Touch & Go Leipzig-Altenburg: Wochenendtrip zur einstigen Hauptstadt Sachsen-Anhalts
Altenburg war nicht nur Sitz des Verlages Brockhaus, nein, hier kommen auch die klassischen Altenburger Spielkarten her. Unser Autor erkundet den geschichtsträchtigen Flughafen Leipzig-Altenburg beim Wochenend-Ausflug.

Karlsruhe hat das Bundesverfassungsgericht, Leipzig das Bundesverwaltungsgericht, Kassel das Bundessozialgericht. Doch den originellsten Gerichtshof der Republik hat das thüringische Altenburg: Dort sitzt das internationale „Skatgericht“. Das ist kein Zufall, denn in der Kartenmacherstadt wurde dieses Spiel erfunden, dort fand 1886 der erste Skatkongress statt und dort sitzt heute auch der Deutsche Skatverband.
Von all dem ahnen wir noch nichts, als wir uns im Anflug auf die fast zweieinhalb Kilometer lange Betonbahn des einstigen Fliegerhorsts Nobitz und heutigen Leipzig-Altenburg Airports befinden. Der etwas zu große Name ist geblieben, obwohl es schon seit Jahren keinen Linienverkehr mehr gibt und die Kontrollzone 2015 durch eine RMZ ersetzt wurde. Dafür erweist sich der Flughafen als besonders freundlich zur Allgemeinen Luftfahrt.
Wahrzeichen und Blickfang ist der vom bekannten Leipziger Künstler Michael Fischer-Art knallbunt bemalte Tower. Kaum ist an der Parkposition der Motor abgestellt, fährt schon der telefonisch bestellte, flugplatzeigene Mietwagen vor. Perfekter Service, Danke! Auch kostenlose Leihfahrräder wären vorhanden.
Historisches Flair in Altenburg
Wir wollen das Wochenende in Altenburg verbringen und haben uns für die Pension & Weinstube Hofgärtnerei entschieden, eine Oase der Ruhe direkt am Schlosspark. Gegenüber liegen die Orangerie und das barocke Teehaus, ein paar Schritte weiter das mächtige Residenzschloss. Altenburg war lange die Hauptstadt eines eigenständigen Kleinstaats, des Herzogtums Sachsen-Altenburg, und hatte deshalb alles, was es braucht, um „Staat zu machen“: eigene Soldaten, Ministerien, eine Landesbank, ein eigenes Postwesen und mehr. Dabei war der von hier regierte Staat zeitweise kaum größer als der heutige Landkreis Altenburg.
In unserem mit Antiquitäten hübsch eingerichteten Zimmer blickt Herzog Ernst II. etwas säuerlich aus dem Bilderrahmen. Ob es daran liegt, dass auch er 1918 als letzter deutscher Monarch abtreten musste? Der Herzog interessierte sich leidenschaftlich für Reisen und Technik, besaß eines der ersten Fahrzeuge in seinem kleinen Reich und soll die treibende Kraft hinter der Gründung der „Fliegerstation Nobitz“ gewesen sein, wie der 1913 eröffnete Vorläufer des Flughafens hieß. Im Gartenrestaurant des Hotels wirken die Sträucher und Rabatten so gepflegt, als wäre zumindest der alte Hofgärtner noch im Dienst.
Altenburg ist die Heimat des Skatspiels
Nach dem Essen laufen wir zum Schloss, dem Ergebnis über tausendjähriger Bautätigkeit, in dem wohl kein Architekturstil all jener Epochen fehlt. Das Ganze ist eigentlich viel zu groß für den Felsen, auf dem es steht, die monumentalen äußeren Stützmauern reichen bis zur Talsohle hinab, als müssten sie das Schloss am Herunterfallen hindern. Drinnen befindet sich neben den historischen Wohnräumen, die besichtigt werden können, das Schlossund Spielkartenmuseum, wo wir über Altenburg und seine Skatgeschichte aufgeklärt werden. Die bekannte Spielkartenfirma ASS produziert schon seit fast zweihundert Jahren in der Stadt.
