flugplaetze

Flugplatz Waren-Vielist (Müritz) – EDOW

Es muss nicht immer gleich das Meer sein: Die Müritz ist das größte deutsche Binnengewässer, die umliegende Landschaft zählt zu den reizvollsten Flecken der Republik. Man kommt auch mit dem Flugzeug dorthin

Von Redaktion

Die Mecklenburgische Seenplatte gilt als ein besonders schöner Teil des Nordens, und selbst hartgesottene Flachlandkenner sind hier beim Blick aus dem Flugzeug regelmäßig hingerissen: Weite Wasserflächen, beschauliche Dörfer, viel Wald – wer Erholung sucht, wird garantiert fündig. Der größte See wird schlicht Müritz genannt und hat seinen Namen vom slawischen Wort „morcze“ (kleines Meer). Tatsächlich ist die Müritz sogar das größte vollständig in Deutschland liegende Binnengewässer – ja, der Bodensee ist zwar auch gewaltig, doch gehört er in Teilen zu Österreich und zur Schweiz.

Das Blatt Rostock der ICAO-Luftfahrtkarte zeigt im 50-Meilen-Radius um die Müritz eine überraschend hohe Flugplatzdichte, darunter fast durchweg Orte mit bedeutender militärischer Vergangenheit: Rostock-Laage, Neubrandenburg, Rechlin (heute Müritz-Airpark), Wittstock, Parchim. Nicht alle davon sind heute noch aktiv, und manche der Betonpisten wie in Wittstock Alt Daber werden wohl für immer vor sich hinbröckeln – damit bleiben sie zumindest für Geschichtsinteressierte und Spurensucher weiterhin interessant. Eine schöne Alternative zu diesen Optionen ist der kleine, auf den ersten Blick unscheinbare Sonderlandeplatz Waren-Vielist mit seiner gepflegten Graspiste. Zu DDR-Zeiten gehörte das Gelände der Gesellschaft für Sport und Technik (GST), einer Organisation, die unter anderem auch eine vormilitärische Ausbildung betrieb.

Um die Müritz findet sich eine überraschend hohe Flugplatzdichte

Die Flugplatzgeschichte lässt sich bis zum November 1952 zurückverfolgen, und mit wenigen Unterbrechungen wird hier seither überwiegend Segelflug betrieben. Doch auch Motorflieger und ULs sind willkommen. Im April 1990 hat sich der Warener Luftsportverein gegründet, etwa 70 Vereinsmitglieder frönen heute in EDOW ihrem Sport. Aus dem kleinen Feldflugplatz hat sich inzwischen ein schmucker Mini-Airport mit einer 800-Meter-Bahn, Tower, gemütlichem Clubheim samt Nebengebäuden entwickelt. Die Handfunke des Flugleiters liegt auf dem Gartentisch vor dem Clubheim, von hier aus hat man das Platzgeschehen gut im Blick. Richtig so – wozu auch bei dem schönen Wetter im Tower hocken und sich braten lassen?

Aufgewacht: Seit 1990 gibt es wieder einen Luftsportverein in EDOW (Foto: Rolf Stünkel)

Ein kurzer Plausch, und einen Kaffee später breche ich mit meiner Begleiterin zu einem Rundflug auf. Beim Blick von oben bestätigt sich, was die Reiseführer schildern: die Gegend ist wie eine einzige schöne Postkarte. Kurz nach dem Abflug sind wir bereits über Schloss Ulrichshusen, einem verwunschen aussehenden Herrenhaus aus dem 16. Jahrhundert. Das beliebte Hochzeitshotel am gleichnamigen See ist eines der bedeutendsten Renaissancebauwerke Mecklenburg-Vorpommerns; hier treten seit 1994 Weltstars zu den Festspielen Mecklenburg-Vorpommerns auf.

