Touch & Go Nancy: Erster Auslandsflug von Pilot Linda
Influencerin und Pilotin Linda Kotzur fliegt von Bonn/Hangelar über Luxemburg nach Nancy. Die Stadt liegt nicht weit hinter der deutschen Grenze und besticht mit ihrer Spätbarock und Jugendstilarchitektur.
Fliegen in Frankreich – bei vielen Piloten stellen sich bei dieser Vorstellung schon die Nackenhaare hoch. Denn in der Allgemeinen Luftfahrt hört man viele Horror-Geschichten: Von unfreundlichen und unverständlichen Franzosen im Funk bis hin zu undurchdringlichen Luftraumstrukturen. Auch ich hatte bei meinem ersten Flug ins Ausland große Bedenken, doch ich dachte mir: „Man wächst mit seinen Aufgaben.“ Deswegen habe ich mich mit meinem Fluglehrer Jochen vom Flugplatz Bonn/ Hangelar (EDKB) auf den Weg ins Nachbarland zum Flugplatz Nancy-Essey (LFSN) gemacht.
Für eine erste Vorbereitung wähle ich das Internet. Besonders hilfreich war die Website www.fliegen-in-frankreich.de. Nun kurz vor dem Abflug steht das Checken der NOTAMs an. Dafür nutze ich die App Garmin Pilot, denn die hat einen Vorteil: Auf der digitalen Karte wird direkt angezeigt, in welchem Gebiet ein NOTAM gültig ist. Beim Aufgeben des Flugplans greife ich ebenfalls auf die Navigations-App zurück. „So, das Wichtigste habe ich geschafft“, denke ich und fahre von zu Hause aus zum Flugplatz, wo mich mein geliebtes Flugzeug, eine Piper PA-28 Archer namens Erdbeere, schon auf mich wartet. Auch mein Fluglehrer Jochen steht bereit.
Auslandsflug: Vorher gut informieren
Wir starten die Maschine und heben um 10 Uhr ab. Meine Vorfreude auf den ersten Auslandsflug steigt. Das Wetter-Briefing hat CAVOK vorhergesagt. „Bis 5000 Fuß über Grund sollen keine Wolken auftreten“, sage ich also zu Jochen, er nickt. Doch schnell merken wir, dass diese Vorhersage nicht ganz stimmt. Nach nur 30 Minuten Flugzeit hängt die Wolkendecke bei rund 4000 Fuß. Doch schon dahinter sieht es wieder besser aus – tatsächlich CAVOK. „Puh“, ich atme auf.
Langsam aber sicher nähern wir uns der Grenze zu Frankreich. Mein Fluglehrer gibt zu bedenken: „Der Luftraum ragt ein ganzes Stück nach Deutschland hinein, das ist auch auf den ICAO-Karten gut abgebildet.“ Auch der Flight Information Service (FIS) weist mich darauf hin.
Kontakt mit Luxembourg: Der Lotse antwortet freundlich
Etwa zehn Nautische Meilen vor dem Funkfeuer Diekirch noch im Luftraum Deutschlands rufen wir Luxembourg Approach per Funk. Der Lotse antwortet freundlich in bestem Englisch: „D-ERDB, Luxembourg, go ahead.“ Meine Antwort: „D-ERDB, Piper two eight, VFR to Nancy inbound Diekirch, 4000 feet. Request crossing via Diekirch, Luxembourg.“ Mir kam das Funkgespräch etwas zu abgehackt vor, doch der Frankreich-Profi neben mir beruhigt mich und erklärt mir, dass der Lotse einfach nachfragen wird, sollte er weitere Infos benötigen.
Plötzliche Unsicherheit
Es folgt wieder eine Antwort des Lotsen: „D-DB, …“ Und dann höre ich völliges Kauderwelsch. Ich bekomme spontan einen Schweißausbruch und frage mich: „Was meint er nur mit kjuÄMEY und tripbug?“ Mein Gehirn hat sich auf Analysemodus gestellt und ich somit vergessen, mit Verstand zu überlegen, welche Sprechgruppen in dieser Situation wohl passen könnten. Der Lotse reagiert und sagt: „Report before crossing the active centerline.“ Das habe ich akustisch zwar gut verstanden, aber was genau meint
er damit? Wir sind ja noch in Deutschland. Mein Fluglehrer klärt mich auf und sagt: „Der Lotse meint die verlängerte Bahnachse der Piste bei sich in Luxemburg.“ Diese Anweisung habe ich noch nie zuvor gehört, eher „Report field in sight“.
