Erstflug: ScaleWings SW51
Eine Mustang im UL-Format – wer hätte das einem Flugmodell-Hersteller zugetraut! ScaleWings verblüfft die Fliegerwelt mit einem 70-Prozent-Nachbau des berühmten amerikanischen Jägers aus dem Zweiten Weltkrieg. Jetzt fliegt die SW51
Ein Höhenleitwerk – mehr war nicht zu sehen, als Hans Schwöller sein Projekt FK51 zum ersten Mal auf der AERO vorstellte. Das war 2012. Ein Jahr später stand das ganze Flugzeug in Friedrichshafen. Und 2014 der flugfähige Prototyp. Jetzt, nachdem die kleine Mustang im Oktober zum ersten Mal in die Luft kam, staunen alle, die das Projekt bisher als Spinnerei abgetan haben. Er hat’s geschafft! Kaum eine andere Neuentwicklung in der UL-Szene wurde mit so viel Interesse verfolgt wie die Entstehung der FK51, die mittlerweise SW51 heißt. Kaum eine andere wurde aber auch mit so viel Skepsis beäugt wie die SW51. Und wird es noch immer. Doch zunächst die Fakten. Die Idee für das Konzept des Fliegers stammt von Scale-Wings-Chef Hans Schwöller, der im österreichischen Straßwalchen maßstabsgetreue Modellflugzeuge herstellt. Entworfen und berechnet wurde die Mini-Mustang vom renommierten UL-Konstrukteur Peter Funk (FK9, -12, -14, -131).
Dessen Produktionspartner FK-Lightplanes in Polen hat den Prototyp gebaut. Um sich von der Funk-Modellreihe abzugrenzen und die Zugehörigkeit zu ScaleWings zu markieren, trägt das Muster neuerdings die Bezeichnung SW51. Bei der Herstellung der ersten manntragenden ScaleWings-Maschine kam den Österreichern ihre langjährige Erfahrung mit 3D-CAD-Verfahren zugute. Diese Technik, so der Hersteller, erlaube es, mit Hilfe von 3D-Großfräsanlagen auch komplizierte Bauteile sehr rationell zu entwickeln und zu fertigen. Die Zelle sowie alle Ruder und die Landeklappen bestehen aus CfK. Dennoch sieht die SW51 wie ein Metallflugzeug aus: Niete, Materialfugen, Kontrolldeckel und andere Details sind dem Original nachgebildet, erfüllen aber keine technische Funktion. Durch eine Lackierung in „Spiegeloptik“ ist die Oberfläche praktisch nicht von poliertem Alu zu unterscheiden.
Vorbild für die SW51 ist die P-51 Mustang
Was den Antrieb betrifft, setzt der Hersteller auf den bewährten Rotax 912 ULS mit 100 PS. Später soll auch die Einspritzversion 912 iS sowie der 115 PS leistende Rotax 914 angeboten werden. Der Vierzylinder-Boxer arbeitet auf einen speziell für die SW51 von MT gefertigten hydraulisch verstellbaren Vierblattpropeller – die P-51 hatte schließlich auch einen Vierblattprop. Das Einziehfahrwerk wird hydraulisch bewegt, ebenso die Landeklappen. Alle drei Ruder sind jeweils mit einer elektrischen Trimmung versehen. Die Außenflügel lassen sich in wenigen Minuten vom Flügelmittelteil abnehmen, Querruder- und Landeklappenansteuerung haben automatische Anschlüsse, nur der Pitotrohrschlauch und die Kabel für die Querrudertrimmung müssen zurzeit noch von Hand getrennt werden. Im Gegensatz zu einigen anderen verkleinerten Mustang-Nachbauten entspricht die SW51 in ihren Proportionen dem Original.
Vorbild für den 70-Prozent-Zweisitzer ist die Trainer-Version TF-51, äußerlich erkennbar an der gegenüber dem Einsitzer P-51 leicht veränderten Kabinenhaube: Damit der Copilot genügend Kopffreiheit hat, verläuft die Kontur im hinteren Bereich leicht erhöht. Auch die SW51 ist mit einer Doppelsteuerung versehen. Für die Flugerprobung wurde vom DAeC eine Vorläufige UL-Verkehrszulassung erteilt. Am 27. September kam der Prototyp zum ersten Mal in die Luft. Schauplatz war der Verkehrslandeplatz Speyer, Homebase von Peter Funks Firma B & F Technik. Am Steuer saß Thomas Kreimeier, der beruflich für die Lufthansa fliegt, zum Spaß auch Ju-52 und Me-108 – und privat meistens UL. Sein Lieblingsflugzeug: die North American P-51.