Fantastischer Ausblick: Die Gegend ist wie eine einzige schöne Postkarte

Wir fliegen ein paar Kilometer südlich entlang der Bundesstraße 108 nach Waren. Die 21 000-Einwohner-Stadt, schon 150 nach Christus als „Virunum“ erwähnt, ist heute ein staatlich anerkannter Luftkurort und Heilbad; hier wird Sole gefördert und das Solesalz als Heilmittel verkauft. Waren liegt am Nordrand des Müritzsees und bietet ein imposantes Hafenpanorama. Die Stadt wurde im Mittelalter von westfälischen Siedlern ausgebaut. Im 19. Jahrhundert durch die Bahn an Berlin und Rostock angeschlossen, wurde Waren zum Verkehrsknotenpunkt. Nicht zuletzt trug auch der Stadthafen zum Wohlstand der Gemeinde bei. Viele historische Bauten haben Brände, Kriege und Abriss-Pläne überdauert, erwähnenswert sind vor allem die Georgenkirche aus dem 13. Jahrhundert, die Marienkirche aus dem 14. und das Rathaus am Neuen Markt aus dem 18. Jahrhundert.

Viele weitere Sehenswürdigkeiten wie die Alte Feuerwache, die Löwenapotheke mit dem „Haus des Gastes“ oder Schloss Weinberg liegen in fußläufiger Reichweite vom Zentrum. Ganz oben auf der Beliebtheitsskala vieler Besucher rangiert der Stadthafen mit seinen alten Speichern, den Promenaden und Cafés: Hier legen die Dampfer der „Weißen Flotte“ ab, und an schönen Tagen drängen sich am Ufer die Touristen. Waren ist stolz auf die Müritz Sail im Monat Mai – eine Woche voller Veranstaltungen samt Regatten für Binnen- und Hochseesegler mit etwa 50 000 Zuschauern. Die Müritz-Saga dagegen ist ein jährlich stattfindender Theaterzyklus auf einer Freiluftbühne im Bürgerpark Mühlenberg, mit Platz für zirka 1000 Zuschauer. Weitere Infos und aktuelle Tipps sind im Internet unter der Adresse www.waren-mueritz.de zu finden.

Maritim: Am Ufer des größten deutschen Binnensees darf auch ein Marinemuseum (oben) wie hier in Waren nicht fehlen (Foto: Rolf Stünkel)

Unser Flugzeug umrundet die Müritz, an deren Südzipfel der Müritz-Airpark in Sicht kommt, früher bekannt als „Erprobungsstelle Rechlin“ der Luftwaffe und heute Verkehrslandeplatz mit 2000-Meter-Bahn und Museen. Heute entsteht hier eins der ersten „Fliegerdörfer“ in Deutschland. Weitere Ziele, die von Waren aus gut erreichbar sind, wären die Insel Rügen, dann Peenemünde und – dank Schengener Abkommen auch ohne Zoll und Flugplan – unser Nachbarland Polen. Die Liste interessanter Destinationen in der Nachbarschaft scheint jedenfalls für Jahre zu reichen. Eine letzte Kurve um den kleinen 400-Seelen-Ort Vielist, und die Grasbahn hat uns wieder. Es wird bestimmt nicht unser letzter Besuch hier bleiben.

Waren-Vielist – Tipps und Infos

Der Grasplatz Vielist (Markenzeichen: der hellblau gestrichene Tower) liegt hindernisfrei nördlich von Waren, rechts der Landstraße nach Rostock-Laage am Rande des kleinen Dorfes Vielist. Ideale Auffanglinien für den Anflug sind die umliegenden Seen; man kann sich praktisch nicht verfranzen. Die Platzrunde verläuft nordwestlich in 1000 Fuß. Achtung: Segelflug und Fallschirmspringer! Kein Treibstoff. Funkhilfe: 248/35 NM FROM „FLD“ DVOR/DME (117.15)

Text und Fotos: Rolf Stünkel, fliegermagazin 10/2014