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Flugplatz Norderney – EDWY

Ein Wechselbad zwischen lebhafter Kleinstadt und ruhiger Dünen-Idylle 
bietet Norderney, die zweitgrößte ostfriesische Insel. Große Vorteile für 
Piloten: Hier gibt es Leihfahrräder direkt am Platz und keine Mittagspause

Von Redaktion

Piloten aus Hamburg oder Berlin kennen das Problem nur allzu gut: Wangerooge und Langeoog sind zwar die ostfriesischen Inseln, die aus ihrer Richtung gesehen „vorne“ liegen und am schnellsten erreichbar sind – aber wer gerne mal ein bisschen länger schläft, schafft es nicht vor der Mittagspause, die dort den Kurgästen zuliebe eingehalten wird. Die nächste Insel ohne Pause ist Norderney. Und die ist eine gute Wahl! Mehr als 50 Maschinen stehen an diesem Sommertag mittags schon auf dem Vorfeld – dabei hat sich der zähe Seenebel gerade erst Richtung Strand verzogen. Bis wir mit dem Fahrrad am Strand sind, wird er nur noch am fernen Horizont wabern. Ein solches Flugaufkommen ist in EDWY nicht ungewöhnlich.

Ohnehin ist Norderney nicht die ruhigste der ostfriesischen Inseln – da sie aber nach Borkum die zweitgrößte ist, bietet sie genug Platz, um ein paar Besucher mehr zu vertragen. Die finden im Westen richtiges (Klein-)Stadtleben mit dem zugehörigen Trubel: Es gibt in der Inselstadt sogar ein Hochhaus, vor allem aber zahlreiche Geschäfte und Restaurants, die voll auf Urlauber ausgerichtet sind. Dass es viele Rheinländer in den Ferien nach Norderney zieht, ist schnell erkennbar: Wo kein Alt auf der Bierkarte steht, gibt es garantiert Kölsch. Für Piloten aus dem bevölkerungsreichsten Bundesland ist die Rennstrecke an die Nordsee ein Klassiker – auf dem Weg ist allerdings die militärische Kontrollzone von Wittmundhafen zu beachten. In der Stadt finden sich viele Hotels und Pensionen aller Kategorien.

Inselstadt mit Hochhaus: Nach Borkum ist Norderney die zweitgrößte ostfriesische Inseln

Aufsehenerregend ist das Seesteg: Auf dem Dach des allerdings recht hochpreisigen Design-Hotels ist ein randloser Pool eingebaut, der Blick von dort geht über die Strandpromenade und das Meer bis hinüber nach Juist (siehe fliegermagazin 4/2013). Von unten am Wasser blickt man ein wenig sehnsüchtig auf das schicke Hoteldach hinauf: Nächstes Mal bleiben wir doch über Nacht! Und das Restaurant im Seesteg hat sogar einen Michelin-Stern. Wer als Tagesbesucher nach Norderney fliegt, will meistens erstmal an den Strand. Die zwei nächstgelegenen Strandaufgänge sind zu Fuß ebenso wie mit dem Mietfahrrad gut erreichbar. Piloten können im Flugplatz-Restaurant Fahrräder mieten; am Wochenende sollte vorher reserviert werden. Die Wege an den Strand führen durch eine wunderschöne Dünenlandschaft.

Gut ausgebaut: Durch die 
bezaubernde Dünenlandschaft 
führen viele Fahrradwege (Foto: Thomas Borchert)

Der FKK-Strand liegt am nächsten – vielleicht nicht jedermanns Sache, aber man kann ja ein wenig am Strand entlang gehen, bis wieder bekleidet gebadet werden darf. Mitten auf dem FKK-Strand trohnt ein merkwürdiges Gebäude: die Norderneyer Strandsauna. Hier kann man mit Blick auf die Brandung schwitzen und sich anschließend in der Nordsee abkühlen. Am Fuß des Strandübergangs liegt praktischerweise ein Restaurant, die Oase. Genau so ist es auch an der Weißen Düne, die etwas weiter vom Flugplatz entfernt liegt: Dort hat man von manchen Plätzen des gleichnamigen Restaurants sogar Meerblick. Beide Strandaufgänge beeindrucken mit einem riesigen und stets gut gefüllten Fahrradparkplatz. Kaum zu glauben, dass es auf einer kleinen Insel so viele Räder – und deren Fahrer – geben kann. Dicht an dicht stehen die Drahtesel zu Hunderten.