Vier Minuten dauerte der erste Hüpfer, es folgte ein zweiter Flug mit neun Minuten und zwei weitere mit 20 Minuten. Bei allen Flügen bis Redaktionsschluss wurde das Fahrwerk noch nicht eingezogen. „Wir wollen erst schauen, wie sich das Flugzeug insgesamt verhält“, erklärt Kreimeier. Und wie verhält es sich? „Die Ruderansprache ist gut“, sagt der Testpilot, „die Rollrate dürfte der FK12 Comet entsprechen. Die Steuerkräfte sind insgesamt UL-typisch leicht.“ Alle Landungen verliefen bisher problemlos. Bei der ersten stand aus technischen Gründen kein Federweg zur Verfügung; das Problem war schnell beseitigt. Trotzdem, so Kreimeier, seidas Handling gut gewesen, was vor allem der breiten Spur zu verdanken sei. „Im Vergleich etwa zu einer FK14 hast du auch viel viel mehr Bodenfreiheit am Flügel“. Bei anderen verkleinerten Mustangs ist manchmal die Länge der Fahrwerksbeine an die Erfordernisse des Nachbaus angepasst.
Nicht so bei der SW51: Obwohl deren Propeller unterproportional klein ist, sind die Beine maßstabsgetreu, die „Prop Clearance“ also riesig. Dafür stimmt die Bodenstandslage. Dass die Räder bisher draußen blieben, liegt nicht nur am festgelegten Testprogramm, bei dem zunächst die Arbeitsweise zentraler Systeme wie der Steuerung Priorität haben: Die Kühlung des Motors ist noch nicht perfekt, er wird zu heiß. Doch der Motorraum bietet viel Platz, um den Kühler besser platzieren zu können – da sind Schwöller und Kreimeier zuversichtlich. Erst wenn der Antrieb thermisch in Ordnung ist, kann er beim Steigflug in größere Höhen stärker belastet werden. Dann wird der Testpilot auch das Fahrwerk einziehen. Die Performance ist naturgemäß bescheiden, wenn die Räder raushängen. Aber sie wurde auch noch nicht ausgetestet. Solange das Flattergutachten aussteht, ist der Geschwindigkeitsbereich ohnehin beschränkt.
SW51: Obwohl deren Propeller unterproportional klein ist, sind die Beine maßstabsgetreu
Bisher flog die D-MSWX maximal 140 km/h. Bei der Landung betrug die Seitenwindkomponente auch schon mal sieben bis acht Knoten – damit kam die Maschine gut zurecht. Alle Landungen fanden mit der gleichen Klappenstellung statt, die drei weiteren (einschließlich Null-Stellung) hat Kreimeier aber bereits ausprobiert. Der Trimmbereich sei groß genug, um die Lastigkeitsänderungen auszugleichen. Auch die Schwerpunktlage passt. Sie liegt momentan im vorderen Bereich, was sowohl aus flugmechanischen Gründen durchaus erwünscht ist (harmlosere Trudeleigenschaften) als auch aus betriebspraktischen: Ein Passagier könnte hinten Platz nehmen, ohne dass die Schwanzlastigkeit zu groß wäre. Ein Problem könnte das Gewicht des Flugzeugs sein: Zurzeit ist die Rede von 400 Kilo – UL-Zweisitzer dürfen leer höchstens 297,5 Kilo wiegen. Prototypen sind zwar fast immer schwerer als Serienflugzeuge, doch hundert Kilo wegzuzaubern ist eine gewaltige Herausforderung.
