Flugplatz Mühldorf – EDMY
Ein gepflegter Platz mit allem Service im Alpenvorland – gibt es eine bessere Basis für Touren in Oberbayern und in die Nachbarländer?
Manche Orte liegen dadurch genau richtig, dass sie den richtigen Abstand zu irgendetwas haben. So auch Mühldorf. Die Alpen, der Bayerische Wald, die Donau, ein See mit wohlklingendem Namen, eine berühmte Stadt: All das gibt es auf halber Strecke zwischen München und Passau nicht. Aber man kann diese Ziele von hier gut mit dem Flugzeug erreichen. Schon ein Blick auf die Karte lässt erkennen, dass sich der Mühldorfer Sonderlandeplatz als Zwischenstopp auf dem Weg nach Süden oder nach Osten anbietet. Die österreichische Grenze ist nur 14 Meilen entfernt, die tschechische 55 Meilen. Chiemsee, Salzburg oder die bayerische Landeshauptstadt liegen im Umkreis von 35 Meilen. Für die Erkundung Südostbayerns und seiner Nachbarländer bietet die Stadt am Inn einen Platz mit 850-Meter-Hartbelagbahn, die absolut hindernisfrei angeflogen werden kann. Bei Bedarf stehen sogar 1200 Meter zur Verfügung.
Eine Tankstelle mit allen gängigen Treibstoffsorten versorgt Piloten unterschiedlichster Luftfahrzeuge. Segel- und Motorflieger, Ultraleicht- und Heli-Piloten, Warbird- und Oldtimer-Fans pflegen ein unaufgeregtes Miteinander. Ausgebildet wird im Verein und in einer UL-Flugschule. Auch ein Luftfahrttechnischer Betrieb ist am Platz – für Gäste durchaus beruhigend, falls an der Maschine ein Problem auftaucht. Häufiger dürften sie allerdings das Restaurant „Tante Ju“ besuchen, dessen kulinarische Ausrichtung in dieser Kombination selten ist: brasilianische und bayerische Küche. Sehen wir uns in der Stadt um! Mit einem kostenlosen Leihfahrrad sind die paar Kilometer zur Ortsmitte ein Klacks, mit dem Taxi sowieso. Schon ein Spaziergang über den Stadtplatz mit seinen historischen Gebäuden lässt die lange Geschichte Mühldorfs erahnen. Durch die Lage im Schnittpunkt der Nord-Süd-Handelswege mit dem Inn, der Transportader zwischen den Alpen und der Donau, kam der Ort bereits früh zu Wohlstand.
Zelten am Flugplatz: EDMY hat schon manches Fliegerlager „überstanden“
Ganz in der Nähe fand im Jahr 1322 die letzte große Ritterschlacht des Mittelalters ohne Feuerwaffen statt – Friedrich der Schöne unterlag Ludwig dem Bayer; dennoch blieb Mühldorf noch Jahrhunderte eine Salzburger Enklave. Erst 1802 wurde die Stadt bayerisch. Wer in der Gegenwart bleiben möchte, schlendert durch die Arkaden des Stadtplatzesund durch die Altstadt mit ihrem fast schon südländischen Flair. Was das gastronomische Angebot betrifft – in dieser Hinsicht braucht sich Mühldorf keineswegs vor der Landeshauptstadt zu verstecken. Als besonderes Schmankerl empfiehlt sich ein Besuch der Privatbrauerei Steer, die ihr spezielles Weißbier nach alter Art braut. Oder lieber Kultur? Dann in den „Haberkasten“! Das historische Gebäude zählt zu den ältesten der Stadt. Das ganze Jahr über finden darin Konzerte aller Stilrichtungen statt; Kleinkunst und Kabarett kommen auch nicht zu kurz. Piloten, die lieber im Schlafsack beim Flugzeug übernachten, als in der Stadt ein Hotelzimmer zu nehmen, sind mit ihrem Zelt am Flugplatz gern gesehen.
EDMY hat schon manches Fliegerlager „überstanden“. Triker und Gyro-Piloten treffen sich jedes Jahr zur Sommersonnenwende bei einem gemeinsamen Fly-in. Als Basis für Flight-Seeing-Touren eröffnet Mühldorf interessante Routen. Der beste Kurztrip führt zum Nachbarplatz Ampfing. Von dort kann man zu Fuß eine Kartbahn erreichen und sein Talent als Rennfahrer testen. Oder doch lieber Entspannung im Natur- und Erlebnisbad „Grüne Lagune“? Piloten aus dem Norden werden auf einen Ausflug an den Alpenrand brennen. Kurs 180 Grad, und es vergeht keine halbe Stunde, bis man auch mit einem UL über dem Chiemsee ist. Auf der größten seiner drei Inseln beeindruckt das Schloss Herrenchiemsee, das sich Bayerns Märchenkönig Ludwig II als Versailles-Kopie bauen ließ. Vom Südufer ist es nur ein kurzer Sprung hinüber zur Kampenwand, einem viel besuchten Aussichtsberg hoch über dem Chiemsee.