Wer als Tagesbesucher nach Norderney fliegt, will meistens erstmal an den Strand

Wem das zu viel Gedränge ist, der sollte in den Osten ausweichen. Gut ausgebaute Radwege führen entlang der Inselstraße in die Einsamkeit. Links liegen Dünen, rechts Pferdeweiden und dahinter das Watt. Am Horizont drehen sich die Windräder auf dem nahen Festland. Am Ende der Straße führt der Radweg in einem großen Bogen auf dem Deich an der Wattseite wieder zurück. Doch hier sollte man absteigen und zu Fuß weitergehen. Vier, fünf Kilometer sind es noch bis zur Spitze der Insel; wem das zu viel ist, der dreht einfach vorher um. Dort ist ein Wrack zu besichtigen – und es bietet sich ein Ausblick nach Baltrum, wo die Landebahn mit nur 360 Metern für viele Flugzeuge leider zu kurz ist. Natürlich kann man auch an diesem Inselende jederzeit an den Strand gehen und dort baden, allerdings ohne Bewachung durch Rettungsschwimmer.

Faszinierend ist die Landschaft hier im Naturschutzgebiet: Dünen und Wattwiesen gehen fast unmerklich ineinander über. Eine Vielzahl an Vögeln fliegt und nistet hier. An einer Stelle ist klar zu erkennen, dass die Insel hier quer durch Watt und Dünen vom Wasser überschwemmt und geteilt wird, wenn die Flut besonders hoch steht. Wasser und Wind modellieren die Natur dieser Gegend – und unterwerfen sie steter Veränderung. Das wird auch am entgegengesetzten Ende der Insel deutlich, wo am Stadtrand lange Steinwälle weit ins Wasser ragen. Diese sogenannten Buhnen verhindern, dass die Strömung den Sand wegträgt: Zwischen den Buhnen beruhigt sich das Wasser, Sedimente werden abgelagert. Bei unserer Ankunft am Mittag hatten wir Pech: Die Tide stand hoch, sodass auch die Fläche zwischen Insel und Festland voll mit Wasser gefüllt war.

Der Flugplatz liegt auf der Wattseite beim Leuchtturm. (Foto: Thomas Borchert)

Jetzt, in der Abendsonne, hat sich der Anblick völlig verändert; das Watt offenbart sich in seiner ganzen Pracht. Schlickbänke und Priele, wie die strömungsreichen Wasserläufe heißen, die bei Niedrigwasser entstehen, glänzen im Abendlicht. Der Zauber des Nationalparks Wattenmeer hält uns gefangen. Allerdings darf man ihn nicht aus zu großer Nähe genießen: 2000 Fuß Mindesthöhe sollten hier wenn möglich eingehalten werden – den Tieren, aber auch den anderen Besuchern zuliebe. Vor dem Start zum Heimflug hatten wir mit vier Maschinen am Rollhalt Schlange gestanden – ein ganz normaler Sommerabend auf Norderney, denn hier wollen eben viele Piloten landen.

Norderney – Tipps und Infos

  • So kommt man hin: Platzrunde südlich in 700 Fuß über dem Wasser. Inseln nicht unter 2000 Fuß überfliegen; Stadt, Hafen und Strände meiden. Vogelschutzgebiet im Westen der Bahn. Vorfeld nur für kommerziellen Verkehr. Motorlärm minimieren, Run-ups nur am Rollhalt.
  • Unterkunft: Es gibt eine breite Auswahl von Hotels und Pensionen. Uns gefielen besonders drei eng zusammenarbeitende Hotels: das Familienhotel Haus am Meer, das Design-Hotel Seesteg mit seinem Pool auf dem Dach und das in historischen Stadtvillen untergebrachte Hotel Inselloft.
  • Aktivitäten: Fahrräder vermietet das empfehlenswerte Flughafen-Restaurant für 7 Euro am Tag. Für das Wochenende sollte man telefonisch reservieren (www.flughafenrestaurant-norderney.de). Die dem Flugplatz nächsten Strandzugänge sind am FKK-Strand (Restaurant Oase) und an der Weißen Düne (Restaurant gleichen Namens). Wer Richtung Osten bis ans Ende der Straße fährt, kann schöne Spaziergänge durch Dünen und Wattlandschaft bis zu einem Wrack an der Inselspitze unternehmen.

fliegermagazin 9/2013