Selbstbau-Flugzeuge von Van’s-Aircraft: Was taugen die Bausätze?
Flugzeug selbst bauen und dann hergeben – nicht einfach. Genauso viel Überwindung kostet es, ein derartiges Projekt erneut in Angriff zu nehmen. Stefan Schröter hat schon drei Van’s selbst gebaut – aber damit ist noch nicht Schluss.
Messen entwickeln einen besonderen Hype: Man diskutiert über Neuigkeiten, trifft Selbstbauer, die ähnliche Vorstellungen haben, sammelt Ideen, was man wie verbessern könnte – und schon erscheint es nicht mehr so abwegig, ein neues Selbstbauprojekt zu beginnen. Dabei war mir während des Bauens eigentlich immer klar, dass ich mich auf kein weiteres Projekt dieser Tragweite einlassen wollte.
Zweimal hatte mich der Messe-Hype auf der AERO schwach werden lassen. Seit zwölf Jahren sind meine Flieger in Friedrichshafen als Verkaufshilfe für Van’s ausgestellt. 2016 wollte ein Interessent meine RV-7A unbedingt haben; er wich mir nicht mehr von der Seite, und ich glaube, wenn das nicht auf der Messe geschehen wäre, hätte ich die Maschine niemals verkauft. 2018 war’s mit meiner ersten RV-14A ähnlich – ich wurde so lange bearbeitet, bis ich dem Verkauf zustimmte.
Van’s Aircraft RV-14A: Idee zum Kauf kam auf der AERO
Und wieder brauchte ich einen neuen Flieger. Auch beim dritten Selbstbau-Flugzeug entschied ich mich für Van’s, was daran liegt, dass nur ein Hersteller in Frage kam, dessen Produkte schon lange auf dem Markt sind und in großen Stückzahlen fliegen. Da bin ich kritisch.
Seit einem Mitflug in einer RV-7 war ich von der Idee infiziert, so einen Flieger zu bauen. Das war 2005. Ich hatte damals beruflich alles andere als Zeit, aber die Van’s ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Also besuchte ich den Hersteller in Oregon, wo ich ein sehr gut organisiertes Unternehmen vorfand. Daryl Sahnow, mein Firmen-Guide, zeigte mir die gesamte Produktion, und ich durfte dazu noch einen Probeflug machen. Am Ende des zweiten Besuchstags traute ich mich dann nicht, die Bestellung nicht zu unterschreiben. Inzwischen ist Daryl in Rente; heute gehört er zu meinen besten Freunden. Aber unabhängig von meiner persönlichen Beziehung zu Van’s muss man einfach sagen, dass die Firma in den 16 Jahren, die ich sie nun kenne, ihre Flugzeuge laufend verbessert hat und einen super Support bietet. Anfragen werden innerhalb eines Tages beantwortet, Ersatzteile kommen per FedEx oder UPS in drei bis vier Tagen, und sie passen.
Grenzen des UL: Aufstieg in die nächste Klasse
Mit dem Bau meiner RV-7A hatte ich 2006 begonnen, drei Jahre später fand der Erstflug statt – für mich ein Quantensprung, denn ich kam von den Ultraleichten. Schon in den Neunzigern nutzte ich meine P92, um beruflich nach Slowenien, Schweden, Frankreich und in andere Länder zu fliegen. Doch überall stieß ich auf Restriktionen für ULs, und früher war man schnell überladen. Ich wollte in die nächste Klasse aufsteigen; unterm Strich würde ein Experimental in der Echo-Klasse auch nicht teurer sein als ein modernes UL. Was die Einsatzmöglichkeiten betrifft, ist IFR für mich keine Option, VFR-Nachtflug aber denkbar – nicht um in die Nacht rein zu starten, sondern um ein Ziel nach Ende der Abenddämmerung noch zu erreichen. Wenn das Wetter mal so schlecht ist, dass Sichtflug einfach nicht geht, rufe ich meine Kunden an, und die sagen dann: „Komm halt morgen.“ Viele kenne ich seit über 30 Jahren – sie wissen, dass ich mit dem Fliegen einen „Hau“ weghabe.
Vom Flugzeugbau hatte ich vor Beginn meines ersten Selbstbauprojekts eigentlich keine Ahnung. Ich bin gelernter Schreiner, beruflich aber auch im Umgang mit Aluminium und Kunststoff vertraut und habe eine Firma für technische Industrieberatung. Als Jugendlicher hatte ich einige VW Käfer mit Porsche-Motor ausgestattet und innen mit Holz verkleidet. So viel zum „Fachwissen“ – niemand sollte sich vom Selbstbau eines Flugzeugs abschrecken lassen, bloß weil er keine formale Qualifikation mitbringt.
