Flugzeug-Porträt: Airshow-Pilot David Oldani und seine Yak-52
Bei Kunstflug-Vorführungen möchte David Oldani die Zuschauer mit seinem Enthusiasmus für die Fliegerei anstecken. Der Schweizer fliegt seine Yak-52 in der Freizeit. Sicherheit ist ihm besonders wichtig
Die Fliegerkombi ist David Oldani fast peinlich: „Ich fand solche Overalls immer albern. Aber wenn dir in der Yak-52 etwas aus den Taschen fällt, landet es sofort unterm Trittbrett zwischen den Steuerstangen“, erklärt der sympathische Schweizer. „Das ist eine der Hauptunfallursachen bei diesem Flugzeug.“ Zwischen den Hangars am Baseler Flughafen ragt die russische Kunstflugmaschine hoch neben dem 30-Jährigen auf, der eigentlich von allen Dave genannt wird. Im Berufsleben ist Oldani Flugerprobungsingenieur bei dem Schweizer Flugzeughersteller, der jedem Piloten sofort einfällt. Er definiert die Testflugprogramme neuer Muster und fliegt auch selbst mit – hinten, vor den Konsolen mit Messgeräten. Vor diesem Job war er für die Strukturtests der Solar Impulse verantwortlich, die derzeit mit Sonnenkraft die Welt umfliegt. Der Yak gehört seine Freizeit: Dave ist Airshow-Pilot.
Wann immer es sich machen lässt und jemand die Kosten zumindest teilweise übernimmt, tritt er mit dem russischen Militärtrainer auf Flugtagen und Airshows auf. „Ich will den Menschen die Freude am Fliegen vermitteln“, erklärt Dave mit leuchtenden Augen. „Es geht überhaupt nicht darum, was für ein toller Hengst ich bin.“ Die Bescheidenheit nimmt man dem Piloten ebenso ab wie die Begeisterung fürs Fliegen. „Ich bin schon mit zwölf Jahren in der Zlin 37 eines väterlichen Freunds mitgeflogen“, erzählt Oldani. Der heißt Roger Holzer, er sagte damals: „Wenn Du groß bist, darfst Du sie fliegen“. Man verlor sich aus den Augen, doch Dave lernte mit 15 fliegen. Als vor einigen Jahren der Kontakt wieder zustande kam, gab es die Zlin nicht mehr – aber eine Yak-52. Oldanis Antwort auf die Frage, ob er denn vielleicht die fliegen wolle, war klar. Das war 2008.
Die Yak, sagt Oldani, ist nicht schwierig, aber schwer
Seit 2011 betreiben Dave und Roger die Maschine in einer Haltergemeinschaft. Schon ein paar Monate nach dem ersten Flug mit der Yak meldete sich Oldani für die Ausbildung zur Kunstflugberechtigung an: „Sonst macht man irgendwann Unsinn mit einem Flugzeug, das das kann“, meint er. In Grenchen absolvierte er das Training auf der französischen Mudry CAP 10. „Das ist ein ideales Einsteigerflugzeug.“ Die Yak dagegen, sagt Oldani, ist nicht schwierig, aber schwer. „Man braucht Zeit und Höhe, wenn sie nicht mehr tut, was man von ihr will.“ Eine ganze Handvoll verschiedener Trudelvarianten hat er sich von osteuropäischen Lehrern beibringen lassen – und vor allem, wie man sie beendet. Irgendwann entstand der Traum, anderen Menschen die Maschine vorzuführen und ihnen zu zeigen, wie schön Fliegen sein kann.
Also fragte Dave die Schweizer Airshow-Legende Paul „Chappe“ Ruppeiner, der unter anderem das Swiss Hunter Team leitet, ob er ihn für die Tiefflugberechtigung ausbilden würde, die jeder Airshow-Pilot braucht. Chappe zögerte, doch dann trafen sich die Beiden auf einem Flugtag und gingen gemeinsam in die Luft. Nach dem Check-out stellte der Lehrer zwei Bedingungen: Nur er würde entscheiden, ob und wann Dave soweit ist. Und: Das Training würde in jedem Fall drei Jahre dauern. Oldani stimmte zu. „Das erste Jahr über haben wir nur geübt. Im zweiten haben wir bei den Auftritten gemeinsam in der Yak gesessen. Ich bin alles bis 200 Meter über Grund geflogen, darunter übernahm Chappe. Im dritten Jahr durfte ich alleine los, er hat vom Boden aus zugeschaut.“ Inzwischen ist Oldani selbst Kunstfluglehrer und bietet auch Einweisungen und Sicherheitstrainings in der Yak an – und er würde auch drei Jahre Zeit verlangen.
„Natürlich ginge es schneller. Aber es geht um Vertrauen, ums gegenseitige Kennenlernen und um die Vermittlung einer sicheren Grundeinstellung. „Die Vorflugkontrolle ist erledigt, Dave macht sich bereit für den Standlauf. Vor dem ersten Flug eines Tages lässt er die Maschine warmlaufen, stellt sie wieder ab und prüft dann, ob irgendwo etwas leckt oder kaputt gegangen ist. „Das habe ich von den Russen gelernt. Und ich habe auch schon dreimal etwas gefunden.“ Mit merkwürdigem Pfeifen und Zischen erwachen die 360 PS des Neun-Zylinder-Sternmotors zum Leben. Der Anlasser funktioniert mit Druckluft – eine Lochscheibe füllt nacheinander die Zylinder mit Luft und bringt so den Motor in Gang. Auch Bremsen, Klappen und Fahrwerk werden pneumatisch betrieben. „Wenn der Vorratstank dicht ist, hat er nach vier Wochen Standzeit noch genug Druck für einen Anlassversuch“, erklärt der Yak-Kenner und zeigt auf den externen Anschluss zum Nachfüllen.
