Entwurf »BD-1« von 1962 wirft zwar bis heute lange Schatten und wurde zum Urahnen einer Flugzeugfamilie, aber zur Million reichte es nicht: Etwas mehr als 1800 Exemplare der extravaganten Zweisitzer aller Versionen fanden bis 1978 einen Käufer. Auch seine Idee mit den Klappflügeln ließ sich nicht umsetzen, zu hoch waren die Hürden der Zulassungsvorschriften. Noch bevor ein einziges Flugzeug verkauft war, überwarf sich der »Vater des Kitplanes« zudem mit seinen Partnern, die kurz darauf die neue Firma American Aviation gründeten und die Konstruktion für die Serienproduktion weitgehend veränderten. Ein Kitplane gab es nie.

Die AA-1 verzeiht kaum Flugfehler

Als AA-1 Yankee Clipper brachte American Aviation die Maschine schließlich 1969 auf den Markt. Von Beginn an nahm der neue Typ eine Sonderstellung ein, vor allem wegen der Hightech-Bauweise und einiger anderer außergewöhnlicher Ideen. So diente ein Aluminiumrohr als Tragflächenholm – und zugleich als Tank. Anders als die gleich motorisierte Cessna 150 war die AA-1 ein heißblütiges, schnelles und wendiges Fluggerät – das allerdings (auch ein Unterschied zur Cessna) kaum Flugfehler verzieh. Heimtückische Spezialität der AA-1 bis heute: Beim Stall dreht sie sich blitzschnell auf den Rücken, was vor allem in Bodennähe wenig lebensverlängernd ist. Fatal kann auch das (verbotene) Trudeln einer AA-1 enden: Wenn der Sprit in einem der langen Holmtanks nach außen schwappt, lässt sich die Autorotation womöglich nicht mehr beenden.

In Deutschland selten: Die zweisitzige AA-1 Yankee Clipper hat im Grenzbereich und bei der Landung ein kritisches Flugverhalten

Das heiße Flächenprofil dieser ersten AA-1-Variante (Spitzname: Hotwing Yankee) und ihre gegenüber einer Cessna 150 um 50 Prozent höhere Flächenbelastung sorgen nicht nur für eine hohe Reisegeschwindigkeit; die kleine Fläche ist auch für die Ziegelstein-ähnliche Sinkrate und die hohe Anfluggeschwindigkeit verantwortlich. AA-1 sind heute Flugzeuge für Spezialisten; in Europa sind nur wenige der insgesamt 459 gebauten Exemplare anzutreffen. Eine verbesserte Version mit der Bezeichnung AA-1A trachtete ihren Piloten nicht mehr so heimtückisch nach dem Leben: Die Aerodynamik der Tragfläche ist bei ihr durch eine Änderung des Profils so entschärft worden, dass Stalls sanfter und viel ungefährlicher ablaufen.

Kenner schwören auf die Grumman

Auch diese Version spielt auf dem europäischen Markt für Gebrauchtflugzeuge heute kaum eine Rolle, in den USA aber werden immer wieder schöne Exemplare angeboten. Nachdem von der AA-1A weitere 470 Maschinen gebaut worden waren, entschloss sich American Aviation, einen Viersitzer auf Basis der AA-1 zu entwickeln. Zwei Drittel der Komponenten blieben identisch, so war eine effiziente Entwicklung möglich. 1971 kam die Maschine als AA-5 auf den Markt (siehe Tabelle Seite 28). Zirka 15 Knoten schneller als eine gleich motorisierte Skyhawk oder Warrior war die zunächst als Traveler und später in einer verbesserten Version als AA-5A Cheetah (Gepard) vermarktete Maschine. Mit etwa 1750 gebauten Exemplaren blieb sie aber ein Geheimtipp. Die AA-5 erreichte nie den Produktionslevel von Piper oder gar Cessna.

