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Flugplatz Karlsbad – LKKV

Ein Kurort von Weltruhm gleich hinter der deutsch-tschechischen Grenze: Aus den Thermalquellen von Karlovy Vary tranken schon Goethe und Mozart

Von Redaktion

Das sieht schon ein bisschen seltsam aus. Überall stehen Menschen mit diesen Schnabeltassen herum. Man könnte glauben, auf eine Tagung von Porzellanvertretern geraten zu sein. Warum sonst sollte eine ganze Stadt mit Porzellankännchen in der Hand durch die Gegend laufen? So geht es einem, der versehentlich nach Karlovy Vary kommt. Eigentlich hatten wir hier nur Zoll machen wollen – wie viele, die diesen Platz im Nordwesten der Tschechischen Republik anfliegen. Dabei ist Karlsbad, so der deutsche Name von Karlovy Vary, ein kleines Juwel. Oder, wie Alexander von Humboldt fand, „ein Brilliant mit Smaragdeinfassung“. Wie auch immer: Karlsbad ist einer der berühmtesten und traditionsreichsten Kurorte der Welt. Insgesamt 16 Heilquellen hat die Stadt an der Tepl, und gekurt wird hier schon seit ungefähr 1350, also 20 Jahre bevor der böhmische König und römische Kaiser Karl IV. die Siedlung Karlsberg taufte und ihr somit königliche Stellung verlieh.

Zwar sind die Patienten in den ersten 170 Jahren im Thermalwasser ausschließlich baden gegangen, ehe 1522 der Arzt Wenzel Payer darauf kam, dass man das Zeug auch trinken kann. Bis heute ist die Trinkkur das meistangewandte Kurmittel. Deshalb auch die Kännchen, die alle mit sich herumtragen. Dass die Porzellangefäße ein bisschen an Schnabeltassen erinnern, liegt am Henkel: Er ist gleichzeitig eine Art Strohhalm. Kurgäste und Wellness-Touristen spazieren mit den pittoresk bis kitschig gestalteten Gefäßen von Quelle zu Quelle und trinken das Wasser direkt vor Ort. Dank ihrer Zusammensetzung gehören die Karlsbader Thermalsprudel zu den wirkungsvollsten Mineralquellen der Welt. Einige sind in offenen Kolonnaden oder in Pavillons untergebracht; die größte jedoch, der so genannte Sprudel, ist heute vollständig umbaut und liegt in einer geschlossenen Halle. Hier schießt er, 73 Grad heiß, bis zu 14 Meter in die Höhe.

Karlsbad ist einer der berühmtesten und traditionsreichsten Kurorte der Welt

Damit Kurgäste sich nicht den Mund verbrennen, wird er fünf Trinksäulen zugeleitet, die ihn auf 50 beziehungsweise 30 Grad herunterkühlen. Wem das alles allzusehr nach Gesundheit schmeckt: keine Sorge. Karlsbad ist, obwohl Kurort, beileibe kein Treffpunkt von Alten und Kranken. Im Gegenteil, die Stadt hat eher Wellness-Charakter. Das historische Zentrum, das gleichzeitig Kurzentrum ist, schmiegt sich in das enge Tal entlang des Flusses Tepl. Die Architektur ist von Historismus und Jugendstil geprägt, sodass man sich ins späte 19. Jahrhundert zurückversetzt fühlt. Denn Karlsbads Wurzeln gehen zwar auf das zwölfte Jahrhundert zurück. Doch eine Überschwemmung und mehrere Brände zerstörten die Stadt mehrfach nahezu vollständig. Der letzte „Bauboom“ fand zwischen 1870 und 1900 statt und erklärt den „K.u.K.-Charme“ Karlovy Varys: Es waren Wiener Architekten, die sich hier austobten und Karlsbad den typischen Kurort-Pomp verliehen. Fast der gesamte Bereich des Kurzentrums ist Fußgängerzone.

Kein motorisierter Verkehr stört hier das Herumbummeln auf den Kolonnaden entlang der Quellen oder, auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses, vorbei an den unzähligen Lokalen und kleinen Geschäften. Doch Vorsicht: Ein solcher Spaziergang kann ganz schnell ganz arg auf die Portokasse schlagen. Tschechien ist für seine Kristall- und Glaswaren berühmt, und vom feinstgeschliffenen Salzstreuer bis hin zum Kronleuchter haben die Shops vieles zu bieten, was mancher kauft, ohne es wirklich zu brauchen – bloß, weil es schön ist. Weit weniger gefährlich fürs Portemonnaie ist da schon ein Gang auf der Mühlbrunnkolonnade. Tässchen in der Hand (oder auch nicht, denn das Mineralwasser ist zwar nachweislich äußerst gesundheitsfördernd, schmeckt aber scheußlich), kann man wunderbar entlang des Flussufers flanieren und den zahlreichen täglichen Open-Air-Konzerten lauschen.

Kein motorisierter Verkehr stört hier das Herumbummeln auf den Kolonnaden entlang der Quellen

Karlovy Vary ist die Stadt der Kolonnaden – fünf gibt es insgesamt, und gebaut wurden sie einst, damit die (regen-)wasserscheuen Kurgäste auch bei schlechtem Wetter trockenen Fußes zu den Quellen gelangen konnten. Alle diese überdachten Flanierwege sind bestens restauriert, wie auch der Rest der (Alt-)Stadt. Zwei Drittel der Kureinrichtungen sind im Besitz privater Investoren aus Russland, und dass es dem tschechischen Traditionsbad wirtschaftlich gut geht, ist nicht zu übersehen. Nicht zu überhören ist Karlsbads lange Musiktradition: eine Stadt der – zumeist klassischen – Klänge. Keine Promenade ohne Kurkonzert, kaum ein Café ohne Streicherquartett. Das Karlsbader Symphonieorchester, 1835 gegründet, gehört zu den ältesten Orchestern Europas. Hotels und Pensionen, öffentliche Einrichtungen, Parks und Straßen sind meist nach Komponisten benannt: Hotel Amadeus, Anton Dvorak-Konzertsaal, Mozartpark. Wagner, Chopin, Liszt, Beethoven, Grieg, Mozart … alle waren sie hier.