Vom Triumphbogen geht es in einer weiten Schleife die Schlossauffahrt hinunter zum prachtvollen ehemaligen Hofund heutigen Landestheater. Unterm Straßenpflaster strömt die Blaue Flut, die im Stadtgebiet mehrere Teiche speist. Der Name des Flüsschens kommt von einer Färberei, die ihre meist blauen Abwässer früher ungeklärt hier abließ.
Ein Spaziergang durch Altenburg
Nur ein paar Meter hinter dem Theaterplatz kommt man am Brühl vorbei, wo sich wieder alles um die Karten dreht: Der „Skatbrunnen“ ist nach Motiven aus dem Spiel gestaltet, angeblich soll es Glück bringen, wenn man seine Karten vor dem Match mit Brunnenwasser „tauft“. Im Seckendorffschen Palais gleich nebenan legte Friedrich Arnold Brockhaus 1808 den Grundstein zu seinem Verlagsimperium und machte den eigenen Namen, Brockhaus, zu einer Art Synonym für Nachschlagewerke überhaupt.
Die Altstadt ist nicht groß, aber es geht ständig rauf und runter. Fast alle Plätze liegen auf schiefen Ebenen, kippen also nach einer Seite weg. Besonders auffällig ist das am Markt mit seinem schönen Renaissance-Rathaus sowie am Nikolaikirchhof, dessen Nordseite ein bis zwei Stockwerke unter dem Niveau des Gegenübers liegt.
Auf dem Weg zum Flughafen vorbei am Luftfahrtmuseum
Das Wahrzeichen Altenburgs sind die Roten Spitzen, zwei Backsteintürme, die die Silhouette der Stadt prägen. Überreste einer mittelalterlichen Stiftskirche, die schon alles Mögliche war: Schule, Gefängnis, Regierungsarchiv und sogar Wohngebäude. Kunstkennern ist das Lindenau-Muse um ein Begriff, aber das wird gerade umgebaut und ist für mehrere Jahre geschlossen. Mondänes Kurort-Flair verströmt der Park rings um den Großen Teich, auf dessen Insel sich ein kleiner Zoo befindet.
In Altenburg ist die Zeit zwar nicht stehen geblieben, aber weil es im Krieg kaum zerstört wurde und daher im Zentrum wenig Platz für Neubauten bot, bekommt man noch eine Vorstellung davon, wie kleinere Residenzstädte einst ausgesehen haben.
Sonntagnachmittag, wir müssen langsam an die Heimkehr denken und fahren mit dem gemieteten Polo zum Flughafen zurück, was etwa eine Viertelstunde dauert. Der hält für Freunde der Fliegerei noch einen besonderen Trumpf bereit, wie man beim Skat sagen würde.
Im Museum Flugwelt Altenburg-Nobitz wird in sieben Sälen Luftfahrtgeschichte erzählt. Von besonderem Interesse ist das Freigelände mit Hubschraubern, Militärjets und Zivilflugzeugen. Die beiden größten, eine Transall und eine Breguet Atlantic, können auch von innen besichtigt werden. Zum Ausruhen gibt es ein kleines Café. Aber Achtung: Das Museum ist nur am Wochenende und an Feiertagen geöffnet.
Empfehlung: Am Flughafen Altenburg einen Leihwagen mieten
EDAC verfügt neben einem Flugvorbereitungsraum über eine kleine Küche mit Sitzecke, wo man sich einen Kaffee machen kann, oder Mitreisende warten können, während Wetterinformationen eingeholt werden. Eine Kuriosität am Rande: Den als solchen gar nicht mehr existierenden sowjetischen Fliegerhorst Altenburg gibt es wohl jenseits des Atlantiks heute noch. Die U.S. Air Force baute ihn in den siebziger Jahren zu Übungszwecken als Attrappe in der Wüste von Nevada nach.
Der Leihwagen schlägt mit bescheidenen 23,30 Euro für den Kurzzeittarif (24 Stunden, mit 50 Freikilometern) zu Buche und ist damit allemal günstiger, als es zwei Taxifahrten gewesen wären. Wir bezahlen das Auto mit der Lande- und Abstellgebühr auf dem Tower; auch die Abwicklung dort ist nett und professionell. Um bei der Skatsprache zu bleiben: Wir haben ein Spiel sicher gewonnen. Und das gilt für unser ganzes Wochenende in der Spielkartenstadt Altenburg.
Fotos: Gernot Krämer