Ungewöhnlich: Der Hauptholm der Tragfläche ist ein Alu-Rohr; die Bleche sind verklebt, nicht genietet

Kenner aber schwören auf sie. Und das nicht ohne Grund. Nicht allein die hohe Geschwindigkeit ist attraktiv, auch mit anderen Features hebt sich die später von Grumman und Gulfstream gefertigte »Raubkatze« von den gängigen Einmots jener Zeit ab: die glattflächig verklebten Flügel und der aus Waben-Platten gefertigte Rumpf in Verbundbauweise, die Agilität um alle Achsen, das robuste Fahrwerk aus Fiberglas, das auch peinlich harte Landungen unbeschadet übersteht – und die Schiebehaube, die hervorragende Sicht bietet und perfekt zur Kampfjet-ähnlichen Agilität der Maschine passt.

Die AA-5 fliegt ihrer Konkurrenz davon

Aus der AA-5 Traveler/Cheetah entwickelte Grumman schließlich 1974 das Erfolgsmodell AA-5B Tiger. Im Wesentlichen ist diese erste Variante der Tiger nicht viel mehr als eine Cheetah mit 180-PS-Motor. Der aber kann die aerodynamische Güte des glattflächigen Entwurfs in eine Reisegeschwindigkeit von 140 Knoten umsetzen. Damit fliegt die Tiger mit starrem Prop und festem Fahrwerk bereits in der Klasse der komplexen 200-PS-Maschinen. Bei einem Vergleichsfliegen mit einer 180-PS-Arrow (Verstellprop und Einziehfahrwerk) ließ die Grumman die Piper hinter sich. Und dann ist da noch der klangvolle Name Grumman: Der Hersteller der AA-5B baute auch die Mondlandefähre und den Schwenkflügel-Jet F-14 Tomcat.

Freiluftspaß freihändig: Die Schiebehaube der Tiger darf bis 112 Knoten im Flug leicht geöffnet werden

Die Tiger wurde mit wenigen Veränderungen von 1974 bis 1979 erst von Grumman und später von der Businessjet-Firma Gulfstream gebaut. Gulfstreams Tiger-Fertigung endete 1979 kurz vor der Krise der Allgemeinen Luftfahrt in den USA. 1990 aber kam das Muster zurück. Jetzt wurde sie vom Unternehmen American General gebaut, deshalb die neue Bezeichnung AG-5B. Im Zuge der Überarbeitung bekam sie eine zeitgemäße 28-Volt-Elektrik und ein verbessertes Panel.

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Die Grumman-Tiger-Familie im Steckbrief

AG-5B haben eine praktische, auf beiden Seiten aufklappbare Cowling und ein verbessertes Heizungs- und Lüftungssystem. Man erkennt eine AG-5B auch am T-förmigen Gashebel. Aerodynamischer Feinschliff verbesserte die Reisegeschwindigkeit von 139 auf 143 Knoten. Fliegt man eine AG-5B mit niedriger Reiseleistung, so erreicht man die Geschwindigkeit einer Archer (die dasselbe Triebwerk hat) bei 20 Prozent niedrigerem Spritverbrauch.

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1993 schien das endgültige Ende der Raubkatze gekommen zu sein. Doch sieben Jahre später wurde das Unternehmen Tiger Aircraft LLC von ehemaligen Angestellten mit Hilfe von taiwanesischen Anlegern gegründet. Mit den Originalwerkzeugen fertigte Tiger Aircraft in Martinsburg, Virginia, weitere 51 Exemplare der AG-5B, die letzten davon sogar mit G1000-Glascockpit. Solche modernen Tiger lassen sich derzeit in US-Flugzeugbörsen zu sehr günstigen Preisen finden.

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3D-Ansichten

Die Tiger wurde seit 1974 von vier Unternehmen gebaut: Grumman, Gulfstream, American General und Tiger Aircraft. Doch mit der Pleite von Tiger Aircraft 2006 hat die schnelle Katze immer noch nicht alle ihre Leben aufgebraucht. Zum fünften will ihr die Firma True Flight Aerospace im US-Bundesstaat Georgia noch in diesem Jahr verhelfen.

Servicefreundlich: Der Motor der AG-5B ist über zwei große Klapphauben gut zugänglich

Doch vor allem als Gebrauchtflugzeug ist die Tiger interessant: Der Exot ist im Vergleich zu den gängigen Marken zu besonders attraktiven Preisen zu haben.

Text: Alexis von Croy; Fotos: Alexis von Croy (3), Thomas Rittstieg, fliegermagazin-Archiv; fliegermagazin 02/2010

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