Ebenso wie Kaiser, Könige, Dichter, Schriftsteller: Kaiserin Maria Teresia von Österreich, Eduard VII., Goethe, Schiller, Kafka, ferner so illustre Zeitgenossen wie etwa Giacomo Casanova (ja, der!). Um nur einige Beispiele zu nennen. An dieser Vergangenheit orientiert sich das kulturelle Angebot Karlovy Varys. Lesungen, Ausstellungen, Konzerte: Der jährliche Veranstaltungskalender ist stets gut gefüllt. Den Höhepunkt bildet das alljährlich im Juli stattfindende Internationale Filmfestival, und wer dann einen Besuch einplant, sollte sich rechtzeitig um eine Unterkunft bemühen. Wer erstmal seine Koffer abgestellt hat, kann Karlovy Vary bequem zu Fuß erkunden. Die Kurverwaltung hat ausgewählte Spaziergänge unter- schiedlicher Länge ausgearbeitet – sogar mit Angabe des durchschnittlichen Energie-/Kalorienverbrauchs.

Apropos Kalorien: Eine weitere „Gefahrenquelle“ in Karlsbad ist das Essen. Die böhmische Küche ist definitiv nichts für Diätwillige. Nicht nur die berühmten Knödel und die an jeder Ecke angebotenen Karlsberger Oblaten untergraben die Selbstdisziplin. Auch vom Bierbrauen verstehen die Tschechen bekanntlich viel. Und da in der Altstadt ein Restaurant am nächsten liegt, fällt es schwer, der Verlockung zu widerstehen. Ein kleiner Trost mag sein, dass das Quellwasser eine verdauungsfördernde und entschlackende Wirkung hat. Also findet sich schließlich doch jeder Besucher erst in einem Porzellangeschäft und dann mit einer Schnabeltasse – pardon: Trinkbecher! – in der Hand wieder.

Karlsbad – Tipps und Infos

So kommt man hin: Karlovy Vary liegt knapp 30 Nautische Meilen hinter der deutsch-tschechischen Grenze. Der kontrollierte Platz, südöstlich der Stadt zu finden, ist ein Airport of Entry und bietet daher Zollabfertigung an. In Tschechien ist spätestens drei Minuten vor Einflug in die Kontrollzone der Tower zu rufen. Parallel zur Asphaltpiste 11/29 verläuft in Landerichtung 12/30 eine Grasbahn, die überwiegend für den Segelflug verwendet wird. Funkhilfe ist das 21 Nautische Meilen entfernte „OKG“ VOR/DME (115,70 MHz).

Allgemeines: Als Kurstadt mit jahrhundertealter Tradition steht in Karlsbad natürlich vieles im Zeichen von Gesundheit und Wellness. Wer es sich nur ein paar Tage gut gehen lassen möchte, findet in jedem der größeren Hotels zahlreiche Wellnessangebote. Für eine „richtige“ Kur kann man vorher die „Fachärztliche Kurberatung“ (FABE, Sportovni 10, 357 33 Loket, Telefon 00420/3 52 68 41 51) kontaktieren, die dann ein entsprechendes Programm zusammenstellt. Allgemeine Informationen über Karlsbad inklusive Hotels, Kuranwendungen und Vorschläge für Ausflüge finden sich unter www.karlo vyvary.cz (auch Deutsch und Englisch).

Unterkunft: Das Hotelangebot in Karlovy Vary reicht von der kleinen Pension bis zum Grandhotel. Beispiele: Hotel Mozart (Stará Louka 18, 360 01 Karlovy Vary, Telefon 00420/352 36 07 23), ein kleines Zwölf-Zimmer-Haus mitten in der Altstadt. Hier war schon Goethe zu Gast. Preise: Je nach Saison 65 bis 75 Euro. Bei 77 Euro starten die Zimmerpreise im Hotel Embassy (Nová Louka 21, 360 01 Karlovy Vary, Telefon 00420/35 32 21 16 15), ein familiengeführtes Haus direkt am Fluss Tepl, ebenfalls mitten im Kurzentrum. Es beheimatet eines der ältesten Restaurants Karlsbads mit ausgesprochen guter Küche. Im obersten Segment angesiedelt ist das Grandhotel Pupp (Mirové namesti 2, 360 91 Karlovy Vary, Telefon 00420/3 53 22 66 38). Das Doppelzimmer kostet 270 Euro pro Nacht, doch dafür schläft man wirklich kurfürstlich.

Ausflüge und Aktivitäten: Karlsbad ist eine „Spazierstadt“. Allein das Netz der markierten Wege durch die umliegenden Kurwälder ist fast 100 Kilometer lang. Zahlreiche Aussichtstürme bieten zumeist imposante Ausblicke auf die malerische Umgebung und die Stadt. Der bekannteste Turm heißt Diana und beheimatet auch ein Café. Für Gehfaule führt eine Seilbahn dorthin.

Text und Fotos: Claudia Stock, fliegermagazin 6/2006