Dabei geht es nicht nur um die Zelle. Die ist für eine Abflugmasse von 600 Kilogramm und ein Lastvielfaches von +8/–4 g ausgelegt, also auch für Kunstflug. Die Belastungstests wurden bestanden, was Fotos auf der ScaleWings-Website eindrucksvoll zeigen. Der Flieger könnte also, was die Lastanforderungen betrifft, in den USA als LSA und in Europa als Light Sport Airplane zugelassen werden. Doch ob es auch möglich sein wird, ihn so leicht zu bauen, dass er unter dem Leergewichtslimit für ULs bleibt, muss sich noch zeigen. Sicher ist, dass Schwöllers hohe Ansprüche an den Prototyp dem Gewicht nicht zugute kamen. So wäre ein für den Rotax erprobter Festpropeller von DUC oder Warp Drive wesentlich leichter als der MT-Verstellpropeller. Als gewichtsträchtiger Luxus erscheint ferner die Trimmbarkeit um alle Achsen: Separierte Ruderflächen, Servos, Verkabelung, Anlenkung, Betätigung – alles zusätzliche Masse.
Und wer braucht bei einem UL, zumal bei einem Tandemsitzer, eine Quer- und eine Seitenrudertrimmung? Auch die vielen Gimmicks, die für Schwöller unverzichtbarer Teil seiner Produktphilosophie sind, erhöhen das Gewicht. So ist schon jetzt das „Start-Smoke-System“ installiert: Beim Anlassen des 1,35-Liter-Motors kann Rauch aus den zwölf Stacks geblasen werden, sodass es so aussieht, als komme ein Rolls-Royce Merlin in Gang. Akustisch soll ein zuschaltbares „Power-Sound-System“ 27 Liter Hubraum und zwölf Zylinder vortäuschen. Heute, sagt Thomas Kreimeier, sei die SW51 ein „massiver Klotz“ – äußerst stabil gebaut, weit über die UL-Anforderungen hinaus. Gleichzeitig sieht der Testpilot aber viele Möglichkeiten, um Gewicht zu sparen. Hans Schwöller ist schon dabei, Stahlschrauben durch hochfeste Aluschrauben zu ersetzen – das bringe 3,5 Kilo. Viele Strukturteile sollen modifiziert und leichter produziert werden.
Und wenn am Ende das UL-Gewicht doch nicht zu schaffen sein sollte, wäre das, so hat man den Eindruck, für den umtriebigen Vater der SW51 auch keine Katastrophe: Der Österreicher verweist auf die Möglichkeit, das Flugzeug in den USA als Experimental Exhibition zuzulassen, als „Selbstbau“, der fertig vom Hersteller kommt. Dies dürfte sogar einfacher sein, als eine CS-LSA-Zulassung zu bekommen, samt EASA-Zertifizierung von ScaleWings Engineering als Entwicklungsbetrieb und FK-Lightplanes als Produktionsbetrieb. 40 Flugzeuge, so Schwöller, könnten nächstes Jahr gebaut werden. Doch ob der polnische Hersteller die Kapazität dazu hat, ist fraglich. Der geplante Auslieferungsstart wurde von August 2014 um ein halbes Jahr verschoben.
Zulassung als Experimental Exhibition? Oder als „fertiger Selbstbau“?
Sicher ist aber, dass es die SW51 nie gäbe, wenn Bedenkenträger am Werk gewesen wären. Nur ein Macher wie Hans Schwöller, mit dem unerschütterlichen Glauben an die eigene Idee, war in der Lage, in so kurzer Zeit eine dermaßen prächtige kleine Mustang fertigzustellen. Und auch noch eine, die sich „toll anfühlt“, wie Testpilot Kreimeier grinsend bemerkt.
Fotos: Andreas Haller, fliegermagazin 12/2014
- FK-Lightplanes, Lotników 20 B, PL-38-400 Krosno, Polen, Telefon 0048 (134)21 94 97, www.fk-lightplanes.com
- 7,90 m
- 6,88 m
- 1,97 m
- angestrebt: 297,5 kg
- 472,5 kg (UL), 600 kg (LSA)
- 116 l (Flächentanks)
- Rotax 912 ULS/100 PS; später auch 912 iS und 914 (115 PS)
- MT, 4-Blatt, Composite, hydraulisch verstellbar
- ab 130 305 Euro
- Entwicklung: ScaleWings, Gewerbegebiet Süd 4, A-5204 Strasswalchen, Österreich, Telefon: 0043 (676)569 55 00, www.scalewings.com
Peter Wolter kam vom Drachenfliegen zur motorisierten Luftfahrt und von der Soziologie zum Journalismus. Er steuert ULs sowie E-Klasse-Maschinen und hat sein eigenes UL (eine Tulak) gebaut.
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