Wer jetzt richtig Lust auf Berge und Höhe bekommen, der bleibt weiter auf südlichem Kurs und überfliegt die österreichische Grenze
Aber Augen auf: Gleich dahinter schrauben sich die Segelflieger aus Unterwössen in der Thermik hoch! Wer jetzt richtig Lust auf Berge und Höhe bekommen, der bleibt weiter auf südlichem Kurs und überfliegt die österreichische Grenze. Nur wenige Meilen dahinter ragen die schroffen Felsen des Wilden Kaisers bis auf 7691 Fuß in den Himmel. Südöstlich davon im Tal liegt St. Johann mit seinem wunderschönen Flugplatz. Für den Heimflug vom Kaiser bietet sich als Orientierungshilfe der Inn an. Flussabwärts ist schon von weitem Wasserburg zu erkennen. Die oberbayerische Kleinstadt liegt quasi auf einer Insel, omegaförmig umschlungen vom Fluss. Ein Stück weiter in Richtung Startflugplatz fällt ein Geländevorsprung auf: Im Park von Schloss Guttenburg steht eine zerfledderte Antonov An-2 und eine MiG der NVA.
Etwas mehr Zeit als dieser Rundflug braucht eine Tour nach Osten. Über den bekannten Wallfahrtsort Altötting hinweg geht es nach Burghausen an der Salzach. Unübersehbar: die riesige Burganlage. Dem Inn bis zur Donau-Mündung folgend erreichen wir Passau. Wer sich die Universitätsstadt mit ihren malerischen Plätzen, verwinkelten Gassen, barocken Bauwerken, und dem Dom genauer ansehen möchte, kann im 20 Kilometer entfernten Vilshofen landen und dort den Zug nehmen. Noch weiter im Nordosten lockt der Bayerische Wald. Ein Blick in die Karte zeigt: Auch Tschechien ist nicht weit. Eine ebenfalls reizvolle Tour führt von Mühldorf nach Westen, an den Ismaninger Speicherseen vorbei zur Allianz-Arena am Nordrand von München. Ein Schwenk nach Süden, und man ist über der Innenstadt mit Blick auf die Frauentürme, wenige Meilen weiter taucht der langgezogene Starnberger See auf, dann die romantischen Osterseen.
Über Moorlandschaften hinweg kommt der Alpenrand näher, östlich des Kochelsees ragt die Benediktenwand bereits auf 5900 Fuß empor. Wir umfliegen sie mit einer weiten Linkskurve und blicken auf den Walchensee, wo sich oft Surfer tummeln – der Talwind weht hier mit großer Zuverlässigkeit, sobald die Alpen thermisch saugen. Über die Auenlandschaft im Isartal kann man noch den Tegernsee und den Schliersee „mitnehmen“, bevor südlich von Rosenheim wieder der Inn erreicht ist: die Auffanglinie nach Mühldorf. Gut, dass der Platz da draußen im Flachland liegt – sonst könnte man nicht in so viele Richtungen auf Entdeckungstour gehen.
Mühldorf – Tipps und Infos
So kommt man hin: Mühldorf liegt rund 35 Meilen östlich von München am Inn. Der Sonderlandeplatz, drei Kilometer nordöstlich der Stadt, bietet eine visuelle Landehilfe (PAPI) für die Piste 26, Schlechtwetter-Befeuerung und Schwellenblitzer.
Unterkunft: Eine Übersicht von Hotels und Pensionen sowie weitere Tourismus-Informationen bietet die Website www.muehldorf.de.
Sehenswertes: Die bis ins frühe Mittelalter reichende Geschichte Mühldorfs ist im Stadtarchiv dokumentiert. Es befindet sich im Rathaus. Zu seinen Beständen gehören Urkunden, Amtsbücher, Karten, Plakate, Postkarten Fotos, Zeitungen und eine Bibliothek (www.muehldorf.de/stadt/stadtarchiv.php).
Das Kreismuseum im Lodron-Haus informiert über den wirtschaftlichen Wandel der Region, die Entwicklung der Verkehrswege, Münz- und Finanzwesen sowie mittelalterliche Kunst (www.lodron-haus.de). Zu den reizvollsten Veranstaltungsorten gehört der Haberkasten, eines der ältesten Gebäude Mühldorfs. Hier finden Konzerte unterschiedlicher musikalischer Ausrichtung statt, geboten wird auch Kleinkunst und Kabarett (www.haberkasten.de). Ein Schmankerl für Bierliebhaber ist die Privatbrauerei Steer im Museumsstadl. Ihre „Steerweiße“ wird nach altherkömmlicher Art gebraut und von Kennern geschätzt.
Sport: Ob Tennis, Golf, Reiten, Sauna, Freizeitbad, Trab- oder Sandbahnrennen – sowohl Sporttreibende als auch sportbegeisterte Zuschauer finden ein vielfältiges Angebot. Im nahe gelegenen Ampfing, dessen Flugplatz nur 3,5 Meilen westlich von EDMY liegt, gibt es eine Kartbahn (www.kartbahn-ampfing.de).
Text und Fotos: Günter Kozeny, fliegermagazin 11/2010