Die markante Kühlluftjalousie in der Schnauze bleibt geschlossen, bis das Öl warm genug ist. Beim Kunstflug verstellt der Pilot sie stets so, dass die Zylinderkopftemperatur stimmt. Meist tritt Oldani auf Flugtagen in der näheren Umgebung auf: „Weite Anreisen sind den Veranstaltern oft zu teuer“, bedauert Oldani. Der Airshow-Pilot berechnet zehn Schweizer Franken pro Flugminute mit der bulligen Yak-52. Seine Vorführung ist dabei der kleinste Faktor: Sie dauert nur sieben Minuten. „Ich kann es mir nicht leisten, kostenlos Airshows zu machen“, sagt der Schweizer mit leisem Bedauern. Gerne hätte er einen Sponsor, dessen Logos bei seinen Vorführungen auf dem Flugzeug zur Geltung kommen könnten. Doch bislang war die Suche erfolglos.
Kunstflug in Dittlingen
Bis auf 100 Meter über Grund darf Oldani im Kunstflug herunter, bei Überflügen sogar bis auf 50 Meter. Sein Lieblingsflugtag findet in Sichtweite vom Heimatplatz Basel statt: In Dittingen kommen 25 000 Zuschauer, und die Landschaft mit einem Tal auf einer Seite und einer Anhöhe auf der anderen ist besonders spektakulär. Mit den im Kunstflug üblichen Zeichnungen des Aresti-Katalogs hat Dave sein Programm auf einem Zettel im Cockpit aufgeschrieben. „Davon weiche ich nie ab“, erklärt er. Einmal wollte ein Flugshow-Leiter, dass er um ein oder zwei Minuten verlängert, weil der nächste Pilot noch nicht fertig war. „Ich hab’s abgelehnt. In der Minute Improvisation brichst du dir das Genick.“ Vor dem Flug geht Dave den Ablauf durch – und das ist wörtlich zu nehmen.
Die gelbe Taxiway-Linie dient als gedachte Grundlinie der Airshow. Dann läuft er auf dem Boden die Figuren ab, macht mit den Händen die Flugbewegungen nach, dreht sich um sich selbst, wie es später das Flugzeug tun wird. Ab und zu schwenkt er den Kopf scharf nach links oder rechts – mit einem Blick dorthin wird er in der Luft die Fluglage relativ zum Horizont prüfen. Jetzt ist keine Störung erlaubt, der Pilot ist hoch konzentriert und völlig versunken. Der Kunstflugtanz am Boden wirkt meditativ – und genau so soll es sein: „Eine der großen Herausforderungen bei Airshows ist, das Risiko zu managen. Irgendetwas läuft immer anders als geplant. Deshalb muss man gut vorbereitet und voll konzentriert sein.“ Nachdenklich fügt er an: „Zu sagen, es sei ungefährlich, wäre vermessen.“ Hat Dave Vorbilder? „Nein“, sagt er lachend, „wenn ich versuche, Sean Tucker nachzumachen, dann wird’s gefährlich.“
Dennoch: Von Airshows hauptberuflich leben zu können, wie es die bekannten Piloten in den USA schaffen – dieser Gedanke fasziniert den Schweizer. Und ein Wunschflugzeug? „Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich mal so eine Maschine wie die Yak-52 fliegen würde“, begeistert sich Oldani.“ Aber wenn Geld gar keine Rolle spielen würde, dann wäre ich an einer Sea Fury interessiert. Die ist sehr elegant. Mit so etwas macht man Gentleman’s Aerobatics, ganz ruhig.“ Auch der Yak mutet Dave keine gerissenen Figuren zu. „Das belastet die Motorträger sehr“.
Regelmäßig kommen Mechaniker aus Litauen zu Besuch, um die dort registrierte Maschine zu warten. „Die machen immer eine Tour zu allen Eignern in Europa.“ Oldani zeigt noch auf den Stern an seiner Maschine: „Der ist falsch, mit dem gelben Rand ist es eher ein chinesischer.“ Dann stülpt er sich den Helm auf den Kopf, springt auf den Flügel und klettert ins Cockpit. Gleich geht’s los: sieben Minuten voller Konzentration – und Begeisterung.
Fotos: Christina Scheunemann, fliegermagazin 6/2015
- 9,50 m
- 15,00 qm
- 7,68 m
- 2,95 m
- 970 kg
- 1290 kg
- 120 l
- Vedenjev M-14P/360 PS
- 60 l/h
- 1380 ft/min
Thomas Borchert begann 1983 in Uetersen mit dem Segelfliegen. Es folgte eine Motorsegler-Lizenz und schließlich die PPL in den USA, die dann in Deutschland umgeschrieben wurde. 2006 kam die Instrumentenflugberechtigung hinzu. Der 1962 geborene Diplom-Physiker kam Anfang 2009 vom stern zum fliegermagazin. Er fliegt derzeit vor allem Chartermaschinen vom Typ Cirrus SR22T, am liebsten auf längeren Reisen und gerne auch in den USA.
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