Kurze Zeit später haben wir die Grenze zu Frankreich überflogen und melden uns wie versprochen. Doch Ausruhen ist nicht, Jochen bereitet mich auf den nächsten Luftraum vor und sagt: „Bei Metz meldest Du Dich dann bei Lorraine Approach mit ›from EDKB‹, denn Bonn/Hangelar kennen die Franzosen nicht – den ICAO-Code dagegen schon. Und als Ziel sagst Du LSFN, denn in Frankreich beginnen mehrere Flugplätze mit Nancy.“
Nochmal Nachfragen: Wenn man etwas nicht verstanden hat „say again“ sagen
Ich lasse Jochen bei Lorraine Approach übernehmen, da ich dieses Mal lauschen und lernen will. Was mir auffällt: Die Lotsen sagen oft „proceed“ oder „transits“ anstatt „cleared“ und man spricht „F“ als Fox anstatt „Foxtrot“.
Nach einer Flugzeit von etwa 90 Minuten ist es soweit: Wir gehen in den Landeanflug! Geschafft! Wir rollen ganz entspannt am Taxiway Bravo ab. Und dann ärgere ich mich doch ein klein wenig und denke: „Ich hätte beim Funken häufiger ›say again‹ sagen sollen.“ Beim nächsten Auslandsflug will ich es auf jeden Fall besser machen.
Besuch der Innenstadt: Der Flugplatz liegt 4 km von der Innenstadt entfernt
Nach dem Flug haben wir Hunger und besuchen das Flugplatz-Restaurant Les Têtes Brulées. Schnell suchen wir uns per Fingerzeig etwas zu Essen auf der Karte, denn das Personal spricht kein Englisch. Für ein Drei-Gänge-Menü zahlen wir für zwei Personen rund 75 Euro. Dann bereiten wir den Rückflug vor und zahlen die Landegebühr, um anschließend endlich in Ruhe die Stadt besuchen zu können.
Vom Flugplatz aus ins Zentrum sind es knapp vier Kilometer. Wir entscheiden uns für einen Spaziergang und überqueren eine lange Brücke über den Fluss Meurthe. Sie verbindet die Orte Tomblaine und Nancy. Der Ausblick von hier aus auf die kleine Stadt am Fluss ist wunderschön. Es steigt richtige Urlaubsstimmung in mir auf.
Nancy ist einen Besuch wert
In der Stadt Nancy angekommen, bestaunen wir die riesengroße Place Stanislas. Das ist ein städtebauliches Ensemble inmitten von Nancy, welches im 18. Jahrhundert angelegt wurde. Es soll die mittelalterliche Stadt aus dem 10. Jahrhundert mit der Neustadt aus dem 16. Jahrhundert verbinden. In der Mitte auf dem großen Platz hat man einen tollen Blick auf den Triumphbogen Arc Héré. „Es gibt hier so viel zu entdecken“, denke ich und werfe einen Blick auf meine Uhr. Meine Empfehlung: Wer hierhin fliegt, sollte unbedingt eine Übernachtung einplanen. Denn es gibt noch weitere Sehenswürdigkeiten: eine Franziskanerkirche aus dem 15. Jahrhundert, das Museum der Schönen Künste, der Botanische Garten Montet und vieles mehr. Und am Abend ein Glas französischen Wein trinken, wäre ein krönender Abschluss.
Für die Rückfahrt zum Flugplatz buchen wir uns mit der App Uber einen Fahrer. Kostenpunkt ab dem Busbahnhof: 14 Euro. Zurück bei meiner Erdbeere heißt es dann Checken, Rollen, Starten und Flugplan öffnen. In der Luft bekommen wir dann die Anweisung, auf 1800 Fuß zu steigen. Die Anmeldung bei Lorraine Approach verläuft unkompliziert und mittlerweile habe ich mich an die Funksprüche der Franzosen fast schon gewöhnt.
Unser Fazit des Tages: Wir können Nancy mit seinen vielen architektonischen Bauten wärmstens empfehlen. Für Auslands-Neulinge ist die Gesellschaft eines Piloten mit Frankreich-Erfahrung aber sehr hilfreich.
Text & Fotos: Linda Kotzur