Tandemsitzer oder Side-by-Side? Bei Van’s ist alles möglich
Als ich meine RV-7A verkaufte, hatte ich rund 500 Flugstunden auf ihr gesammelt. Dabei war mir klar geworden, worauf es für mich beim Fliegen ankommt: schnelles, komfortables Reisen mit genügend Zuladung, große Reichweite, viel Platz im Cockpit und im Hintergrund das Wissen, dass der Flieger kunstflugtauglich ist. Das gibt einem ein gutes Gefühl.
Bei der neuen Van’s stand von vornherein fest, dass es wieder die Modellvariante „A“ sein würde: Da ich oft große Flughäfen mit langen Rollwegen anfliege, kam nur ein Bugradfahrwerk in Frage (bei den Taildraggern von Van’s fehlt in der Typenbezeichnung das „A“): Freie Sicht nach vorn ist stressfreier, als wenn man in Schlangenlinien rollen muss. Und meine Ansprüche ans Platzangebot ließen nur Sitze in Side-by-side-Anordnung zu (Van’S bietet auch Tandemsitzer an).
Entscheidung gefallen: Die RV-14A bietet mehr Vorteile als die RV-7A
Die Entscheidung für den Typ RV-14A lag auf der Hand: Er war seinerzeit neu auf dem Markt und größer als die RV-7A. Die Tragfläche stammt vom Viersitzer RV-10, ist aber um ein Rippenfeld kürzer. Dennoch hat sie mehr Spannweite als die RV-7A und auch mehr Fläche. Das Cockpit ist länger und breiter, Leermasse sowie Zuladung und MTOM sind höher.
Bis dato gab es noch kein fliegendes Exemplar in Europa, also musste ich wieder zum Hersteller, um die Maschine anschauen und probefliegen zu können. Dabei habe ich auch die unterschiedlichen Flugeigenschaften kennengelernt: Die „7“ ist deutlich agiler und sportlicher als die „14“. Das größere Flugzeug reagiert träger um alle Achsen, liegt dafür aber stabiler in der Luft.
Riesenvorteil: Stefan Schröter baut die RV-14A im eigenen Haus
Im Juni 2016 trafen alle RV-14A-Teile in großen Kisten bei mir ein. Es ist ein Riesenvorteil, im eigenen Haus bauen zu können. Wenn ich ein derartiges Projekt beginne, arbeite ich an mindestens 340 Tagen im Jahr daran, auch wenn es manchmal nur eine Stunde ist. Das macht man nicht, wenn man jedes Mal irgendwo hinfahren muss.
Bei den Plänen der RV-14A fällt sofort auf: Die Bemaßung ist sowohl zöllig als auch metrisch. Somit entfällt das Umrechnen – eine Fehlerquelle weniger. (Denke dreimal, säge einmal!) Alle Zeichnungen bekommt man bei diesem Van’s-Typ in Papierform und digital, was das Suchen von Details erleichtert.
Toleranzen erlaubt: Der Rahmen wird genietet, nicht geschweißt
Während bei der RV-7 der Rumpf fast in einem Stück geliefert wird, muss beziehungsweise darf man den der RV-14 ab der Rückwand des Gepäckraums nach hinten selbst bauen. Die Kabinenhaube kommt bereits in zwei Teilen, der dazugehörige Rahmen wird komplett genietet und hat keinerlei geschweißte Teile, was es einfacher macht, Toleranzen einzuhalten. Viele Blechteile haben schon Nietlöcher, die man nicht mehr aufbohren muss. Die Hauptholmverbindungen liegen beim neuen Flugzeug außerhalb des Rumpfs, was die Montage und Inspektion extrem erleichtert. Alles in allem reduzieren viele Detailverbesserungen beim RV-14-Kit die Arbeits- und Denkzeit gegenüber der „7“. Andererseits sind bei der „14“ mehr Einzelteile zu verarbeiten. Schwer zu sagen, welches Muster weniger Bauzeit beansprucht, da ich bei der „14“ schon Routine mitbrachte und dadurch schneller war als bei der „7“.
Nachdem ich mir auf der AERO 2018 wieder meine aktuelle Maschine abnehmen ließ, gab es kein neues Muster von Van’s, aber ich hatte einige Ideen und Wünsche, die während und nach der Fertigstellung der RV-14A entstanden waren. Also beschloss ich, all das in einem neuen Projekt umzusetzen, beim selben Muster.
Herzstück: Die RV-14A wird mit einem Lycoming IO-390 ausgerüstet
Meine erste RV-14A war mit einem Lycoming IO-390 ausgerüstet. Wie von Van’s empfohlen hatte ich ihn im Paket mit Hartzell-Propeller gekauft; dafür gab’s 1000 Dollar Rabatt. Auch meine aktuelle RV-14A fliegt mit einem IO-390, allerdings von Thunderbolt, einer Lycoming-eigenen Marke für nicht-luftfahrtzertifizierte Motoren, wie man sie in der Experimental-Klasse verwenden kann. Im Gegensatz zum Lycoming IO-390, der mit zwei klassischen Zündmagneten versehen ist, habe ich für meinen Thunderbolt zwei komplett elektronische Zündkreisläufe von E-MAG Electronic Ignition gewählt. Die Einspritzung stammt von Airflow Performance.
Insgesamt dürfte das die Leistung etwas gesteigert haben. Wichtiger ist jedoch, dass der Motor mit Autobenzin läuft. Schon mein IO-390 von Lycoming vertrug Mogas; damals musste ich aber etwas mit der Firma kämpfen, um ein Exemplar mit reduzierter Verdichtung zu erhalten. Dadurch geht zwar ein bisschen Leistung verloren – Lycoming spricht von zirka 10 PS –, im normalen Flugbetrieb spielt das aber keine Rolle. Heute dürfte das Thema Mogastauglichkeit bei Lycoming kein Problem mehr sein; man erfüllt derartige Sonderwünsche dann eben über die Marke Thunderbolt. Der Propeller ist wieder ein Constant-Speed-Prop von Hartzell. Laut Van’s bringt er am meisten Schub, und schon bei meiner ersten Maschine war ich damit sehr zufrieden.
Eigendesign: Im Interior lebt der Autor sich aus
Das Interieur des neuen Flugzeugs ist ein komplettes Eigendesign, aber nicht alles habe ich selbst gefertigt. Sobald man nähen muss, bin ich raus. Was die Avionik betrifft, fiel meine Wahl erneut auf Advanced Flight Systems (AFS). Dafür war sicher meine Bekanntschaft zu Firmengründer Rob Hickmann ausschlaggebend. Jedenfalls ist der Support perfekt. Mittlerweile gehört Advanced Flight Systems zu Dynon Avionics. Man bekommt heute komplette Panels inklusive vollständiger Verdrahtung und Kabelbäume für das jeweilige Flugzeug zu einem günstigen Preis. Wenn ich zurückdenke an meine RV-7 mit den vielen Sub-D-Steckern und hunderten von sehr kleinen Pins, die alle vercrimpt werden mussten … Wehe, ein Verpressung ist nicht perfekt, und du musst suchen!
Bei der Avionik bin ich sicher etwas übers Ziel hinausgeschossen. Verbaut sind zwei AFS 5600, gekoppelt mit Trig-Transponder und -Funk. Als Hauptfunkgerät habe ich ein Avidyne IFD540 gewählt (GPS/Nav/Com), das ebenfalls mit den AFS gekoppelt ist; der Autopilot kann vom Avidyne oder den AFS gesteuert werden.
Mit Selbstbau Geld sparen? Das geht!
Immer wieder werde ich gefragt, ob man durch den Selbstbau Geld sparen kann. Meine Antwort: Ja – wenn die Arbeitszeit nicht zählt. Bei mir lief’s immer etwas aus dem Ruder, weil der Flieger ja schön werden sollte, also hier noch was dazu, da noch ein bisschen Leder, eine Sitzheizung … Das läppert sich. So wie die D-EVSS dasteht, kommt sie auf zirka 180 000 Euro. Lässt man das Leder und zwei Drittel der Avionik weg, kann man bestimmt 50 000 Euro einsparen.
Bei den Kosten ist zu bedenken, dass im Laufe der Fertigstellung drei Gutachten anfallen, man zahlt Gebühren ans LBA, die Betreuung durch die Selbstbauervereinigung OUV kostet etwas und auch die Arbeit des Prüfers, der immer mal wieder vorbeischaut.
Text: Stefan Schröter, Fotos: Samy Kramer, Stefan Schröter
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